5. Kapitel. Ökonomie in der Anwendung des konstanten Kapitals | Inhalt | 7. Kapitel. Nachträge

Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 25, "Das Kapital", Bd. III, Erster Abschnitt, S. 115 - 146
Dietz Verlag, Berlin/DDR 1983

SECHSTES KAPITEL
Wirkung von Preiswechsel

1. Preisschwankungen des Rohstoffs, ihre direkten Wirkungen auf die Profitrate

<115> Es wird hier wie bisher vorausgesetzt, daß kein Wechsel in der Rate des Mehrwerts stattfindet. Diese Voraussetzung ist nötig, um den Fall in seiner Reinheit zu untersuchen. Es wäre indes möglich, bei gleichbleibender Rate des Mehrwerts, daß ein Kapital eine wachsende oder abnehmende Zahl von Arbeitern beschäftigte, infolge der Kontraktion oder Expansion, welche die hier zu betrachtenden Preisschwankungen des Rohstoffs bei ihm verursachte. In diesem Fall könnte die Masse des Mehrwerts wechseln bei konstanter Rate des Mehrwerts. Indes ist auch dies als ein Zwischenfall hier zu beseitigen. Wenn Verbesserung der Maschinerie und Preisänderung des Rohstoffs gleichzeitig wirken, sei es auf die Masse der von einem gegebnen Kapital beschäftigten Arbeiter, oder auf die Höhe des Arbeitslohns, so hat man bloß zusammenzustellen 1. die Wirkung, welche die Variation im konstanten Kapital auf die Profitrate hervorbringt, 2. die Wirkung, welche die Variation im Arbeitslohn auf die Profitrate hervorbringt; das Fazit ergibt sich dann von selbst.

Es ist aber im allgemeinen hier zu bemerken, wie bei dem frühern Fall: Finden Variationen statt, sei es infolge von Ökonomie des konstanten Kapitals, sei es infolge von Preisschwankungen des Rohstoffs, so affizieren sie stets die Profitrate, auch wenn sie den Arbeitslohn, also die Rate und Masse des Mehrwerts, ganz unberührt lassen. Sie ändern in mīv/C die Größe von C und damit den Wert des ganzen Bruchs. Es ist also auch hier ganz gleichgültig - im Unterschied von dem, was sich bei der Betrachtung des Mehrwerts zeigte - in welchen Produktionssphären diese Variationen vorgehn; ob die von ihnen berührten Industriezweige Lebensmittel für die Arbeiter, resp. konstantes Kapital zur Produktion solcher Lebensmittel, <116> produzieren oder nicht. Das hier Entwickelte gilt ebensowohl, wo die Variationen sich in Luxusproduktionen ereignen, und unter Luxusprodukt ist hier alle Produktion zu verstehn, die nicht zur Reproduktion der Arbeitskraft erheischt ist.

Unter Rohstoff werden hier auch die Hilfsstoffe einbegriffen, wie Indigo, Kohle, Gas etc. Ferner, soweit die Maschinerie in dieser Rubrik in Betracht kommt, besteht ihr eigner Rohstoff aus Eisen, Holz, Leder etc. Ihr eigner Preis ist daher affiziert durch die Preisschwankungen des Rohmaterials, das in ihre Konstruktion eingeht. Sofern ihr Preis erhöht wird durch Preisschwankungen, sei es des Rohstoffs, woraus sie besteht, sei es des Hilfsstoffs, den ihr Betrieb verbraucht, fällt pro tanto die Profitrate. Umgekehrt, umgekehrt.

In den folgenden Untersuchungen wird man sich beschränken auf Preisschwankungen des Rohstoffs, nicht soweit er eingeht, sei es als Rohstoff der Maschinerie, die als Arbeitsmittel fungiert, sei es als Hilfsstoff in ihrer Anwendung, sondern soweit er als Rohstoff in den Produktionsprozeß der Ware eingeht. Nur dies ist hier zu merken: Der Naturreichtum an Eisen, Kohle, Holz etc., den Hauptelementen in der Konstruktion und Anwendung von Maschinerie, erscheint hier als naturwüchsige Fruchtbarkeit des Kapitals und ist ein Element in der Bestimmung der Profitrate, unabhängig von der Höhe oder Niedrigkeit des Arbeitslohns.

Da die Profitrate m/C oder = m/c+v, so ist klar, daß alles, was einen Wechsel in der Größe von c und deswegen von C verursacht, ebenfalls einen Wechsel in der Profitrate hervorbringt, auch wenn m und v und ihr gegenseitiges Verhältnis unverändert bleiben. Der Rohstoff bildet aber einen Hauptteil des konstanten Kapitals. Selbst in Industriezweigen, worin kein eigentlicher Rohstoff eingeht, geht er ein als Hilfsstoff oder als Bestandteil der Maschine usw., und beeinflussen dadurch seine Preisschwankungen pro tanto die Profitrate. Fällt der Preis des Rohstoffs um eine Summe = d, so geht m/C oder m/c+v über in m/C-d oder m/(c-d)+v. Es steigt daher die Profitrate. Umgekehrt. Steigt der Preis des Rohstoffs, so wird aus m/C oder m/c+v nun m/C+d oder m/(c+d)+v; es fällt daher die Profitrate. Bei sonst gleichen Umständen fällt und steigt die Profitrate daher in umgekehrter Richtung wie der Preis des Rohstoffs. Es ergibt sich hieraus u.a., wie wichtig für industrielle Länder der niedrige Preis des Rohstoffs ist, selbst wenn die Schwankungen im Preis des Rohstoffs durchaus nicht begleitet wären von Änderungen in der <117> Verkaufssphäre des Produkts, also ganz abgesehn von dem Verhältnis von Nachfrage und Zufuhr. Es ergibt sich ferner, daß der auswärtige Handel die Profitrate beeinflußt, auch abgesehn von aller Einwirkung desselben auf den Arbeitslohn durch Verwohlfeilerung der notwendigen Lebensmittel. Er affiziert nämlich die Preise der in die Industrie oder Agrikultur eingehenden Roh- oder Hilfsstoffe. Der bisher noch durchaus mangelhaften Einsicht in die Natur der Profitrate und in ihre spezifische Verschiedenheit von der Rate des Mehrwerts ist es geschuldet, wenn einerseits Ökonomen, die den durch praktische Erfahrung festgestellten, bedeutenden Einfluß der Preise des Rohstoffs auf die Profitrate hervorheben, dies theoretisch ganz falsch erklären (Torrens), während andrerseits an den allgemeinen Prinzipien festhaltende Ökonomen, wie Ricardo, den Einfluß z.B. des Welthandels auf die Profitrate verkennen.

Man begreift daher die große Wichtigkeit, für die Industrie, von Aufhebung oder Ermäßigung der Zölle auf Rohstoffe; diese möglichst frei hereinzulassen, war daher schon Hauptlehre des rationeller entwickelten Schutzzollsystems. Dies war, neben der Abschaffung der Kornzölle, Hauptaugenmerk der englischen Freetraders, die vor allem sorgten, daß auch der Zoll auf Baumwolle abgeschafft wurde.

Als ein Beispiel von der Wichtigkeit der Preiserniedrigung, nicht eines eigentlichen Rohstoffs, sondern eines Hilfsstoffs, der allerdings zugleich Hauptelement der Nahrung ist, kann der Gebrauch des Mehls in der Baumwollindustrie dienen. Schon 1837 berechnete R. H. Greg (13), daß die damals in Großbritannien betriebnen 100.000 Kraftstühle und 250.000 Handstühle der Baumwollweberei jährlich 41 Millionen Pfund Mehl zum Kettenschlichten verbrauchten. Dazu kam noch ein Drittel dieser Quantität beim Bleichen und andern Prozessen. Den Gesamtwert des so verbrauchten Mehls berechnet er auf 342.000 Pfd.St. jährlich für die letzten 10 Jahre. Der Vergleich mit den Mehlpreisen auf dem Kontinent zeigte, daß der durch die Kornzölle den Fabrikanten aufgenötigte Preisaufschlag für Mehl allein jährlich 170.000 Pfd.St. betragen hatte. Für 1837 schätzt ihn Greg auf mindestens 200.000 Pfd.St. und spricht von einer Firma, für die der Preisaufschlag auf Mehl 1.000 Pfd.St. jährlich betrug. Infolge hiervon

"haben große Fabrikanten, sorgfältige und berechnende Geschäftsmänner, gesagt, daß 10 Stunden tägliche Arbeit ganz hinreichend sein würden, wären die Kornzölle abgeschafft". ("Rep. Fact., Oct. 1848", p. 98.)

<118> Die Kornzölle wurden abgeschafft; außerdem der Zoll auf Baumwolle und andre Rohstoffe; aber kaum war dies erreicht, so wurde die Opposition der Fabrikanten gegen die Zehnstundenbill heftiger als je. Und als die zehnstündige Fabrikarbeit trotzdem gleich darauf Gesetz wurde, war die erste Folge ein Versuch allgemeiner Herabsetzung des Lohns. <Siehe Band 23, S. 300-302>

Der Wert der Roh- und Hilfsstoffe geht ganz und auf einmal in den Wert des Produkts ein, wozu sie verbraucht werden, während der Wert der Elemente des fixen Kapitals nur nach Maßgabe seines Verschleißes, also nur allmählich in das Produkt eingeht. Es folgt daraus, daß der Preis des Produkts in einem viel höhern Grad affiziert wird vom Preis des Rohmaterials als von dem des fixen Kapitals, obwohl die Profitrate bestimmt wird durch die Gesamtwertsumme des angewandten Kapitals, einerlei, wieviel davon konsumiert ist oder nicht. Es ist aber klar - obgleich dies nur nebenbei erwähnt wird, da wir hier noch voraussetzen, daß die Waren zu ihrem Wert verkauft werden, die durch die Konkurrenz herbeigeführten Preisschwankungen uns also hier noch nichts angehn -, daß Ausdehnung oder Einschränkung des Markts vom Preis der einzelnen Ware abhängt und in umgekehrtem Verhältnis zum Steigen oder Fallen dieses Preises steht. In der Wirklichkeit findet sich daher auch, daß mit steigendem Preis des Rohstoffs der Preis des Fabrikats nicht in demselben Verhältnis steigt wie jener und bei fallendem Preis des Rohstoffs nicht in demselben Verhältnis sinkt. Daher fällt in dem einen Fall die Profitrate tiefer und steigt in dem andern höher, als bei Verkauf der Waren zu ihrem Wert der Fall wäre.

Ferner: Masse und Wert der angewandten Maschinerie wächst mit der Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit, aber nicht im selben Verhältnis wie diese Produktivkraft wächst, d.h. wie diese Maschinerie ein vermehrtes Produkt liefert. In den Industriezweigen also, worin überhaupt Rohstoff eingeht, d.h. wo der Arbeitsgegenstand selbst schon Produkt früherer Arbeit ist, drückt sich die wachsende Produktivkraft der Arbeit gerade in dem Verhältnis aus, worin ein größeres Quantum Rohstoff ein bestimmtes Quantum Arbeit absorbiert, also in der wachsenden Masse Rohstoff, die z.B. in einer Arbeitsstunde in Produkt verwandelt, zu Ware verarbeitet wird. Im Verhältnis also wie die Produktivkraft der Arbeit sich entwickelt, bildet der Wert des Rohstoffs einen stets wachsenden Bestandteil des Werts des Warenprodukts, nicht nur weil er ganz in diesen eingeht, sondern weil in jedem aliquoten Teil des Gesamtprodukts der Teil, den der Verschleiß der Maschinerie, und der Teil, den die neu zugesetzte Arbeit <119> bildet, beide beständig abnehmen. Infolge dieser fallenden Bewegung wächst verhältnismäßig der andre Wertteil, den der Rohstoff bildet, wenn dies Wachstum nicht aufgehoben wird durch eine entsprechende Wertabnahme auf seiten des Rohstoffs, die aus der wachsenden Produktivität der zu seiner eignen Erzeugung angewandten Arbeit hervorgeht.

Ferner: Da die Roh- und Hilfsstoffe, ganz wie der Arbeitslohn, Bestandteile des zirkulierenden Kapitals bilden, also beständig ganz ersetzt werden müssen aus dem jedesmaligen Verkauf des Produkts, während von der Maschinerie nur der Verschleiß, und zwar zunächst in Form eines Reservefonds, zu ersetzen ist - wobei es in der Tat keineswegs so wesentlich ist, ob jeder einzelne Verkauf seinen Teil zu diesem Reservefonds beiträgt, vorausgesetzt nur, daß der ganze Jahresverkauf seinen Jahresanteil dazu liefert -, so zeigt sich hier wieder, wie ein Steigen im Preis des Rohstoffs den ganzen Reproduktionsprozeß beschneiden oder hemmen kann, indem der aus dem Warenverkauf gelöste Preis nicht hinreicht, alle Elemente der Ware zu ersetzen; oder indem er es unmöglich macht, den Prozeß auf einer, seiner technischen Grundlage gemäßen Stufe fortzusetzen, so daß also entweder nur ein Teil der Maschinerie beschäftigt werden oder die gesamte Maschinerie nicht die volle gewohnheitsmäßige Zeit arbeiten kann.

Endlich wechseln die durch Abfälle verursachten Kosten in direktem Verhältnis zu den Preisschwankungen des Rohstoffs, steigen, wenn er steigt, und fallen, wenn er fällt. Aber auch hier gibt es eine Grenze. 1850 hieß es noch:

"Eine Quelle beträchtlichen Verlustes aus der Preissteigerung des Rohstoffs wurde kaum jemandem auffallen, der kein praktischer Spinner ist, nämlich der Verlust durch Abfall. Man teilt mir mit, daß, wenn Baumwolle steigt, die Kosten für den Spinner, besonders der geringern Qualitäten, in höherm Verhältnis wachsen als der gezahlte Preisaufschlag anzeigt. Der Abfall beim Spinnen grober Garne beträgt reichlich 15%; wenn dieser Satz also einen Verlust von 1/2 d. per Pfund bei einem Baumwollpreis von 3 1/2 d. verursacht, so steigert er den Verlust per Pfund auf 1 d., sobald Baumwolle auf 7 d. per Pfund steigt." ("Rep. Fact., April l850", p. 17.)

Als aber infolge des Amerikanischen Bürgerkriegs die Baumwolle auf seit fast 100 Jahren unerhörte Preise stieg, lautete der Bericht ganz anders:

"Der Preis, der jetzt für Baumwollabfall gegeben wird, und die Wiedereinführung des Abfalls in die Fabrik als Rohstoff bieten einigen Ersatz für den Unterschied, im Verlust durch Abfall, zwischen indischer und amerikanischer Baumwolle. Dieser Unterschied beträgt ungefähr 12 1/2%. Der Verlust bei Verarbeitung indischer Baumwolle ist 25%, so daß die Baumwolle in Wirklichkeit dem Spinner 1/4 mehr kostet, als er für sie zahlt. Der Verlust durch Abfall war nicht so wichtig, als amerikanische Baumwolle <120> auf 5 oder 6 d. per Pfund stand, denn er überstieg nicht 3/4 d. per Pfund; aber er ist jetzt sehr wichtig, wo das Pfund Baumwolle 2 sh. kostet und der Verlust durch Abfall also 6 d. beträgt."(14) ("Rep. Fact., Oct. l863", p. 106.)

II. Wertsteigerung und Entwertung, Freisetzung und Bindung von Kapital

Die Phänomene, die wir in diesem Kapitel untersuchen, setzen zu ihrer vollen Entwicklung das Kreditwesen und die Konkurrenz auf dem Weltmarkt voraus, der überhaupt die Basis und die Lebensatmosphäre der kapitalistischen Produktionsweise bildet. Diese konkreteren Formen der kapitalistischen Produktion können aber nur umfassend dargestellt werden, nachdem die allgemeine Natur des Kapitals begriffen ist; zudem liegt ihre Darstellung außer dem Plan unsers Werks und gehört seiner etwaigen Fortsetzung an. Nichtsdestoweniger können die in der Überschrift bezeichneten Erscheinungen hier im allgemeinen behandelt werden. Sie hängen zusammen, erstens untereinander und zweitens sowohl mit der Rate wie mit der Masse des Profits. Sie sind auch schon deswegen kurz darzustellen, weil sie den Schein hervorbringen, als ob nicht nur die Rate, sondern auch die Masse des Profits - die in der Tat identisch ist mit der Masse des Mehrwerts - ab- und zunehmen kann unabhängig von den Bewegungen des Mehrwerts, sei es seiner Masse oder seiner Rate.

Sind Freisetzung und Bindung von Kapital auf der einen Seite, Wertsteigerung und Entwertung auf der andern als verschiedne Phänomene zu betrachten?

Es fragt sich zunächst: Was verstehn wir unter Freisetzung und Bindung von Kapital? Wertsteigerung und Entwertung verstehn sich von selbst. Sie meinen nichts, als daß vorhandnes Kapital infolge irgendwelcher allgemeinen ökonomischen Umstände - denn es handelt sich nicht um besondre Schicksale eines beliebigen Privatkapitals - an Wert zu- oder abnimmt; also daß der Wert des der Produktion vorgeschoßnen Kapitals, <121> abgesehn von seiner Verwertung durch die von ihm angewandte Mehrarbeit, steigt oder fällt.

Unter Bindung von Kapital verstehn wir, daß aus dem Gesamtwert des Produkts bestimmte gegebne Proportionen von neuem in die Elemente des konstanten oder variablen Kapitals rückverwandelt werden müssen, soll die Produktion auf ihrer alten Stufenleiter fortgehn. Unter Freisetzung von Kapital verstehn wir, daß ein Teil vom Gesamtwert des Produkts, der bisher entweder in konstantes oder variables Kapital rückverwandelt werden mußte, disponibel und überschüssig wird, soll die Produktion innerhalb der Schranken der alten Stufenleiter fortdauern. Diese Freisetzung oder Bindung von Kapital ist verschieden von Freisetzung oder Bindung von Revenue. Wenn der jährliche Mehrwert für ein Kapital C z.B. = x ist, so kann infolge der Verwohlfeilerung von Waren, die in den Konsum der Kapitalisten eingehn, x - a hinreichen, um dieselbe Masse Genüsse etc. wie früher zu schaffen. Es wird also ein Teil der Revenue = a freigesetzt, der nun entweder zur Vergrößerung des Konsums oder zur Rückverwandlung in Kapital (zur Akkumulation) dienen kann. Umgekehrt: Ist x + a erheischt, um dieselbe Lebensweise fortzuführen, so muß diese entweder eingeschränkt werden oder ein Einkommenteil = a, der früher akkumuliert wurde, muß nun als Revenue verausgabt werden.

Die Wertsteigerung und Entwertung kann entweder konstantes oder variables Kapital oder beide treffen, und beim konstanten Kapital kann sie wieder auf den fixen oder den zirkulierenden Teil oder auf beide sich beziehn.

Es sind beim konstanten Kapital zu betrachten: Roh- und Hilfsstoffe, wozu auch Halbfabrikate gehören, die wir hier unter dem Namen Rohstoffe zusammenfassen, und Maschinerie und andres fixes Kapital.

Es wurde oben namentlich Variation im Preis resp. Wert des Rohstoffs mit Bezug auf seinen Einfluß auf die Profitrate betrachtet und das allgemeine Gesetz aufgestellt, daß bei sonst gleichen Umständen die Profitrate im umgekehrten Verhältnis zur Werthöhe des Rohstoffs steht. Und dies ist unbedingt richtig für das Kapital, das neu in einem Geschäft engagiert wird, wo also die Kapitalanlage, die Verwandlung von Geld in produktives Kapital, erst stattfindet.

Aber abgesehn von diesem in der Neuanlage begriffnen Kapital, befindet sich ein großer Teil des schon fungierenden Kapitals in der Zirkulationssphäre, während ein andrer Teil sich in der Produktionssphäre befindet. Ein Teil ist als Ware auf dem Markt vorhanden und soll in Geld verwandelt werden; ein andrer Teil ist als Geld, in welcher Form immer, <122> vorhanden und soll in die Produktionsbedingungen rückverwandelt werden; ein dritter Teil endlich befindet sich innerhalb der Produktionssphäre, teils in der ursprünglichen Form der Produktionsmittel, Rohstoff, Hilfsstoff, auf dem Markt gekauftes Halbfabrikat, Maschinerie und andres fixes Kapital, teils als noch in der Anfertigung begriffnes Produkt. Wie Wertsteigerung oder Entwertung hier wirkt, hängt sehr ab von der Proportion, worin diese Bestandteile zueinander stehn. Lassen wir, zur Vereinfachung der Frage, alles fixe Kapital zunächst ganz aus dem Spiel und betrachten wir nur den aus Rohstoffen, Hilfsstoffen, Halbfabrikaten, in der Anfertigung begriffnen und fertigen auf dem Markt befindlichen Waren bestehenden Teil des konstanten Kapitals.

Steigt der Preis des Rohstoffs, z.B. der Baumwolle, so steigt auch der Preis der Baumwollenwaren - der Halbfabrikate, wie Garn, und der fertigen Waren, wie Gewebe etc.-, die mit wohlfeilerer Baumwolle fabriziert wurden; ebenso steigt der Wert der noch nicht verarbeiteten, auf Lager vorhandnen, wie der noch in der Verarbeitung begriffnen Baumwolle. Letztre, weil sie durch Rückwirkung Ausdruck von mehr Arbeitszeit wird, setzt dem Produkt, worin sie als Bestandteil eingeht, höhern Wert zu als sie selbst ursprünglich besaß und als der Kapitalist für sie gezahlt hat.

Ist also eine Erhöhung im Preis des Rohstoffs begleitet von einer bedeutenden Masse auf dem Markt vorhandner fertiger Ware, auf welcher Stufe der Vollendung immer, so steigt der Wert dieser Ware, und es findet damit eine Erhöhung im Wert des vorhandnen Kapitals statt. Dasselbe gilt für die in der Hand der Produzenten befindlichen Vorräte an Rohstoff etc. Diese Wertsteigerung kann den einzelnen Kapitalisten, oder auch eine ganze besondre Produktionssphäre des Kapitals, entschädigen oder mehr als entschädigen für den Fall der Profitrate, der aus der Preissteigerung des Rohstoffs folgt. Ohne hier auf die Details der Konkurrenzwirkungen einzugehn, kann jedoch der Vollständigkeit wegen bemerkt werden, daß 1. wenn die auf Lager befindlichen Vorräte von Rohstoff bedeutend sind, sie der am Produktionsherd des Rohstoffs entstandnen Preissteigerung entgegenwirken; 2. wenn die auf dem Markt befindlichen Halbfabrikate oder fertigen Waren sehr schwer auf dem Markt lasten, sie den Preis der fertigen Waren und des Halbfabrikats hindern, im Verhältnis zum Preis ihres Rohstoffs zu wachsen.

Umgekehrt beim Preisfall des Rohstoffs, der bei sonst gleichen Umständen die Profitrate erhöht. Die auf dem Markt befindlichen Waren, die noch in der Anfertigung begriffnen Artikel, die Vorräte von Rohstoff werden entwertet und damit der gleichzeitigen Steigerung der Profitrate entgegengewirkt.

<123> Je geringer z.B. am Ende des Geschäftsjahrs, zur Zeit wo der Rohstoff massenhaft neu geliefert wird, also bei Ackerbauprodukten nach der Ernte, die in der Produktionssphäre und auf dem Markt befindlichen Vorräte, desto reiner tritt die Wirkung einer Preisveränderung im Rohstoff hervor.

In unsrer ganzen Untersuchung wird ausgegangen von der Voraussetzung, daß Erhöhung oder Erniedrigung der Preise Ausdrücke von wirklichen Wertschwankungen sind. Da es sich hier aber um die Wirkung handelt, die diese Preisschwankungen auf die Profitrate hervorbringen, so ist es in der Tat gleichgültig, worin sie begründet sind; das hier Entwickelte gilt also ebenfalls, wenn die Preise steigen und fallen infolge nicht von Wertschwankungen, sondern von Einwirkungen des Kreditsystems, der Konkurrenz etc.

Da die Profitrate gleich ist dem Verhältnis des Überschusses des Werts des Produkts zum Wert des vorgeschoßnen Gesamtkapitals, so wäre eine Erhöhung der Profitrate, die aus einer Entwertung des vorgeschoßnen Kapitals hervorginge, mit Verlust an Kapitalwert verbunden, ebenso eine Erniedrigung der Profitrate, die aus Wertsteigerung des vorgeschoßnen Kapitals hervorginge, möglicherweise mit Gewinn.

Was den andern Teil des konstanten Kapitals angeht, Maschinerie und überhaupt fixes Kapital, so sind die Wertsteigerungen, die hier stattfinden und sich namentlich auf Baulichkeiten, auf Grund und Boden etc. beziehn, nicht darstellbar ohne die Lehre von der Grundrente und gehören daher nicht hierher. Für die Entwertung aber sind von allgemeiner Wichtigkeit:

1. Die beständigen Verbesserungen, welche vorhandne Maschinerie, Fabrikeinrichtung usw. relativ ihres Gebrauchswerts und damit auch ihres Werts berauben. Dieser Prozeß wirkt gewaltsam namentlich in der ersten Epoche neu eingeführter Maschinerie, bevor diese einen bestimmten Grad der Reife erlangt hat, und wo sie daher beständig antiquiert ist, bevor sie Zeit hatte, ihren Wert zu reproduzieren. Es ist dies einer der Gründe der in solchen Epochen üblichen, maßlosen Verlängerung der Arbeitszeit, des Arbeitens mit wechselnder Schicht bei Tag und bei Nacht, damit in kürzerm Zeitraum, ohne den Verschleiß der Maschinerie zu hoch zu berechnen, ihr Wert sich reproduziert. Wird dagegen kurze Wirkungszeit der Maschinerie (ihre kurze Lebensfrist gegenüber voraussichtlichen Verbesserungen) nicht so ausgeglichen, so gibt sie zu viel Wertteil für moralischen Verschleiß an das Produkt ab, so daß sie selbst mit der Handarbeit nicht konkurrieren kann.(15)

<124> Wenn Maschinerie, Einrichtung der Baulichkeiten, überhaupt das fixe Kapital, eine gewisse Reife erlangt hat, so daß es für längre Zeit wenigstens in seiner Grundkonstruktion unverändert bleibt, so tritt eine ähnliche Entwertung ein infolge von Verbesserungen in den Methoden der Reproduktion dieses fixen Kapitals. Der Wert der Maschinerie etc. sinkt jetzt, nicht weil sie rasch verdrängt oder in gewissem Grad entwertet wird durch neuere, produktivere Maschinerie etc., sondern weil sie jetzt wohlfeiler reproduziert werden kann. Es ist dies einer der Gründe, warum große Geschäftsanlagen oft erst in zweiter Hand florieren, nachdem der erste Besitzer Bankrott gemacht und der zweite, der sie wohlfeil angekauft, deshalb von vornherein seine Produktion mit geringrer Kapitalauslage beginnt.

Bei der Agrikultur speziell springt in die Augen, daß dieselben Gründe, die den Preis des Produkts erhöhen oder senken, auch den Wert des Kapitals erhöhen oder senken, weil dies selbst zum großen Teil aus jenem Produkt, Korn, Vieh etc. besteht. (Ricardo.)

__________

Es wäre nun noch zu erwähnen das variable Kapital.

Soweit der Wert der Arbeitskraft steigt, weil der Wert der zu ihrer Reproduktion erheischten Lebensmittel steigt, oder umgekehrt fällt, weil der Wert dieser Lebensmittel fällt - und Wertsteigerung und Entwertung des variablen Kapitals drücken weiter nichts aus als diese beiden Fälle -, so entspricht, bei gleichbleibender Länge des Arbeitstags, Fallen des Mehrwerts dieser Wertsteigerung und Wachsen des Mehrwerts dieser Entwertung. Aber es können hiermit zugleich auch andre Umstände - Freisetzung und Bindung von Kapital - verbunden sein, die vorher nicht untersucht wurden und die jetzt kurz angegeben werden sollen.

Sinkt der Arbeitslohn infolge eines Wertfalls der Arbeitskraft (womit sogar Steigen im realen Preis der Arbeit verbunden sein kann), so wird also ein Teil des Kapitals, der bisher in Arbeitslohn ausgelegt war, freigesetzt. Es findet Freisetzung von variablem Kapital statt. Für neu anzulegendes Kapital hat dies einfach die Wirkung, daß es mit erhöhter Rate des Mehrwerts arbeitet. Es wird mit weniger Geld als früher dasselbe Quantum Arbeit in Bewegung gesetzt, und so erhöht sich der unbezahlte Teil der Arbeit auf Kosten des bezahlten. Aber für bisher beschäftigtes Kapital erhöht sich nicht nur die Rate des Mehrwerts, sondern außerdem wird ein <125> Teil des bisher in Arbeitslohn ausgelegten Kapitals frei. Er war bisher gebunden und bildete einen ständigen Teil, der vom Erlös des Produkts abging, in Arbeitslohn ausgelegt werden, als variables Kapital fungieren mußte, sollte das Geschäft auf der alten Stufenleiter fortgehn. Jetzt wird dieser Teil disponibel und kann also benutzt werden als neue Kapitalanlage, sei es zur Erweiterung desselben Geschäfts, sei es zur Funktion in einer andern Produktionssphäre.

Nehmen wir z.B. an, es seien anfänglich 500 Pfd.St. erheischt gewesen, um 500 Arbeiter wöchentlich in Bewegung zu setzen, und es seien jetzt nur noch 400 Pfd.St. dazu erheischt. Dann war, wenn die Masse des produzierten Werts beidemal = 1.000 Pfd.St., die Masse des wöchentlichen Mehrwerts das erstemal = 500 Pfd.St., die Mehrwertsrate 500/500 = 100%; aber nach der Lohnsenkung wird die Masse des Mehrwerts 1.000 Pfd.St. - 400 Pfd.St. = 600 Pfd.St. und seine Rate 600/400 = 150%. Und diese Erhöhung der Mehrwertsrate ist die einzige Wirkung für den, der mit einem variablen Kapital von 400 Pfd.St. und entsprechendem konstanten Kapital ein neues Geschäft in derselben Produktionssphäre anlegt. Aber in einem bereits fungierenden Geschäft ist in diesem Fall nicht nur infolge der Entwertung des variablen Kapitals die Mehrwertsmasse von 500 auf 600 Pfd.St. und die Mehrwertsrate von 100 auf 150% gestiegen; es sind außerdem 100 Pfd.St. vom variablen Kapital freigesetzt, mit denen wieder Arbeit exploitiert werden kann. Dieselbe Arbeitsmenge wird also nicht nur vorteilhafter exploitiert, sondern es können auch durch die Freisetzung der 100 Pfd.St. mit demselben variablen Kapital von 500 Pfd.St. mehr Arbeiter als zuvor zu der erhöhten Rate exploitiert werden.

Nun umgekehrt. Gesetzt, das ursprüngliche Verhältnis der Produktverteilung, bei 500 beschäftigten Arbeitern, sei = 400v + 600m = 1000, also die Rate des Mehrwerts = 150%. Der Arbeiter erhält also hier wöchentlich 4/5 Pfd.St. = 16 Schillinge. Wenn infolge der Wertsteigerung des variablen Kapitals 500 Arbeiter nun wöchentlich 500 Pfd.St. kosten, so wird der Wochenlohn eines jeden = 1 Pfd.St., und 400 Pfd.St. können nur 400 Arbeiter in Bewegung setzen. Wird also dieselbe Arbeiteranzahl wie bisher in Bewegung gesetzt, so haben wir 500v + 500m = 1000; die Rate des Mehrwerts wäre gesunken von 150 auf 100%, also um 1/3 Für ein neu anzulegendes Kapital wäre dies die einzige Wirkung, daß die Rate des Mehrwerts geringer wäre. Bei sonst gleichen Umständen wäre die Profitrate entsprechend gesunken, wenn auch nicht im selben Verhältnis. Wenn <126> z.B. c = 2.000, so haben wir in einem Fall 2.000c + 400v + 600m = 3.000. mī = 150%, pī = 600/2.400 = 25%. Im zweiten Fall 2.000c + 500v + 500m = 3.000, mī = 100%; pī = 500/2.500 = 20%. Dagegen für das bereits engagierte Kapital wäre die Wirkung doppelt. Mit 400 Pfd.St. variablem Kapital können jetzt nur 400 Arbeiter beschäftigt werden, und zwar zu einer Mehrwertsrate von 100%. Sie geben also nur einen Gesamtmehrwert von 400 Pfd.St. Da ferner ein konstantes Kapital vom Wert von 2.000 Pfd.St. 500 Arbeiter erfordert, um es in Bewegung zu setzen, so setzen 400 Arbeiter nur ein konstantes Kapital zum Wert von 1.600 Pfd.St. in Bewegung. Soll also die Produktion auf der bisherigen Stufe fortgeführt und nicht 1/5 der Maschinerie stillgesetzt werden, so muß das variable Kapital um 100 Pfd.St. erhöht werden, um nach wie vor 500 Arbeiter zu beschäftigen; und dies ist nur möglich dadurch, daß bisher disponibles Kapital gebunden wird, indem ein Teil der Akkumulation, der zur Ausdehnung dienen sollte, jetzt bloß zur Ausfüllung dient oder ein zur Verausgabung als Revenue bestimmter Teil dem alten Kapital zugeschlagen wird. Mit einer um 100 Pfd.St. vermehrten Auslage an variablem Kapital wird dann 100 Pfd.St. weniger Mehrwert produziert. Um dieselbe Anzahl Arbeiter in Bewegung zu setzen, ist mehr Kapital nötig, und zugleich ist der Mehrwert verringert, den jeder einzelne Arbeiter liefert.

Die Vorteile, die aus der Freisetzung, und die Nachteile, die aus der Bindung von variablem Kapital hervorgehn, existieren beide nur für das schon engagierte und daher sich in gegebnen Verhältnissen reproduzierende Kapital. Für neu anzulegendes Kapital beschränkt sich der Vorteil auf der einen, der Nachteil auf der andern Seite auf Erhöhung resp. Erniedrigung der Rate des Mehrwerts und entsprechenden, wenn auch keineswegs proportionellen Wechsel der Rate des Profits.

__________

Die eben untersuchte Freisetzung und Bindung von variablem Kapital ist die Folge von Entwertung und Wertsteigerung der Elemente des variablen Kapitals, d.h. der Reproduktionskosten der Arbeitskraft. Es könnte aber auch variables Kapital freigesetzt werden, wenn infolge der Entwicklung der Produktivkraft, bei gleichbleibender Rate des Arbeitslohns, weniger Arbeiter erheischt werden, um dieselbe Masse konstantes Kapital in Bewegung zu setzen. Ebenso kann umgekehrt Bindung von zusätzlichem variablen Kapital stattfinden, wenn infolge von Abnahme der Produktiv- <127> kraft der Arbeit mehr Arbeiter erheischt sind auf dieselbe Masse konstantes Kapital. Wenn dagegen ein Teil des früher als variabel angewandten Kapitals in Form von konstantem angewandt wird, also nur veränderte Verteilung zwischen den Bestandteilen desselben Kapitals stattfindet, so hat dies zwar Einfluß auf die Rate des Mehrwerts wie des Profits, aber gehört nicht in die hier betrachtete Rubrik der Bindung und Freisetzung von Kapital.

Konstantes Kapital kann, wie wir schon sahen, ebenfalls gebunden oder entbunden werden infolge der Wertsteigerung oder Entwertung der Elemente, aus denen es besteht. Hiervon abgesehn, ist nur Bindung desselben möglich (ohne daß etwa ein Teil des variablen in konstantes verwandelt wird), wenn die Produktivkraft der Arbeit zunimmt, also dieselbe Arbeitsmasse größres Produkt erzeugt und daher mehr konstantes Kapital in Bewegung setzt. Dasselbe kann unter gewissen Umständen stattfinden, wenn die Produktivkraft abnimmt, wie z.B. im Ackerbau, so daß dieselbe Arbeitsmenge, um dasselbe Produkt zu erzeugen, mehr Produktionsmittel bedarf, z.B. größere Aussaat oder Düngung, Dränierung etc. Ohne Entwertung kann konstantes Kapital freigesetzt werden, wenn durch Verbesserungen, Anwendung von Naturkräften etc. ein konstantes Kapital von geringerm Wert in den Stand gesetzt wird, technisch denselben Dienst zu leisten, wie früher ein höherwertiges.

Man hat im Buch II gesehn, daß, nachdem die Waren in Geld verwandelt, verkauft sind, ein bestimmter Teil dieses Geldes wieder in die stofflichen Elemente des konstanten Kapitals rückverwandelt werden muß, und zwar in den Verhältnissen, wie sie der bestimmte technische Charakter jeder gegebnen Produktionssphäre erheischt. Hier ist in allen Zweigen - vom Arbeitslohn, also vom variablen Kapital abgesehn - das wichtigste Element der Rohstoff, mit Einschluß der Hilfsstoffe, die namentlich wichtig in Produktionszweigen, wo kein eigentlicher Rohstoff eingeht, wie in Bergwerken und der extraktiven Industrie überhaupt. Der Teil des Preises, der den Verschleiß der Maschinerie ersetzen muß, geht mehr ideell in die Rechnung ein, solange die Maschinerie überhaupt noch werkfähig ist; es kommt nicht sehr darauf an, ob er heute oder morgen, oder in welchem Abschnitt der Umschlagszeit des Kapitals er gezahlt und in Geld ersetzt wird. Anders mit dem Rohstoff. Steigt der Preis des Rohstoffs, so mag es unmöglich sein, ihn nach Abzug des Arbeitslohns aus dem Wert der Ware vollständig zu ersetzen. Heftige Preisschwankungen bringen daher Unterbrechungen, große Kollisionen und selbst Katastrophen im Reproduktionsprozeß hervor. Es sind namentlich eigentliche Agrikulturprodukte, der organischen Natur entstammende Rohstoffe, die solchen Wertschwankungen <128> infolge wechselnder Ernteerträge etc. - hier noch ganz vom Kreditsystem abgesehn - unterworfen sind. Dasselbe Quantum Arbeit kann sich hier infolge unkontrollierbarer Naturverhältnisse, der Gunst oder Ungunst der Jahreszeiten usw., in sehr verschiednen Mengen von Gebrauchswerten darstellen, und ein bestimmtes Maß dieser Gebrauchswerte wird darnach einen sehr verschiednen Preis haben. Stellt sich der Wert x in 100 Pfund der Ware a dar, so ist der Preis von einem Pfund von a = x/100; wenn in 1.000 Pfund a, ist der Preis eines Pfundes von a = x/1.000 usw. Es ist dies also das eine Element dieser Preisschwankungen des Rohstoffs. Ein zweites, das nur der Vollständigkeit wegen hier erwähnt wird - da die Konkurrenz wie das Kreditsystem hier noch außer dem Kreis unsrer Betrachtung liegt -, ist dies. Es ist in der Natur der Sache begründet, daß pflanzliche und tierische Stoffe, deren Wachstum und Produktion bestimmten organischen, an gewisse natürliche Zeiträume gebundnen Gesetzen unterworfen sind, nicht plötzlich in demselben Maß vermehrt werden können, wie z.B. Maschinen und andres fixes Kapital, Kohlen, Erze etc., deren Vermehrung, die sonstigen Naturbedingungen vorausgesetzt, in einem industriell entwickelten Land in kürzester Frist vor sich gehn kann. Es ist daher möglich und bei entwickelter kapitalistischer Produktion sogar unvermeidlich, daß die Produktion und Vermehrung des Teils des konstanten Kapitals, der aus fixem Kapital, Maschinerie etc. besteht, einen bedeutenden Vorsprung gewinnt vor dem Teil desselben, der aus organischen Rohstoffen besteht, so daß die Nachfrage nach diesen Rohstoffen schneller wächst als ihre Zufuhr und daher ihr Preis steigt. Dies Steigen des Preises führt in der Tat nach sich 1. daß diese Rohstoffe aus größrer Entfernung zugeführt werden, indem der steigende Preis größre Transportkosten deckt; 2. daß die Produktion derselben vermehrt wird, ein Umstand, welcher, der Natur der Sache nach, aber vielleicht erst ein Jahr später die Produktenmasse wirklich vermehren kann; und 3. daß allerlei früher unbenutzte Surrogate vernutzt und ökonomischer mit den Abfällen umgegangen wird. Wenn das Steigen der Preise anfängt, sehr merklich auf die Ausdehnung der Produktion und die Zufuhr zu wirken, ist meist schon der Wendepunkt eingetreten, wo infolge des länger fortgesetzten Steigens des Rohstoffs und aller Waren, in die er als Element eingeht, die Nachfrage fällt und daher auch eine Reaktion im Preis des Rohstoffs eintritt. Abgesehn von den Konvulsionen, die dies durch Entwertung von Kapital in verschiednen Formen bewirkt, treten noch andre gleich zu erwähnende Umstände ein.

<129> Zunächst ist aber schon aus dem bisher Gesagten klar: Je entwickelter die kapitalistische Produktion und je größer daher die Mittel plötzlicher und anhaltender Vermehrung des aus Maschinerie usw. bestehenden Teils des konstanten Kapitals, je rascher die Akkumulation (wie namentlich in Zeiten der Prosperität), desto größer die relative Überproduktion von Maschinerie und andrem fixem Kapital und desto häufiger die relative Unterproduktion der pflanzlichen und tierischen Rohstoffe, desto markierter das vorher beschriebne Steigen ihres Preises und der diesem entsprechende Rückschlag. Desto häufiger sind also die Revulsionen, die in dieser heftigen Preisschwankung eines der Hauptelemente des Reproduktionsprozesses ihren Grund haben.

Tritt nun aber der Zusammenbruch dieser hohen Preise ein, weil ihr Steigen teils eine Verminderung der Nachfrage hervorgerufen, teils aber eine Erweiterung der Produktion hier, eine Zufuhr von entferntern und bisher weniger oder gar nicht benutzten Produktionsgegenden dort verursacht hat und mit beiden eine die Nachfrage überholende Zufuhr der Rohstoffe - sie namentlich überholend bei den alten hohen Preisen -, so ist das Resultat von verschiednen Gesichtspunkten zu betrachten. Der plötzliche Zusammenbruch des Preises der Rohprodukte legt ihrer Reproduktion einen Hemmschuh an, und so wird das Monopol der Ursprungsländer, die unter den günstigsten Bedingungen produzieren, wieder hergestellt; vielleicht unter gewissen Einschränkungen hergestellt, aber doch hergestellt. Die Reproduktion der Rohstoffe geht zwar infolge des gegebnen Anstoßes auf erweiterter Stufenleiter vor sich, namentlich in den Ländern, die mehr oder weniger das Monopol dieser Produktion besitzen. Aber die Basis, auf der infolge der erweiterten Maschinerie etc. die Produktion vor sich geht, und die nun nach einigen Schwankungen als neue normale Basis, als neuer Ausgangspunkt zu gelten hat, ist sehr erweitert durch die Vorgänge während des letzten Umschlagszyklus. Dabei hat aber in einem Teil der sekundären Bezugsquellen die eben erst gesteigerte Reproduktion wieder bedeutende Hemmung erfahren. So kann man z.B. aus den Exporttabellen mit den Fingern herauszeigen, wie während der letzten 30 Jahre (bis 1865) die indische Baumwollproduktion wächst, wenn Ausfall in der amerikanischen eintritt, und dann plötzlich wieder mehr oder minder nachhaltig zurückgeht. Während der Zeit der Rohstoffteurung tun sich die industriellen Kapitalisten zusammen, bilden Assoziationen, um die Produktion zu regulieren. So z.B. nach dem Steigen der Baumwollpreise 1848 in Manchester, ähnlich für die Produktion des Flachses in Irland. Sobald aber der unmittelbare Anstoß vorüber ist und das allgemeine Prinzip der Konkurrenz, "im wohl- <130> feilsten Markt zu kaufen" (statt wie jene Assoziationen bezwecken, die Produktionsfähigkeit in passenden Ursprungsländern zu begünstigen, abgesehn vom unmittelbaren, augenblicklichen Preis, wozu diese das Produkt derzeit liefern können) - sobald also das Prinzip der Konkurrenz wieder souverän herrscht, überläßt man es wieder dem "Preise", die Zufuhr zu regulieren. Aller Gedanke an gemeinsame, übergreifende und vorsehende Kontrolle der Produktion der Rohstoffe - eine Kontrolle, die im ganzen und großen auch durchaus unvereinbar ist mit den Gesetzen der kapitalistischen Produktion, und daher immer frommer Wunsch bleibt oder sich auf ausnahmsweise gemeinsame Schritte in Augenblicken großer unmittelbarer Gefahr und Ratlosigkeit beschränkt macht Platz dem Glauben, daß Nachfrage und Zufuhr sich gegenseitig regulieren werden.(16) Der Aberglaube der Kapitalisten ist hier so grob, daß selbst die Fabrikinspektoren wieder und wieder in ihren Berichten darüber die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Die Abwechslung guter und schlechter Jahre bringt natürlich auch wieder wohlfeilere Rohstoffe hervor. Abgesehn von der unmittelbaren Wirkung, die dies auf Ausdehnung der Nachfrage hat, kommt hinzu die früher erwähnte Wirkung auf die Profitrate, als Stimulus. Und der obige Prozeß mit dem allmählichen Überholtwerden der Produktion der Rohstoffe durch die Produktion von Maschinerie etc. wiederholt sich dann auf größrer Stufenleiter. Die wirkliche Verbesserung des Rohstoffs, so daß er nicht nur der Quantität, sondern auch der erheischten Qualität nach <131> geliefert würde, z.B. Baumwolle amerikanischer Qualität von Indien aus, würde erheischen lang fortgesetzte, regelmäßig wachsende und stetige europäische Nachfrage (ganz abgesehn von den ökonomischen Bedingungen, worunter der indische Produzent in seiner Heimat gestellt ist). So aber wird die Produktionssphäre der Rohstoffe nur stoßweise, bald plötzlich erweitert, dann wieder gewaltsam kontrahiert. Es ist dies alles, wie auch der Geist der kapitalistischen Produktion überhaupt, sehr gut zu studieren an der Baumwollennot von 1861-1865, wo noch hinzukam, daß ein Rohstoff zeitweis ganz fehlte, der eins der wesentlichsten Elemente der Reproduktion ist. Es kann nämlich auch der Preis steigen, während die Zufuhr voll ist, aber unter schwierigem Bedingungen voll. Oder es kann wirklicher Mangel an Rohstoff vorhanden sein. In der Baumwollkrisis fand ursprünglich das letztre statt.

Je mehr wir daher in der Geschichte der Produktion der unmittelbarsten Gegenwart näherrücken, um so regelmäßiger finden wir, namentlich in den entscheidenden Industriezweigen, den stets sich wiederholenden Wechsel zwischen relativer Teurung und daraus entspringender, spätrer Entwertung der der organischen Natur entlohnten Rohstoffe. Man wird das bisher Entwickelte illustriert finden in den folgenden, den Berichten der Fabrikinspektoren entlohnten Beispielen.

Die Moral von der Geschichte, die man auch durch sonstige Betrachtung der Agrikultur gewinnen kann, ist die, daß das kapitalistische System einer rationellen Agrikultur widerstrebt oder die rationelle Agrikultur unverträglich ist mit dem kapitalistischen System (obgleich dies ihre technische Entwicklung befördert) und entweder der Hand des selbst arbeitenden Kleinbauern oder der Kontrolle der assoziierten Produzenten bedarf.

__________

Wir lassen nun die soeben erwähnten Illustrationen aus den englischen Fabrikberichten folgen.

"Der Stand des Geschäfts ist besser; aber der Zyklus guter und schlechter Zeiten verkürzt sich mit der Vermehrung der Maschinerie, und wie sich damit die Nachfrage nach Rohstoff vermehrt, wiederholen sich auch die Schwankungen in der Geschäftslage häufiger ... Augenblicklich ist nicht nur das Vertrauen wiederhergestellt nach der Panik von l 857, sondern die Panik selbst scheint fast ganz vergessen. Ob diese Besserung anhalten wird oder nicht, hängt in sehr großem Maß ab vom Preis der Rohstoffe. Es zeigen sich mir bereits Vorzeichen, daß in einigen Fällen das Maximum schon erreicht ist, worüber hinaus die Fabrikation immer weniger profitlich wird, bis sie endlich ganz aufhört, Profit zu liefern. Nehmen wir z.B. die gewinnreichen Jahre im <132> Worsted-Geschäft 1849 und 1850, so sehn wir, daß der Preis englischer Kammwolle auf 13 d. stand und von australischer 14 bis 17 d. per Pfund, und daß im Durchschnitt der 10 Jahre 1841-1850 der Durchschnittspreis englischer Wolle nie über 14 d. und australischer über 17 d. per Pfund stieg. Aber im Anfang des Unglücksjahrs 1857 stand australische Wolle auf 23 d.; sie fiel im Dezember, in der schlimmsten Zeit der Panik auf 18 d., ist aber im Lauf des Jahres 1858 wieder auf den gegenwärtigen Preis von 21 d. gestiegen. Englische Wolle fing 1857 ebenfalls mit 20 d. an, stieg im April und September auf 2l d., fiel im Januar 1858 auf 14d. und ist seitdem auf 17d. gestiegen, so daß sie 3 d. per Pfund höher steht als der Durchschnitt der angeführten 10 Jahre ... Dies zeigt nach meiner Ansicht, daß entweder die Fallimente von 1857, die ähnlichen Preisen geschuldet waren, vergessen sind; oder daß nur knapp so viel Wolle produziert wird, wie die vorhandnen Spindeln verspinnen können; oder aber daß die Preise von Geweben eine dauernde Steigerung erfahren werden ... Ich habe aber in meiner bisherigen Erfahrung gesehn, wie in unglaublich kurzer Zeit die Spindeln und Webstühle nicht nur ihre Zahl vervielfältigt haben, sondern auch ihre Betriebsgeschwindigkeit; daß ferner unsre Wollausfuhr nach Frankreich fast in demselben Verhältnis gestiegen ist, während sowohl im In- wie im Ausland das Durchschnittsalter der gehaltnen Schafe immer niedriger wird, da die Bevölkerung sich rasch vermehrt und die Züchter ihren Viehbestand so rasch wie möglich in Geld verwandeln wollen. Es ist mir daher oft ängstlich zumute gewesen, wenn ich Leute sah, die, ohne diese Kenntnis, ihr Geschick und ihr Kapital in Unternehmungen angelegt haben, deren Erfolg von der Zufuhr eines Produkts abhängt, das nur nach gewissen organischen Gesetzen sich vermehren kann ... Der Stand von Nachfrage und Zufuhr aller Rohstoffe ... scheint viele Schwankungen im Baumwollengeschäft zu erklären und ebenso die Lage des englischen Wollmarkts im Herbst 1857 und die daraus folgende Geschäftskrisis."(17) (R. Baker in "Rep. Fact., Oct. 1858", p. 56-61.)

Die Blütezeit der Worsted-Industrie des West Riding von Yorkshire war 1849/50. Es wurden dort hierin beschäftigt 1838 29.246 Personen, 1843 37.060, 1845 48.097, 1850 74.891. In demselben Distrikt: 1838 2.768 mechanische Webstühle, 1841 11.458, 1843 16.870, 1845 19.121 und 1850 29.539. ("Rep. Fact., [Oct.] 1850", p. 60.) Diese Blüte der Kammwollindustrie fing an bereits im Oktober 1850 verdächtig zu werden. Im Bericht vom April 1851 sagt Subinspektor Baker über Leeds und Bradford:

"Der Stand des Geschäfts ist seit einiger Zeit sehr unbefriedigend. Die Kammgarnspinner verlieren rasch die Profite von 1850, und die Mehrzahl der Weber kommt auch nicht besonders voran. Ich glaube, daß augenblicklich mehr Wollenmaschinerie stillsteht als je vorher, und auch die Flachsspinner entlassen Arbeiter und stellen Maschinen <133> still. Die Zyklen der Textilindustrie sind jetzt in der Tat äußerst ungewiß, und wir werden, denke ich, bald zur Einsicht kommen ... daß kein Verhältnis eingehalten wird zwischen der Produktionsfähigkeit der Spindeln, der Menge des Rohstoffe und der Vermehrung der Bevölkerung." (p. 52.)

Dasselbe gilt für die Baumwollindustrie. In dem eben zitierten Bericht von Oktober 1858 heißt es:

"Seitdem die Arbeitsstunden in Fabriken festgesetzt worden, sind die Beträge des Rohstoffverbrauchs, der Produktion, der Löhne in allen Textilindustrien auf einfache Regeldetri reduziert worden ... Ich zitiere aus einem neulichen Vortrag ... des Herrn Baynes, des jetzigen Mayor von Blackburn, über die Baumwollindustrie, worin er die industrielle Statistik seiner eignen Gegend mit möglichster Genauigkeit zusammengestellt:

'Jede wirkliche Pferdekraft bewegt 450 selfactor-Spindeln nebst Vorspinnmaschinerie oder 200 throstle-Spindeln oder 15 Stühle für 40 Zoll breites Tuch, nebst Haspel-, Scherungs und Schlichtmaschinerie. Jede Pferdekraft beschäftigt beim Spinnen 2 1/2 Arbeiter, beim Weben aber 10; ihr Durchschnittslohn ist reichlich 10 1/2 sh. per Kopf per Woche ... Die verarbeiteten Durchschnittsnummern sind Nr. 30-32 für die Kette und Nr. 34-36 für den Einschlag; nehmen wir das wöchentlich produzierte Gespinst auf 13 Unzen per Spindel an, so gibt dies 824.700 Pfund Garn per Woche, wofür 970.000 Pfund oder 2.300 Ballen Baumwolle zum Preis von 28.300 Pfd.St. verbraucht werden ... In unserm Distrikt (in einem Umkreis um Blackburn mit 5 englischen Meilen Radius) ist der wöchentliche Baumwollverbrauch 1.530.000 Pfund oder 3.650 Ballen zum Kostpreis von 44.625 Pfd.St. Es ist dies 1/18 der ganzen Baumwollspinnerei des Vereinigten Königreichs und 1/6 der sämtlichen mechanischen Weberei.'

Nach den Berechnungen des Herrn Baynes wäre also die Gesamtzahl der Baumwollspindeln des Königreichs 28.800.000, und um diese in voller Beschäftigung zu halten, würden jährlich l.432.080.000 Pfund Baumwolle erfordert. Aber die Baumwolleinfuhr, nach Abzug der Ausfuhr, war 1856 und 1857 nur l.022.576.832 Pfund; es muß also notwendig ein Defizit von 409.503.168 Pfund stattgefunden haben. Herr Baynes, der die Güte hatte, diesen Punkt mit mir zu besprechen, glaubt, daß eine Berechnung des jährlichen Baumwollverbrauchs, begründet auf den Verbrauch des Distrikts von Blackburn. zu hoch ausfallen würde infolge des Unterschieds, nicht nur der gesponnenen Nummern, sondern auch der Vortrefflichkeit der Maschinerie. Er schätzt den gesamten jährlichen Baumwollverbrauch des Vereinigten Königreichs auf 1.000 Mill. Pfund. Aber wenn er recht hat und wirklich ein Überschuß der Zufuhr von 22 1/2 Mill. stattfindet, so scheint Nachfrage und Zufuhr sich schon jetzt beinahe das Gleichgewicht zu halten, auch ohne daß wir die zusätzlichen Spindeln und Webstühle in Erwägung ziehn, die nach Herrn Baynes in seinem eignen Bezirk in Aufstellung begriffen sind und, darnach zu urteilen, in andren Distrikten wahrscheinlich ebenfalls." (p. 59, 60, 61.)

III. Allgemeine Illustration: die Baumwollkrisis 1861-1865
Vorgeschichte 1845-1860

<134> 1845. Blütezeit der Baumwollindustrie. Sehr niedriger Baumwollpreis. L. Horner sagt darüber:

"Während der letzten 8 Jahre ist mir keine so lebhafte Geschäftsperiode vorgekommen, wie sie im letzten Sommer und Herbst vorgeherrscht hat. Besonders in der Baumwollspinnerei. Das ganze halbe Jahr durch habe ich jede Woche Anmeldungen neuer Kapitalanlagen in Fabriken erhalten; bald waren es neue Fabriken, die gebaut wurden, bald hatten die wenigen leerstehenden neue Mieter gefunden, bald wurden im Betrieb befindliche Fabriken ausgedehnt, neue stärkre Dampfmaschinen und vermehrte Arbeitsmaschinerie aufgestellt," ("Rep, Fact., Oct. 1845", p. 13.)

1846. Die Klagen beginnen.

"Schon seit längrer Zeit höre ich von den Baumwollfabrikanten sehr verbreitete Klagen über den gedrückten Stand ihres Geschäfts ... während der letzten 6 Wochen haben verschiedne Fabriken angefangen kurze Zeit zu arbeiten, gewöhnlich 8 Stunden täglich statt 12; dies scheint sich zu verbreiten ... es hat ein großer Preisaufschlag der Baumwolle stattgefunden und ... nicht nur keine Preiserhöhung des Fabrikats, sondern ... seine Preise sind niedriger als vor dem Aufschlag in Baumwolle. Die große Vermehrung in der Zahl der Baumwollfabriken während der letzten 4 Jahre muß zur Folge gehabt haben einerseits eine stark vermehrte Nachfrage nach dem Rohstoff und andrerseits eine stark vermehrte Zufuhr von Fabrikaten auf den Markt; beide Ursachen müssen gemeinsam zur Herabdrückung des Profits gewirkt haben, solange die Zufuhr des Rohstoffs und die Nachfrage nach dem Fabrikat unverändert blieb; aber sie haben noch weit stärker gewirkt, weil einerseits die Zufuhr von Baumwolle neuerdings ungenügend war und andrerseits die Nachfrage nach den Fabrikaten in verschiednen inländischen und ausländischen Märkten abgenommen hat." ("Rep. Fact., Oct. 1846", p. 10.)

Die steigende Nachfrage nach Rohstoff und die Überfüllung des Markts mit Fabrikat gehn natürlich Hand in Hand. - Beiläufig beschränkte sich die damalige Ausdehnung der Industrie und nachfolgende Stockung nicht auf die Baumwolldistrikte. Im Kammwolldistrikt von Bradford waren 1836 nur 318 Fabriken, 1846 dagegen 490. Diese Zahlen drücken bei weitem nicht die wirkliche Steigerung der Produktion aus, da die bestehenden Fabriken gleichzeitig bedeutend erweitert wurden. Dies gilt besonders auch von Flachsspinnereien.

<135> "Sie alle haben mehr oder weniger während der letzten 10 Jahre beigetragen zu der Überführung des Markts, der die jetzige Stockung des Geschäfts großenteils zugeschrieben werden muß ... Der gedrückte Geschäftsstand folgt ganz natürlich aus einer so raschen Erweitrung der Fabriken und der Maschinerie." ("Rep. Fact., Oct. 1846", p. 30.)

1847. Im Oktober Geldkrisis. Diskonto 8%. Vorher schon Zusammenbruch des Eisenbahnschwindels, der ostindischen Wechselreiterei. Aber:

"Herr Baker gibt sehr interessante Details über die in den letzten Jahren gestiegne Nachfrage für Baumwolle, Wolle und Flachs infolge der Ausdehnung dieser Industrien. Er hält die vermehrte Nachfrage nach diesen Rohstoffen, namentlich da sie zu einer Zeit eintrat, wo deren Zufuhr weit unter den Durchschnitt gefallen ist, für fast genügend, den gegenwärtigen gedrückten Stand dieser Geschäftszweige zu erklären, auch ohne daß man die Zerrüttung des Geldmarkts zu Hilfe nimmt. Diese Ansicht wird vollständig bestätigt durch meine eignen Beobachtungen und durch das, was ich von geschäftskundigen Leuten erfahren habe. Diese verschiednen Geschäftszweige waren alle schon sehr gedrückt, als Diskontierungen noch leicht zu 5% und weniger zu bewirken waren. Dagegen war die Zufuhr von Rohseide reichlich, die Preise mäßig und das Geschäft demgemäß lebhaft, bis ... in den letzten 2 oder 3 Wochen, wo unzweifelhaft die Geldkrisis nicht nur die Tramierer selbst, sondern noch mehr ihre Hauptkunden, die Fabrikanten von Modewaren, affiziert hat. Ein Blick auf die veröffentlichten amtlichen Berichte zeigt, daß die Baumwollindustrie in den letzten drei Jahren sich um beinahe 27% vermehrt hat. Infolgedessen ist Baumwolle, rund gesprochen, von 4 d. auf 6 d. per Pfund gestiegen, während Garn, dank der vermehrten Zufuhr, nur eine Kleinigkeit über seinem frühern Preise steht. Die Wollindustrie fing 1836 an, sich auszudehnen; seitdem ist sie in Yorkshire um 40% gewachsen und in Schottland noch mehr. Noch größer ist der Zuwachs in der Worsted-Industrie.(18) Die Berechnungen ergeben hier für denselben Zeitraum eine Ausdehnung von über 74%. Der Verbrauch von Rohwolle ist daher enorm gewesen. Die Leinenindustrie zeigt seit 1839 einen Zuwachs von ungefähr 25% in England, 22% in Schottland und beinahe 90% in Irland (19); die Folge hiervon, bei gleichzeitigen schlechten Flachsernten, war, daß der Rohstoff um 10 Pfd.St. per Tonne gestiegen, der Garnpreis dagegen 6 d. das Bündel gefallen ist." ("Rep. Fact., Oct. l847", p. 30, 31.)

<136> 1849. Seit den letzten Monaten von 1848 lebte das Geschäft wieder auf.

"Der Flachspreis, der so niedrig war, daß er fast unter allen möglichen zukünftigen Umständen einen erträglichen Profit sicherstellte, hat die Fabrikanten veranlaßt, ihr Geschäft stetig fortzuführen. Die Wollfabrikanten waren im Anfang des Jahrs eine Zeitlang sehr stark beschäftigt ... ich fürchte aber, daß Konsignationen von Wollenwaren oft die Stelle wirklicher Nachfrage vertreten und daß Perioden scheinbarer Prosperität, d.h. voller Beschäftigung, nicht immer mit den Perioden legitimer Nachfrage sich decken. Während einiger Monate ist das Worsted-Geschäft besonders gut gewesen ... Im Anfang der erwähnten Periode stand Wolle besonders niedrig; die Spinner hatten sich zu vorteilhaften Preisen gedeckt und sicher auch in bedeutenden Quantitäten. Als der Wollpreis mit den Frühjahrsauktionen stieg, hatten die Spinner den Vorteil davon, und sie behielten ihn, da die Nachfrage nach Fabrikaten beträchtlich und unabweisbar wurde." ("Rep. Fact., [April] 1849", p. 42.)

"Wenn wir die Variationen im Stand des Geschäfts ansehn, die in den Fabrikdistrikten seit jetzt 3 oder 4 Jahren vorgekommen sind, so müssen wir, glaube ich, zugeben, daß irgendwo eine große Störungsursache besteht ... Kann da nicht die ungeheure Produktivkraft der vermehrten Maschinerie ein neues Element geliefert haben?" ("Rep. Fact., April 1849", p. 42, 43.)

Im November 1848, Mai und Sommer bis Oktober 1849 wurde das Geschäft immer schwunghafter.

"Am meisten gilt dies von der Fabrikation von Stoffen aus Kammgarn, die sich um Bradford und Halifax gruppiert; dies Geschäft hat zu keiner frühern Zeit auch nur annähernd seine jetzige Ausdehnung erreicht ... Die Spekulation im Rohstoff und die Ungewißheit über seine wahrscheinliche Zufuhr hat von jeher größre Aufregung und häufigere Schwankung in der Baumwollindustrie hervorgerufen als in irgendeinem andern Geschäftszweig. Es findet hier augenblicklich eine Anhäufung von Vorräten gröbrer Baumwollwaren statt, die die kleinern Spinner beunruhigt und sie bereits benachteiligt, so daß mehrere von ihnen kurze Zeit arbeiten." ("Rep. Fact., Oct. 1849", p. 64, 65.)

1850. April. Fortdauernd flottes Geschäft. Ausnahme:

"Große Depression in einem Teil der Baumwollindustrie infolge ungenügender Zufuhr des Rohstoffs gerade für grobe Garnnummern und schwere Gewebe ... Es wird befürchtet, daß die für das Worsted-Geschäft neuerdings aufgestellte vermehrte Maschinerie eine ähnliche Reaktion herbeiführen wird. Herr Baker berechnet, daß allein im Jahre 1849 in diesem Geschäftszweig das Produkt der Webstühle um 40% und das der Spindeln um 25-30% gestiegen ist, und die Ausdehnung geht noch immer im selben Verhältnis voran." ("Rep. Fact., April 1850", p. 54.)

<137> 1850. Oktober.

"Der Baumwollpreis fährt fort ... eine beträchtliche Gedrücktheit in diesem Industriezweig zu verursachen, besonders für solche Waren, bei denen der Rohstoff einen beträchtlichen Teil der Produktionskosten ausmacht. Der große Preisaufschlag der Rohseide hat auch in diesem Zweig vielfach einen Druck herbeigeführt." ("Rep. Fact., Oct. 1850", p. 14.)

Nach dem hier zitierten Bericht des Komitees der königlichen Gesellschaft für Flachsbau in Irland hatte hier der hohe Flachspreis, bei niedrigem Preisstand andrer landwirtschaftlichen Produkte. eine bedeutende Vermehrung der Flachsproduktion für das folgende Jahr sichergestellt. (p. 33.)

1853. April. Große Prosperität.

"Zu keiner Zeit während der 17 Jahre, während denen ich amtliche Kenntnis genommen habe vom Stand des Fabrikdistrikts von Lancashire, ist mir eine solche allgemeine Prosperität vorgekommen; die Tätigkeit ist in allen Zweigen außerordentlich", sagt L. Horner. ("Rep. Fact., April 1853", p. 19.)

1853. Oktober. Depression der Baumwollindustrie. "Überproduktion." ("Rep. Fact., October 1853", p. 15.)

1854. April.

"Das Wollgeschäft, obwohl nicht flott, hat in allen Fabriken volle Beschäftigung geliefert; ebenso die Baumwollindustrie. Das Worsted-Geschäft war im ganzen vorigen Halbjahr durchweg unregelmäßig ... In der Leinenindustrie fand Störung statt infolge der verminderten Zufuhren von Flachs und Hanf aus Rußland wegen des Krimkriegs." ("Rep. Fact., [April] 1854", p. 37.)

1859.

"Das Geschäft in der schottischen Leinenindustrie ist noch gedrückt ... da der Rohstoff selten und teuer ist; die geringe Qualität der vorigen Ernte in den Ostseeländern, woher wir unsre Hauptzufuhr bezogen, wird eine schädliche Wirkung auf das Geschäft dieses Bezirks ausüben; dagegen ist Jute, die in vielen groben Artikeln den Flachs allmählich verdrängt, weder ungewöhnlich teuer noch selten ... ungefähr die Hälfte der Maschinerie in Dundee spinnt jetzt Jute." ("Rep. Fact., April 1859", p. 19.) - "Infolge des hohen Preises des Rohstoffs ist die Flachsspinnerei noch immer durchaus nicht lohnend, und während alle andern Fabriken die volle Zeit laufen, haben wir verschiedne Beispiele der Stillsetzung von Flachsmaschinerie ... Die Jutespinnerei ... ist in einer zufriedenstellendern Lage, da neuerdings dieser Stoff auf einen mäßigern Preis herabgegangen ist." ("Rep. Fact., October 1859", p. 20.)

1861-1864. Amerikanischer Bürgerkrieg. Cotton Famine. <Baumwollnot> Das größte Beispiel der Unterbrechung des Produktionsprozesses durch Mangel und Teurung des Rohstoffs

<138> 1860. April.

"Was den Stand des Geschäfts angeht, freut es mich, Ihnen mitteilen zu können, daß trotz des hohen Preises der Rohstoffe alle Textilindustrien, mit Ausnahme von Seide, während des letzten halben Jahres recht gut beschäftigt gewesen sind ... In einigen der Baumwollbezirke sind Arbeiter auf dem Weg der Annonce gesucht worden und aus Norfolk und andern ländlichen Grafschaften dorthin gewandert ... Er scheint in jedem Industriezweig ein großer Mangel an Rohstoff zu herrschen. Es ist ... dieser Mangel allein, der uns in Schranken hält. Im Baumwollgeschäft ist die Zahl der neu errichteten Fabriken, die Erweiterung der schon bestehenden und die Nachfrage nach Arbeitern wohl nie so stark gewesen wie jetzt. Nach allen Richtungen hin ist man auf der Suche nach Rohstoff." ("Rep. Fact., April 1860", [p. 57].)

1860. Oktober.

"Der Stand des Geschäfts in den Baumwoll-, Woll- und Flachsbezirken ist gut gewesen; in Irland soll er sogar sehr gut gewesen sein seit mehr als einem Jahr und wäre noch besser gewesen ohne den hohen Preis des Rohstoffs. Die Flachsspinner scheinen mit mehr Ungeduld als je auf die Eröffnung der Hilfsquellen Indiens durch die Eisenbahnen zu warten und auf die entsprechende Entwicklung seiner Agrikultur, um endlich eine ... ihren Bedürfnissen entsprechende Zufuhr von Flachs zu erhalten." ("Rep. Fact., October 1860", p. 37.)

1861. April.

"Der Geschäftsstand ist augenblicklich gedrückt ... einige wenige Baumwollfabriken arbeiten kurze Zeit, und viele Seidenfabriken sind nur teilweise beschäftigt. Rohstoff ist teuer. In fast jedem textilen Zweige steht er über dem Preis, zu dem er für die Masse der Konsumenten verarbeitet werden kann." ("Rep. Fact., April 1861", p. 33.)

Es zeigte sich jetzt, daß 1860 in der Baumwollindustrie überproduziert worden war; die Wirkung davon machte sich noch während der nächsten Jahre fühlbar.

"Es hat zwischen zwei und drei Jahren genommen, bis die Überproduktion von 1860 auf dem Weltmarkt absorbiert war." ("Rep. Fact., October 1863", p. 127.) "Der gedrückte Stand der Märkte für Baumwollfabrikate in Ostasien, anfangs 1860, hatte eine entsprechende Rückwirkung auf das Geschäft in Blackburn, wo im Durchschnitt 30.000 mechanische Webstühle fast ausschließlich in der Produktion von Geweben für diesen Markt beschäftigt sind. Die Nachfrage für Arbeit war demzufolge hier schon <139> beschränkt, viele Monate bevor die Wirkungen der Baumwollblockade sich fühlbar machten ... Glücklicherweise wurden hierdurch viele Fabrikanten vor dem Ruin bewahrt. Die Vorräte stiegen im Wert, solange man sie auf Lager hielt, und so wurde die erschreckende Entwertung vermieden, die sonst in einer solchen Krisis unvermeidlich war." ("Rep. Fact., October 1862", p. 28, 29, 30.)

1861. Oktober.

"Das Geschäft ist seit einiger Zeit sehr gedrückt gewesen ... Es ist gar nicht unwahrscheinlich, daß während der Wintermonate viele Fabriken die Arbeitszeit sehr verkürzen werden. Dies war indes vorherzusehn ... ganz abgesehn von den Ursachen, die unsre gewöhnliche Baumwollzufuhr von Amerika und unsre Ausfuhr unterbrochen haben, würde Verkürzung der Arbeitszeit für den kommenden Winter notwendig geworden sein infolge der starken Vermehrung der Produktion in den letzten drei Jahren und der Störungen im indischen und chinesischen Markt." ("Rep. Fact., October 1861", p. 19.)

Baumwollabfall. Ostindische Baumwolle (Surat). Einfluß auf den Lohn der Arbeiter. Verbesserung in der Maschinerie. Ersetzung von Baumwolle durch Stärkmehl und Mineralien. Wirkung dieser Stärkmehlschlichte auf die Arbeiter. Spinner feinerer Garnnummern. Betrug der Fabrikanten

"Ein Fabrikant schreibt mir wie folgt: 'Was die Schätzung des Baumwollverbrauchs per Spindel betrifft, so ziehn Sie wohl nicht hinreichend die Tatsache in Rechnung, daß, wenn Baumwolle teuer ist, jeder Spinner gewöhnlicher Garne (sage bis Nr. 40, hauptsächlich Nr. 12-32) so feine Nummern spinnt, wie er nur irgend kann, d.h. er wird Nr. 16 spinnen statt früher Nr. 12 oder Nr. 22 statt Nr. 16 usw.; und der Weber, der diese feinen Garne verwebt, wird seinen Kattun auf das gewöhnliche Gewicht bringen, indem er um so viel mehr Schlichte zusetzt. Dies Hilfsmittel wird jetzt benutzt in einem wirklich schmählichen Grad. Ich habe aus guter Quelle gehört, daß es ordinäre Shirtings <Hemdenstoffe> für Export gibt, wovon das Stück 8 Pfund wiegt, und wovon 2 3/4 Pfund Schlichte waren. In Gewebe andrer Sorten wird oft bis zu 50% Schlichte gesteckt, so daß der Fabrikant keineswegs lügt, der sich rühmt, ein reicher Mann zu werden, indem er sein Gewebe für weniger Geld per Pfund verkauft, als er für das Garn bezahlt hat, woraus es gemacht ist.'" ("Rep. Fact., April 1864", p. 27.)

"Es sind mir auch Aussagen gemacht worden, daß die Weber ihren gesteigerten Krankheitsstand der Schlichte zuschreiben, die für die aus ostindischer Baumwolle gesponnenen Ketten verwandt wird und die nicht mehr wie früher bloß aus Mehl besteht. Dies Surrogat für Mehl soll jedoch den sehr großen Vorteil bieten, daß es das Gewicht des Gewebes bedeutend vermehrt, so daß 15 Pfund Garn, wenn verwebt, zu 20 Pfund werden." ("Rep. Fact., Oct. 1863", p. 63. Dies Surrogat war gemahlner Talk, <140> genannt China clay, oder Gips, genannt French chalk.) - "Der Verdienst der Weber" (hier bedeutet dies die Arbeiter) "ist sehr vermindert durch Anwendung von Surrogaten für Mehl als Kettenschlichte. Diese Schlichte macht das Garn schwerer, aber auch hart und brüchig. Jeder Faden der Kette geht im Webstuhl durch die sogenannte Litze, deren starke Fäden die Kette in der richtigen Lage halten; die hartgeschlichteten Ketten verursachen fortwährende Fadenbrüche in der Litze; jeder Bruch verursacht dem Weber fünf Minuten Zeitverlust zur Reparatur; der Weber hat diese Schäden jetzt mindestens 10mal so oft wie früher auszubessern, und der Stuhl leistet während der Arbeitsstunden natürlich um so viel weniger." (l.c. p. 42, 43.)

"In Ashton, Stalybridge, Mossley, Oldham etc. ist die Beschränkung der Arbeitszeit um ein volles Drittel durchgeführt, und die Arbeitsstunden werden noch jede Woche weiter verkürzt ... Gleichzeitig mit dieser Verkürzung der Arbeitszeit findet auch in vielen Zweigen Herabsetzung des Lohns statt." (p. 13.)

Anfangs 1861 fand ein Strike unter den mechanischen Webern in einigen Teilen von Lancashire statt. Verschiedne Fabrikanten hatten eine Lohnherabsetzung von 5 - 71/2% angekündigt; die Arbeiter bestanden darauf, daß die Lohnsätze beibehalten, aber die Arbeitsstunden verkürzt werden sollten. Dies wurde nicht bewilligt, und der Strike entstand. Nach einem Monat mußten die Arbeiter nachgeben. Aber nun erhielten sie beides:

"Außer der Lohnherabsetzung, worin die Arbeiter zuletzt einwilligten, arbeiten jetzt auch viele Fabriken kurze Zeit." ("Rep. Fact., April 1861", p. 23.)

1862. April.

"Die Leiden der Arbeiter haben sich seit dem Datum meines letzten Berichts bedeutend vermehrt; aber zu keiner Zeit in der Geschichte der Industrie sind so plötzliche und so schwere Leiden ertragen worden mit so viel schweigender Resignation und so geduldigem Selbstgefühl." ("Rep. Fact., April 1862", p. 10.) - "Die Verhältniszahl der augenblicklich ganz beschäftigungslosen Arbeiter scheint nicht viel größer zu sein als 1848, wo eine gewöhnliche Panik herrschte, die aber bedeutend genug war, um die beunruhigten Fabrikanten zur Zusammenstellung einer ähnlichen Statistik über die Baumwollindustrie zu veranlassen, wie sie jetzt wöchentlich ausgegeben wird ... Im Mai 1848 waren von sämtlichen Baumwollarbeitern in Manchester 15% unbeschäftigt, 12% arbeiteten kurze Zeit, während über 70% auf voller Zeit beschäftigt waren. Am 28. Mai 1862 waren 15% unbeschäftigt, 35% arbeiteten kurze Zeit, 49% volle Zeit ... In den Nachbarorten, z.B. Stockport, ist die Prozentzahl der nicht voll und der gar nicht Beschäftigten höher, die der Vollbeschäftigten geringer", weil nämlich hier gröbere Nummern gesponnen werden als in Manchester. (p. 16.)

1862. Oktober.

"Nach der letzten amtlichen Statistik waren [1861] im Vereinigten Königreich 2.887 Baumwollfabriken, davon 2.109 in meinem Distrikt (Lancashire und Cheshire). <141> Ich wußte wohl, daß ein sehr großer Teil der 2.109 Fabriken in meinem Bezirk kleine Etablissements waren, die nur wenig Leute beschäftigen. Es hat mich aber überrascht zu entdecken, wie groß diese Zahl ist. In 392, oder 19%, ist die Triebkraft, Dampf oder Wasser, unter 10 Pferdekraft; in 345, oder 16%. zwischen 10 und 20 Pferdekraft; in 1.372 ist sie 20 Pferde und mehr ... Ein sehr großer Teil dieser kleinen Fabrikanten - mehr als ein Drittel der Gesamtzahl - waren selbst vor nicht langer Zeit Arbeiter; sie sind Leute ohne Kommando über Kapital ... Die Hauptlast würde also auf die übrigen 2/3 fallen." ("Rep. Fact., October 1862", p. 18, 19.)

Nach demselben Bericht waren von den Baumwollarbeitern in Lancashire und Cheshire damals voll beschäftigt 40.146 oder 11,3%. mit beschränkter Arbeitszeit beschäftigt 134.767 oder 38%, unbeschäftigt 179.721 oder 50,7%. Zieht man hiervon die Angaben über Manchester und Bolton ab, wo hauptsächlich feine Nummern gesponnen werden, ein von der Baumwollnot verhältnismäßig wenig betroffner Zweig, so stellt sich die Sache noch ungünstiger, nämlich: Vollbeschäftigt 8,5%, beschränkt beschäftigt 38%, unbeschäftigt 53,5%. (p. 19, 20.)

"Es macht für die Arbeiter einen wesentlichen Unterschied, ob gute oder schlechte Baumwolle verarbeitet wird. In den ersten Monaten des Jahrs, als die Fabrikanten ihre Fabriken dadurch in Gang zu halten suchten, daß sie alle zu mäßigen Preisen kaufbare Baumwolle aufbrauchten, kam viel schlechte Baumwolle in Fabriken, wo früher gewöhnlich gute verwandt wurde; der Unterschied im Lohn der Arbeiter war so groß, daß viele Strikes stattfanden, weil sie jetzt zum alten Stücklohn keinen erträglichen Taglohn mehr herausschlagen konnten ... In einigen Fällen betrug der Unterschied durch Anwendung schlechter Baumwolle selbst bei voller Arbeitszeit die Hälfte des Gesamtlohns." (p. 27.)

1863. April.

"Im Lauf dieses Jahres wird nicht viel mehr als die Hälfte der Baumwollarbeiter voll beschäftigt werden können." ("Rep. Fact., April 1863", p. 14.)

"Ein sehr ernstlicher Nachteil bei Verwendung ostindischer Baumwolle, wie die Fabriken sie jetzt gebrauchen müssen, ist der, daß die Geschwindigkeit der Maschinerie dabei sehr verlangsamt werden muß. Während der letzten Jahre wurde alles aufgeboten, diese Geschwindigkeit zu beschleunigen, so daß dieselbe Maschinerie mehr Arbeit tat. Die verminderte Geschwindigkeit trifft aber den Arbeiter ebensosehr wie den Fabrikanten; denn die Mehrzahl der Arbeiter wird nach Stücklohn bezahlt, die Spinner soviel per Pfund gesponnenes Garn, die Weber soviel per gewebtes Stück; und selbst bei den andern, nach Wochenlohn bezahlten Arbeitern würde eine Lohnverminderung eintreten infolge der verminderten Produktion. Nach meinen Ermittlungen ... und den mir übergebnen Aufstellungen des Verdienstes der Baumwollarbeiter im Lauf dieses Jahrs ... ergibt sich eine Vermindrung von durchschnittlich 20%, in einigen Fällen von 50%, berechnet nach den Lohnhöhen, wie sie 1861 herrschten."

<142> (p. 13.) - "Die verdiente Summe hängt ab ... davon, was für Material verarbeitet wird... Die Lage der Arbeiter, in Beziehung auf den verdienten Lohnbetrag, ist sehr viel besser jetzt" (Oktober 1863) "als voriges Jahr um diese Zeit. Die Maschinerie ist verbessert worden, man kennt den Rohstoff besser, und die Arbeiter werden leichter mit den Schwierigkeiten fertig, womit sie anfangs zu kämpfen hatten. Voriges Frühjahr war ich in Preston in einer Nähschule" (Wohltätigkeitsanstalt für Unbeschäftigte); "zwei junge Mädchen, die tags zuvor in eine Weberei geschickt waren, auf die Angabe des Fabrikanten hin, daß sie 4 sh. die Woche verdienen könnten, baten um Wiederaufnahme in die Schule und klagten, sie hätten nicht l sh. per Woche verdienen können. Ich habe Angaben gehabt über Self-acting minders ... Männer, die ein paar Self-actors regieren, die nach 14 Tagen voller Arbeitszeit 8 sh. 11 d. verdient hatten, und von dieser Summe wurde ihnen die Hausmiete abgezogen, wobei der Fabrikant" (Edelmütigster!) "ihnen jedoch die halbe Miete als Geschenk zurückgab. Die Minders nahmen die Summe von 6 sh. 11 d. nach Hause. An manchen Orten verdienten die Self-acting minders 5-9 sh. die Woche, die Weber von 2-6 sh. die Woche, während der letzten Monate 1862 ... Gegenwärtig besteht ein viel gesundrer Zustand, obwohl der Verdienst in den meisten Distrikten noch immer sehr abgenommen hat ... Mehrere andre Ursachen haben zu dem geringem Verdienst beigetragen, neben dem kürzern Stapel der indischen Baumwolle und ihrer Verunreinigung. So z.B. ist es jetzt Brauch, Baumwollabfall reichlich unter die indische Baumwolle zu mischen, und dies steigert natürlich die Schwierigkeit für den Spinner noch mehr. Bei der Kürze der Faser reißen die Fäden leichter beim Herausziehen der Mule und beim Drehen des Garns, und die Mule kann nicht so regelmäßig im Gang gehalten werden ... Ebenso kann, bei der großen Aufmerksamkeit, die auf die Fäden verwandt werden muß, eine Weberin häufig nur einen Stuhl überwachen, und nur sehr wenige mehr als zwei Stühle ... In vielen Fällen ist der Lohn der Arbeiter geradezu um 5, 7 1/2 und 10% herabgesetzt worden ... in der Mehrzahl der Fälle muß der Arbeiter zusehn, wie er mit seinem Rohstoff fertig wird und wie er zum gewöhnlichen Lohnsatz an Verdienst herausschlägt, was er kann ... Eine andre Schwierigkeit, womit die Weber zuweilen zu kämpfen haben, ist, daß sie aus schlechtem Stoff gutes Gewebe machen sollen und mit Lohnabzügen gestraft werden, wenn die Arbeit nicht nach Wunsch ausfällt." ("Rep. Fact., October 1863", p. 41-43.)

Die Löhne waren miserabel, selbst wo volle Zeit gearbeitet wurde. Die Baumwollarbeiter stellten sich bereitwillig zu all den öffentlichen Arbeiten, Dränage, Wegebauten, Steineklopfen, Straßepflastern, wozu sie verbraucht wurden, um ihre Unterstützung (die tatsächlich eine Unterstützung der Fabrikanten war, s. Buch I, S. 598/589 <Siehe Band 23, S. 600/601>) von den Lokalbehörden zu beziehn. Die ganze Bourgeoisie stand auf Wache über den Arbeitern. Wurde der schlechteste Hundelohn angeboten und der Arbeiter wollte ihn nicht <143> nehmen, so strich das Unterstützungskomitee ihn von der Unterstützungsliste. Es war insofern eine goldne Zeit für die Herrn Fabrikanten, als die Arbeiter entweder verhungern oder zu jedem dem Bourgeois profitabelsten Preis arbeiten mußten, wobei die Unterstützungskomitees als ihre Wachthunde agierten. Zugleich verhinderten die Fabrikanten, in geheimem Einverständnis mit der Regierung, die Auswanderung soweit wie möglich, teils um ihr im Fleisch und Blut der Arbeiter existierendes Kapital stets in Bereitschaft zu halten, teils um die von den Arbeitern erpreßte Hausmiete zu sichern.

"Die Unterstützungskomitees handelten in diesem Punkt mit großer Strenge. War Arbeit angeboten, so wurden die Arbeiter, denen sie angeboten worden, von der Liste gestrichen und so gezwungen, sie anzunehmen. Wenn sie sich weigerten, die Arbeit anzutreten ... so war die Ursache die, daß ihr Verdienst bloß nominell, die Arbeit aber außerordentlich schwer sein würde." (l.c.p 97.)

Die Arbeiter waren zu jeder Art Arbeit bereitwillig, zu der sie infolge des Public Works Act <Gesetzes über öffentliche Arbeiten> angestellt wurden.

"Die Grundsätze, wonach industrielle Beschäftigungen organisiert wurden, wechselten bedeutend in verschiednen Städten. Aber selbst an den Orten, wo die Arbeit in freier Luft nicht absolut als Arbeitsprobe (labour test) diente, wurde diese Arbeit doch entweder mit der bloßen regelmäßigen Unterstützungssumme oder doch nur so unbedeutend höher bezahlt, daß sie in der Tat eine Arbeitsprobe wurde." (p. 69.) "Der Public Works Act von 1863 sollte diesem Übel abhelfen und den Arbeiter befähigen, seinen Taglohn als unabhängiger Taglöhner zu verdienen, Der Zweck dieses Akts war dreifach: 1. Lokalbehörden zu befähigen, Geld (mit Einwilligung des Präsidenten der staatlichen Zentral-Armenbehörde) "von den Schatzanleihe-Kommissären zu borgen; 2. Verbesserungen in den Städten der Baumwollbezirke zu erleichtern; 3. den unbeschäftigten Arbeitern Arbeit und lohnenden Verdienst (remunerative wages) zu verschaffen."

Bis Ende Oktober 1863 waren Anleihen bis zum Betrag von 883.700 Pfd.St. unter diesem Gesetz bewilligt worden. (p. 70.) Die unternommenen Arbeiten waren hauptsächlich Kanalisation, Wegebauten, Straßenpflastern, Sammelteiche für Wasserwerke etc.

Herr Henderson, Präsident des Komitees von Blackburn, schreibt mit Beziehung hierauf an Fabrikinspektor Redgrave:

"Während meiner ganzen Erfahrung im Lauf der gegenwärtigen Zeit des Leidens und des Elends hat mich nichts stärker frappiert oder mir mehr Freude gemacht als die heitre Bereitwilligkeit, womit die unbeschäftigten Arbeiter dieses Distrikts die ihnen gemäß dem Public Works Act vom Stadtrat von Blackburn angebotne Arbeit übernommen haben. Man kann kaum einen größern Kontrast denken als den zwischen <144> dem Baumwollspinner, der früher als geschickter Arbeiter in der Fabrik, und jetzt als Tagelöhner an einem Abzugskanal 14 oder 18 Fuß tief arbeitet."

(Sie verdienten dabei je nach Größe der Familie 4-12 sh. wöchentlich, letztre riesige Summe mußte oft für eine Familie von 8 Personen ausreichen. Die Herren Spießbürger hatten dabei doppelten Profit: Erstens bekamen sie das Geld zur Verbesserung ihrer rauchigen und vernachlässigten Städte zu ausnahmsweis niedrigen Zinsen; zweitens zahlten sie die Arbeiter weit unter den regelmäßigen Lohnsätzen.)

"Gewohnt wie er war, an eine fast tropische Temperatur, an Arbeit, wobei Gewandtheit und Genauigkeit der Manipulation ihm unendlich mehr nützte als Muskelkraft, gewohnt an das Doppelte, manchmal Dreifache der Entlohnung, die er jetzt erhalten kann, schließt seine willige Annahme der gebotnen Beschäftigung eine Summe von Selbstverleugnung und Rücksicht ein, die ihm zur höchsten Ehre gereicht. In Blackburn sind die Leute probiert worden, bei fast jeder möglichen Art von Arbeit in freier Luft; beim Ausgraben eines steifen, schweren Lehmbodens auf beträchtliche Tiefe, bei Trockenlegung, Steinklopfen, Wegebauten, bei Ausgrabungen für Straßenkanäle auf Tiefen von 14, 16 und zuweilen 20 Fuß. Häufig stehn sie dabei in 10-12 Zoll tiefem Schmutz und Wasser, und jedesmal sind sie dabei einem Klima ausgesetzt, dessen nasse Kalte in keinem Distrikt Englands übertroffen, wenn überhaupt erreicht wird." (p. 91, 92.) - "Die Haltung der Arbeiter ist fast tadellos gewesen ... ihre Bereitwilligkeit, die Arbeit in freier Luft zu übernehmen und sich damit durchzuschlagen." (p. 69.)

1864. April.

"Gelegentlich hört man in verschiednen Bezirken Klagen über Mangel an Arbeitern, hauptsächlich in gewissen Zweigen, z.B. der Weberei ... aber diese Klagen haben ihren Ursprung ebensosehr in dem geringen Lohn, den die Arbeiter verdienen können infolge der angewandten schlechten Garnsorten, wie in irgendwelcher wirklichen Seltenheit von Arbeitern selbst in diesem besondern Zweig. Zahlreiche Zwistigkeiten wegen des Lohns haben vorigen Monat stattgefunden zwischen gewissen Fabrikanten und ihren Arbeitern. Ich bedaure, daß Strikes nur zu häufig vorgekommen sind ... Die Wirkung des Public Works Act wird von den Fabrikanten als eine Konkurrenz empfunden, und infolgedessen hat das Lokalkomitee von Bacup seine Tätigkeit suspendiert, denn obwohl noch nicht alle Fabriken laufen, hat sich doch ein Mangel an Arbeitern gezeigt." ("Rep. Fact., April 1864", p. 9.)

Es war allerdings die höchste Zeit für die Herren Fabrikanten. Infolge des Public Works Act wuchs die Nachfrage so sehr, daß in den Steinbrüchen bei Bacup manche Fabrikarbeiter jetzt 4-5 sh, täglich verdienten. Und so wurden die öffentlichen Arbeiten allmählich eingestellt - diese neue Auflage der Ateliers nationaux von 1848, aber diesmal errichtet zum Nutzen der Bourgeoisie.

Experimente in corpore vili <an einem wertlosen Körper>

<145> "Obwohl ich den sehr herabgesetzten Lohn" (der Vollbeschäftigten), "den wirklichen Verdienst der Arbeiter in verschiednen Fabriken gegeben habe, folgt keineswegs, daß sie Woche für Woche dieselbe Summe verdienen. Die Arbeiter sind hier großen Schwankungen ausgesetzt infolge des beständigen Experimentierens der Fabrikanten mit verschiednen Arten und Proportionen von Baumwolle und Abfall in derselben Fabrik; die 'Mischungen', wie man sie nennt, werden häufig gewechselt, und der Verdienst der Arbeiter steigt und fällt mit der Qualität der Baumwollmischung. Zuweilen blieb er nur 15% des frühern Verdienstes, und in einer oder ein paar Wochen fiel er auf 50 oder 60% herunter."

Inspektor Redgrave, der hier spricht, gibt nun der Praxis entnommene Lohnaufstellungen, wovon hier folgende Beispiele hinreichen:

A, Weber, Familie von 6 Personen, 4 Tage in der Woche beschäftigt, 6 sh. 81/2 d.; B, Twister <Zwirner>, 41/2 Tag per Woche, 6 sh.; C, Weber, Familie von 4, 5 Tage per Woche, 5 sh. 1 d., D, Slubber <Vorspinner>, Familie von 6, 4 Tage per Woche, 7 sh. 10 d.; E, Weber, Familie von 7, 3 Tage, 5 sh. usw. Redgrave fährt fort:

"Die obigen Aufstellungen verdienen Beachtung, denn sie beweisen, daß die Arbeit in mancher Familie ein Unglück werden würde, da sie nicht nur das Einkommen reduziert, sondern es so tief herunterbringt, daß es vollständig unzureichend wird, um mehr als einen ganz kleinen Teil ihrer absoluten Bedürfnisse zu befriedigen, wenn nicht zusätzliche Unterstützung in Fällen gegeben würde, wo der Verdienst der Familie nicht die Summe erreicht, die sie als Unterstützung erhalten würde, wenn sie alle unbeschäftigt wären." ("Rep. Feet., October 1863", p. 50-53.)

"In keiner Woche seit dem 5. Juni 1863 ist die durchschnittliche Gesamtbeschäftigung aller Arbeiter mehr als zwei Tage, 7 Stunden und einige Minuten gewesen." (l.c.p. 121.)

Von Anfang der Krise bis 25. März 1863 wurden beinahe drei Mill. Pfd.St. ausgegeben von den Armenverwaltungen, dem Zentral-Unterstützungskomitee und dem Londoner Mansion-House-Komitee. (p. 13.)

"In einem Bezirk, wo wohl das feinste Garn gesponnen wird ... erleiden die Spinner eine indirekte Lohnherabsetzung von 15% infolge des Übergangs von Sea Island zu ägyptischer Baumwolle ... In einem ausgedehnten Distrikt, wo Baumwollabfall in Mengen verwandt wird zur Mischung mit indischer Baumwolle, haben die Spinner eine Lohnreduktion von 5% gehabt und außerdem noch 20-30% verloren infolge der Verarbeitung von Surat und Abfall. Die Weber sind von vier Stühlen auf <146> 2 heruntergekommen. 1860 machten sie auf jeden Webstuhl 5 sh. 7 d., 1863 nur 3 sh. 4 d. ... Die Geldstrafen, die auf amerikanische Baumwolle früher von 3 d. bis 6 d. variierten" (für den Spinner), "laufen jetzt auf zu 1 sh. bis 3 sh. 6 d."

In einem Bezirk, wo ägyptische Baumwolle gebraucht wurde, vermischt mit ostindischer:

"Der Durchschnittslohn der Mule-Spinner 1860 war 18-25 sh. und ist jetzt 10-18 sh. Dies ist nicht ausschließlich durch die verschlechterte Baumwolle verursacht, sondern auch durch die verminderte Geschwindigkeit der Mule, um dem Garn eine stärkere Drehung zu geben, wofür in gewöhnlichen Zeiten Extrazahlung gemäß der Lohnliste gemacht worden wäre." (p. 43, 44, 45-50.) "Obgleich die ostindische Baumwolle vielleicht hier und da mit Profit für den Fabrikanten verarbeitet worden ist, so sehn wir doch (siehe Lohnliste p. 53), daß die Arbeiter darunter leiden, verglichen mit 1861. Setzt sich der Gebrauch von Surat fest, so werden die Arbeiter den gleichen Verdienst wie 1861 verlangen; dies aber würde den Profit des Fabrikanten ernstlich affizieren, falls es nicht ausgeglichen wird durch den Preis, sei es der Baumwolle, sei es der Fabrikate." (p. 105.)

Hausmiete.

"Die Hausmiete der Arbeiter, wenn die von ihnen bewohnten cottages dem Fabrikanten gehören, wird von diesem häufig vom Lohn abgezogen, selbst wenn kurze Zeit gearbeitet wird. Trotzdem ist der Wert dieser Gebäude gesunken, und Häuschen sind jetzt 25-50% wohlfeiler gegen früher zu haben; eine cottage, die sonst 3 sh. 6 d. per Woche kostete, ist jetzt für 2 sh. 4 d. zu haben und zuweilen noch für weniger." (p.57.)

Auswanderung. Die Fabrikanten waren natürlich gegen die Auswanderung der Arbeiter, einesteils weil sie

"in Erwartung beßrer Zeiten für die Baumwollindustrie sich die Mittel zur Hand erhalten wollten, um ihre Fabrik in der vorteilhaftesten Weise zu betreiben." Dann aber auch "sind manche Fabrikanten Eigentümer der Hauser, worin die von ihnen beschäftigten Arbeiter wohnen, und wenigstens einige von ihnen rechnen unbedingt darauf, später einen Teil der aufgelaufnen schuldigen Miete bezahlt zu erhalten". (p. 96)

Herr Bernal Osborne sagt in einer Rede an seine Parlamentswähler vom 22. Oktober 1864, daß sich die Arbeiter von Lancashire benommen haben wie die antiken Philosophen (Stoiker). Nicht wie Schafe?


Fußnoten

(13) "The Factory Question and the Ten Hours Bill", by R. H. Greg, London 1837, p. 115. <=

(14) Der Bericht macht im Schlußsatz ein Versehn. Statt 6 d. für Verlust durch Abfall muß es 3 d. heißen. Dieser Verlust beträgt zwar 25% bei indischer. aber nur 121/2 bis 15% bei amerikanischer Baumwolle, und von dieser ist hier die Rede, wie auch vorher derselbe Satz beim Preis von 5 bis 6 d. richtig berechnet worden. Allerdings stieg auch bei der amerikanischen Baumwolle, die während der letzten Jahre des Bürgerkriegs nach Europa kam, das Verhältnis des Abfalls oft bedeutend gegen früher. - F. E. <=

(15) Beispiele u.a. bei Babbage. Das gewöhnliche Hilfsmittel - Herabsetzung des Arbeitslohns - wird auch hier angewandt, und so wirkt diese beständige Entwertung ganz anders als Herr Carey in Seinem harmonischen Gehirn träumt.<=

(16) Seit obiges geschrieben wurde (1865), hat sich die Konkurrenz auf dem Weltmarkt bedeutend gesteigert durch die rapide Entwicklung der Industrie in allen Kulturländern, namentlich in Amerika und Deutschland. Die Tatsache, daß die rasch und riesig anschwellenden modernen Produktivkräfte den Gesetzen des kapitalistischen Warenaustausches, innerhalb deren sie sich bewegen sollen, täglich mehr über den Kopf wachsen - diese Tatsache drängt sich heute auch dem Bewußtsein der Kapitalisten selbst mehr und mehr auf. Dies zeigt sich namentlich in zwei Symptomen. Erstens in der neuen allgemeinen Schutzzollmanie, die sich von der alten Schutzzöllnerei besonders dadurch unterscheidet, daß sie gerade die exportfähigen Artikel am meisten schützt. Zweitens in den Kartellen (Trusts) der Fabrikanten ganzer großer Produktionssphären zur Regulierung der Produktion und damit der Preise und Profite. Es ist selbstredend, daß diese Experimente nur bei relativ günstigem ökonomischen Wetter durchführbar sind. Der erste Sturm muß sie über den Haufen werfen und beweisen, daß, wenn auch die Produktion einer Regulierung bedarf, es sicher nicht die Kapitalistenklasse ist, die dazu berufen ist. Inzwischen haben diese Kartelle nur den Zweck, dafür zu sorgen, daß die Kleinen noch rascher von den Großen verspeist werden als bisher. - F. E. <=

(17) Es versteht sich, daß wir nicht, mit Herrn Baker, die Wollenkrisis von 1857 aus dem Mißverhältnis der Preise zwischen Rohstoff und Fabrikat erklären. Dies Mißverhältnis war selbst nur ein Symptom, und die Krise eine allgemeine. - F. E. <=

(18) Man unterscheidet in England streng zwischen Woollen Manufacture, die aus kurzer Wolle Streichgarn spinnt und verwebt (Hauptzentrum Leeds), und Worsted Manufacture, die aus langer Wolle Kammgarn spinnt und verwebt (Hauptsitz Bradford in Yorkshire). - F. E. <=

(19) Diese rasche Ausdehnung der Maschinenspinnerei von Leinengarn in Irland gab dem Export des deutschen (schlesischen, Lausitzer, westfälischen) aus Handgespinst gewobnen Leinens damals den Todesstoß. - F. E. <=