4. Kapitel. Wirkung des Umschlags auf die Profitrate | Inhalt | 6. Kapitel. Wirkung von Preiswechsel
Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 25, "Das Kapital", Bd. III, Erster Abschnitt, S. 87 - 114FÜNFTES KAPITEL
Ökonomie in der Anwendung des konstanten Kapitals
<87> Die Vermehrung des absoluten Mehrwerts oder die Verlängerung der Mehrarbeit und darum des Arbeitstags, bei gleichbleibendem variablem Kapital, also bei Anwendung derselben Arbeiteranzahl zu nominell demselben Lohn - wobei es gleichgültig, ob die Überzeit bezahlt wird oder nicht - senkt relativ den Wert des konstanten Kapitals gegenüber dem Gesamtkapital und dem variablen Kapital und erhöht dadurch die Profitrate, auch abgesehn von dem Wachstum und der Masse des Mehrwerts und der möglicherweise steigenden Rate des Mehrwerts. Der Umfang des fixen Teils des konstanten Kapitals, Fabrikgebäude, Maschinerie etc. bleibt derselbe, ob 16 oder 12 Stunden damit gearbeitet wird. Die Verlängerung des Arbeitstags erheischt keine neue Auslage in diesem, dem kostspieligsten Teil des konstanten Kapitals. Es kommt hinzu, daß der Wert des fixen Kapitals so in einer kürzern Reihe von Umschlagsperioden reproduziert, also die Zeit verkürzt wird, für die es vorgeschossen werden muß, um einen bestimmten Profit zu machen. Die Verlängerung des Arbeitstags steigert daher den Profit, selbst wenn die Überzeit bezahlt, und bis zu einer gewissen Grenze, selbst wenn sie höher bezahlt wird als die normalen Arbeitsstunden. Die stets wachsende Notwendigkeit der Vermehrung des fixen Kapitals im modernen Industriesystem war daher ein Hauptstachel zur Verlängerung des Arbeitstags für profitwütige Kapitalisten.(11)
<88> Es findet nicht dasselbe Verhältnis bei konstantem Arbeitstag statt. Es ist hier entweder nötig, die Zahl der Arbeiter und mit ihnen auch zu einem gewissen Verhältnis die Masse des fixen Kapitals, der Baulichkeiten, Maschinerie etc. zu vermehren, um eine größere Masse von Arbeit zu exploitieren (denn es wird hier abgesehn von Abzügen am Lohn oder Herabpressen des Lohns unter seine normale Höhe). Oder, wo die Intensität der Arbeit vermehrt, beziehungsweise die Produktivkraft der Arbeit erhöht, überhaupt mehr relativer Mehrwert erzeugt werden soll, wächst in den Industriezweigen, die Rohstoff anwenden, die Masse des zirkulierenden Teils des konstanten Kapitals, indem mehr Rohstoff etc. in dem gegebnen Zeitraum verarbeitet wird; und zweitens wächst die von derselben Zahl Arbeiter in Bewegung gesetzte Maschinerie, also auch dieser Teil des konstanten Kapitals. Das Wachsen des Mehrwerts ist also begleitet von einem Wachsen des konstanten Kapitals, die wachsende Exploitation der Arbeit von einer Verteuerung der Produktionsbedingungen, vermittelst welcher die Arbeit exploitiert wird, d.h. von größrer Kapitalauslage. Die Profitrate wird also hierdurch auf der einen Seite vermindert, wenn auf der andern erhöht.
Eine ganze Reihe laufender Unkosten bleibt sich beinahe oder ganz gleich bei längrem wie bei kürzrem Arbeitstag. Die Aufsichtskosten sind geringer für 500 Arbeiter bei 18 Arbeitsstunden als für 750 bei 12 Stunden.
"Die Betriebskosten einer Fabrik bei zehnstündiger Arbeit sind beinahe gleich hoch wie bei zwölfstündiger." ("Rep. Fact., Oct. 1848", p. 37.)
Staats- und Gemeindesteuern, Feuerversichrung, Lohn verschiedner ständiger Angestellter, Entwertung der Maschinerie und verschiedne andre Unkosten einer Fabrik laufen unverändert voran bei langer oder kurzer Arbeitszeit; im Verhältnis wie die Produktion abnimmt, steigen sie gegenüber dem Profit. ("Rep. Fact., Oct. 1862", p. 19.)
Die Zeitdauer, worin sich der Wert der Maschinerie und andrer Bestandteile des fixen Kapitals reproduziert, ist praktisch bestimmt nicht durch die Zeit ihrer bloßen Dauer, sondern durch die Gesamtdauer des Arbeitsprozesses, während dessen sie wirkt und vernutzt wird. Müssen die Arbeiter 18 Stunden statt 12 schanzen, so gibt dies drei Tage mehr auf die Woche, eine Woche wird zu anderthalb, zwei Jahre zu drei. Wird die Überzeit nicht bezahlt, so geben die Arbeiter also, außer der normalen Mehrarbeitszeit, auf zwei Wochen die dritte, auf zwei Jahre das dritte gratis. Und so wird die Wertreproduktion der Maschinerie um 50% gesteigert und in 2/3 der sonst notwendigen Zeit erreicht.
<89> Wir gehn bei dieser Untersuchung sowie bei der über die Preisschwankungen des Rohmaterials (in Kap. VI) von der Voraussetzung aus, daß Masse und Rate des Mehrwerts gegeben sind - zur Vermeidung nutzloser Komplikationen.
Wie bereits bei Darstellung der Kooperation, der Teilung der Arbeit und der Maschinerie hervorgehoben <Siehe Band 23, S.343/344> entspringt die Ökonomie in den Produktionsbedingungen, welche die Produktion auf großer Stufenleiter charakterisiert, wesentlich daraus, daß diese Bedingungen als Bedingungen gesellschaftlicher, gesellschaftlich kombinierter Arbeit, also als gesellschaftliche Bedingungen der Arbeit fungieren. Sie werden gemeinsam im Produktionsprozeß konsumiert, vom Gesamtarbeiter, statt in zersplitterter Form von einer Masse unzusammenhängender oder höchstens auf kleinem Maßstab unmittelbar kooperierender Arbeiter. In einer großen Fabrik mit einem oder zwei Zentralmotoren wachsen die Kosten dieser Motoren nicht in demselben Verhältnis wie ihre Pferdekraft und daher ihre mögliche Wirkungssphäre; die Kosten der Übertragungsmaschinerie wachsen nicht in demselben Verhältnis wie die Masse der Arbeitsmaschinen, denen sie die Bewegung mitteilt; der Rumpf der Arbeitsmaschine selbst verteuert sich nicht im Verhältnis mit der steigenden Anzahl der Werkzeuge, womit als mit ihren Organen sie fungiert usw. Die Konzentration der Produktionsmittel erspart ferner Baulichkeiten aller Art, nicht nur für die eigentlichen Werkstätten, sondern auch für die Lagerlokale usw. Ebenso verhält es sich mit den Ausgaben für Feuerung, Beleuchtung usw. Andre Produktionsbedingungen bleiben dieselben, ob von wenigen oder vielen benutzt.
Diese ganze Ökonomie, die aus der Konzentration der Produktionsmittel und ihrer massenhaften Anwendung entspringt, setzt aber als wesentliche Bedingung die Anhäufung und das Zusammenwirken der Arbeiter voraus, also gesellschaftliche Kombination der Arbeit. Sie entspringt daher ebensogut aus dem gesellschaftlichen Charakter der Arbeit, wie der Mehrwert aus der Mehrarbeit jedes einzelnen Arbeiters, für sich isoliert betrachtet. Selbst die beständigen Verbesserungen, die hier möglich und notwendig sind, entspringen einzig und allein den gesellschaftlichen Erfahrungen und Beobachtungen, welche die Produktion des auf großer Stufenleiter kombinierten Gesamtarbeiters gewährt und erlaubt.
Dasselbe gilt von dem zweiten großen Zweig der Ökonomie in den Produktionsbedingungen. Wir meinen die Rückverwandlung der Exkremente der Produktion, ihrer sogenannten Abfälle, in neue Produktionselemente sei <90> es desselben, sei es eines andern Industriezweigs, die Prozesse, wodurch diese sogenannten Exkremente in den Kreislauf der Produktion und daher der Konsumtion - produktiver oder individueller - zurückgeschleudert werden. Auch dieser Zweig der Ersparungen, auf den wir später etwas näher eingehn, ist das Resultat der gesellschaftlichen Arbeit auf großer Stufenleiter. Es ist die ihr entsprechende Massenhaftigkeit dieser Abfälle, die sie selbst wieder zu Handelsgegenständen und damit zu neuen Elementen der Produktion macht. Nur als Abfälle gemeinsamer Produktion, und daher der Produktion auf großer Stufenleiter, erhalten sie diese Wichtigkeit für den Produktionsprozeß, bleiben sie Träger von Tauschwert. Diese Abfälle - abgesehn von dem Dienst, den sie als neue Produktionselemente leisten - verwohlfeilern, im Maß wie sie wieder verkaufbar werden, die Kosten des Rohstoffs, in welche immer sein normaler Abfall eingerechnet ist, nämlich das Quantum, das durchschnittlich bei seiner Bearbeitung verlorengehn muß. Die Verminderung der Kosten dieses Teils des konstanten Kapitals erhöht pro tanto die Profitrate bei gegebner Größe des variablen Kapitals und gegebner Rate des Mehrwerts.
Wenn der Mehrwert gegeben ist, kann die Profitrate nur vermehrt werden durch Verminderung des Werts des zur Warenproduktion erheischten konstanten Kapitals. Soweit das konstante Kapital in die Produktion der Waren eingeht, ist es nicht sein Tauschwert, sondern sein Gebrauchswert, der allein in Betracht kommt. Wieviel Arbeit der Flachs in einer Spinnerei einsaugen kann, hängt nicht von seinem Wert ab, sondern von seiner Quantität, wenn der Grad der Produktivität der Arbeit, d.h. die Stufe der technischen Entwicklung gegeben ist. Ebenso hängt die Beihilfe, die eine Maschine z.B. drei Arbeitern leistet, nicht von ihrem Wert, sondern von ihrem Gebrauchswert als Maschine ab. Auf einer Stufe der technischen Entwicklung kann eine schlechte Maschine kostspielig, auf einer andern eine gute Maschine wohlfeil sein.
Der gesteigerte Profit, den ein Kapitalist dadurch erhält, daß z.B. Baumwolle und Spinnmaschinerie wohlfeiler geworden, ist das Resultat der gesteigerten Produktivität der Arbeit, zwar nicht in der Spinnerei, wohl aber im Maschinen- und Baumwollenbau. Um ein gegebnes Quantum Arbeit zu vergegenständlichen, also ein gegebnes Quantum Mehrarbeit anzueignen, bedarf es geringrer Auslage in den Bedingungen der Arbeit. Es fallen die Kosten, die erheischt sind, um dies bestimmte Quantum Mehrarbeit anzueignen.
Es ist schon gesprochen worden von der Ersparung, die aus der gemeinschaftlichen Anwendung der Produktionsmittel durch den Gesamtarbeiter - <91> den gesellschaftlich kombinierten Arbeiter - im Produktionsprozeß erfolgt. Weitere, aus der Abkürzung der Zirkulationszeit (wo Entwicklung der Kommunikationsmittel wesentliches materielles Moment) entspringende Ersparung in der Auslage von konstantem Kapital wird weiter unten betrachtet werden. Hier aber soll gleich noch gedacht werden der Ökonomie, die hervorgeht aus der fortwährenden Verbesserung der Maschinerie, nämlich 1. ihres Stoffs, z.B. Eisen statt Holz; 2. der Verwohlfeilerung der Maschinerie durch Verbesserung der Maschinenfabrikation überhaupt; so daß, obgleich der Wert des fixen Teils des konstanten Kapitals beständig wächst mit der Entwicklung der Arbeit auf großer Stufenleiter, er weitaus nicht in demselben Grad wächst (12); 3. der speziellen Verbesserungen, die der schon vorhandenen Maschinerie erlauben, wohlfeiler und wirksamer arbeiten, z.B. Verbesserung der Dampfkessel etc., worüber später noch etwas im einzelnen; 4. der Verminderung der Abfälle durch bessere Maschinerie.
Alles, was den Verschleiß der Maschinerie und überhaupt des fixen Kapitals für eine gegebne Produktionsperiode vermindert, verwohlfeilert nicht nur die einzelne Ware, da jede einzelne Ware den auf sie fallenden aliquoten Teil des Verschleißes in ihrem Preis reproduziert, sondern vermindert die aliquote Kapitalauslage für diese Periode. Reparaturarbeiten u.dgl., im Maß wie sie nötig werden, zählen bei der Rechnung zu den Originalkosten der Maschinerie. Ihre Verminderung, infolge der größern Dauerhaftigkeit der Maschinerie, vermindert pro tanto deren Preis.
Von aller Ökonomie dieser Art gilt großenteils wieder, daß sie nur möglich ist für den kombinierten Arbeiter und sich oft erst verwirklichen kann bei Arbeiten auf noch größrer Stufenleiter, daß sie also noch größre Kombination von Arbeitern unmittelbar im Produktionsprozeß erheischt.
Andrerseits aber erscheint hier die Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit in einem Produktionszweig, z. B. in der Produktion von Eisen, Kohlen, Maschinen, in der Baukunst usw., die zum Teil wieder zusammenhängen mag mit Fortschritten im Gebiet der geistigen Produktion, namentlich der Naturwissenschaft und ihrer Anwendung, als die Bedingung der Verminderung des Werts und damit der Kosten, der Produktionsmittel in andern Industriezweigen, z.B. der Textilindustrie oder dem Ackerbau. Es ergibt sich dies von selbst, da die Ware, die als Produkt aus einem Industriezweig herauskommt, als Produktionsmittel in den andern wieder eingeht. Ihre größre oder geringre Wohlfeilheit hängt ab von der Produktivität der Arbeit in dem Produktionszweig, aus dem sie als Produkt herauskommt, und ist <92> gleichzeitig Bedingung nicht nur für die Verwohlfeilerung der Waren, in deren Produktion sie als Produktionsmittel eingeht, sondern auch für die Wertverminderung des konstanten Kapitals, dessen Element sie hier wird, und daher für die Erhöhung der Profitrate.
Das Charakteristische dieser Art der Ökonomie des konstanten Kapitals, die aus der fortschreitenden Entwicklung der Industrie hervorgeht, ist, daß hier das Steigen der Profitrate in einem Industriezweig geschuldet wird der Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit in einem andern. Was hier dem Kapitalisten zugut kommt, ist wieder ein Gewinn, der das Produkt der gesellschaftlichen Arbeit ist, wenn auch nicht das Produkt der direkt von ihm selbst exploitierten Arbeiter. Jene Entwicklung der Produktivkraft führt sich in letzter Instanz immer zurück auf den gesellschaftlichen Charakter der in Tätigkeit gesetzten Arbeit; auf die Teilung der Arbeit innerhalb der Gesellschaft; auf die Entwicklung der geistigen Arbeit, namentlich der Naturwissenschaft. Was der Kapitalist hier benutzt, sind die Vorteile des gesamten Systems der gesellschaftlichen Arbeitsteilung. Es ist die Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit in ihrer auswärtigen Abteilung, in der Abteilung, die ihm Produktionsmittel liefert, wodurch hier der Wert des vom Kapitalisten angewandten konstanten Kapitals relativ gesenkt, also die Profitrate erhöht wird.
Eine andre Steigerung der Profitrate entspringt nicht aus der Ökonomie der Arbeit, wodurch das konstante Kapital produziert wird, sondern aus der Ökonomie in der Anwendung des konstanten Kapitals selbst. Durch die Konzentration der Arbeiter und ihre Kooperation auf großem Maßstab wird einerseits konstantes Kapital gespart. Dieselben Gebäude, Heiz- und Beleuchtungsvorrichtungen usw. kosten verhältnismäßig weniger für große als für kleine Produktionsstufen. Dasselbe gilt von der Kraft- und Arbeitsmaschinerie. Obgleich ihr Wert absolut steigt, fällt er relativ, im Verhältnis zur steigenden Ausdehnung der Produktion und zur Größe des variablen Kapitals oder der Masse der Arbeitskraft, die in Bewegung gesetzt wird. Die Ökonomie, die ein Kapital in seinem eignen Produktionszweig anwendet, besteht zunächst und direkt in Ökonomie der Arbeit, d.h. in Verringerung der bezahlten Arbeit seiner eignen Arbeiter; die vorher erwähnte Ökonomie besteht dagegen darin, diese größtmögliche Aneignung fremder unbezahlter Arbeit auf möglichst ökonomische Weise, d.h. auf dem gegebnen Produktionsmaßstab mit möglichst geringen Kosten zu bewerkstelligen. Soweit diese Ökonomie nicht beruht auf der schon erwähnten Ausbeutung der Produktivität der in der Produktion des konstanten Kapitals angewandten gesellschaftlichen Arbeit, sondern in der Ökonomie <93> in Anwendung des konstanten Kapitals selbst, entspringt sie entweder direkt aus der Kooperation und gesellschaftlichen Form der Arbeit innerhalb des bestimmten Produktionszweigs selbst oder aus der Produktion der Maschinerie usw. auf einer Stufenleiter, worin ihr Wert nicht in demselben Grad wächst wie ihr Gebrauchswert.
Es sind hier zwei Punkte im Auge zu halten: Wäre der Wert von c = 0, so wäre pī = mī, und die Profitrate stände auf ihrem Maximum. Zweitens aber: Was das wichtige für die unmittelbare Exploitation der Arbeit selbst ist, ist keineswegs der Wert der angewandten Exploitationsmittel, sei es des fixen Kapitals, sei es der Roh- und Hilfsstoffe. Soweit sie dienen als Aufsauger von Arbeit, als Media, worin oder wodurch sich die Arbeit und darum auch die Mehrarbeit vergegenständlicht, ist der Tauschwert der Maschinerie, der Gebäude, der Rohstoffe etc. vollständig gleichgültig. Worauf es ausschließlich ankommt, ist einerseits ihre Masse, wie sie technisch zur Verbindung mit einem bestimmten Quantum lebendiger Arbeit erheischt ist, andrerseits ihre Zweckgemäßheit, also nicht nur gute Maschinerie, sondern auch gute Roh- und Hilfsstoffe. Von der Güte des Rohstoffs hängt z.T. die Profitrate ab. Gutes Material liefert weniger Abfall; es ist also eine geringre Masse von Rohstoff für die Aufsaugung desselben Quantums Arbeit erheischt. Ferner ist der Widerstand geringer, den die Arbeitsmaschine findet. Z.T. wirkt dies sogar auf den Mehrwert und auf die Rate des Mehrwerts. Der Arbeiter braucht bei schlechtem Rohstoff mehr Zeit, um dasselbe Quantum zu verarbeiten; bei gleichbleibender Lohnzahlung ergibt dies einen Abzug von der Mehrarbeit. Es wirkt dies ferner sehr bedeutend ein auf die Reproduktion und Akkumulation des Kapitals, die, wie Buch I, S. 627/619 <Siehe Band 23, S. 631> und folgende entwickelt, noch mehr von der Produktivität als von der Masse der angewandten Arbeit abhängt.
Begreiflich ist daher der Fanatismus des Kapitalisten für Ökonomisierung der Produktionsmittel. Daß nichts umkommt oder verschleudert wird, daß die Produktionsmittel nur in der durch die Produktion selbst erheischten Weise verbraucht werden, hängt teils von der Dressur und Bildung der Arbeiter ab, teils von der Disziplin, die der Kapitalist über die kombinierten Arbeiter ausübt und die überflüssig wird in einem Gesellschaftszustand, wo die Arbeiter für ihre eigne Rechnung arbeiten, wie sie jetzt schon beim Stücklohn fast ganz überflüssig wird. Dieser Fanatismus äußert sich auch umgekehrt in der Fälschung der Produktionselemente, die ein Hauptmittel ist, den Wert des konstanten Kapitals im Verhältnis zum variablen zu <94> senken und so die Rate des Profits zu erhöhen; wobei denn noch der Verkauf dieser Produktionselemente über ihrem Wert, soweit dieser Wert im Produkt wiedererscheint, als bedeutendes Element der Prellerei hinzukommt. Dies Moment spielt entscheidende Rolle namentlich in der deutschen Industrie, deren Grundsatz ist: Es kann den Leuten ja nur angenehm sein, wenn wir ihnen zuerst gute Proben schicken und nachher schlechte Ware. Indes diese der Konkurrenz angehörigen Erscheinungen gehn uns hier nichts an.
Es ist zu merken, daß diese durch Verminderung des Werts, also der Kostspieligkeit des konstanten Kapitals hervorgebrachte Steigerung der Profitrate durchaus unabhängig davon ist, ob der Industriezweig, worin sie stattfindet, Luxusprodukte hervorbringt oder in den Konsum der Arbeiter eingehende Lebensmittel oder Produktionsmittel überhaupt. Letztrer Umstand würde nur wichtig sein, soweit es sich um die Rate des Mehrwerts handelt, die wesentlich abhängt vom Wert der Arbeitskraft, d.h. vom Wert der herkömmlichen Lebensmittel des Arbeiters. Hier dagegen sind Mehrwert und Rate des Mehrwerts als gegeben vorausgesetzt. Wie der Mehrwert sich zum Gesamtkapital verhält - und dies bestimmt die Profitrate -, hängt unter diesen Umständen ausschließlich vom Wert des konstanten Kapitals ab und in keiner Weise vom Gebrauchswert der Elemente, woraus es besteht.
Die relative Verwohlfeilerung der Produktionsmittel schließt natürlich nicht aus, daß ihre absolute Wertsumme wächst; denn der absolute Umfang, worin sie angewandt werden, nimmt außerordentlich zu mit der Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit und der sie begleitenden, wachsenden Stufenleiter der Produktion. Die Ökonomie in der Anwendung des konstanten Kapitals, nach welcher Seite sie immer betrachtet werde, ist das Resultat, teils ausschließlich davon, daß die Produktionsmittel als gemeinsame Produktionsmittel des kombinierten Arbeiters fungieren und verbraucht werden, so daß diese Ökonomie selbst als ein Produkt des gesellschaftlichen Charakters der unmittelbar produktiven Arbeit erscheint; teils aber ist sie das Resultat der Entwicklung der Produktivität der Arbeit in den Sphären, die dem Kapital seine Produktionsmittel liefern, so daß, wenn die Gesamtarbeit gegenüber dem Gesamtkapital, nicht bloß die vom Kapitalisten X angewandten Arbeiter diesem Kapitalisten X gegenüber betrachtet werden, diese Ökonomie wieder als Produkt der Entwicklung der Produktivkräfte der gesellschaftlichen Arbeit sich darstellt und der Unterschied nur der ist, daß Kapitalist X nicht nur aus der Produktivität der Arbeit seiner eignen Werkstatt, sondern auch aus der von fremden Werk- <95> stätten Vorteil zieht. Dennoch aber erscheint die Ökonomie des konstanten Kapitals dem Kapitalisten als eine dem Arbeiter gänzlich fremde und ihn absolut nichts angehende Bedingung, mit der der Arbeiter gar nichts zu tun hat; während es dem Kapitalisten immer sehr klar bleibt, daß der Arbeiter wohl etwas damit zu tun hat, ob der Kapitalist viel oder wenig Arbeit für dasselbe Geld kauft (denn so erscheint in seinem Bewußtsein die Transaktion zwischen Kapitalist und Arbeiter). In einem noch viel höhern Grad als bei den andern der Arbeit innewohnenden Kräften erscheint diese Ökonomie in Anwendung der Produktionsmittel, diese Methode, ein bestimmtes Resultat mit den geringsten Ausgaben zu erreichen, als eine dem Kapital inhärente Kraft und als eine der kapitalistischen Produktionsweise eigentümliche und sie charakterisierende Methode.
Diese Vorstellungsweise ist um so weniger befremdlich, als ihr der Schein der Tatsachen entspricht und als das Kapitalverhältnis in der Tat den innern Zusammenhang verbirgt in der vollständigen Gleichgültigkeit, Äußerlichkeit und Entfremdung, worin es den Arbeiter versetzt gegenüber den Bedingungen der Verwirklichung seiner eignen Arbeit.
Erstens: Die Produktionsmittel, aus denen das konstante Kapital besteht, repräsentieren nur das Geld des Kapitalisten (wie der Leib des römischen Schuldners das Geld seines Gläubigers nach Linguet) und stehn in einem Verhältnis nur zu ihm, während der Arbeiter, soweit er im wirklichen Produktionsprozeß mit ihnen in Berührung kommt, sich mit ihnen befaßt nur als mit Gebrauchswerten der Produktion, Arbeitsmitteln und Arbeitsstoff. Die Ab- oder Zunahme dieses Werts ist also eine Sache, die sein Verhältnis zum Kapitalisten sowenig berührt wie der Umstand, ob er in Kupfer oder in Eisen arbeitet. Allerdings liebt es der Kapitalist, die Sache, wie wir später andeuten werden, anders aufzufassen, sobald Wertzunahme der Produktionsmittel und dadurch Verminderung der Profitrate stattfindet.
Zweitens: Soweit diese Produktionsmittel im kapitalistischen Produktionsprozeß zugleich Exploitationsmittel der Arbeit sind, kümmert die relative Wohlfeilheit oder Kostspieligkeit dieser Exploitationsmittel den Arbeiter ebensowenig, wie es ein Pferd kümmert, ob es mit einem teuern oder wohlfeilen Gebiß und Zaum regiert wird.
Endlich verhält sich, wie früher <Siehe Band 23, S. 344-345> gesehn, der Arbeiter in der Tat zu dem gesellschaftlichen Charakter seiner Arbeit, zu ihrer Kombination mit der Arbeit andrer für einen gemeinsamen Zweck, als zu einer ihm fremden Macht; die Verwirklichungsbedingungen dieser Kombination sind ihm <96> fremdes Eigentum, dessen Verschleuderung ihm völlig gleichgültig wäre, würde er nicht zur Ökonomisierung desselben gezwungen. Ganz anders ist dies in den den Arbeitern selbst gehörigen Fabriken, z.B. zu Rochdale.
Es bedarf also kaum der Erwähnung, daß, soweit die Produktivität der Arbeit in dem einen Produktionszweig als Verwohlfeilerung und Verbesserung der Produktionsmittel in dem andern erscheint und damit zur Erhöhung der Profitrate dient, dieser allgemeine Zusammenhang der gesellschaftlichen Arbeit als etwas den Arbeitern durchaus Fremdes auftritt, das in der Tat nur den Kapitalisten angeht, sofern er allein diese Produktionsmittel kauft und sich aneignet. Daß er das Produkt der Arbeiter in einem fremden Produktionszweig mit dem Produkt der Arbeiter in seinem eignen Produktionszweig kauft und daher über das Produkt fremder Arbeiter nur verfügt, soweit er sich das seiner eignen unentgeltlich angeeignet hat, ist ein Zusammenhang, der durch den Zirkulationsprozeß usw. glücklich verdeckt ist.
Es kommt hinzu, daß, wie die Produktion im großen sich zuerst in der kapitalistischen Form entwickelt, so die Profitwut einerseits, die Konkurrenz andrerseits, die zu möglichst wohlfeiler Produktion der Waren zwingt, diese Ökonomie in Anwendung des konstanten Kapitals als der kapitalistischen Produktionsweise eigentümlich und daher als Funktion des Kapitalisten erscheinen läßt.
Wie die kapitalistische Produktionsweise auf der einen Seite zur Entwicklung der Produktivkräfte der gesellschaftlichen Arbeit, treibt sie auf der andern zur Ökonomie in der Anwendung des konstanten Kapitals.
Es bleibt jedoch nicht bei der Entfremdung und Gleichgültigkeit zwischen dem Arbeiter, dem Träger der lebendigen Arbeit hier, und der ökonomischen, d.h. rationellen und sparsamen Anwendung seiner Arbeitsbedingungen dort. Ihrer widersprechenden, gegensätzlichen Natur nach geht die kapitalistische Produktionsweise dazu fort, die Verschwendung am Leben und der Gesundheit des Arbeiters, die Herabdrückung seiner Existenzbedingungen selbst zur Ökonomie in der Anwendung des konstanten Kapitals zu zählen und damit zu Mitteln zur Erhöhung der Profitrate.
Da der Arbeiter den größten Teil seines Lebens im Produktionsprozeß zubringt, so sind die Bedingungen des Produktionsprozesses zum großen Teil Bedingungen seines aktiven Lebensprozesses, seine Lebensbedingungen, und die Ökonomie in diesen Lebensbedingungen ist eine Methode, die Profitrate zu erhöhen; ganz wie wir früher schon sahen <Siehe Band 23, S. 245-320>, daß die Über- <97> arbeitung, die Verwandlung des Arbeiters in ein Arbeitsvieh, eine Methode ist, die Selbstverwertung des Kapitals, die Produktion des Mehrwerts zu beschleunigen. Diese Ökonomie erstreckt sich auf Überfüllung enger, ungesunder Räume mit Arbeitern, was auf kapitalistisch Ersparung an Baulichkeiten heißt; Zusammendrängung gefährlicher Maschinerie in denselben Räumen und Versäumnis von Schutzmitteln gegen die Gefahr; Unterlassung von Vorsichtsmaßregeln in Produktionsprozessen, die ihrer Natur nach gesundheitswidrig oder wie in Bergwerken mit Gefahr verbunden sind usw. Gar nicht zu sprechen von der Abwesenheit aller Anstalten, um dem Arbeiter den Produktionsprozeß zu vermenschlichen, angenehm oder nur erträglich zu machen. Es würde dies vom kapitalistischen Standpunkt eine ganz zweck- und sinnlose Verschwendung sein. Die kapitalistische Produktion ist überhaupt, bei aller Knauserei, durchaus verschwenderisch mit dem Menschenmaterial, ganz wie sie andrerseits, dank der Methode der Verteilung ihrer Produkte durch den Handel und ihrer Manier der Konkurrenz, sehr verschwenderisch mit den materiellen Mitteln umgeht und auf der einen Seite für die Gesellschaft verliert, was sie auf der andern für den einzelnen Kapitalisten gewinnt.
Wie das Kapital die Tendenz hat, in der direkten Anwendung der lebendigen Arbeit sie auf notwendige Arbeit zu reduzieren und die zur Herstellung eines Produkts notwendige Arbeit stets abzukürzen durch Ausbeutung der gesellschaftlichen Produktivkräfte der Arbeit, also die direkt angewandte lebendige Arbeit möglichst zu ökonomisieren, so hat es auch die Tendenz, diese auf ihr notwendiges Maß reduzierte Arbeit unter den ökonomischsten Bedingungen anzuwenden, d.h. den Wert des angewandten konstanten Kapitals auf sein möglichstes Minimum zu reduzieren. Wenn der Wert der Waren bestimmt ist durch die in ihnen enthaltne notwendige Arbeitszeit, nicht durch die überhaupt in ihnen enthaltne Arbeitszeit, so ist es das Kapital, das diese Bestimmung erst realisiert und zugleich fortwährend die zur Produktion einer Ware gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit verkürzt. Der Preis der Ware wird dadurch auf sein Minimum reduziert, indem jeder Teil der zu ihrer Produktion erheischten Arbeit auf sein Minimum reduziert wird.
Man muß bei der Ökonomie in der Anwendung des konstanten Kapitals unterscheiden. Wächst die Masse und mit ihr die Wertsumme des angewandten Kapitals, so ist dies zunächst nur Konzentration von mehr Kapital in einer Hand. Es ist aber gerade diese größre, von einer Hand angewandte Masse - der meist auch eine absolut größre, aber relativ kleinere Anzahl angewandter Arbeit entspricht -, die die Ökonomie des konstanten <98> Kapitals erlaubt. Den einzelnen Kapitalisten betrachtet, wächst der Umfang der notwendigen Kapitalauslage, besonders beim fixen Kapital; aber mit Bezug auf die Masse des verarbeiteten Stoffs und der exploitierten Arbeit nimmt ihr Wert relativ ab.
Es ist dies nun kurz durch einzelne Illustrationen auszuführen. Wir beginnen mit dem Ende, mit der Ökonomie in den Produktionsbedingungen, soweit diese zugleich als Existenz- und Lebensbedingungen des Arbeiters sich darstellen.
II. Ersparnis an den Arbeitsbedingungen auf Kosten der Arbeiter
Kohlenbergwerke. Vernachlässigung der notwendigsten Auslagen.
"Bei der Konkurrenz, die unter den Besitzern von Kohlengruben ... herrscht, werden nicht mehr Auslagen gemacht als nötig sind, um die handgreiflichsten physischen Schwierigkeiten zu überwinden; und bei der Konkurrenz unter den Grubenarbeitern, die gewöhnlich in Überzahl vorhanden sind, setzen diese sich bedeutenden Gefahren und den schädlichsten Einflüssen mit Vergnügen aus für einen Lohn, der nur wenig höher ist als der der benachbarten Landtaglöhner, da die Bergwerksarbeit zudem gestattet, ihre Kinder profitlich zu verwenden. Diese doppelte Konkurrenz reicht vollständig hin ... um zu bewirken, daß ein großer Teil der Gruben mit der unvollkommensten Trockenlegung und Ventilation betrieben wird; oft mit schlecht gebauten Schachten, schlechtem Gestänge, unfähigen Maschinisten, mit schlecht angelegten und schlecht ausgebauten Stollen und Fahrbahnen; und dies verursacht eine Zerstörung an Leben, Gliedmaßen und Gesundheit, deren Statistik ein entsetzendes Bild darstellen würde. ("First Report on Childrenīs Employment in Mines and Collieries etc., 21. April l829", p. 102.)
In den englischen Kohlengruben wurden gegen 1860 wöchentlich im Durchschnitt 15 Mann getötet. Nach dem Bericht über "Coal Mines Accidents" (6. Febr. 1862) wurden in den 10 Jahren 1852-1861 zusammen 8466 getötet. Diese Zahl ist aber viel zu gering, wie der Bericht selbst sagt, da in den ersten Jahren, als die Inspektoren erst eben eingesetzt und ihre Bezirke viel zu groß waren, eine große Masse Unglücks- und Todesfälle gar nicht angemeldet wurden. Gerade der Umstand, daß trotz der noch sehr großen Schlächterei und der ungenügenden Zahl und geringen Macht der Inspektoren, die Zahl der Unfälle sehr abgenommen hat seit Einrichtung der Inspektion, zeigt die natürliche Tendenz der kapitalistischen Exploitation. - Diese Menschenopfer sind größtenteils geschuldet dem schmutzigen Geiz der Grubenbesitzer, die z.B. oft nur einen Schacht graben ließen, <99> so daß nicht nur keine wirksame Ventilation, sondern auch kein Ausweg möglich, sobald der eine verstopft war.
Die kapitalistische Produktion, wenn wir sie im einzelnen betrachten und von dem Prozeß der Zirkulation und den Überwucherungen der Konkurrenz absehn, geht äußerst sparsam um mit der verwirklichten, in Waren vergegenständlichten Arbeit. Dagegen ist sie, weit mehr als jede andre Produktionsweise, eine Vergeuderin von Menschen, von lebendiger Arbeit, eine Vergeuderin nicht nur von Fleisch und Blut, sondern auch von Nerven und Hirn. Es ist in der Tat nur durch die ungeheuerste Verschwendung von individueller Entwicklung, daß die Entwicklung der Menschheit überhaupt gesichert und durchgeführt wird in der Geschichtsepoche, die der bewußten Rekonstitution der menschlichen Gesellschaft unmittelbar vorausgeht. Da die ganze Ökonomisierung, von der hier die Rede, entspringt aus dem gesellschaftlichen Charakter der Arbeit, so ist es in der Tat gerade dieser unmittelbar gesellschaftliche Charakter der Arbeit, der diese Verschwendung von Leben und Gesundheit der Arbeiter erzeugt. Charakteristisch in dieser Hinsicht ist schon die vom Fabrikinspektor R. Baker aufgeworfne Frage:
"The whole question is one for serious consideration, in what way this sacrifice of infant life occasioned by congregational labour can be best averted?" <"Die ganze Frage bedarf ernster Überlegung, wie dieses Opfer an Kinderleben, das durch die Arbeit in zusammengedrängten Massen verursacht wird, am besten vermieden werden kann."> ("Rep. Fact., Oct. 1863", p. 157.)
Fabriken. Es gehört hierher die Unterdrückung aller Vorsichtsmaßregeln zur Sicherheit, Bequemlichkeit und Gesundheit der Arbeiter auch in den eigentlichen Fabriken. Ein großer Teil der Schlachtbulletins, die die Verwundeten und Getöteten der industriellen Armee aufzählen (siehe die alljährlichen Fabrikberichte), stammt hieher. Ebenso Mangel an Raum, Lüftung etc.
Noch Oktober 1855 beklagt sich Leonard Horner über den Widerstand sehr zahlreicher Fabrikanten gegen die gesetzlichen Bestimmungen über Schutzvorrichtungen an Horizontalwellen, trotzdem daß die Gefahr fortwährend durch, oft tödliche, Unfälle bewiesen wird und die Schutzvorrichtung weder kostspielig ist, noch den Betrieb irgendwie stört. ("Rep. Fact., Oct. 1855", p. 6.) In solchem Widerstand gegen diese und andre gesetzliche Bestimmungen wurden die Fabrikanten redlich unterstützt von den unbezahlten Friedensrichtern, die, meist selbst Fabrikanten oder deren Freunde, über solche Fälle zu entscheiden hatten. Welcher Art die Urteile <100> dieser Herren waren, sagte der Oberrichter Campbell mit Bezug auf eins derselben, wogegen an ihn appelliert wurde: "Dies ist nicht eine Auslegung des Parlamentsakts, es ist einfach seine Abschaffung" (l.c.p. 11). - In demselben Bericht erzählt Horner, daß in vielen Fabriken die Maschinerie in Bewegung gesetzt wird, ohne dies den Arbeitern vorher kundzugehen. Da auch an der stillstehenden Maschinerie immer etwas zu tun ist, sind dann immer Hände und Finger darin beschäftigt, und fortwährende Unfälle entstehn aus dieser einfachen Unterlassung eines Signals (l.c.p. 44). Die Fabrikanten hatten damals eine Trades-Union zum Widerstand gegen die Fabrikgesetzgebung gebildet, die sog. "National Association for the Amendment of the Factory Laws" in Manchester, die im März 1855 vermittelst Beiträgen von 2 sh. per Pferdekraft eine Summe von über 50.000 Pfd.St. aufbrachte, um hieraus die Prozeßkosten der Mitglieder gegen gerichtliche Klagen der Fabrikinspektoren zu bestreiten und die Prozesse von Vereins wegen zu führen. Es handelte sich zu beweisen, daß killing no murder ist, wenn es um des Profits willen geschieht. Der Fabrikinspektor für Schottland, Sir John Kincaid, erzählt von einer Firma in Glasgow, daß sie mit dem alten Eisen in ihrer Fabrik ihre sämtliche Maschinerie mit Schutzvorrichtungen versah, was ihr 9 Pfd.St. 1 sh. kostete. Hätte sie sich an jenen Verein angeschlossen, so hätte sie für ihre 110 Pferdekraft 11 Pfd.St. Beitrag zahlen müssen, also mehr als ihr die gesamte Schutzvorrichtung kostete. Die National Association war aber 1854 ausdrücklich gestiftet worden, um dem Gesetz zu trotzen, das solche Schutzvorrichtungen vorschrieb. Während der ganzen Zeit von 1844-1854 hatten die Fabrikanten nicht die geringste Rücksicht darauf genommen. Auf Anweisung Palmerstons kündigten die Fabrikinspektoren den Fabrikanten jetzt an, daß nun mit dem Gesetz Ernst gemacht werden soll. Sofort stifteten die Fabrikanten ihre Assoziation, unter deren hervorragendsten Mitgliedern viele selbst Friedensrichter waren und in dieser Eigenschaft das Gesetz selbst anzuwenden hatten. Als April 1855 der neue Minister des Innern, Sir George Grey, einen Vermittlungsvorschlag machte, wonach die Regierung sich mit fast nur nominellen Schutzvorrichtungen zufriedengeben wollte, wies die Assoziation auch dies mit Entrüstung zurück. Bei verschiednen Prozessen gab sich der berühmte Ingenieur William <1. Auflage: Thomas> Fairbairn dazu her, als Sachverständiger zugunsten der Ökonomie und verletzten Freiheit des Kapitals seinen Ruf in die Schanze zu schlagen. Der Chef der Fabrikinspektion, Leonard Horner, wurde von den Fabrikanten in jeder Weise verfolgt und verlästert.
<101> Die Fabrikanten ruhten jedoch nicht, bis sie ein Urteil des Court of Queen's Bench erwirkt, nach dessen Auslegung das Gesetz von 1844 keine Schutzvorrichtungen vorschrieb bei Horizontalwellen, die mehr als 7 Fuß über dem Boden angebracht waren, und endlich 1856 gelang es ihnen durch den Mucker Wilson-Patten - einen von jenen frommen Leuten, deren zur Schau getragne Religion sich stets bereit macht, den Rittern vom Geldsack zu Gefallen schmutzige Arbeit zu tun - einen Parlamentsakt durchzusetzen, mit dem sie unter den Umständen zufrieden sein konnten. Der Akt entzog tatsächlich den Arbeitern allen besondren Schutz und verwies sie für Schadenersatz bei Unfällen durch Maschinerie an die gewöhnlichen Gerichte (reiner Hohn bei englischen Gerichtskosten), während er andrerseits durch eine sehr fein ausgetüftelte Vorschrift wegen der einzuhaltenden Expertise es den Fabrikanten fast unmöglich machte, den Prozeß zu verlieren. Die Folge war rasche Zunahme der Unfälle. Im Halbjahr Mai bis Oktober 1858 hatte Inspektor Baker eine Zunahme der Unfälle von 21% allein gegen das vorige Halbjahr. 36,7% sämtlicher Unfälle konnten nach seiner Ansicht vermieden werden. Allerdings hatte 1858 und 1859 die Zahl der Unfälle sich gegen 1845 und 1846 bedeutend vermindert, nämlich um 29%, bei einer Vermehrung der Arbeiterzahl in den der Inspektion unterworfnen Industriezweigen um 20%. Aber woher kam dies? Soweit der Streitpunkt bis jetzt (1865) erledigt ist, ist er hauptsächlich erledigt worden durch die Einführung neuer Maschinerie, bei der die Schutzvorrichtungen schon von vornherein angebracht sind und wo sie sich der Fabrikant gefallen läßt, weil sie ihm keine Extrakosten machen. Auch war es einigen Arbeitern gelungen, für ihre verlornen Arme schweren gerichtlichen Schadenersatz und diese Urteile bis in die höchste Instanz bestätigt zu erhalten. ("Rep. Fact., 30. April 1861", p. 31, ditto April 1862, p. 17.)
Soweit über Ökonomie in den Mitteln zur Sicherung des Lebens und der Glieder der Arbeiter (worunter viele Kinder) vor den Gefahren, die direkt aus ihrer Verwendung bei Maschinerie entspringen.
Arbeit in geschloßnen Räumen überhaupt. - Es ist bekannt, wie sehr die Ökonomie am Raum, und daher an den Baulichkeiten, die Arbeiter in engen Lokalen zusammendrängt. Dazu kommt noch Ökonomie an den Lüftungsmitteln. Zusammen mit der längern Arbeitszeit produziert beides große Vermehrung der Krankheiten der Atmungsorgane und folglich vermehrte Sterblichkeit. Die folgenden Illustrationen sind genommen aus den Berichten über "Public Health, 6th Rep. 1863"; der Bericht ist kompiliert von dem aus unserm Buch I wohlbekannten Dr. John Simon.
Wie es die Kombination der Arbeiter und ihre Kooperation ist, die die <102> Anwendung der Maschinerie auf großer Stufenleiter, die Konzentration der Produktionsmittel und die Ökonomie in ihrer Anwendung erlaubt, so ist es dies massenhafte Zusammenarbeiten in geschloßnen Räumen und unter Umständen, für die nicht die Gesundheit der Arbeiter, sondern die erleichterte Herstellung des Produkts entscheidend ist - es ist diese massenhafte Konzentration in derselben Werkstatt, die einerseits Quelle des wachsenden Profits für den Kapitalisten, andrerseits aber auch, wenn nicht kompensiert sowohl durch Kürze der Arbeitszeit wie durch besondere Vorsichtsmaßregeln, zugleich Ursache der Verschwendung des Lebens und der Gesundheit der Arbeiter ist.
Dr. Simon stellt als Regel auf, die er durch massenhafte Statistik beweist:
"Im Verhältnis wie die Bevölkerung einer Gegend auf gemeinschaftliche Arbeit in geschloßnen Räumen angewiesen wird, in demselben Verhältnis steigt, bei sonst gleichen Umständen, die Sterblichkeitsrate dieses Distrikts, infolge von Lungenkrankheiten" (p. 23). Die Ursache ist die schlechte Ventilation. "Und wahrscheinlich gibt es in ganz England keine einzige Ausnahme von der Regel, daß in jedem Distrikt, der eine bedeutende, in geschloßnen Räumen betriebne Industrie besitzt, die vermehrte Sterblichkeit dieser Arbeiter hinreicht, die Sterblichkeitsstatistik des ganzen Distrikts mit einem entschiednen Überschuß von Lungenkrankheiten zu färben" (p. 23).
Aus der Sterblichkeitsstatistik mit Bezug auf Industrien, die in geschloßnen Räumen betrieben werden und die 1860 und 1861 vom Gesundheitsamt untersucht wurden, ergibt sich: auf dieselbe Zahl von Männern zwischen 15 und 55 Jahren, auf die in den englischen Ackerbaudistrikten 100 Todesfälle von Schwindsucht und andren Lungenkrankheiten kommen, ist die Zahl für eine gleiche Bevölkerungszahl von Männern: in Coventry 163 Todesfälle von Schwindsucht, in Blackburn und Skipton 167, in Congleton und Bradford 168, in Leicester 171, in Leek 182, in Macclesfield 184, in Bolton 190, in Nottingham 192, in Rochdale 193, in Derby 198, in Salford und Ashton-under-Lyne 203, in Leeds 218, in Preston 220 und in Manchester 263 (p. 24). Die nachfolgende Tabelle gibt ein noch schlagenderes Beispiel. Sie gibt die Todesfälle durch Lungenkrankheiten getrennt für beide Geschlechter für das Alter von 15 bis 25 Jahren und berechnet auf je 100.000. Die ausgewählten Distrikte sind solche, wo nur die Frauen in der in geschloßnen Räumen betriebnen Industrie, die Männer aber in allen möglichen Arbeitszweigen beschäftigt werden.
In den Bezirken der Seidenindustrie, wo die Beteiligung der Männer an der Fabrikarbeit größer, ist auch ihre Sterblichkeit bedeutend. Die Sterblichkeitsrate an Schwindsucht etc. bei beiden Geschlechtern enthüllt hier, wie es in dem Bericht heißt,
"die empörenden (atrocious) sanitären Umstände, unter denen ein großer Teil unsrer Seidenindustrie betrieben wird".Und es ist dies dieselbe Seidenindustrie, bei der die Fabrikanten, unter Berufung auf die ausnahmsweise günstigen Gesundheitsbedingungen ihres Betriebs, ausnahmsweis lange Arbeitszeit der Kinder unter 13 Jahren verlangten und auch teilweis bewilligt erhielten (Buch I, Kap. VIII, 6, S. 296/286 <Siehe Band 23 unserer Ausgabe, S.309/310>).
Distrikt |
Hauptindustrie |
Todesfälle von Lungenkrankheiten zwischen 15 und 25 Jahren, berechnet auf je 100.000 |
||
Männer |
Weiber |
|||
Berkhamstead |
Strohflechterei, von Weibern betrieben |
219 |
578 |
|
Leighton Buzzard |
Strohflechterei, von Weibern betrieben |
309 |
554 |
|
Newport Pagnell |
Spitzenfabrikation durch Weiber |
301 |
617 |
|
Towcester |
Spitzenfabrikation durch Weiber |
239 |
577 |
|
Yeovil |
Handschuhmachen, meist durch Weiber |
280 |
409 |
|
Leek |
Seidenindustrie, Weiber vorwiegend |
437 |
856 |
|
Congelton |
Seidenindustrie, Weiber vorwiegend |
566 |
790 |
|
Macclesfield |
Seidenindustrie, Weiber vorwiegend |
593 |
890 |
|
Gesunde Landgegend |
Ackerbau |
331 |
333 |
"Keine der bisher untersuchten Industrien hat wohl ein schlimmeres Bild geliefert als das, welches Dr. Smith von der Schneiderei gibt ... Die Werkstätten, sagt er, sind sehr verschieden in sanitärer Beziehung; aber fast alle sind überfüllt, schlecht gelüftet und der Gesundheit in hohem Grade ungünstig ... Solche Zimmer sind notwendig ohnehin heiß; wenn aber das Gas angesteckt wird, wie bei Tage während des Nebels und des Abends im Winter, steigt die Hitze auf 80 und selbst 90 Grad" (Fahrenheit, 27-33° C) "und verursacht triefenden Schweiß und Verdichtung des Dunstes auf den Glasscheiben, so daß das Wasser fortwährend herabrieselt oder vom Oberlicht heruntertropft und die Arbeiter gezwungen sind, einige Fenster offenzuhalten, obgleich sie sich dabei unvermeidlich erkälten. - Von dem Zustand in 16 der bedeutendsten Werkstätten des Westends von London gibt er folgende Beschreibung: Der größte Kubikraum, der in diesen schlechtgelüfteten Zimmern auf einen Arbeiter kommt, ist 270 Kubikfuß; der geringste 105 Fuß, im Durchschnitt aller nur 156 Fuß pro Mann. In einer Werkstatt, in der eine Galerie rundherum läuft und die nur Oberlicht hat, werden von 92 bis über 100 Leute beschäftigt, eine große Menge Gasflammen <104> gebrannt; die Abtritte sind dicht daneben, und der Raum übersteigt nicht 150 Kubikfuß pro Mann. In einer andern Werkstatt, die nur als ein Hundehaus in einem von oben erhellten Hof bezeichnet, und nur durch ein kleines Dachfenster gelüftet werden kann, arbeiten 5 oder 6 Leute in einem Raum von 112 Kubikfuß per Mann." Und "in diesen infamen (atrocious) Werkstätten, die Dr. Smith beschreibt, arbeiten die Schneider gewöhnlich 12-13 Stunden des Tages, und zu gewissen Zeiten wird die Arbeit während 15-16 Stunden fortgesetzt" (p. 25, 26, 28).
Anzahl der beschäftigten Leute |
Industriezweck und Lokalität |
Sterblichkeitsrate pro 100.000 im Alter von |
|||
25-35 |
35-45 |
45-55 |
|||
958.265 |
Ackerbau, England und Wales |
743 |
805 |
1.145 |
|
22.301 |
Männer und |
||||
12.377 |
Weiber |
Schneider, London |
958 |
1.262 |
2.093 |
13.803 |
Schriftsetzer und Drucker, London |
894 |
1.747 |
2.367 |
(p.30.) Es ist zu bemerken und ist in der Tat von John Simon, dem Chef der medizinischen Abteilung, von dem der Bericht ausgeht, bemerkt, daß für das Alter von 25-35 Jahren die Sterblichkeit der Schneider, Schriftsetzer und Drucker in London zu gering angegeben ist, weil in beiden Geschäftszweigen die Londoner Meister eine große Zahl junger Leute (wahrscheinlich bis zu 30 Jahren) vom Lande als Lehrlinge und "improvers" <"Volontäre">, d.h. zur weitern Ausbildung, erhalten. Sie vermehren die Anzahl der Beschäftigten, worauf die industriellen Sterblichkeitsraten für London berechnet werden müssen; aber sie tragen nicht in gleichem Verhältnis bei zur Anzahl der Todesfälle in London, weil ihr Aufenthalt dort nur zeitweilig ist; erkranken sie während dieser Zeit, so gehn sie aufs Land nach Hause zurück, und dort wird, wenn sie sterben, der Todesfall eingetragen. Dieser Umstand affiziert noch mehr die frühern Altersstufen und macht die Londoner Sterblichkeitsraten für diese Stufen vollständig wertlos als Maßstäbe der industriellen Gesundheitswidrigkeit (p. 30).
Ähnlich wie mit den Schneidern verhält es sich mit den Schriftsetzern, bei denen zum Mangel an Ventilation, zur Pestluft usw. noch Nachtarbeit hinzukommt. Ihre gewöhnliche Arbeitszeit dauert 12 bis 13 Stunden, manchmal 15 bis 16.
"Große Hitze und Stickluft, sobald das Gas angezündet wird ... Es kommt nicht selten vor, daß Dünste von einer Gießerei oder Gestank von Maschinerie oder Senkgruben aus dem untern Stockwerk heraufsteigen und die Übel des obern Zimmers verschlimmern. Die erhitzte Luft der untern Räume heizt die obern schon durch Er- <105> wärmung des Bodens, und wenn die Räume bei großem Gasverbrauch niedrig sind, ist dies ein großes Übel. Noch schlimmer ist es da, wo die Dampfkessel im untern Raum stehn und das ganze Haus mit unerwünschter Hitze füllen ... Im allgemeinen kann gesagt werden, daß die Lüftung durchweg mangelhaft und total ungenügend ist, um die Hitze und die Verbrennungsprodukte des Gases nach Sonnenuntergang zu entfernen, und daß in vielen Werkstätten, besonders wo sie früher Wohnhäuser waren, der Zustand höchst beklagenswert ist." "In einigen Werkstätten, besonders für Wochenzeitungen, wo ebenfalls Jungen von 12 bis 16 Jahren beschäftigt werden, wird während zwei Tagen und einer Nacht fast ununterbrochen gearbeitet; während in andern Setzereien, die sich auf die Besorgung 'dringender' Arbeit legen, auch der Sonntag dem Arbeiter keine Ruhe gibt und seine Arbeitstage 7 statt 6 in jeder Woche betragen." (p. 26, 28.)
Die Putzmacherinnen (milliners and dressmakers) beschäftigten uns schon in Buch I, Kap. VIII, 3, S. 249/241 < Siehe Band 23, S. 269> mit Bezug auf Überarbeit. Ihre Arbeitslokale werden in unserm Bericht von Dr. Ord geschildert. Selbst wenn während des Tages besser, sind sie während der Stunden, wo Gas gebrannt wird, überhitzt, müffig (foul) und ungesund. In 34 Werkstätten der bessern Sorte fand Dr. Ord, daß die Durchschnittsanzahl von Kubikfuß Raum für je eine Arbeiterin war:
"In 4 Fällen mehr als 500; in 4 andern 400-500; in 5 [andern von 300-400; in 5 andern von 250-300; in 7 andern] von 200-250; in 4 von 150-200; und endlich in 9 nur 100-150. Selbst der günstigste dieser Fälle genügt nur knapp für andauernde Arbeit, wenn das Lokal nicht vollkommen gelüftet ist ... Selbst mit guter Lüftung werden die Werkstätten sehr heiß und dumpfig nach Dunkelwerden wegen der vielen erforderlichen Gasflammen."
Und hier ist die Bemerkung Dr. Ords über eine von ihm besuchte Werkstatt der geringern, für Rechnung eines Zwischenfaktors (middleman) betriebnen Klasse:
"Ein Zimmer, haltend 1.280 Kubikfuß; anwesende Personen 14; Raum für jede 91,5 Kubikfuß. Die Arbeiterinnen sahen hier abgearbeitet und verkommen aus. Ihr Verdienst wurde angegeben auf 7-15 sh. die Woche, daneben den Tee ... Arbeitsstunden von 8-8. Das kleine Zimmer, worin diese 14 Personen zusammengedrängt, war schlecht ventiliert. Es waren zwei bewegliche Fenster und ein Kamin, der aber verstopft war; besondre Lüftungsvorrichtungen irgendwelcher Art waren nicht vorhanden" (p. 27).
Derselbe Bericht bemerkt mit Bezug auf die Überarbeit der Putzmacherinnen:
"Die Überarbeitung junger Frauenzimmer in fashionablen Putzmacherläden herrscht nur für ungefähr 4 Monate des Jahrs in dem monströsen Grad vor, der bei vielen Gelegenheiten die Überraschung und den Unwillen des Publikums für einen Augenblick hervorgerufen hat; aber während dieser Monate wird in der Werkstatt als Regel während voller 14 Stunden täglich gearbeitet, und bei gehäuften eiligen Aufträgen während ganzer Tage 17-18 Stunden. Während andrer Jahreszeiten wird in der Werkstatt wahrscheinlich 10-14 Stunden gearbeitet; die zu Hause arbeiten, sind regelmäßig 12 oder 13 Stunden am Werk. In der Konfektion von Damenmänteln, Kragen, Hemden etc., die Arbeit mit der Nähmaschine einbegriffen, sind die in der gemeinsamen Werkstatt zugebrachten Stunden weniger, meist nicht mehr als 10-12; aber, sagt Dr. Ord, die regelmäßigen Arbeitsstunden sind in gewissen Häusern zu gewissen Zeiten bedeutender Ausdehnung unterworfen durch besonders bezahlte Überstunden, und in andern Häusern wird Arbeit mit nach Hause genommen, um nach der regelmäßigen Arbeitszeit fertiggemacht zu werden: Die eine wie die andre Art der Überarbeit, können wir hinzufügen, ist oft zwangsmäßig" (p.28).John Simon bemerkt in einer Note zu dieser Seite:
"Herr Radcliffe, der Sekretär der Epidemiological Society, der besonders viel Gelegenheit hatte, die Gesundheit von Putzmacherinnen der ersten Geschäftshäuser zu prüfen, fand auf je 20 Mädchen, die von sich sagten, sie seien 'ganz wohl', nur eine gesund; die übrigen zeigten verschiedne Grade physischer Kräfteabspannung, nervöser Erschöpfung und zahlreicher daher stammender Funktionsstörungen. Er gibt als Gründe an: In erster Instanz die Länge der Arbeitsstunden, die er im Minimum auf 12 täglich selbst in der stillen Jahreszeit schätzt; und zweitens Überfüllung und schlechte Lüftung der Werkstätten, durch Gasflammen verdorbne Luft, ungenügende oder schlechte Nahrung und Mangel an Sorge für häuslichen Komfort."
Der Schluß, zu dem der Chef des englischen Gesundheitsamts kommt, ist der, daß
"es für die Arbeiter praktisch unmöglich ist, auf dem zu bestehn, was theoretisch ihr erstes Gesundheitsrecht ist: das Recht, daß, zur Vollendung welcher Arbeit ihr Beschäftiger sie auch zusammenbringt, diese gemeinsame Arbeit, soweit an ihm liegt und auf seine Kosten, von allen unnötigen gesundheitsschädlichen Umständen befreit werden soll; und daß, während die Arbeiter selbst tatsächlich nicht imstande sind, diese sanitäre Justiz für sich selbst zu erzwingen, sie ebensowenig, trotz der präsumierten Absicht des Gesetzgebers, irgendwelchen wirksamen Beistand erwarten können von den Beamten, die die Nuisances Removal Act <gesundheitspolizeilichen Gesetze> durchzuführen haben" (p.29). - "Ohne Zweifel wird es einige kleine technische Schwierigkeiten machen, die genaue Grenze zu bestimmen, von welcher an die Beschäftiger der Regulierung unterworfen werden sollen. Aber ... im Prinzip ist der Anspruch auf Gesundheitsschonung universell. Und im Interesse von Myriaden Arbeiter und Arbeiterinnen, deren Leben jetzt ohne Not <107> verkümmert und verkürzt wird durch die unendlichen physischen Leiden, die ihre bloße Beschäftigung erzeugt, wage ich die Hoffnung auszusprechen, daß die sanitären Bedingungen der Arbeit ebenso universell unter geeigneten gesetzlichen Schutz gestellt werden; wenigstens soweit, daß die wirksame Lüftung aller geschloßnen Arbeitsräume sichergestellt und daß in jedem seiner Natur nach ungesunden Arbeitszweig die besondre gesundheitsgefährliche Einwirkung soviel wie möglich beschränkt wird." (p. 31.)
III. Ökonomie in Krafterzeugung, Kraftübertragung und Baulichkeiten
In seinem Bericht für Oktober 1852 zitiert L. Horner einen Brief des berühmten Ingenieurs James Nasmyth von Patricroft, des Erfinders des Dampfhammers, worin es u.a. heißt:
"Das Publikum ist sehr wenig bekannt mit dem ungeheuren Zuwachs an Triebkraft, der durch solche Systemänderungen und Verbesserungen" (an Dampfmaschinen) "erlangt worden ist, wie die, von denen ich spreche. Die Maschinenkraft unsres Bezirks" (Lancashire) "lag unter dem Alpdruck furchtsamer und vorurteilsvoller Überlieferung während fast 40 Jahren, aber jetzt sind wir glücklicherweise emanzipiert. Während der letzten 15 Jahre, aber besonders im Lauf der letzten 4 Jahre" (also seit 1848) "haben einige sehr wichtige Änderungen stattgefunden in der Betriebsweise kondensierender Dampfmaschinen ... Der Erfolg war, daß dieselben Maschinen einen weit größern Arbeitsbetrag leisteten, und das obendrein bei sehr bedeutender Verringerung des Kohlenverbrauchs ... Während sehr vieler Jahre seit der Einführung der Dampfkraft in die Fabriken dieser Bezirke war die Geschwindigkeit, mit der man kondensierende Dampfmaschinen glaubte arbeiten [lassen] zu dürfen, ungefähr 220 Fuß Pistonhub per Minute; d.h. eine Maschine mit 5 Fuß Kolbenhub war schon vorschriftsmäßig auf 22 Drehungen der Kurbelwelle beschränkt. Es galt nicht für angemessen, die Maschine rascher zu treiben; und da das ganze Geschirr dieser Geschwindigkeit von 220 Fuß Kolbenbewegung per Minute angepaßt war, beherrschte diese langsame und unsinnig beschränkte Geschwindigkeit den ganzen Betrieb während vieler Jahre. Endlich aber, sei es durch glückliche Unkenntnis der Vorschrift, sei es aus bessern Gründen bei irgendeinem kühnen Neuerer, wurde eine größre Geschwindigkeit versucht und, da der Erfolg höchst günstig war, das Beispiel von andren befolgt; man ließ, wie man sagte, der Maschine die Zügel schießen und änderte die Haupträder des Übertragungsgeschirrs derart ab, daß die Dampfmaschine 300 Fuß und mehr per Minute machen konnte, während die Maschinerie auf ihrer frühern Geschwindigkeit gehalten wurde ... Diese Beschleunigung der Dampfmaschine ist jetzt fast allgemein, weil es sich zeigte, daß nicht nur aus derselben Maschine mehr verwendbare Kraft gewonnen wurde, sondern die Bewegung auch, infolge des größern Moments des Schwungrads, viel regelmäßiger war. Bei gleichbleibendem Dampfdruck und gleichbleibendem <108> Vakuum im Kondenser erhielt man mehr Kraft durch einfache Beschleunigung des Kolbenhubs. Können wir z.B. eine Dampfmaschine, die bei 200 Fuß per Minute 40 Pferdekraft gibt, durch passende Änderung dahin bringen, daß sie, bei gleichem Dampfdruck und Vakuum, 400 Fuß per Minute macht, so werden wir genau die doppelte Kraft haben; und da Dampfdruck und Vakuum in beiden Fällen dieselben sind, so wird die Anstrengung der einzelnen Maschinenteile und damit die Gefahr von 'Unfällen' mit der vermehrten Geschwindigkeit nicht wesentlich vermehrt. Der ganze Unterschied ist, daß wir mehr Dampf konsumieren im Verhältnis zur beschleunigten Kolbenbewegung oder annähernd; und ferner tritt etwas rascherer Verschleiß der Lager oder Reibungsteile ein, aber kaum der Rede wert ... Aber um von derselben Maschine mehr Kraft durch beschleunigte Kolbenbewegung zu erlangen, muß mehr Kohle unter demselben Dampfkessel verbrannt oder ein Kessel von größrer Verdunstungsfähigkeit angewandt, kurz, mehr Dampf erzeugt werden. Dies geschah, und Kessel mit größrer Fähigkeit der Dampferzeugung wurden bei den alten 'beschleunigten' Maschinen angelegt; diese lieferten so in vielen Fällen 100% mehr Arbeit. Gegen 1842 begann die außerordentlich wohlfeile Krafterzeugung der Dampfmaschinen in den Bergwerken von Cornwall Aufmerksamkeit zu erregen; die Konkurrenz in der Baumwollspinnerei zwang die Fabrikanten, die Hauptquelle ihres Profits in 'Ersparnissen' zu suchen; der merkwürdige Unterschied im Kohlenverbrauch per Stunde und Pferdekraft, den die cornischen Maschinen aufzeigten, und ebenso die außerordentlich ökonomischen Leistungen der Woolfschen Doppelzylindermaschinen brachten auch in unsrer Gegend die Ersparung an Heizstoff in den Vordergrund. Die cornischen und die Doppelzylindermaschinen lieferten eine Pferdekraft per Stunde für je 3 1/
2 bis 4 Pfund Kohlen, während die Maschinen in den Baumwolldistrikten allgemein 8 oder 12 Pfund per Pferd und Stunde verbrauchten. Ein so bedeutender Unterschied bewog die Fabrikanten und Maschinenbauer unsers Bezirks, durch ähnliche Mittel solche außerordentlich ökonomischen Ergebnisse zu erreichen, wie sie in Cornwall und Frankreich bereits gewöhnlich waren, da dort der hohe Kohlenpreis die Fabrikanten gezwungen hatte, diesen kostspieligen Zweig ihres Geschäfts möglichst einzuschränken. Dies führte zu sehr wichtigen Resultaten. Erstens: Viele Kessel, deren halbe Oberfläche in der guten alten Zeit hoher Profite der kalten Außenluft ausgesetzt blieb, wurden jetzt mit dicken Filzlagen oder Ziegeln und Mörtel und andern Mitteln eingedeckt, wodurch die Ausstrahlung der mit so viel Kosten erzeugten Hitze verhindert wurde. Dampfröhren wurden in derselben Weise geschützt, ebenso der Zylinder mit Filz und Holz umgeben. Zweitens kam die Anwendung des Hochdruck. Bisher war die Sicherheitsklappe nur soweit beschwert worden, daß sie schon bei 4, 6 oder 8 Pfund Dampfdruck auf den Quadratzoll sich öffnete; jetzt fand man, daß durch Erhöhung des Drucks auf 14 oder 20 Pfund ... eine sehr bedeutende Kohlenersparnis erreicht wurde; in andern Worten, die Arbeit der Fabrik wurde durch einen bedeutend geringern Kohlenverbrauch geleistet ... Diejenigen, die die Mittel und die Kühnheit dazu hatten, führten das System des vermehrten Drucks und der Expansion in seiner vollen Ausdehnung aus, und wandten zweckmäßig konstruierte Dampfkessel an, die Dampf von einem Druck von 30, 40, 60 und 70 Pfund per Quadratzoll lieferten; ein Druck, bei dem ein <109> Ingenieur der alten Schule vor Schrecken umgefallen wäre. Aber da das ökonomische Ergebnis dieses gesteigerten Dampfdrucks ... sich sehr bald kundgab in der nicht mißzuverstehenden Form von Pfunden, Schillingen und Pence, wurden die Hochdruckkessel bei Kondensiermaschinen fast allgemein. Diejenigen, die die Reform radikal durchführten, wandten die Woolfschen Maschinen an, und dies geschah in den meisten der neuerdings gebauten Maschinen; nämlich die Woolfschen Maschinen mit 2 Zylindern, in deren einem der Dampf aus dem Kessel Kraft leistet vermöge des Überschusses des Drucks über den der Atmosphäre, worauf er dann, statt wie früher nach jedem Kolbenhub in die freie Luft zu entweichen, in einen Niederdruckzylinder von ungefähr vierfach größerm Rauminhalt tritt und, nachdem er dort weitre Expansion geleistet, in den Kondensator geleitet wird. Das ökonomische Resultat, das man bei solchen Maschinen erhält, ist die Leistung einer Pferdekraft für eine Stunde, für jede 3 1/2 bis 4 Pfund Kohlen; während bei den Maschinen alten Systems hierzu 12 bis 14 Pfund erforderlich waren. Eine geschickte Vorrichtung hat erlaubt, das Woolfsche System des doppelten Zylinders oder der kombinierten Hoch- und Niederdruckmaschine auf schon bestehende ältere Maschinen anzuwenden und so ihre Leistungen zu steigern bei gleichzeitig vermindertem Kohlenverbrauch. Dasselbe Resultat ist erreicht worden während der letzten 8-10 Jahre durch Verbindung einer Hochdruckmaschine mit einer Kondensiermaschine, derart, daß der verbrauchte Dampf der erstem in die zweite überging und diese trieb. Dies System ist in vielen Fällen nützlich.""Es würde nicht leicht möglich sein, eine genaue Aufstellung der vermehrten Arbeitsleistung derselben identischen Dampfmaschinen zu erhalten, bei denen einige oder alle dieser neuem Verbesserungen angebracht sind. Ich bin aber sicher, daß für dasselbe Gewicht Dampfmaschinerie wir jetzt mindestens 50% mehr Dienst oder Arbeit im Durchschnitt erhalten und daß in vielen Fällen dieselbe Dampfmaschine, die zur Zeit der beschränkten Geschwindigkeit von 220 Fuß in der Minute 50 Pferdekraft gab, jetzt über 100 liefert. Die höchst ökonomischen Resultate der Anwendung des Hochdruckdampfs bei Kondensiermaschinen sowie die weit größern Anforderungen, die zum Zweck von Geschäftsausdehnungen an die alten Dampfmaschinen gemacht werden, haben in den letzten drei Jahren zur Einführung von Röhrenkesseln geführt und hierdurch die Kosten der Dampferzeugung wieder bedeutend vermindert." ("Rep. Fact., Oct. 1852", p. 23-27.)
Was von der Kraft erzeugenden, gilt ebenfalls von der Kraft übertragenden und von der Arbeitsmaschinerie.
"Die raschen Schritte, womit die Verbesserungen in der Maschinerie in den letzten wenigen Jahren sich entwickelten, haben die Fabrikanten befähigt, die Produktion auszudehnen ohne zusätzliche Triebkraft. Die sparsamere Verwendung der Arbeit ist notwendig geworden durch die Verkürzung des Arbeitstags, und in den meisten gutgeleiteten Fabriken wird immer erwogen, auf welchem Wege die Produktion vermehrt werden kann bei verminderter Auslage. Ich habe eine Aufstellung vor mir, die ich der Gefälligkeit eines sehr intelligenten Herrn in meinem Bezirk verdanke, über die Zahl und das Alter der in seiner Fabrik beschäftigten Arbeiter, die angewandten Maschinen <110> und den bezahlten Lohn während der Zeit von 1840 bis jetzt. Im Oktober 1840 beschäftigte seine Firma 600 Arbeiter, wovon 200 unter 13 Jahren, Oktober 1852 nur 350 Arbeiter, wovon nur 60 unter 13 Jahren. Dieselbe Anzahl von Maschinen, bis auf sehr wenige, waren in Betrieb, und dieselbe Summe wurde in Arbeitslohn ausgezahlt in beiden Jahren." (Redgraves Bericht, in "Rep. Fact., Oct. 1852", p. 58, 59.)
Diese Verbesserungen in der Maschinerie zeigen erst ihre volle Wirkung, sobald sie in neuen, zweckmäßig eingerichteten Fabrikgebäuden aufgestellt werden.
"Mit Beziehung auf Verbesserungen in der Maschinerie muß ich bemerken, daß vor allem ein großer Fortschritt gemacht worden ist im Bau von Fabriken, die zur Aufstellung dieser neuen Maschinerie geeignet sind ... Im Erdgeschoß zwirne ich all mein Garn, und hier allein stelle ich 29.000 Doublierspindeln auf. In diesem Zimmer und dem Schuppen allein bewirke ich eine Ersparung an Arbeit von mindestens 10%; nicht sosehr infolge von Verbesserungen im Doubliersystem selbst, als von Konzentration der Maschinen unter einer einzigen Leitung; und ich kann dieselbe Anzahl Spindeln mit einer einzigen Triebwelle treiben, wodurch ich gegenüber andern Firmen an Wellenleitung 60 bis 80% erspare. Außerdem ergibt dies eine große Ersparnis an Öl, Fett etc. ... kurz, mit vervollkommneter Einrichtung der Fabrik und verbesserter Maschinerie habe ich, gering gerechnet, an Arbeit 10% gespart und daneben große Ersparnis an Kraft, Kohlen, Öl, Talg, Triebwellen und Riemen etc." (Aussage eines Baumwollspinners, "Rep. Fact., Oct. 1863", p. 109, 110.)
IV. Nutzbarmachung der Exkremente der Produktion
Mit der kapitalistischen Produktionsweise erweitert sich die Benutzung der Exkremente der Produktion und Konsumtion. Unter erstem verstehn wir die Abfälle der Industrie und Agrikultur, unter letztem teils die Exkremente, die aus dem natürlichen Stoffwechsel des Menschen hervorgehn, teils die Form, worin die Verbrauchsgegenstände nach ihrem Verbrauch übrigbleiben. Exkremente der Produktion sind also in der chemischen Industrie die Nebenprodukte, die bei kleiner Produktionsstufe verlorengehn; die Eisenspäne, die bei der Maschinenfabrikation abfallen und wieder als Rohstoff in die Eisenproduktion eingehn etc. Exkremente der Konsumtion sind die natürlichen Ausscheidungsstoffe der Menschen, Kleiderreste in Form von Lumpen usw. Die Exkremente der Konsumtion sind am wichtigsten für die Agrikultur. In Beziehung auf ihre Verwendung findet in der kapitalistischen Wirtschaft eine kolossale Verschwendung statt; in London z.B. weiß sie mit dem Dünger von 41/2 Millionen Menschen nichts Beßres anzufangen, als ihn mit ungeheuren Kosten zur Verpestung der Themse zu gebrauchen,
<111> Die Verteuerung der Rohstoffe bildet natürlich den Antrieb zur Vernutzung der Abfälle.
Im ganzen sind die Bedingungen dieser Wiederbenutzung: Massenhaftigkeit solcher Exkremente, die sich nur ergibt bei Arbeit auf großer Stufenleiter; Verbesserung der Maschinerie, womit Stoffe, die in ihrer gegebnen Form früher unbrauchbar, in eine der Neuproduktion dienstbare Gestalt übergeführt werden; Fortschritt der Wissenschaft, speziell der Chemie, welche die nutzbaren Eigenschaften solcher Abfälle entdeckt. Allerdings findet auch in der kleinen, gärtnermäßig betriebnen Agrikultur, wie etwa in der Lombardei, im südlichen China und in Japan, große Ökonomie dieser Art statt. Im ganzen aber ist in diesem System die Produktivität der Agrikultur erkauft durch große Verschwendung menschlicher Arbeitskraft, die andren Sphären der Produktion entzogen wird.
Die sog. Abfälle spielen eine bedeutende Rolle in fast jeder Industrie. So wird im Fabrikbericht Oktober 1863 als einer der Hauptgründe angegeben, weshalb sowohl in England wie in vielen Teilen von Irland die Pächter nur ungern und selten Flachs bauen:
"Der große Abfall ... der bei der Bereitung des Flachses in den kleinen mit Wasserkraft getriebenen Hechelfabriken (scutch mills) stattfindet ... Der Abfall bei Baumwolle ist verhältnismäßig gering, aber bei Flachs sehr groß. Gute Behandlung beim Wasserrösten und mechanischen Hecheln kann diesen Nachteil bedeutend einschränken ... In Irland wird Flachs oft auf höchst schmähliche Weise gehechelt, so daß 28-30% verlorengehn" ,
was alles durch Anwendung von beßrer Maschinerie vermieden werden könnte. Das Werg fiel dabei so massenhaft ab, daß der Fabrikinspektor sagt:
"Von einigen der Hechelfabriken in Irland ist mir mitgeteilt worden, daß die Hechler den dort gemachten Abfall oft zu Hause auf ihren Herden als Brennstoff verwandt haben, und doch ist er sehr wertvoll." (l.c.p. 140.)
Von Baumwollabfall wird weiter unten die Rede sein, wo wir von den Preisschwankungen des Rohstoffs handeln.
Die Wollenindustrie war gescheiter als die Flachsbereitung.
"Es war früher gewöhnlich, die Zubereitung von Wollenabfall und wollnen Lumpen zu wiederholter Bearbeitung in Verruf zu erklären, aber das Vorurteil hat sich vollständig gelegt mit Beziehung auf den shoddy trade (Kunstwollindustrie), die ein wichtiger Zweig des Wollendistrikts von Yorkshire geworden ist, und ohne Zweifel wird auch das Geschäft in Baumwollabfall bald denselben Platz einnehmen als ein Geschäftszweig, der einem anerkannten Bedürfnis abhilft. Vor 30 Jahren waren wollne Lumpen, d.h. Stücke von ganz wollnem Tuch etc., im Durchschnitt etwa <112> 4 Pfd.St. 4 sh. per Tonne wert; in den letzten paar Jahren sind sie 44 Pfd.St. per Tonne wert geworden. Und die Nachfrage ist so gestiegen, daß auch gemischte Gewebe aus Wolle und Baumwolle vernutzt werden, indem man Mittel gefunden hat, die Baumwolle zu zerstören, ohne der Wolle zu schaden; und jetzt sind Tausende von Arbeitern in der Fabrikation von Shoddy beschäftigt, und der Konsument hat großen Vorteil da von, indem er jetzt Tuch von guter Durchschnittsqualität zu einem sehr mäßigen Preis kaufen kann." ("Rep. Fart., Oct. 1863", p. 107.)
Die so verjüngte Kunstwolle betrug schon Ende 1862 ein Drittel des ganzen Wollverbrauchs der englischen Industrie. ("Rep. Fact., Oct. 1862", p. 81.) Der "große Vorteil" für den "Konsumenten" besteht darin, daß seine Wollkleider nur ein Drittel der frühern Zeit brauchen, um zu verschleißen, und ein Sechstel, um fadenscheinig zu werden.
Die englische Seidenindustrie bewegte sich auf derselben abschüssigen Bahn. Von 1839-1862 hatte der Verbrauch von wirklicher Rohseide sich etwas vermindert, dagegen der von Seidenabfällen verdoppelt. Mit verbesserter Maschinerie war man im Stand, aus diesem, anderswo ziemlich wertlosen Stoff eine zu vielen Zwecken verwendbare Seide zu fabrizieren.
Das schlagendste Beispiel von Verwendung von Abfällen liefert die chemische Industrie. Sie verbraucht nicht nur ihre eignen Abfälle, indem sie neue Verwendung dafür findet, sondern auch diejenigen der verschiedenartigsten andern Industrien und verwandelt z.B. den früher fast nutzlosen Gasteer in Anilinfarben, Krappfarbstoff (Alizarin), und neuerdings auch in Medikamente.
Von dieser Ökonomie der Exkremente der Produktion, durch ihre Wiederbenutzung, ist zu unterscheiden die Ökonomie bei der Erzeugung von Abfall, also die Reduktion der Produktionsexkremente auf ihr Minimum, und die unmittelbare Vernutzung, bis zum Maximum, aller in die Produktion eingehenden Roh- und Hilfsstoffe.
Die Ersparung von Abfall ist zum Teil durch die Güte der angewandten Maschinerie bedingt. Öl, Seife etc. wird gespart im Verhältnis wie die Maschinenteile genauer gearbeitet und besser poliert sind. Dies bezieht sich auf die Hilfsstoffe. Z.T. aber, und dies ist das wichtigste, hängt es von der Güte der angewandten Maschinen und Werkzeuge ab, ob ein größrer oder geringrer Teil des Rohstoffs im Produktionsprozeß sich in Abfall verwandelt. Endlich hängt dies ab von der Güte des Rohstoffs selbst. Diese ist wieder bedingt teils durch die Entwicklung der extraktiven Industrie und Agrikultur, die ihn erzeugt (von dem Fortschritt der Kultur im eigentlichen Sinn), teils von der Ausbildung der Prozesse, die der Rohstoff vor seinem Eintritt in die Manufaktur durchmacht.
"Parmentier hat bewiesen, daß seit einer nicht sehr entfernten Epoche, z.B. der Zeit Ludwigs XIV., die Kunst, Korn zu mahlen, in Frankreich sehr bedeutend vervollkommnet worden ist, so daß die neuen Mühlen, gegenüber den alten, aus derselben Menge Korn bis zur Hälfte mehr Brot liefern können. Man hat in der Tat für die jährliche Konsumtion eines Einwohners von Paris anfangs 4 setiers Korn, dann 3, endlich 2 gerechnet, während sie heutzutage nur noch 1 1/3 setier oder ungefähr 342 Pfund per Kopf ist ... In der Perche, wo ich lange gewohnt habe, sind plump konstruierte Mühlen, die Mühlsteine von Granit und Trapp hatten, nach den Regeln der seit 30 Jahren so sehr fortgeschrittnen Mechanik umgebaut worden. Man hat sie mit guten Mühlsteinen von La Ferté versehn, man hat das Korn zweimal ausgemahlen, man hat dem Mahlbeutel eine kreisförmige Bewegung gegeben, und das Produkt an Mehl hat sich für dieselbe Menge Korn um 1/6 vermehrt. Ich erkläre mir also leicht das enorme Mißverhältnis zwischen dem täglichen Kornverbrauch bei den Römern und bei uns; der ganze Grund liegt einfach in der Mangelhaftigkeit der Verfahrensweisen beim Mahlen und bei der Brotbereitung. So muß ich auch eine merkwürdige Tatsache erklären, die Plinius XVIII., c. 20, 2 anführt... Das Mehl wurde in Rom verkauft, je nach Qualität, zu 40, 48 oder 96 Ass der Modius. Diese Preise, so hoch im Verhältnis zu den gleichzeitigen Kornpreisen, erklären sich aus den damals noch in der Kindheit befindlichen, unvollkommnen Mühlen und den daraus folgenden beträchtlichen Mahlkosten." (Dureau de la Malle, "Écon. Pol. des Romains", Paris 1840, I, p. 280, 281.)V. Ökonomie durch Erfindungen
Diese Ersparungen in Anwendung des fixen Kapitals sind wie gesagt das Resultat davon, daß die Arbeitsbedingungen auf großer Stufenleiter angewandt werden, kurz, daß sie dienen als Bedingungen unmittelbar gesellschaftlicher, vergesellschafteter Arbeit oder der unmittelbaren Kooperation innerhalb des Produktionsprozesses. Es ist dies einesteils die Bedingung, worunter allein die mechanischen und chemischen Erfindungen angewandt werden können, ohne den Preis der Ware zu verteuern, und dies ist immer die conditio sine qua non. Andernteils werden erst bei großer Stufenleiter der Produktion die Ökonomien möglich, die aus der gemeinschaftlichen produktiven Konsumtion hervorfließen. Endlich aber entdeckt und zeigt erst die Erfahrung des kombinierten Arbeiters, wo und wie zu ökonomisieren, wie die bereits gemachten Entdeckungen am einfachsten auszuführen, welche praktischen Friktionen bei Ausführung der Theorie - ihrer Anwendung auf den Produktionsprozeß - zu überwinden usw.
Nebenbei bemerkt, ist zu unterscheiden zwischen allgemeiner Arbeit und gemeinschaftlicher Arbeit. Beide spielen im Produktionsprozeß ihre Rolle, beide gehn ineinander über, aber beide unterscheiden sich auch.
<114> Allgemeine Arbeit ist alle wissenschaftliche Arbeit, alle Entdeckung, alle Erfindung. Sie ist bedingt teils durch Kooperation mit Lebenden, teils durch Benutzung der Arbeiten Früherer. Gemeinschaftliche Arbeit unterstellt die unmittelbare Kooperation der Individuen.
Das Obengesagte erhält neue Bestätigung durch das oft Beobachtete:
1. Den großen Unterschied in den Kosten zwischen dem ersten Bau einer neuen Maschine und ihrer Reproduktion, worüber Ure und Babbage nachzusehn.
2. Die viel größern Kosten, womit überhaupt ein auf neuen Erfindungen beruhendes Etablissement betrieben wird, verglichen mit den spätern, auf seinen Ruinen, ex suis ossibus <aus seinen Gebeinen> aufsteigenden Etablissements. Dies geht so weit, daß die ersten Unternehmer meist Bankrott machen und erst die spätem, in deren Hand Gebäude, Maschinerie etc. wohlfeiler kommen, florieren. Es ist daher meist die wertloseste und miserabelste Sorte von Geldkapitalisten, die aus allen neuen Entwicklungen der allgemeinen Arbeit des menschlichen Geistes und ihrer gesellschaftlichen Anwendung durch kombinierte Arbeit den größten Profit zieht.
Fußnoten
(11) "Da in allen Fabriken ein sehr hoher Betrag von fixem Kapital in Gebäuden und Maschinen steckt, so wird der Gewinn um so großer sein, je größer die Anzahl der Stunden, während deren diese Maschinerie in Arbeit gehalten werden kann." ("Rep. of Insp. of Fact., October 31, 1858", p. 8.) <=