6. Kapitel. Wirkung von Preiswechsel | Inhalt | 8. Kapitel. Verschiedenheit der Profitraten usw.

Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 25, "Das Kapital", Bd. III, Erster Abschnitt, S. 147 - 150
Dietz Verlag, Berlin/DDR 1983

SIEBENTES KAPITEL
Nachträge

<147> Gesetzt, wie in diesem Abschnitt unterstellt, die in jeder besondren Produktionssphäre angeeignete Profitmasse sei gleich der Summe des Mehrwerts, den das in dieser Sphäre angelegte Gesamtkapital erzeugt. So wird der Bourgeois den Profit doch nicht als identisch mit dem Mehrwert, d.h. mit unbezahlter Mehrarbeit, auffassen, und zwar aus folgenden Gründen nicht:

1. In dem Prozeß der Zirkulation vergißt er den Produktionsprozeß. Das Realisieren des Werts der Waren - worin das Realisieren ihres Mehrwerts eingeschlossen - gilt ihm als Machen dieses Mehrwerts. {Eine leergelassene Lücke im Manuskript deutet an, daß Marx diesen Punkt näher zu entwickeln vorhatte. - F. E.}

2. Denselben Exploitationsgrad der Arbeit vorausgesetzt, hat sich gezeigt, daß, abgesehn von allen durch das Kreditsystem hereingebrachten Modifikationen, von aller wechselseitigen Übervorteilung und Prellerei der Kapitalisten untereinander, ferner von aller günstigen Wahl des Markts, die Profitrate sehr verschieden sein kann, je nachdem der Rohstoff wohlfeiler oder minder wohlfeil, mit mehr oder minder Sachkenntnis angekauft; je nachdem die angewandte Maschinerie produktiv, zweckmäßig und wohlfeil; je nachdem die Gesamteinrichtung der verschiednen Stufen des Produktionsprozesses mehr oder minder vollkommen, die Stoffvergeudung beseitigt, die Leitung und Aufsicht einfach und wirksam ist usw. Kurz, den Mehrwert für ein bestimmtes variables Kapital gegeben, so hängt es noch sehr von der individuellen Geschäftstüchtigkeit, sei es des Kapitalisten selbst, sei es seiner Unteraufseher und Kommis ab, ob sich dieser selbe Mehrwert in einer größern oder kleinem Profitrate ausdrückt, und daher, ob er eine größere oder kleinere Profitmasse liefert. Derselbe Mehrwert von 1.000 Pfd.St., das Produkt von 1.000 Pfd.St. Arbeitslohn, sei im Geschäft A auf 9.000 Pfd.St. und in dem andern Geschäft B auf 11.000 Pfd.St. <148> konstantes Kapital bezogen. Im Fall A haben wir pī = 1.000/10.000 =10%. Indem Fall B haben wir pī = 1.000/12.000 = 10%. Das Gesamtkapital produziert bei A verhältnismäßig mehr Profit als bei B, weil dort die Profitrate höher als hier, obgleich in beiden Fällen das vorgeschoßne variable Kapital = 1.000 und der aus demselben geschlagne Mehrwert ebenfalls = 1.000 ist, also in beiden Fällen gleich große Exploitation von gleich vielen Arbeitern stattfindet. Diese Verschiedenheit der Darstellung derselben Masse Mehrwerts oder die Verschiedenheit der Profitraten und daher der Profite selbst, bei gleicher Exploitation der Arbeit, kann auch aus andren Quellen herstammen; sie kann aber auch einzig und allein entspringen aus der Verschiedenheit in dem Geschäftsgeschick, womit beide Geschäfte geführt sind. Und dieser Umstand verleitet den Kapitalisten - überzeugt ihn -, daß sein Profit geschuldet ist, nicht der Exploitation der Arbeit, sondern wenigstens teilweise auch andern, davon unabhängigen Umständen, namentlich aber seiner individuellen Tat.

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Aus dem in diesem ersten Abschnitt Entwickelten folgt die Falschheit der Ansicht (Rodbertus), wonach (im Unterschied von der Grundrente, wo z.B. das Bodenareal dasselbe bleibe, während die Rente wachse) ein Größenwechsel des Kapitals ohne Einfluß auf das Verhältnis zwischen Profit und Kapital und daher auf die Profitrate bleibe, weil, wenn die Masse des Profits wächst, auch die Masse des Kapitals wächst, auf das er berechnet wird und umgekehrt.

Dies ist nur wahr in zwei Fällen. Erstens wenn, alle andern Umstände, also namentlich die Rate des Mehrwerts, als gleichbleibend vorausgesetzt, ein Wertwechsel der Ware eintritt, welche die Geldware ist. (Dasselbe findet statt bei dem nur nominellen Wertwechsel, Steigen oder Fallen von Wertzeichen bei sonst gleichen Umständen.) Das Gesamtkapital sei = 100 Pfd.St. und der Profit = 20 Pfd.St., die Profitrate also = 20%. Fällt oder steigt <l. Auflage: steigt oder fällt; geändert nach dem Manuskript von Marx > das Gold nun um 100%, so wird im ersten Fall dasselbe Kapital 200 Pfd.St. wert sein, das früher l00 Pfd.St. wert war, und der Profit wird einen Wert von 40 Pfd.St. haben, d.h. sich in diesem Geldausdruck darstellen, statt früher in 20 Pfd.St. Im zweiten Fall sinkt das Kapital auf einen Wert von 50 Pfd.St., und der Profit stellt sich dar in einem Produkt zum Wert von 10 Pfd.St. Aber in beiden Fällen ist 200 : 40 = 50 : 10 = 100 : 20 <149> = 20%. In allen diesen Fällen wäre jedoch in der Tat kein Größenwechsel im Kapitalwert, sondern nur im Geldausdruck desselben Werts und desselben Mehrwerts vorgegangen. Es könnte also auch m/C oder die Profitrate nicht affiziert werden.

Der andre Fall ist der, wenn wirklicher Größenwechsel des Werts stattfindet, aber dieser Größenwechsel nicht begleitet ist von einem Wechsel im Verhältnis von v : c, d.h., wenn bei konstanter Rate des Mehrwerts das Verhältnis des in Arbeitskraft ausgelegten Kapitals (das variable Kapital als Index der in Bewegung gesetzten Arbeitskraft betrachtet) zu dem in Produktionsmitteln ausgelegten Kapital dasselbe bleibt. Unter diesen Umständen, ob wir C oder nC oder C/n haben, z.B. 1.000 oder 2.000 oder 500, wird der Profit, bei 20% Profitrate, im ersten Fall 200, im zweiten = 400, im dritten = 100 sein; aber 200/1.000 = 400/2.000 = 200/500 = 20%. D.h. die Profitrate bleibt hier unverändert, weil die Zusammensetzung des Kapitals dieselbe bleibt und von seinem Größenwechsel nicht berührt wird. Zunahme oder Abnahme der Profitmasse zeigt daher hier nur an Zunahme oder Abnahme in der Größe des angewandten Kapitals.

Im ersten Fall findet also nur ein scheinbarer Größenwechsel des angewandten Kapitals statt, im zweiten Fall findet ein wirklicher Größenwechsel statt, aber kein Wechsel in der organischen Zusammensetzung des Kapitals, in dem Verhältnis seines variablen Teils zu seinem konstanten. Aber diese beiden Fälle ausgenommen, ist der Größenwechsel des angewandten Kapitals entweder Folge eines vorhergegangnen Wertwechsels in einem seiner Bestandteile und daher (sofern nicht mit dem variablen Kapital der Mehrwert selbst wechselt) eines Wechsels in der relativen Größe seiner Bestandteile; oder dieser Größenwechsel (wie bei Arbeiten auf großer Stufenleiter, Einführung neuer Maschinerie etc.) ist die Ursache eines Wechsels in der relativen Größe seiner beiden organischen Bestandteile. In allen diesen Fällen muß daher bei sonst gleichen Umständen der Größenwechsel des angewandten Kapitals begleitet sein von einem gleichzeitigen Wechsel der Profitrate.

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Die Vermehrung der Profitrate stammt stets daher, daß der Mehrwert relativ oder absolut im Verhältnis zu seinen Produktionskosten, d.h. zum vorgeschoßnen Gesamtkapital, vermehrt wird oder die Differenz zwischen Rate des Profits und Rate des Mehrwerts vermindert wird.

<150> Schwankungen in der Rate des Profits, unabhängig vom Wechsel in den organischen Bestandteilen des Kapitals oder von der absoluten Größe des Kapitals, sind dadurch möglich, daß der Wert des vorgeschoßnen Kapitals, in welcher Form, fix oder zirkulierend, es existiere, steigt oder fällt infolge einer, von dem schon existierenden Kapital unabhängigen, Erhöhung oder Erniedrigung der zu einer Reproduktion nötigen Arbeitszeit. Der Wert jeder Ware - also auch der Waren, woraus das Kapital besteht - ist bedingt nicht durch die in ihr selbst enthaltne notwendige Arbeitszeit, sondern durch die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit, die zu ihrer Reproduktion erheischt ist. Diese Reproduktion kann erfolgen unter erschwerenden oder unter erleichternden Umständen, verschieden von den Bedingungen der ursprünglichen Produktion. Bedarf es unter den veränderten Umständen allgemein doppelt so vieler oder umgekehrt halb so vieler Zeit, um dasselbe sachliche Kapital zu reproduzieren, so würde bei unverändertem Wert des Geldes, wenn es früher 100 Pfd.St. wert, jetzt 200 Pfd.St., bzw. 50 Pfd.St. wert sein. Träfe diese Werterhöhung oder Entwertung alle Teile des Kapitals gleichmäßig, so würde sich auch der Profit entsprechend in der doppelten oder nur in der halben Geldsumme ausdrücken. Schließt sie aber eine Änderung in der organischen Zusammensetzung des Kapitals ein, steigert oder senkt sie das Verhältnis des variablen zum konstanten Kapitalteil, so wird die Profitrate bei sonst gleichen Umständen wachsen mit relativ wachsendem, fallen bei relativ sinkendem variablem Kapital. Steigt oder fällt nur der Geldwert (infolge einer Wertänderung des Geldes) des vorgeschoßnen Kapitals, so steigt oder fällt im selben Verhältnis der Geldausdruck des Mehrwerts. Die Profitrate bleibt unverändert.