Die Pariser "Réforme" über die französischen Zustände | Inhalt | Die neuesten Nachrichten aus Wien, Berlin und Paris

Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 5, S. 451-452
Dietz Verlag, Berlin/DDR 1959


[Die Wiener Revolution und die "Kölnische Zeitung"]

["Neue Rheinische Zeitung" Nr. 133 vom 3. November 1848]

<451> *Köln, 3. November. Unsere Leser haben sich nie utopistischen Hoffnungen bezüglich Wiens hingegeben. Nach der Junirevolution glaubten wir an jede Niederträchtigkeit der Bourgeoisie. Wir haben gleich in der ersten Nummer der nach dem Belagerungszustande wiedererscheinenden "Neuen Rheinischen Zeitung" gesagt: "Diese Revolution droht an dem Mißtrauen der Bourgeoisie gegen die Arbeiterklasse, wo nicht zu scheitern, doch wenigstens gelähmt zu werden. Wie dem aber auch sei, ihr Rückschlag auf Ungarn, Italien und Deutschland vereitelt den ganzen Feldzugsplan der Kontrerevolution!" <Siehe "Revolution in Wien">

Wir wären daher nicht überrascht von einer Niederlage Wiens; wir würden uns nur dazu bestimmt finden, jede Vermittlung mit der Bourgeoisie, die die Freiheit an der Freiheit des Schachers mißt, abzubrechen und versöhnungslos, vermittlungslos der elenden deutschen Mittelklasse gegenüberzutreten, die auf ihre eigne Herrschaft gern Verzicht leistet, unter der Bedingung, daß sie kampflos weiter schachern darf. Die englische und französische Bourgeoisie ist ehrgeizig; die Ehrlosigkeit der deutschen Bourgeoisie würde sich bestätigen durch Wiens Niederlage.

Also: Wir haben keinen Augenblick den Sieg der Wiener verbürgt. Ihre Niederlage würde uns nicht überraschen. Sie würde uns nur überzeugen, daß kein Friede, selbst nicht für Übergangszeit, möglich ist mit der Bourgeoisie, daß das Volk sich gleichgültig verhalten muß in den Kämpfen der Bourgeoisie mit der Regierung und ihre Siege oder Niederlagen abwarten muß, um sie zu exploitieren. Noch einmal: Unsere Leser haben nur unsere bisherigen Nummern nachzuschlagen, um sich zu überzeugen, daß weder der Sieg noch die Niederlage der Wiener uns überraschen kann.

<452> Aber was uns überrascht, ist das abermalige Extrablatt der "Kölnischen Zeitung". Verbreitet die Regierung absichtlich falsche Gerüchte über Wien, um die Aufregung in Berlin und den Provinzen niederzuschlagen? Bezahlt Dumont den preußischen Staatstelegraphen, so daß er, Dumont, Nachrichten von "Berliner" und "Breslauer" Morgenblättern empfängt, die der "schlechten Presse" nicht zugehen? Und woher hatte Dumont heute morgen seine "telegraphische Depesche", die wir nicht hatten? Ist Birk aus Trier, diese Null, die an Wittgensteins Stelle getreten ist, als Redakteur bei Dumont engagiert? Wir glauben es nicht. Denn selbst ein Brüggemann, ein Wolfers, ein Schwanbeck - alles das ist noch kein Birk. Wir bezweifeln, daß Dumont eine solche Impotenz engagiert hat.

Heute 6 Uhr abends bringt Dumont, der die Februarrevolution und die Märzrevolution weggelogen hatte, in seinen ersten Berichten abermals einen "telegraphischen" Bericht, wonach Wien sich der "wendischen Krätze", dem "Windischgrätz", ergeben hat.

Möglich. Aber die Möglichkeiten des ehemals bluttriefenden "Brüggemanns", des Exkorrespondenten der alten "Rheinischen Zeitung", des Biedermanns, dessen Ansicht immer mit dem "Tauschwert" der Ansichten überhaupt Hand in Hand ging - seine Möglichkeiten beruhen auf dem "Preuß[ischen] Staats-Anz[eiger] und der "Bresl[auer] Z[ei]t[un]g". Ein eigner Beitrag zur Geschichte werden die Geschichten "Brüggemanns" oder der "Kölnischen Zeitung" über die Februar-, März- und Oktoberrevolution bieten.

Wir geben nun die Berichte, die nichts berichten.

Geschrieben von Karl Marx.