50. Kapitel. Der Schein der Konkurrenz | Inhalt | 52. Kapitel. Die Klassen

Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 25, "Das Kapital", Bd. III, Siebenter Abschnitt, S. 884 - 891
Dietz Verlag, Berlin/DDR 1983

EINUNDFÜNFZIGSTES KAPITEL
Distributionsverhältnisse
und Produktionsverhältnisse

<884> Der durch die jährlich neu zugesetzte Arbeit neu zugesetzte Wert - also auch der Teil des jährlichen Produkts, worin sich dieser Wert darstellt und der aus dem Gesamtertrag herausgezogen, ausgeschieden werden kann - zerfällt also in drei Teile, die drei verschiedne Revenueformen annehmen, in Formen, die einen Teil dieses Werts als dem Besitzer der Arbeitskraft, einen Teil als dem Besitzer des Kapitals und einen dritten Teil als dem Besitzer des Grundeigentums gehörig oder zufallend ausdrücken. Es sind dies also Verhältnisse oder Formen der Distribution, denn sie drücken die Verhältnisse aus, worin sich der neu erzeugte Gesamtwert unter die Besitzer der verschiednen Produktionsagentien verteilt.

Der gewöhnlichen Anschauung erscheinen diese Verteilungsverhältnisse als Naturverhältnisse, als Verhältnisse, die aus der Natur aller gesellschaftlichen Produktion, aus den Gesetzen der menschlichen Produktion schlechthin entspringen. Es kann zwar nicht geleugnet werden, daß vorkapitalistische Gesellschaften andre Verteilungsweisen zeigen, aber diese werden dann als unentwickelte, unvollkommene und verkleidete, nicht auf ihren reinsten Ausdruck und ihre höchste Gestalt reduzierte, anders gefärbte Weisen jener naturgemäßen Verteilungsverhältnisse gedeutet.

Das einzig Richtige in dieser Vorstellung ist dies: Gesellschaftliche Produktion irgendeiner Art (z.B. die der naturwüchsigen indischen Gemeinwesen oder die des mehr künstlich entwickelten Kommunismus der Peruaner) vorausgesetzt, kann stets unterschieden werden zwischen dem Teil der Arbeit, dessen Produkt unmittelbar von den Produzenten und ihren Angehörigen individuell konsumiert wird, und - abgesehn von dem Teil, der der produktiven Konsumtion anheimfällt - einem andern Teil der Arbeit, der immer Mehrarbeit ist, dessen Produkt stets zur Befriedigung allgemeiner gesellschaftlicher Bedürfnisse dient, wie immer dies Mehrpro- <885> dukt verteilt werde und wer immer als Repräsentant dieser gesellschaftlichen Bedürfnisse fungiere. Die Identität der verschiednen Verteilungsweisen kommt also darauf hinaus, daß sie identisch sind, wenn man von ihren Unterscheidungen und spezifischen Formen abstrahiert, nur die Einheit in ihnen, im Gegensatz zu ihrem Unterschied festhält.

Weitergebildetes, mehr kritisches Bewußtsein gibt jedoch den geschichtlich entwickelten Charakter der Verteilungsverhältnisse zu (56a), hält dafür aber um so fester an dem sich gleichbleibenden, aus der menschlichen Natur entspringenden und daher von aller geschichtlichen Entwicklung unabhängigen Charakter der Produktionsverhältnisse selbst.

Die wissenschaftliche Analyse der kapitalistischen Produktionsweise beweist dagegen umgekehrt, daß sie eine Produktionsweise von besondrer Art, von spezifischer historischer Bestimmtheit ist; daß sie, wie jede andre bestimmte Produktionsweise, eine gegebne Stufe der gesellschaftlichen Produktivkräfte und ihrer Entwicklungsformen als ihre geschichtliche Bedingung voraussetzt: eine Bedingung, die selbst das geschichtliche Resultat und Produkt eines vorhergegangnen Prozesses ist und wovon die neue Produktionsweise als von ihrer gegebnen Grundlage ausgeht; daß die dieser spezifischen, historisch bestimmten Produktionsweise entsprechenden Produktionsverhältnisse - Verhältnisse, welche die Menschen in ihrem gesellschaftlichen Lebensprozeß, in der Erzeugung ihres gesellschaftlichen Lebens eingehn - einen spezifischen, historischen und vorübergehenden Charakter haben; und daß endlich die Verteilungsverhältnisse wesentlich identisch mit diesen Produktionsverhältnissen, eine Kehrseite derselben sind, so daß beide denselben historisch vorübergehenden Charakter teilen.

Bei der Betrachtung der Verteilungsverhältnisse geht man zunächst von der angeblichen Tatsache aus, daß das jährliche Produkt sich als Arbeitslohn, Profit und Grundrente verteilt. Aber so ausgesprochen ist die Tatsache falsch. Das Produkt verteilt sich auf der einen Seite in Kapital und auf der andern in Revenuen. Die eine dieser Revenuen, der Arbeitslohn, nimmt selbst immer nur die Form einer Revenue, der Revenue des Arbeiters an, nachdem er vorher demselben Arbeiter in der Form von Kapital gegenübergetreten ist. Das Gegenübertreten der produzierten Arbeitsbedingungen und der Arbeitsprodukte überhaupt als Kapital, gegenüber den unmittelbaren Produzenten, schließt von vornherein ein einen bestimmten gesellschaftlichen Charakter der sachlichen Arbeitsbedingungen gegenüber den Arbeitern und damit ein bestimmtes Verhältnis, worin sie in der <886> Produktion selbst zu den Besitzern der Arbeitsbedingungen und zueinander treten. Die Verwandlung dieser Arbeitsbedingungen in Kapital schließt ihrerseits die Expropriation der unmittelbaren Produzenten von Grund und Boden und damit eine bestimmte Form des Grundeigentums ein.

Verwandelte sich der eine Teil des Produkts nicht in Kapital, so würde der andre nicht die Formen von Arbeitslohn, Profit und Rente annehmen.

Andrerseits, wenn die kapitalistische Produktionsweise diese bestimmte gesellschaftliche Gestalt der Produktionsbedingungen voraussetzt, reproduziert sie dieselbe beständig. Sie produziert nicht nur die materiellen Produkte, sondern reproduziert beständig die Produktionsverhältnisse, worin jene produziert werden, und damit auch die entsprechenden Verteilungsverhältnisse.

Allerdings kann gesagt werden, daß das Kapital (und das Grundeigentum, welches es als seinen Gegensatz einschließt) selbst schon eine Verteilung voraussetzt: die Expropriation der Arbeiter von den Arbeitsbedingungen, die Konzentration dieser Bedingungen in den Händen einer Minorität von Individuen, das ausschließliche Eigentum am Grund und Boden für andre Individuen, kurz, alle die Verhältnisse, die im Abschnitt über die ursprüngliche Akkumulation (Buch I, Kap. XXIV) entwickelt worden sind. Aber diese Verteilung ist durchaus verschieden von dem, was man unter Verteilungsverhältnissen versteht, wenn man diesen, im Gegensatz zu den Produktionsverhältnissen, einen historischen Charakter vindiziert. Man meint darunter die verschiednen Titel auf den Teil des Produkts, der der individuellen Konsumtion anheimfällt. Jene Verteilungsverhältnisse sind dagegen die Grundlagen besondrer gesellschaftlicher Funktionen, welche innerhalb des Produktionsverhältnisses selbst bestimmten Agenten desselben zufallen im Gegensatz zu den unmittelbaren Produzenten. Sie geben den Produktionsbedingungen selbst und ihren Repräsentanten eine spezifische gesellschaftliche Qualität. Sie bestimmen den ganzen Charakter und die ganze Bewegung der Produktion.

Es sind zwei Charakterzüge, welche die kapitalistische Produktionsweise von vornherein auszeichnen.

Erstens. Sie produziert ihre Produkte als Waren. Waren zu produzieren, unterscheidet sie nicht von andern Produktionsweisen; wohl aber dies, daß Ware zu sein, der beherrschende und bestimmende Charakter ihres Produkts ist. Es schließt dies zunächst ein, daß der Arbeiter selbst nur als Warenverkäufer und daher als freier Lohnarbeiter, die Arbeit also überhaupt als Lohnarbeit auftritt. Es ist nach der bisher gegebnen Entwicklung überflüssig, von neuem nachzuweisen, wie das Verhältnis von Kapital <887> und Lohnarbeit den ganzen Charakter der Produktionsweise bestimmt. Die Hauptagenten dieser Produktionsweise selbst, der Kapitalist und der Lohnarbeiter, sind als solche nur Verkörperungen, Personifizierungen von Kapital und Lohnarbeit; bestimmte gesellschaftliche Charaktere, die der gesellschaftliche Produktionsprozeß den Individuen aufprägt; Produkte dieser bestimmten gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse.

Der Charakter 1. des Produkts als Ware, und 2. der Ware als Produkt des Kapitals, schließt schon die sämtlichen Zirkulationsverhältnisse ein, d.h. einen bestimmten gesellschaftlichen Prozeß, den die Produkte durchmachen müssen und worin sie bestimmte gesellschaftliche Charaktere annehmen; er schließt ein ebenso bestimmte Verhältnisse der Produktionsagenten, von denen die Verwertung ihres Produkts und seine Rückverwandlung, sei es in Lebensmittel, sei es in Produktionsmittel, bestimmt ist. Aber auch abgesehn hiervon, ergibt sich aus den beiden obigen Charakteren des Produkts als Ware, oder Ware als kapitalistisch produzierter Ware, die ganze Wertbestimmung und die Regelung der Gesamtproduktion durch den Wert. In dieser ganz spezifischen Form des Werts gilt die Arbeit einerseits nur als gesellschaftliche Arbeit; andrerseits ist die Verteilung dieser gesellschaftlichen Arbeit und die wechselseitige Ergänzung, der Stoffwechsel ihrer Produkte, die Unterordnung unter und Einschiebung in das gesellschaftliche Triebwerk, dem zufälligen, sich wechselseitig aufhebenden Treiben der einzelnen kapitalistischen Produzenten überlassen. Da diese sich nur als Warenbesitzer gegenübertreten und jeder seine Ware so hoch als möglich zu verkaufen sucht (auch scheinbar in der Regulierung der Produktion selbst nur durch seine Willkür geleitet ist), setzt sich das innere Gesetz nur durch vermittelst ihrer Konkurrenz, ihres wechselseitigen Drucks aufeinander, wodurch sich die Abweichungen gegenseitig aufheben. Nur als inneres Gesetz, den einzelnen Agenten gegenüber als blindes Naturgesetz, wirkt hier das Gesetz des Werts und setzt das gesellschaftliche Gleichgewicht der Produktion inmitten ihrer zufälligen Fluktuationen durch.

Es ist ferner schon in der Ware eingeschlossen, und noch mehr in der Ware als Produkt des Kapitals, die Verdinglichung der gesellschaftlichen Produktionsbestimmungen und die Versubjektivierung der materiellen Grundlagen der Produktion, welche die ganze kapitalistische Produktionsweise charakterisiert.

Das zweite, was die kapitalistische Produktionsweise speziell auszeichnet, ist die Produktion des Mehrwerts als direkter Zweck und bestimmendes Motiv der Produktion. Das Kapital produziert wesentlich Kapital, und es <888> tut dies nur, soweit es Mehrwert produziert. Wir haben bei Betrachtung des relativen Mehrwerts, weiter bei Betrachtung der Verwandlung des Mehrwerts in Profit gesehn, wie sich hierauf eine der kapitalistischen Periode eigentümliche Produktionsweise gründet - eine besondre Form der Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte der Arbeit, aber als dem Arbeiter gegenüber verselbständigter Kräfte des Kapitals, und in direktem Gegensatz daher zu seiner, des Arbeiters, eignen Entwicklung. Die Produktion für den Wert und den Mehrwert schließt, wie sich dies bei der weitern Entwicklung gezeigt hat, die stets wirkende Tendenz ein, die zur Produktion einer Ware nötige Arbeitszeit, d.h. ihren Wert, unter den jedesmal bestehenden gesellschaftlichen Durchschnitt zu reduzieren. Der Drang zur Reduktion des Kostpreises auf sein Minimum wird der stärkste Hebel der Steigerung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit, die aber hier nur als beständige Steigerung der Produktivkraft des Kapitals erscheint.

Die Autorität, die der Kapitalist als Personifikation des Kapitals im unmittelbaren Produktionsprozeß annimmt, die gesellschaftliche Funktion, die er als Leiter und Beherrscher der Produktion bekleidet, ist wesentlich verschieden von der Autorität auf Basis der Produktion mit Sklaven, Leibeignen usw.

Während, auf Basis der kapitalistischen Produktion, der Masse der unmittelbaren Produzenten der gesellschaftliche Charakter ihrer Produktion in der Form streng regelnder Autorität und eines als vollständige Hierarchie gegliederten, gesellschaftlichen Mechanismus des Arbeitsprozesses gegenübertritt - welche Autorität ihren Trägern aber nur als Personifizierung der Arbeitsbedingungen gegenüber der Arbeit, nicht wie in früheren Produktionsformen als politischen oder theokratischen Herrschern zukommt -, herrscht unter den Trägern dieser Autorität, den Kapitalisten selbst, die sich nur als Warenbesitzer gegenübertreten, die vollständigste Anarchie, innerhalb deren der gesellschaftliche Zusammenhang der Produktion sich nur als übermächtiges Naturgesetz der individuellen Willkür gegenüber geltend macht.

Nur weil die Arbeit in der Form der Lohnarbeit und die Produktionsmittel in der Form von Kapital vorausgesetzt sind - also nur infolge dieser spezifischen gesellschaftlichen Gestalt dieser zwei wesentlichen Produktionsagentien -, stellt sich ein Teil des Werts (Produkts) als Mehrwert und dieser Mehrwert als Profit (Rente) dar, als Gewinn des Kapitalisten, als zusätzlicher disponibler, ihm gehöriger Reichtum. Aber nur weil er sich so als sein Profit darstellt, stellen sich die zusätzlichen Produktionsmittel, die zur Erweiterung der Reproduktion bestimmt sind und die einen Teil des <889> Profits bilden, als neues zusätzliches Kapital und die Erweiterung des Reproduktionsprozesses überhaupt als kapitalistischer Akkumulationsprozeß dar.

Obgleich die Form der Arbeit als Lohnarbeit entscheidend für die Gestalt des ganzen Prozesses und für die spezifische Weise der Produktion selbst, ist nicht die Lohnarbeit wertbestimmend. In der Wertbestimmung handelt es sich um die gesellschaftliche Arbeitszeit überhaupt, das Quantum Arbeit, worüber die Gesellschaft überhaupt zu verfügen hat und dessen relative Absorption durch die verschiednen Produkte gewissermaßen deren respektives gesellschaftliches Gewicht bestimmt. Die bestimmte Form, worin sich die gesellschaftliche Arbeitszeit im Wert der Waren als bestimmend durchsetzt, hängt allerdings mit der Form der Arbeit als Lohnarbeit und der entsprechenden Form der Produktionsmittel als Kapital insofern zusammen, als nur auf dieser Basis die Warenproduktion zur allgemeinen Form der Produktion wird.

Betrachten wir übrigens die sogenannten Verteilungsverhältnisse selbst. Der Arbeitslohn unterstellt die Lohnarbeit, der Profit das Kapital. Diese bestimmten Verteilungsformen unterstellen also bestimmte gesellschaftliche Charaktere der Produktionsbedingungen und bestimmte gesellschaftliche Verhältnisse der Produktionsagenten. Das bestimmte Verteilungsverhältnis ist also nur Ausdruck des geschichtlich bestimmten Produktionsverhältnisses.

Und nun nehme man den Profit. Diese bestimmte Form des Mehrwerts ist die Voraussetzung dafür, daß die Neubildung der Produktionsmittel in der Form der kapitalistischen Produktion vorgeht; also ein die Reproduktion beherrschendes Verhältnis, obgleich es dem einzelnen Kapitalisten scheint, er könne eigentlich den ganzen Profit als Revenue aufessen. Indessen findet er dabei Schranken, die ihm schon in der Form von Assekuranz- und Reservefonds, Gesetz der Konkurrenz usw. entgegentreten und ihm praktisch beweisen, daß der Profit keine bloße Verteilungskategorie des individuell konsumierbaren Produkts ist. Der ganze kapitalistische Produktionsprozeß ist ferner reguliert durch die Preise der Produkte. Aber die regulierenden Produktionspreise sind selbst wieder reguliert durch die Ausgleichung der Profitrate und die ihr entsprechende Verteilung des Kapitals in die verschiednen gesellschaftlichen Produktionssphären. Der Profit erscheint hier also als Hauptfaktor, nicht der Verteilung der Produkte, sondern ihrer Produktion selbst, Teil der Verteilung der Kapitale und der Arbeit selbst in die verschiednen Produktionssphären. Die Spaltung des Profits in Unternehmergewinn und Zins erscheint als Verteilung derselben <890> Revenue. Aber sie entspringt zunächst aus der Entwicklung des Kapitals als sich selbst verwertenden, Mehrwert erzeugenden Werts, dieser bestimmten gesellschaftlichen Gestalt des herrschenden Produktionsprozesses. Sie entwickelt aus sich heraus den Kredit und die Kreditinstitutionen und damit die Gestalt der Produktion. Im Zins usw. gehn die angeblichen Verteilungsformen als bestimmende Produktionsmomente in den Preis ein.

Von der Grundrente könnte es scheinen, daß sie bloße Verteilungsform ist, weil das Grundeigentum als solches keine oder wenigstens keine normale Funktion im Produktionsprozeß selbst versieht. Aber der Umstand, daß 1. die Rente beschränkt wird auf den Überschuß über den Durchschnittsprofit, 2. daß der Grundeigentümer vom Lenker und Beherrscher des Produktionsprozesses und des ganzen gesellschaftlichen Lebensprozesses herabgedrückt wird zum bloßen Verpachter von Boden, Wucherer in Boden und bloßen Einkassierer von Rente, ist ein spezifisches historisches Ergebnis der kapitalistischen Produktionsweise. Daß die Erde die Form von Grundeigentum erhalten hat, ist eine historische Voraussetzung derselben. Daß das Grundeigentum Formen erhält, welche die kapitalistische Betriebsweise der Landwirtschaft zulassen, ist ein Produkt des spezifischen Charakters dieser Produktionsweise. Man mag die Einnahme des Grundeigentümers auch in andren Gesellschaftsformen Rente nennen. Aber sie ist wesentlich unterschieden von der Rente, wie sie in dieser Produktionsweise erscheint.

Die sogenannten Verteilungsverhältnisse entsprechen also und entspringen aus historisch bestimmten, spezifisch gesellschaftlichen Formen des Produktionsprozesses und der Verhältnisse, welche die Menschen im Reproduktionsprozeß ihres menschlichen Lebens untereinander eingehn. Der historische Charakter dieser Verteilungsverhältnisse ist der historische Charakter der Produktionsverhältnisse, wovon sie nur eine Seite ausdrücken. Die kapitalistische Verteilung ist verschieden von den Verteilungsformen, die aus andren Produktionsweisen entspringen, und jede Verteilungsform verschwindet mit der bestimmten Form der Produktion, der sie entstammt und entspricht.

Die Ansicht, die nur die Verteilungsverhältnisse als historisch betrachtet, aber nicht die Produktionsverhältnisse, ist einerseits nur die Ansicht der beginnenden, aber noch befangnen Kritik der bürgerlichen Ökonomie. Andrerseits aber beruht sie auf einer Verwechslung und Identifizierung des gesellschaftlichen Produktionsprozesses mit dem einfachen Arbeitsprozeß, wie ihn auch ein abnorm isolierter Mensch ohne alle gesellschaftliche Beihilfe verrichten müßte. Soweit der Arbeitsprozeß nur ein bloßer Prozeß <891> zwischen Mensch und Natur ist, bleiben seine einfachen Elemente allen gesellschaftlichen Entwicklungsformen desselben gemein. Aber jede bestimmte historische Form dieses Prozesses entwickelt weiter die materiellen Grundlagen und gesellschaftlichen Formen desselben. Auf einer gewissen Stufe der Reife angelangt, wird die bestimmte historische Form abgestreift und macht einer höhern Platz. Daß der Moment einer solchen Krise gekommen, zeigt sich, sobald der Widerspruch und Gegensatz zwischen den Verteilungsverhältnissen, daher auch der bestimmten historischen Gestalt der ihnen entsprechenden Produktionsverhältnisse einerseits und den Produktivkräften, der Produktionsfähigkeit und der Entwicklung ihrer Agentien andrerseits, Breite und Tiefe gewinnt. Es tritt dann ein Konflikt zwischen der materiellen Entwicklung der Produktion und ihrer gesellschaftlichen Form ein.(57)


Fußnoten

(56a) J. Stuart Mill, "Some Unsettled Questions of Pol. Econ.", London 1844. <=

(57) Sieh die Schrift über Competition and Co-operation (1832?). <=