18. Kapitel. Der Umschlag des Kaufmannskapital. Die Preise | Inhalt | 20. Kapitel. Geschichtliches über das Kaufmannskapital

Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 25, "Das Kapital", Bd. III, Vierter Abschnitt, S. 327 - 334
Dietz Verlag, Berlin/DDR 1983

NEUNZEHNTES KAPITEL
Das Geldhandlungskapital

<327> Die rein technischen Bewegungen, die das Geld durchmacht im Zirkulationsprozeß des industriellen Kapitals und, wie wir jetzt hinzusetzen können, des Warenhandlungskapitals (da dies einen Teil der Zirkulationsbewegung des industriellen Kapitals als seine eigne und eigentümliche Bewegung übernimmt) - diese Bewegungen, verselbständigt zur Funktion eines besondren Kapitals, das sie, und nur sie, als ihm eigentümliche Operationen ausübt, verwandeln dies Kapital in Geldhandlungskapital. Ein Teil des industriellen Kapitals, und näher auch des Warenhandlungskapitals, bestände nicht nur fortwährend in Geldform, als Geldkapital überhaupt, sondern als Geldkapital, das in diesen technischen Funktionen begriffen ist. Von dem Gesamtkapital sondert sich nun ab und verselbständigt sich ein bestimmter Teil in Form von Geldkapital, dessen kapitalistische Funktion ausschließlich darin besteht, für die gesamte Klasse der industriellen und kommerziellen Kapitalisten diese Operationen auszuführen. Wie beim Warenhandlungskapital trennt sich ein Teil des im Zirkulationsprozeß in der Gestalt von Geldkapital vorhandnen industriellen Kapitals ab und verrichtet diese Operationen des Reproduktionsprozesses für das gesamte übrige Kapital. Die Bewegungen dieses Geldkapitals sind also wiederum nur Bewegungen eines verselbständigten Teils des in seinem Reproduktionsprozeß begriffnen industriellen Kapitals.

Nur wenn, und insoweit, Kapital neu angelegt wird - was auch der Fall bei der Akkumulation -, erscheint Kapital in Geldform als Ausgangspunkt und Endpunkt der Bewegung. Aber für jedes einmal in seinem Prozeß befindliche Kapital erscheint Ausgangspunkt wie Endpunkt nur als Durchgangspunkt. Soweit das industrielle Kapital, vom Austritt aus der Produktionssphäre bis zum Wiedereintritt in dieselbe, die Metamorphose W´ - G - W durchzumachen hat, ist, wie sich schon bei der einfachen Warenzirkulation zeigte, G in der Tat nur das Endresultat der einen Phase <328> der Metamorphose, um der Ausgangspunkt der entgegengesetzten, sie ergänzenden zu sein. Und obgleich für das Handelskapital das W - G des industriellen Kapitals stets als G - W - G sich darstellt, so ist doch auch für es, sobald es einmal engagiert ist, der wirkliche Prozeß fortwährend W - G - W. Das Handelskapital macht aber gleichzeitig die Akte W - G und G - W durch. D.h., nicht nur ein Kapital befindet sich im Stadium W - G, während das andre sich im Stadium G - W befindet, sondern dasselbe Kapital kauft beständig und verkauft beständig gleichzeitig wegen der Kontinuität des Produktionsprozesses; es befindet sich fortwährend gleichzeitig in beiden Stadien. Während ein Teil desselben sich in Geld verwandelt, um sich später in Ware rückzuverwandeln, verwandelt der andre sich gleichzeitig in Ware, um sich in Geld rückzuverwandeln.

Ob das Geld hier als Zirkulationsmittel oder als Zahlungsmittel fungiert, hängt von der Form des Warenaustausches ab. In beiden Fällen hat der Kapitalist beständig an viele Personen Geld auszuzahlen und beständig von vielen Personen Geld in Zahlung zu empfangen. Diese bloß technische Operation des Geldzahlens und des Geldeinkassierens bildet Arbeit für sich, die, soweit das Geld als Zahlungsmittel fungiert, Bilanzberechnungen, Akte der Ausgleichung nötig macht. Diese Arbeit ist eine Zirkulationskost, keine wertschaffende Arbeit. Sie wird dadurch abgekürzt, daß sie von einer besondren Abteilung von Agenten oder Kapitalisten für die ganze übrige Kapitalistenklasse ausgeführt wird.

Ein bestimmter Teil des Kapitals muß beständig als Schatz, potentielles Geldkapital, vorhanden sein: Reserve von Kaufmitteln, Reserve von Zahlungsmitteln, unbeschäftigtes, in Geldform seiner Anwendung harrendes Kapital; und ein Teil des Kapitals strömt beständig in dieser Form zurück. Dies macht, außer Einkassieren, Zahlen und Buchhalten, Aufbewahrung des Schatzes nötig, was wieder eine besondre Operation ist. Es ist also in der Tat die beständige Auflösung des Schatzes in Zirkulationsmittel und Zahlungsmittel und seine Rückbildung aus im Verkauf erhaltnem Geld und fällig gewordner Zahlung; diese beständige Bewegung des als Geld existierenden Teils des Kapitals, getrennt von der Kapitalfunktion selbst, diese rein technische Operation ist es, die besondre Arbeit und Kosten verursacht - Zirkulationskosten.

Die Teilung der Arbeit bringt es mit sich, daß diese technischen Operationen, die durch die Funktionen des Kapitals bedingt sind, soweit möglich für die ganze Kapitalistenklasse von einer Abteilung von Agenten oder Kapitalisten als ausschließliche Funktionen verrichtet werden oder sich in ihren Händen konzentrieren. Es ist hier, wie beim Kaufmannskapital, <329> Teilung der Arbeit in doppeltem Sinn. Es wird besondres Geschäft, und weil es als besondres Geschäft für den Geldmechanismus der ganzen Klasse verrichtet wird, wird es konzentriert, auf großer Stufenleiter ausgeübt; und nun findet wieder Teilung der Arbeit innerhalb dieses besondern Geschäfts statt, sowohl durch Spaltung in verschiedne voneinander unabhängige Zweige, wie durch Ausbildung der Werkstatt innerhalb dieser Zweige (große Büros, zahlreiche Buchhalter und Kassierer, weitgetriebne Arbeitsteilung). Auszahlung des Geldes, Einkassierung, Ausgleichung der Bilanzen, Führung laufender Rechnungen, Aufbewahren des Geldes etc., getrennt von den Akten, wodurch diese technischen Operationen nötig werden, machen das in diesen Funktionen vorgeschoßne Kapital zum Geldhandlungskapital.

Die verschiednen Operationen, aus deren Verselbständigung zu besondren Geschäften der Geldhandel entspringt, ergeben sich aus den verschiednen Bestimmtheiten des Geldes selbst und aus seinen Funktionen, die also auch das Kapital in der Form von Geldkapital durchzumachen hat.

Ich habe früher darauf hingewiesen, wie das Geldwesen überhaupt sich ursprünglich entwickelt im Produktenaustausch zwischen verschiednen Gemeinwesen.(42)

Es entwickelt sich der Geldhandel, der Handel mit der Geldware, daher zunächst aus dem internationalen Verkehr. Sobald verschiedne Landesmünzen existieren, haben die Kaufleute, die in fremden Ländern einkaufen, ihre Landesmünze in die Lokalmünze umzusetzen und umgekehrt oder auch verschiedne Münzen gegen ungemünztes reines Silber oder Gold als Weltgeld. Daher das Wechselgeschäft, das als eine der naturwüchsigen Grundlagen des modernen Geldhandels zu betrachten ist.(43) Es <330> entwickelten sich daraus Wechselbanken, wo Silber (oder Gold) als Weltgeld - jetzt als Bankgeld oder Handelsgeld - im Unterschied zur Kurantmünze fungieren. Das Wechselgeschäft, soweit es bloße Anweisung für Zahlung an Reisende von dem Wechsler eines Landes an andre, hat sich schon in Rom und Griechenland aus dem eigentlichen Wechslergeschäft entwickelt.

Der Handel mit Gold und Silber als Waren (Rohstoffen zur Bereitung für Luxusartikel) bildet die naturwüchsige Basis des Barrenhandels (Bullion trade) oder des Handels, der die Funktionen des Geldes als Weltgeldes vermittelt. Diese Funktionen, wie früher erklärt (Buch I, Kap. III, 3, c), sind doppelt: Hin- und Herlaufen zwischen den verschiednen nationalen Zirkulationssphären zur Ausgleichung der internationalen Zahlungen und bei Wanderungen des Kapitals zum Verzinsen; daneben Bewegung, von den Produktionsquellen der Edelmetalle aus, über den Weltmarkt und Verteilung der Zufuhr unter die verschiednen nationalen Zirkulationssphären. In England fungierten noch während des größten Teils des 17. Jahrhunderts die Goldschmiede als Bankiers. Wie sich weiter die Ausgleichung der internationalen Zahlungen im Wechselhandel etc. entwickelt, lassen wir hier ganz außer acht, wie alles, was sich auf Geschäfte in Wertpapieren bezieht, kurz alle besondren Formen des Kreditwesens, das uns hier noch nichts angeht.

Als Weltgeld streift das Landesgeld seinen lokalen Charakter ab; ein Landesgeld wird im andern ausgedrückt und so alle reduziert auf ihren <331> Gehalt in Gold oder Silber, während diese letztren zugleich, als die beiden Waren, die als Weltgeld zirkulieren, auf ihr gegenseitiges Wertverhältnis zu reduzieren sind, das beständig wechselt. Diese Vermittlung macht der Geldhändler zu seinem besondren Geschäft. Wechslergeschäft und Barrenhandel sind so die ursprünglichsten Formen des Geldhandels und entspringen aus den doppelten Funktionen des Geldes: als Landesmünze und als Weltgeld.

Aus dem kapitalistischen Produktionsprozeß, wie aus dem Handel überhaupt, selbst bei vorkapitalistischer Produktionsweise, ergibt sich:

Erstens, die Ansammlung des Geldes als Schatz, d.h. jetzt des Teils des Kapitals, der stets in Geldform vorhanden sein muß, als Reservefonds von Zahlungs- und Kaufmitteln. Dies ist die erste Form des Schatzes, wie er in der kapitalistischen Produktionsweise wiedererscheint und sich überhaupt bei Entwicklung des Handelskapitals wenigstens für dieses bildet. Beides gilt sowohl für die inländische wie die internationale Zirkulation. Dieser Schatz ist beständig fließend, ergießt sich beständig in die Zirkulation und kehrt beständig aus ihr zurück. Die zweite Form des Schatzes ist nun die von brachliegendem, augenblicklich unbeschäftigtem Kapital in Geldform, wozu auch neu akkumuliertes, noch nicht angelegtes Geldkapital gehört. Die Funktionen, die diese Schatzbildung als solche nötig macht, sind zunächst seine Aufbewahrung, Buchführung etc.

Zweitens aber ist damit verbunden Ausgeben des Geldes beim Kaufen, Einnehmen beim Verkaufen, Zahlen und Empfangen von Zahlungen, Ausgleichung der Zahlungen etc. Alles dies verrichtet der Geldhändler zunächst als einfacher Kassierer für die Kaufleute und industriellen Kapitalisten.(44)

<332> Vollständig entwickelt ist der Geldhandel, und dies immer auch schon in seinen ersten Anfängen, sobald mit seinen sonstigen Funktionen die des Leihens und Borgens und der Handel in Kredit sich verbindet. Darüber im folgenden Abschnitt, beim zinstragenden Kapital.

Der Barrenhandel selbst, das Überführen von Gold oder Silber aus einem Land in das andre, ist nur das Resultat des Warenhandels, bestimmt durch den Wechselkurs, der den Stand der internationalen Zahlungen und des Zinsfußes auf verschiednen Märkten ausdrückt. Der Barrenhändler als solcher vermittelt nur Resultate.

Bei Betrachtung des Geldes, wie sich seine Bewegungen und Formbestimmheiten aus der einfachen Warenzirkulation entwickeln, hat man gesehn (Buch I, Kap. III), wie die Bewegung der Masse des als Kaufmittel und Zahlungsmittel zirkulierenden Geldes bestimmt ist durch die Warenmetamorphose, durch Umfang und Geschwindigkeit derselben, die, wie wir jetzt wissen, selbst nur ein Moment des gesamten Reproduktionsprozesses ist. Was die Beschaffung des Geldmaterials - Gold und Silber - von seinen Produktionsquellen angeht, so löst sie sich auf in unmittelbaren Warenaustausch, in Austausch von Gold und Silber als Ware gegen andre Ware, ist also selbst ebensosehr ein Moment des Warenaustausches wie die Beschaffung von Eisen oder andren Metallen. Was aber die Bewegung der edlen Metalle auf dem Weltmarkt angeht (wir sehn hier ab von dieser Bewegung, soweit sie leihweise Kapitalübertragung ausdrückt, eine Übertragung, die auch in der Form von Warenkapital vorgeht), so ist sie ganz so bestimmt durch den internationalen Warenaustausch, wie die Bewegung <333> des Geldes als inländisches Kauf- und Zahlungsmittel durch den inländischen Warenaustausch. Die Aus- und Einwanderungen der edlen Metalle aus einer nationalen Zirkulationssphäre in die andre, soweit sie nur verursacht sind durch Entwertung von Landesmünze oder durch Doppelwährung, sind der Geldzirkulation als solcher fremd und bloße Korrektion willkürlich, von Staats wegen hervorgebrachter Abirrungen. Was endlich die Bildung von Schätzen angeht, soweit sie Reservefonds von Kauf- oder Zahlungsmitteln, sei es für innern oder auswärtigen Handel, darstellt, und ebenfalls soweit sie bloße Form von einstweilen brachliegendem Kapital ist, so ist sie beidemal nur ein notwendiger Niederschlag des Zirkulationsprozesses.

Wie die ganze Geldzirkulation in ihrem Umfang, ihren Formen und ihren Bewegungen bloßes Resultat der Warenzirkulation ist, die vom kapitalistischen Standpunkt aus selbst nur den Zirkulationsprozeß des Kapitals darstellt (und darin ist einbegriffen der Austausch von Kapital gegen Revenue und von Revenue gegen Revenue, soweit die Verausgabung von Revenue sich im Kleinhandel realisiert), so versteht es sich ganz von selbst, daß der Geldhandel nicht nur das bloße Resultat und die Erscheinungsweise der Warenzirkulation, die Geldzirkulation, vermittelt. Diese Geldzirkulation selbst, als ein Moment der Warenzirkulation, ist für ihn gegeben. Was er vermittelt, sind ihre technischen Operationen, die er konzentriert, abkürzt und vereinfacht. Der Geldhandel bildet nicht die Schätze, sondern liefert die technischen Mittel, um diese Schatzbildung, soweit sie freiwillig ist (also nicht Ausdruck von unbeschäftigtem Kapital oder von Störung des Reproduktionsprozesses), auf ihr ökonomisches Minimum zu reduzieren, indem die Reservefonds für Kauf- und Zahlungsmittel, wenn für die ganze Kapitalistenklasse verwaltet, nicht so groß zu sein brauchen, als wenn von jedem Kapitalisten besonders. Der Geldhandel kauft nicht die edlen Metalle, sondern vermittelt nur ihre Verteilung, sobald der Warenhandel sie gekauft hat. Der Geldhandel erleichtert die Ausgleichung der Bilanzen, soweit das Geld als Zahlungsmittel fungiert, und vermindert durch den künstlichen Mechanismus dieser Ausgleichungen die dazu erheischte Geldmasse; aber er bestimmt weder den Zusammenhang noch den Umfang der wechselseitigen Zahlungen. Die Wechsel und Schecks z.B., die in Banken und Clearing houses gegeneinander ausgetauscht werden, stellen ganz unabhängige Geschäfte dar, sind Resultate von gegebnen Operationen, und es handelt sich nur um beßre technische Ausgleichung dieser Resultate. Soweit das Geld als Kaufmittel zirkuliert, sind Umfang und Anzahl der Käufe und Verkäufe durchaus unabhängig vom Geldhandel. <334> Er kann nur die technischen Operationen, die sie begleiten, verkürzen, und dadurch die Masse des zu ihrem Umschlag nötigen baren Geldes vermindern.

Der Geldhandel in der reinen Form, worin wir ihn hier betrachten d.h. getrennt vom Kreditwesen, hat es also nur zu tun mit der Technik einer Moments der Warenzirkulation, nämlich der Geldzirkulation und den daraus entspringenden verschiednen Funktionen des Geldes.

Dies unterscheidet den Geldhandel wesentlich vom Warenhandel, der die Metamorphose der Ware und den Warenaustausch vermittelt oder selbst diesen Prozeß des Warenkapitals als Prozeß eines vom industriellen Kapital gesonderten Kapitals erscheinen läßt. Wenn daher das Warenhandlungskapital eine eigne Form der Zirkulation zeigt, G - W - G, wo die Ware zweimal die Stelle wechselt und dadurch das Geld zurückfließt, im Gegensatz zu W - G - W, wo das Geld zweimal die Hände wechselt und dadurch den Warenaustausch vermittelt, so kann keine solche besondre Form für das Geldhandlungskapital nachgewiesen werden.

Soweit Geldkapital in dieser technischen Vermittlung der Geldzirkulation von einer besondren Abteilung Kapitalisten vorgeschossen wird - ein Kapital, das auf verjüngtem Maßstab das Zusatzkapital vorstellt, das sich die Kaufleute und industriellen Kapitalisten sonst selbst zu diesen Zwecken vorschießen müßten -, ist die allgemeine Form des Kapitals G - G´ auch hier vorhanden. Durch Vorschuß von G wird G + DeltaG für den Vorschießer erzeugt. Aber die Vermittlung von G - G´ bezieht sich hier nicht auf die sachlichen, sondern nur auf die technischen Momente der Metamorphose.

Es ist augenscheinlich, daß die Masse des Geldkapitals, womit die Geldhändler zu tun haben, das in Zirkulation befindliche Geldkapital der Kaufleute und Industriellen ist und daß die Operationen, die sie vollziehn, nur die Operationen jener sind, die sie vermitteln.

Es ist ebenso klar, daß ihr Profit nur ein Abzug vom Mehrwert ist, da sie nur mit schon realisierten Werten (selbst wenn nur in Form von Schuldforderungen realisiert) zu tun haben.

Wie bei dem Warenhandel findet hier Verdopplung der Funktion statt. Denn ein Teil der mit der Geldzirkulation verbundnen technischen Operationen muß von den Warenhändlern und Warenproduzenten selbst verrichtet werden.


Fußnoten

(42) "Zur Kritik der Pol. Oekon.", S. 27. <Siehe Band 13, S. 21> <=

(43) "Schon aus der großen Verschiedenheit der Münzen in Ansehung sowohl des Schrots und Korns, als des Gepräges der vielen münzberechtigten Fürsten und Städte, entsprang die Notwendigkeit in Handelsgeschäften, wo Ausgleichung vermittelst einer Münze nötig war, sich überall der örtlichen zu bedienen. Zum Behuf von Barzahlungen versahen sich die Kaufleute, wenn sie einen fremden Markt bereisten, mit ungemünztem reinem Silber, wohl auch mit Gold. Ebenso vertauschten sie bei Antretung der Rückreise die eingenommene Ortsmünze in ungemünztes Silber oder Gold. Wechselgeschäfte, Umsatz ungemünzter edler Metalle gegen örtliche Münze und umgekehrt, wurden daher ein sehr verbreitetes einträgliches Geschäft." (Hüllmann, "Städtewesen des Mittelalters", Bonn 1826-1829, I, p .437, 438.)- "Die Wechselbank hat ihren Namen nicht ... von dem Wechsel, Wechselbrief, sondern vom Wechseln der Geldsorten. Lange vor der Gründung der Amsterdamer Wechselbank im Jahre 1609 hatte man in den niederländischen Handelsstädten schon Wechsler und Wechselhäuser, selbst Wechselbanken ... Das Geschäft dieser Wechsler bestand darin, daß sie die zahlreichen verschiedenen Münzsorten, die durch fremde Händler ins Land gebracht wurden, gegen gesetzlich gangbare Münzen einwechselten. Allmählich erweiterte sich ihr Wirkungskreis ... Sie wurden die Kassierer und Bankiers ihrer Zeit. Aber in der Vereinigung der Kassierertätigkeit mit dem Wechselgeschäft sah die Amsterdamer Regierung eine Gefahr, und um dieser Gefahr zu begegnen, beschloß man die Gründung einer großen Anstalt, die sowohl das Wechseln wie das Kassieren mit öffentlicher Vollmacht besorgen sollte. Diese Anstalt war die berühmte Amsterdamer Wechselbank von 1609. Ebenso hatten die Wechselbanken von Venedig, Genua, Stockholm, Hamburg ihre Entstehung der fortwährenden Notwendigkeit des Umwechselns von Geldsorten zu verdanken. Von diesen allen ist die Hamburger die einzige, die noch heute besteht, weil das Bedürfnis nach solch einer Einrichtung in dieser Handelsstadt, die kein eigenes Münzsystem hat, sich noch immer fühlbar macht etc." (S. Vissering, "Handboek van Praktische Staathuishoudkunde", Amsterdam 1860, I, p. 247, 248.) <=

(44) "Die Einrichtung der Kassierer hat vielleicht nirgends ihren ursprünglichen, selbständigen Charakter so rein bewahrt wie in den niederländischen Kaufstädten (s. über den Ursprung der Kassiererei in Amsterdam E. Luzac, "Hollands Rijkdom", deel III). Ihre Funktionen stimmen zum Teil überein mit denen der alten Amsterdamer Wechselbank. Der Kassierer empfängt von den Kaufleuten, die seine Dienste anwenden, einen gewissen Betrag in Geld, wofür er ihnen ein 'credit' in seinen Büchern eröffnet; ferner senden sie ihm ihre Schuldforderungen, die er für sie einzieht und sie dafür kreditiert; dagegen macht er gegen ihre Anweisungen (kassiers briefies) Zahlungen und belastet ihre laufende Rechnung mit deren Beträgen. Für diese Eingänge und Auszahlungen berechnet er dann eine geringe Provision, die nur durch die Bedeutung der Umsätze, zu denen er es zwischen beiden bringt, einen entsprechenden Lohn für seine Arbeit abwirft. Wenn Zahlungen auszugleichen sind zwischen zwei Kaufleuten, die beide mit demselben Kassierer arbeiten, so erledigen sich solche Zahlungen sehr einfach durch gegenseitige Buchung, während die Kassierer ihnen von Tag zu Tag ihre gegenseitigen Forderungen ausgleichen. In dieser Vermittlung von Zahlungen besteht also das eigentliche Kassierergeschäft; es schließt also industrielle Unternehmungen, Spekulationen und die Eröffnung von Blankokrediten aus; denn die Regel muß hier sein, daß der Kassierer für denjenigen, dem er eine Rechnung in seinen Büchern eröffnet hat, keine Zahlung über sein Guthaben hinaus leistet." (Vissering, l.c.p. 243, 244.) - Über die Kassenvereine zu Venedig: "Durch das Bedürfnis und durch die Örtlichkeit von Venedig, wo das Herumtragen von Barschaften lästiger als an andren Orten, führten die Großhändler dieser Stadt Kassenvereine ein unter gehöriger Sicherheit, Aufsicht und Verwaltung, legten die Mitglieder eines solchen Vereins gewisse Summen nieder, auf die sie ihren Gläubigern Anweisungen ausstellten, worauf dann die gezahlte Summe auf dem Blatt des Schuldners in dem darüber geführten Buche abgeschrieben und der Summe, welche der Gläubiger darin zugut hatte, zugesetzt wurde. Die ersten Anfänge der sog. Girobanken. Alt sind diese Vereine. Aber wenn man sie ins 12. Jahrhundert verlegt, so verwechselt man Sie mit der 1171 eingerichteten Staatsanleih-Anstalt." (Hüllmann, l.c.p. 453, 454.) <=