Belagerungsgelüste | Inhalt | [Frage an die Arbeiter]
Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 6, S. 473-474
Dietz Verlag, Berlin/DDR 1959
[Die preußische Armee und die revolutionäre Volkserhebung]
["Neue Rheinische Zeitung" Nr. 292 vom 8. Mai 1849, Außerordentliche Beilage]
<473> *Köln, 7. Mai. Die gärenden Elemente in Deutschland sondern sich täglich mehr; die Dinge erhalten festere Umrisse.
Während das eine Zentrum der deutschen Kontrerevolution, Östreich, von den Ungarn mehr als beschäftigt wird, sendet das andere, Preußen, seine bewaffneten Horden in allen Richtungen gegen die revolutionäre Volkserhebung.
In Dresden, der langmütigen Kunst- und Luxusstadt Dresden, greift das Volk zu den Waffen und antwortet mit Barrikaden und Flintenschüssen auf die hochverräterischen Proklamationen der königlichen Regierung. Das Militär tritt zum größten Teil über auf die Seite des Volks; der Kampf ist so gut wie entschieden; da kommen preußische Bataillone und stellen sich auf die Seite des Königlichen Verräters, gegen das Volk.
In der Pfalz tritt das Volk ebenfalls unter die Waffen gegen die täglich frechere bayrische Kontrerevolution; auch hier stehen preußische Bataillone bereit, um zum geeigneten Moment einzubrechen und mit der Frankfurter Versammlung auch den pfälzischen Aufstand auseinanderzusprengen.
Wohin wir uns im nördlichen und südwestlichen Deutschland wenden, überall stehen preußische Bataillone bereit, die Kontrerevolution mit bewaffneter Hand durchzusetzen.
Und damit es weder im eigenen Lande noch in den benachbarten Staaten an preußischen Bataillonen fehle, wird nach unsrer herrlichen Wehrverfassung überall die Landwehr ausgehoben.
So ist die östreichische Armee dort, die preußische hier das Zentrum der Kontrerevolution. Der Kontrerevolution tritt täglich schärfer, täglich allgemeiner die neue Revolution entgegen.
<474> Noch steht die Dresdener provisorische Regierung und zieht aus dem ganzen Lande die Kräfte des Volks zusammen.
Noch steht der Pfälzer Landesverteidigungs-Ausschuß, und jeder Tag sammelt die Pfälzer mehr und mehr um die Fahne der Revolution.
Die Landwehr in Rheinpreußen endlich weigert sich zu marschieren. Selbst in Elberfeld, im schwarz-weißen Wuppertal, weigert sie sich, weiter als bis zu ihrem Sammelplatz zu ziehen.
Und endlich in Östreich ist die Hauptsache, die magyarische Revolution in unaufhaltsamen Vordringen begriffen. Die Wiener Post ist ausgeblieben - vielleicht weil die Magyaren die mährische Eisenbahn aufgerissen. Daß sie in Mähren eingebrochen, steht fest. Man schreibt uns aus Ratibor, daß schon vor 8 Tagen in Golkowitz an der östreichischen Grenze, und am 3. Mai in Loslau, ebenfalls in Preuß[isch]-Oberschlesien, der Kanonendonner ganzer Batterien gehört wurde. Die Gefechte mußten jedenfalls diesseits des Jablunka stattfinden.
Der Sieg der Ungarn ist übrigens sicherer als je. Es steht fest, daß die Russen nicht kommen. Noch ein paar Tage also und die Ungarn sind in Wien, die magyarische Revolution ist beendigt und die zweite deutsche in großartigster Weise eröffnet.
Geschrieben von Friedrich Engels.