Das Amendement Stupp | Inhalt | Sturz des Ministeriums Camphausen
Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 5, S. 94-95["Neue Rheinische Zeitung" Nr. 21 vom 21. Juni 1848]
<94> **Köln, 20. Juni. Wieder eine neue Wendung in der posenschen Angelegenheit! Nach der Phase erhabner Versprechungen und begeisternder Proklamationen, nach der Phase Willisen kam die Phase Pfuel mit Schrapnells, Brandmarkung und rasierten Köpfen, die Phase des Blutbads und russischer Barbarei. Nach der Phase Pfuel kommt jetzt eine neue Phase der Versöhnung!
Der Major Olberg, Chef des Generalstabs in Posen und Hauptbeteiligter an den Metzeleien und Brandmarkungen, wird plötzlich unfreiwillig versetzt. Der General Colomb wird von Posen nach Königsberg, ebenfalls unfreiwillig, versetzt. Der General Pfuel (von Höllenstein) wird nach Berlin berufen und der Oberpräsident Beurmann ist dort bereits angekommen.
So ist Posen ganz verlassen von den Rittern, die den Höllenstein im Wappen führten und das Schermesser schwangen, von den Tapfern, die aus sicherm Hinterhalt die wehrlosen Sensenmänner auf 1.000 und 1.200 Schritt mit Schrapnells niederschossen. Die deutsch-jüdischen Polenfresser zittern; wie früher die Polen, so sehen jetzt sie sich verraten von der Regierung.
Dem Ministerium Camphausen ist plötzlich ein Licht aufgegangen. Die Gefahr der russischen Invasion zeigt ihm jetzt, welchen enormen Fehler es gemacht hat, indem es die Polen der Wut der Bürokratie und der pommerschen Landwehr überantwortete. Jetzt möchte es um jeden Preis die Sympathien der Polen wiedergewinnen, jetzt, wo es zu spät ist!
Also der ganze blutige Vernichtungskrieg gegen die Polen mit allen Grausamkeiten und Barbareien, die als ewige Schmach am deutschen Namen haften werden, der gerechte tödliche Haß der Polen gegen uns, die jetzt notwendige russisch-polnische Allianz gegen Deutschland, eine Allianz, wodurch die Feinde der Revolution um ein tapfres Volk von 20 Millionen verstärkt werden - alles das ist bloß geschehen und zustande gekommen, damit Herr <95> Camphausen schließlich Gelegenheit erhalte, sein pater peccavi <Vater, ich habe gesündigt> zu stammeln?
Glaubt Herr Camphausen etwa, er könne jetzt, wo er der Polen bedarf, durch sanfte Redensarten und Konzessionen ihre im Blut erstickten Sympathien wiedererwerben? Glaubt er, die gebrandmarkten Hände würden sich je für ihn schlagen, die geschornen Stirnen sich für ihn den russischen Säbeln aussetzen? Glaubt er wirklich, den Rest, den die preußischen Schrapnells übriggelassen, jemals gegen die russischen Kartätschen führen zu können?
Und glaubt Herr Camphausen, er könne noch an der Regierung bleiben, nachdem er seine Unfähigkeit selbst so unzweideutig eingestanden hat?
Geschrieben von Friedrich Engels.