Die Berliner Debatte über die Revolution | Inhalt | Die Vereinbarungsversammlung vom 15. Juni
Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 5, S. 78["Neue Rheinische Zeitung" Nr. 18 vom 18. Juni 1848]
<78> **Köln, 16. Juni. Wir haben hier vor einigen Tagen eine Nachwahl gehabt, die aufs schlagendste beweist, wie sehr seit der allgemeinen Wahl die Stellung der Parteien sich verändert hat.
Herr Polizeidirektor Müller, Stellvertreter für Frankfurt, war in Gummersbach zum Abgeordneten nach Berlin gewählt worden.
Drei Kandidaten waren in der Wahl. Die katholische Partei hatte Herrn Pellmann, die konstitutionelle (der Bürgerverein]) Herrn Advokatsanwalt Fay, die demokratische Herrn Advokat Schneider II, Präsidenten der (Stollwerkschen) Demokratischen Gesellschaft, in Vorschlag gebracht.
Bei der ersten Abstimmung (140 stimmende Wahlmänner) hatte Herr Fay 29, Herr Pellmann 34, Herr Schneider 52 Stimmen. Die übrigen Stimmen waren zersplittert.
Bei der zweiten Abstimmung (139 Stimmen) hatte Herr Fay 14, Herr Pellmann 59, Herr Schneider 64 Stimmen. Die demokratische Partei war also noch in einer stets wachsenden Majorität.
Bei der dritten Abstimmung (138 Stimmen) endlich hatte Herr Fay keine Stimme mehr. Herr Schneider hatte 55, Herr Pellmann 75 Stimmen. Die Herren vom Bürgerverein hatten also aus Furcht vor den Stollwerkern ihre Stimmen dem katholischen Kandidaten gegeben.
Diese Abstimmungen beweisen, wie sehr sich die öffentliche Stimmung hier geändert hat. In den Hauptwahlen waren die Demokraten überall in der Minorität. In dieser Nachwahl war von den drei kämpfenden Parteien die demokratische bei weitem die stärkste und konnte nur durch eine widernatürliche Koalition der beiden andern Parteien besiegt werden. Wir verdenken der katholischen Partei nicht, daß sie diese Koalition annahm. Wir heben nur die Tatsache hervor, daß die Konstitutionellen verschwunden sind.