36. Kapitel. Vorkapitalistisches | Inhalt | 38. Kapitel. Die Differentialrente: Allgemeines
Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 25, "Das Kapital", Bd. III, Sechster Abschnitt, S. 627 - 652
Dietz Verlag, Berlin/DDR 1983
Sechster Abschnitt
Verwandlung von Surplusprofit
in Grundrente
SIEBENUNDDREISSIGSTES KAPITEL
Einleitendes
<627> Die Analyse des Grundeigentums in seinen verschiednen geschichtlichen Formen liegt jenseits der Grenzen dieses Werks. Wir beschäftigen uns nur mit ihm, soweit ein Teil des vom Kapital erzeugten Mehrwerts dem Grundeigentümer anheimfällt. Wir unterstellen also, daß die Agrikultur, ganz wie die Manufaktur, von der kapitalistischen Produktionsweise beherrscht, d.h. daß die Landwirtschaft von Kapitalisten betrieben wird, die sich von den übrigen Kapitalisten zunächst nur durch das Element unterscheiden, worin ihr Kapital und die von diesem Kapital in Bewegung gesetzte Lohnarbeit angelegt ist. Für uns produziert der Pächter Weizen usw. wie der Fabrikant Garn oder Maschinen. Die Unterstellung, daß die kapitalistische Produktionsweise sich der Landwirtschaft bemächtigt hat, schließt ein, daß sie alle Sphären der Produktion und der bürgerlichen Gesellschaft beherrscht, daß also auch ihre Bedingungen, wie freie Konkurrenz der Kapitale, Übertragbarkeit derselben von einer Produktionssphäre in die andre, gleiche Höhe des Durchschnittsprofits usw., in ihrer ganzen Reife vorhanden sind. Die von uns betrachtete Form des Grundeigentums ist eine spezifisch historische Form desselben, die durch die Einwirkung des Kapitals und der kapitalistischen Produktionsweise verwandelte Form, sei es des feudalen Grundeigentums, sei es der als Nahrungszweig betriebnen kleinbäuerlichen Agrikultur, worin der Besitz von Grund und Boden als eine der Produktionsbedingungen für den unmittelbaren Produzenten und sein Eigentum am Boden als die vorteilhafteste Bedingung, als Bedingung der Blüte seiner Produktionsweise erscheint. Wenn die kapitalistische Produktionsweise überhaupt die Expropriation der Arbeiter von den Arbeitsbedingungen, so setzt sie in der Agrikultur die Expropriation der ländlichen Arbeiter von <628> Grund und Boden und ihre Unterordnung unter einen Kapitalisten voraus, der die Agrikultur des Profits wegen betreibt. Für unsre Entwicklung ist es also ein ganz gleichgültiger Einwurf, wenn erinnert wird, daß auch andre Formen des Grundeigentums und des Ackerbaus existiert haben oder noch existieren. Es kann dies nur die Ökonomen treffen, welche die kapitalistische Produktionsweise in der Landwirtschaft und die ihr entsprechende Form des Grundeigentums nicht als historische, sondern als ewige Kategorien behandeln.
Für uns ist die Betrachtung der modernen Form des Grundeigentums nötig, weil es überhaupt gilt, die bestimmten Produktions- und Verkehrsverhältnisse zu betrachten, die aus der Anlage des Kapitals in der Landwirtschaft entspringen. Ohne das wäre die Analyse desselben nicht vollständig. Wir beschränken uns also ausschließlich auf die Kapitalanlage im eigentlichen Ackerbau, d.h. in der Produktion des Hauptpflanzenstoffs, wovon eine Bevölkerung lebt. Wir können sagen Weizen, weil dieser das Hauptnahrungsmittel der modernen, kapitalistisch entwickelten Völker. (Oder, statt Ackerbau, Bergwerke, weil die Gesetze dieselben.)
Es ist eins der großen Verdienste von A. Smith, daß er entwickelt hat, wie die Grundrente des zur Produktion andrer landwirtschaftlichen Produkte angewandten Kapitals, z.B. von Flachs, Farbkräutern, selbständiger Viehzucht usw., bestimmt ist durch die Grundrente, welche das in der Produktion des Hauptnahrungsmittels angelegte Kapital abwirft. Es ist in der Tat seit ihm kein Fortschritt in dieser Beziehung gemacht worden. Was wir beschränkend oder zufügend zu erinnern hätten, gehört in die selbständige Behandlung des Grundeigentums, nicht hierhin. Von dem Grundeigentum, soweit es nicht sich auf den zur Weizenproduktion bestimmten Boden bezieht, werden wir daher nicht ex professo sprechen, sondern hie und da nur der Illustration halber darauf zurückkommen.
Der Vollständigkeit wegen ist zu bemerken, daß hier unter Grund und Boden auch Wasser etc. verstanden wird, soweit es einen Eigentümer hat, als Zubehör von Grund und Boden sich darstellt.
Das Grundeigentum setzt das Monopol gewisser Personen voraus, über bestimmte Portionen des Erdkörpers als ausschließliche Sphären ihres Privatwillens mit Ausschluß aller andern zu verfügen.(26) Dies vorausgesetzt, <629> handelt es sich darum, den ökonomischen Wert, d.h. die Verwertung dieses Monopols auf Basis der kapitalistischen Produktion zu entwickeln. Mit der juristischen Macht dieser Personen, Portionen des Erdballs zu brauchen und zu mißbrauchen, ist nichts abgemacht. Der Gebrauch derselben hängt ganz und gar von ökonomischen Bedingungen ab, die von ihrem Willen unabhängig sind. Die juristische Vorstellung selbst heißt weiter nichts, als daß der Grundeigentümer mit dem Boden verfahren kann, wie jeder Warenbesitzer mit seiner Ware; und diese Vorstellung - die juristische Vorstellung des freien Privatgrundeigentums - tritt in der alten Welt nur ein zur Zeit der Auflösung der organischen Gesellschaftsordnung, und in der modernen Welt nur mit der Entwicklung der kapitalistischen Produktion. In Asien ist <630> sie nur stellenweis von den Europäern importiert worden. Im Abschnitt über die ursprüngliche Akkumulation (Buch I, Kap. XXIV) hat man gesehn, wie diese Produktionsweise voraussetzt einerseits die Loslösung der unmittelbaren Produzenten aus der Stellung eines bloßen Zubehörs des Bodens (in der Form von Hörigen, Leibeignen, Sklaven etc.), andrerseits die Expropriation der Masse des Volks vom Grund und Boden. Insofern ist das Monopol des Grundeigentums eine historische Voraussetzung und bleibt fortwährende Grundlage, der kapitalistischen Produktionsweise, wie aller frühern Produktionsweisen, die auf Ausbeutung der Massen in einer oder der andern Form beruhn. Die Form aber, worin die beginnende kapitalistische Produktionsweise das Grundeigentum vorfindet, entspricht ihr nicht. Die ihr entsprechende Form wird erst von ihr selbst geschaffen durch die Unterordnung der Agrikultur unter das Kapital; womit denn auch feudales Grundeigentum, Claneigentum oder kleines Bauerneigentum mit Markgemeinschaft, in die dieser Produktionsweise entsprechende ökonomische Form verwandelt wird, wie verschieden auch deren juristische Formen seien. Es ist eines der großen Resultate der kapitalistischen Produktionsweise, daß sie einerseits die Agrikultur aus einem bloß empirischen und mechanisch sich forterbenden Verfahren des unentwickeltsten Teils der Gesellschaft in bewußte wissenschaftliche Anwendung der Agronomie verwandelt, soweit dies überhaupt innerhalb der mit dem Privateigentum gegebnen Verhältnisse möglich ist (27); daß sie das Grundeigentum einerseits von Herrschafts- und Knechtschaftsverhältnissen völlig loslöst, andrerseits den Grund und Boden als Arbeitsbedingung gänzlich vom Grundeigentum und Grundeigentümer trennt, für den er weiter nichts vorstellt, als eine bestimmte Geldsteuer, die er vermittelst seines Monopols vom industriellen <631> Kapitalisten, dem Pächter, erhebt: [daß sie] so sehr den Zusammenhang loslöst, daß der Grundeigentümer sein ganzes Leben in Konstantinopel zubringen kann, während sein Grundeigentum in Schottland liegt. Das Grundeigentum erhält so seine rein ökonomische Form, durch Abstreifung aller seiner frühern politischen und sozialen Verbrämungen und Verquickungen, kurz aller jener traditionellen Zutaten, die von den industriellen Kapitalisten selbst, wie von ihren theoretischen Wortführern, wie wir später sehn werden, im Eifer ihres Kampfs mit dem Grundeigentum als eine nutzlose und abgeschmackte Superfötation denunziert werden. Die Rationalisierung der Agrikultur einerseits, die diese erst befähigt, gesellschaftlich betrieben zu werden, die Rückführung des Grundeigentums ad absurdum andrerseits, dies sind die großen Verdienste der kapitalistischen Produktionsweise. Wie alle ihre andern historischen Fortschritte, erkaufte sie auch diesen zunächst durch die völlige Verelendung der unmittelbaren Produzenten.
Bevor wir zum Gegenstand selbst übergehn, sind noch einige Vorbemerkungen zur Abwehr von Mißverständnissen nötig.
Die Voraussetzung bei der kapitalistischen Produktionsweise ist also diese: die wirklichen Ackerbauer sind Lohnarbeiter, beschäftigt von einem Kapitalisten, dem Pächter, der die Landwirtschaft nur als ein besondres Exploitationsfeld des Kapitals, als Anlage seines Kapitals in einer besondern Produktionssphäre betreibt. Dieser Pächter-Kapitalist zahlt dem Grundeigentümer, dem Eigentümer des von ihm exploitierten Bodens, in bestimmten Terminen, z.B. jährlich, eine kontraktlich festgesetzte Geldsumme (ganz wie der Borger von Geldkapital bestimmten Zins) für die Erlaubnis, sein Kapital in diesem besondern Produktionsfeld anzuwenden. Diese Geldsumme heißt Grundrente, einerlei ob sie von Ackerboden, Bauterrain, Bergwerken, Fischereien, Waldungen usw. gezahlt werde. Sie wird gezahlt für <632> die ganze Zeit, während deren kontraktlich der Grundeigentümer den Boden an den Pächter verliehen, vermietet hat. Die Grundrente ist also hier die Form, worin sich das Grundeigentum ökonomisch realisiert, verwertet. Wir haben ferner hier alle drei Klassen, welche den Rahmen der modernen Gesellschaft konstituieren, zusammen und einander gegenüber - Lohnarbeiter, industrieller Kapitalist, Grundeigentümer.
Kapital kann in der Erde fixiert, ihr einverleibt werden, teils mehr vorübergehend, wie bei Verbesserungen chemischer Natur, Düngung usw., teils mehr permanent, wie bei Abzugskanälen, Bewässerungsanlagen, Nivellierungen, Wirtschaftsgebäuden etc. Ich habe anderswo das der Erde so einverleibte Kapital la terre-capital genannt.(28) Es fällt unter die Kategorien des fixen Kapitals. Der Zins für das der Erde einverleibte Kapital und die Verbesserungen, die sie so als Produktionsinstrument erhält, kann einen Teil der Rente bilden, die dem Grundeigentümer vom Pächter gezahlt wird (29), aber sie konstituiert nicht die eigentliche Grundrente, die für den Gebrauch des Bodens als solchen gezahlt wird, er mag sich im Naturzustand befinden oder kultiviert sein. Bei einer systematischen Behandlung des Grundeigentums, die außerhalb unsres Plans liegt, wäre dieser Teil der Einnahme des Grundeigentümers ausführlich darzustellen. Hier genügen wenige Worte darüber. Die mehr temporären Kapitalanlagen, die die gewöhnlichen Produktionsprozesse in der Agrikultur mit sich führen, werden alle ohne Ausnahme vom Pächter gemacht. Diese Anlagen, wie die bloße Bebauung überhaupt, wenn sie einigermaßen rationell betrieben wird, also sich nicht auf die brutale Aussaugung des Bodens reduziert, wie etwa bei den ehemaligen amerikanischen Sklavenhaltern - wogegen sich jedoch die Herren Grundeigentümer kontraktlich sichern -, verbessern den Boden (30), <633> steigern sein Produkt und verwandeln die Erde aus bloßer Materie in Erde-Kapital. Ein bebautes Feld ist mehr wert als ein unbebautes von derselben natürlichen Qualität. Auch die mehr permanenten. sich in längerer Zeit abnutzenden, der Erde einverleibten fixen Kapitale werden zum großen Teil, in gewissen Sphären oft ausschließlich, vom Pächter gemacht. Sobald aber die kontraktlich festgesetzte Pachtzeit abgelaufen ist - und es ist dies einer der Gründe, warum mit der Entwicklung der kapitalistischen Produktion der Grundeigentümer die Pachtzeit möglichst abzukürzen sucht -, fallen die dem Boden einverleibten Verbesserungen als untrennbares Akzidens der Substanz, des Bodens, als Eigentum dem Besitzer des Bodens anheim. Bei dem neuen Pachtkontrakt, den er schließt, fügt der Grundeigentümer den Zins für das der Erde einverleibte Kapital der eigentlichen Grundrente hinzu; ob er den Boden nun an den Pächter vermietet, der die Verbesserungen gemacht hat, oder an einen andern Pächter. Seine Rente schwillt so auf; oder, wenn er den Boden verkaufen will - wir werden gleich sehn, wie dessen Preis bestimmt wird -, ist jetzt sein Wert gesteigert. Er verkauft nicht nur den Boden, sondern den verbesserten Boden, das der Erde einverleibte Kapital, das ihm nichts gekostet hat. Es ist dies eins der Geheimnisse - ganz abgesehn von der Bewegung der eigentlichen Grundrente - der steigenden Bereicherung der Grundeigentümer, des fortwährenden Anschwellens ihrer Renten und des wachsenden Geldwerts ihrer Ländereien mit dem Fortschritt der ökonomischen Entwicklung. Sie stecken so das ohne ihr Zutun hervorgebrachte Resultat der gesellschaftlichen Entwicklung in ihre Privattaschen - fruges consumere nati. Es ist dies aber zugleich eins der größten Hindernisse einer rationellen Agrikultur, indem der Pächter alle Verbesserungen und Auslagen vermeidet, deren vollständiger Rückfluß während der Dauer seiner Pachtzeit nicht zu erwarten steht; und als solches Hindernis finden wir diesen Umstand fort und fort denunziert, ebensowohl im vorigen Jahrhundert von James Anderson, dem eigentlichen Entdecker der modernen Rententheorie, der zugleich praktischer Pächter und für seine Zeit bedeutender Agronom war, wie in unsern Tagen von den Gegnern der jetzigen Verfassung des Grundeigentums in England.
A. A. Walton, "History of the Landed Tenures of Great Britain and Ireland", London 1865, sagt darüber p. 96, 97:
"Alle die Anstrengungen der zahlreichen landwirtschaftlichen Anstalten in unserm Lande können keine sehr bedeutenden oder wirklich bemerkbaren Resultate im wirklichen Fortschritt verbesserter Bebauung bewirken, solange solche Verbesserungen in einem weit höhern Grade den Wert des Grundeigentums und die Höhe der Rentrolle <634> des Grundbesitzers vermehren, als sie die Lage des Pächters oder des Landarbeiters verbessern. Die Pächter im allgemeinen wissen genausogut wie der Grundbesitzer, sein Rentmeister oder selbst der Präsident einer landwirtschaftlichen Gesellschaft, daß gute Dränierung, reichliche Düngung und gute Bewirtschaftung, im Bund mit vermehrter Anwendung von Arbeit, um das Land gründlich zu reinigen und umzuarbeiten, wunderbare Erfolge erzeugen werden, sowohl in Verbesserung des Bodens wie in gesteigerter Produktion. Aber alles dies erfordert beträchtliche Auslage, und die Pächter wissen ebenfalls sehr gut, daß, wie sehr sie auch das Land verbessern oder seinen Wert erhöhen mögen, die Grundbesitzer auf die Dauer den Hauptvorteil davon in erhöhten Renten und gesteigertem Bodenwert einernten werden ... Sie sind schlau genug zu bemerken, was jene Redner" (Grundbesitzer und ihre Rentmeister bei landwirtschaftlichen Festmahlen) "eigentümlicherweise stets vergessen, ihnen zu sagen - nämlich daß der Löwenanteil aller vom Pächter gemachten Verbesserungen schließlich immer in die Tasche des Grundbesitzers gehn muß ... Wie sehr auch der frühere Pächter die Pachtung verbessert haben mag, sein Nachfolger wird immer finden, daß der Grundbesitzer die Rente erhöhen wird im Verhältnis zu dem durch frühere Verbesserungen gesteigerten Bodenwert."
In der eigentlichen Agrikultur erscheint dieser Prozeß noch nicht so klar wie bei Benutzung des Bodens als Bauterrain. Der weitaus überwiegende Teil des Bodens, der in England zu Bauzwecken, aber nicht als freehold verkauft wird, wird von den Grundeigentümern vermietet für 99 Jahre oder auf kürzere Zeit wenn möglich. Nach Ablauf dieser Zeit fallen die Baulichkeiten mit dem Boden selbst dem Grundbesitzer anheim.
"Sie {die Pächter}
"sind verpflichtet, bei Ablauf des Mietskontrakts das Haus dem großen Grundbesitzer in gutem wohnlichen Zustand zu überliefern, nachdem sie bis zu dieser Zeit eine übertriebne Bodenrente bezahlt haben. Kaum ist der Mietkontrakt abgelaufen, so kommt der Agent oder Inspektor des Grundbesitzers, besichtigt euer Haus, sorgt dafür, daß ihr es in guten Zustand setzt, nimmt dann Besitz davon und annexiert es an das Gebiet seines Grundherrn. Die Tatsache ist, daß, wenn dies System in voller Wirkung noch für längre Zeit zugelassen wird, der gesamte Häuserbesitz im Königreich, ebensogut wie der ländliche Grundbesitz, in den Händen der großen Grundherrn sein wird. Das ganze Westend von London, nördlich und südlich von Temple Bar, gehört fast ausschließlich ungefähr einem halben Dutzend großer Grundherrn, ist vermietet zu enormen Bodenrenten, und wo die Mietkontrakte noch nicht ganz abgelaufen sind, verfallen sie rasch nacheinander. Dasselbe gilt in größerm oder geringerm Grad von jeder Stadt im Königreich. Aber selbst hierbei bleibt dies gierige System der Ausschließlichkeit und des Monopols noch nicht stehn. Fast die gesamten Dockeinrichtungen unsrer Hafenstädte befinden sich infolge desselben Prozesses der Usurpation in den Händen der großen Land-Laviathans." (l.c.p. 92, 93.)Unter diesen Umständen ist es klar, daß, wenn der Zensus für England und Wales 1861 bei einer Gesamtbevölkerung von 20.066.224 die Zahl der <635> Hauseigentümer auf 36.032 angibt, das Verhältnis der Eigentümer zur Zahl der Häuser und der Bevölkerung ein ganz andres Aussehn erhalten würde, wären die großen Eigentümer auf die eine, die kleinen auf die andre gestellt.
Dies Beispiel mit dem Eigentum an Baulichkeiten ist wichtig, 1. weil es klar den Unterschied zwischen der eigentlichen Grundrente und dem Zins des dem Boden einverleibten fixen Kapitals zeigt, der einen Zusatz zur Grundrente bilden kann. Der Zins der Baulichkeiten, wie des bei der Agrikultur vom Pächter dem Boden einverleibten Kapitals, fällt dem industriellen Kapitalisten, dem Bauspekulanten oder Pächter zu während der Dauer des Mietkontrakts und hat an und für sich nichts zu tun mit der Grundrente, die jährlich in bestimmten Terminen für Benutzung des Bodens gezahlt werden muß. 2. Weil es zeigt, wie mit dem Boden das ihm einverleibte fremde Kapital schließlich dem Grundeigentümer anheimfällt und der Zins dafür seine Rente schwellt.
Einige Schriftsteller, teils als Wortführer des Grundeigentums gegen die Angriffe der bürgerlichen Ökonomen, teils in dem Streben, das kapitalistische Produktionssystem in ein System von "Harmonien" statt von Gegensätzen zu verwandeln, wie z.B. Carey, haben die Grundrente, den spezifischen ökonomischen Ausdruck des Grundeigentums, als identisch mit dem Zins darzustellen gesucht. Damit wäre nämlich der Gegensatz zwischen Grundeigentümern und Kapitalisten ausgelöscht. Die umgekehrte Methode wurde im Beginn der kapitalistischen Produktion angewandt. Damals galt in der populären Vorstellung noch das Grundeigentum als die primitive und respektable Form des Privateigentums, während der Zins des Kapitals als Wucher verschrieen war. Dudley North, Locke etc. stellten daher den Kapitalzins dar als eine der Grundrente analoge Form, ganz wie Turgot die Berechtigung des Zinses aus der Existenz der Grundrente ableitete. - Jene neuern Schriftsteller vergessen - ganz abgesehn davon, daß die Grundrente rein, ohne Zusatz jedes Zinses für dem Boden einverleibtes Kapital, existieren kann und existiert -, daß der Grundeigentümer in dieser Weise nicht nur Zins erhält von fremdem Kapital, das ihm nichts kostet, sondern obendrein noch das fremde Kapital gratis in den Kauf. Die Rechtfertigung des Grundeigentums, wie die aller andren Eigentumsformen einer bestimmten Produktionsweise, ist die, daß die Produktionsweise selbst historische transitorische Notwendigkeit besitzt, also auch die Produktions- und Austauschverhältnisse, die aus ihr entspringen. Allerdings, wie wir später sehn werden, unterscheidet sich das Grundeigentum von den übrigen Arten des Eigentums dadurch, daß auf einer gewissen Entwicklungshöhe, <636> selbst vom Standpunkt der kapitalistischen Produktionsweise aus, es als überflüssig und schädlich erscheint.
Die Grundrente kann in einer andern Form mit dem Zins verwechselt und so ihr spezifischer Charakter verkannt werden. Die Grundrente stellt sich dar in einer bestimmten Geldsumme, die der Grundeigentümer jährlich aus der Verpachtung eines Stücks des Erdballs bezieht. Wir haben gesehn, wie jede bestimmte Geldeinnahme kapitalisiert werden, d.h. als der Zins eines imaginären Kapitals betrachtet werden kann. Ist z.B. der mittlere Zinsfuß 5%, so kann also auch eine jährliche Grundrente von 200 Pfd.St. als Zins eines Kapitals von 4.000 Pfd.St. betrachtet werden. Es ist die so kapitalisierte Grundrente, die den Kaufpreis oder Wert des Bodens bildet, eine Kategorie, die prima facie, ganz wie der Preis der Arbeit irrationell ist, da die Erde nicht das Produkt der Arbeit ist, also auch keinen Wert hat. Andrerseits aber verbirgt sich hinter dieser irrationellen Form ein wirkliches Produktionsverhältnis. Kauft ein Kapitalist Grund und Boden, der eine jährliche Rente von 200 Pfd.St. abwirft, für 4.000 Pfd.St., so bezieht er den durchschnittlichen jährlichen Zins zu 5% von 4.000 Pfd.St., ganz ebenso, wie wenn er dies Kapital in zinstragenden Papieren angelegt oder es direkt zu 5% Zinsen ausgeliehen hätte. Es ist die Verwertung eines Kapitals von 4.000 Pfd.St. zu 5%. Unter dieser Voraussetzung würde er in 20 Jahren den Einkaufspreis seines Guts durch dessen Einkünfte wieder ersetzt haben. In England wird daher der Kaufpreis von Ländereien nach soundso viel years' purchase <Jahreserträgen> berechnet, was nur ein andrer Ausdruck für die Kapitalisierung der Grundrente ist. Es ist in der Tat der Kaufpreis nicht des Bodens, sondern der Grundrente, die er abwirft, berechnet nach dem gewöhnlichen Zinsfuß. Diese Kapitalisierung der Rente setzt aber die Rente voraus, während die Rente nicht umgekehrt aus ihrer eignen Kapitalisierung abgeleitet und erklärt werden kann. Ihre Existenz, unabhängig von dem Verkauf, ist vielmehr hier die Voraussetzung, von der ausgegangen wird.
Es folgt daher, daß, die Grundrente als konstante Größe vorausgesetzt, der Bodenpreis steigen oder fallen kann, umgekehrt wie der Zinsfuß steigt oder fällt. Fiele der gewöhnliche Zinsfuß von 5 auf 4%, so stellte eine jährliche Grundrente von 200 Pfd.St. die jährliche Verwertung eines Kapitals von 5.000 Pfd.St. statt von 4.000 Pfd.St. vor, und so wäre der Preis desselben Grundstücks von 4.000 auf 5.000 Pfd.St. gestiegen oder von 20 years' purchase auf 25. Umgekehrt im umgekehrten Fall. Es ist dies eine von der Bewegung der Grundrente selbst unabhängige und nur durch den Zinsfuß <637> geregelte Bewegung des Bodenpreises. Da wir aber gesehn haben, daß die Profitrate im Fortschritt der gesellschaftlichen Entwicklung eine Tendenz zum Fallen hat und daher auch der Zinsfuß, soweit er durch die Profitrate geregelt wird; daß ferner, auch abgesehn von der Profitrate, der Zinsfuß eine Tendenz zum Fallen hat infolge des Wachstums des verleihbaren Geldkapitals, so folgt, daß der Bodenpreis eine Tendenz zum Steigen hat, auch unabhängig von der Bewegung der Grundrente und des Preises der Bodenprodukte, wovon die Rente einen Teil bildet.
Die Verwechslung der Grundrente selbst mit der Zinsform, die sie für den Käufer des Bodens annimmt - eine Verwechslung, die auf völliger Unkenntnis der Natur der Grundrente beruht -, muß zu den sonderbarsten Trugschlüssen führen. Da das Grundeigentum in allen alten Ländern für eine besonders vornehme Form des Eigentums gilt und der Ankauf desselben außerdem als besonders sichre Kapitalanlage, so steht der Zinsfuß, zu dem die Grundrente gekauft wird, meist niedriger als bei andern auf längre Zeit sich erstreckenden Kapitalanlagen, so daß z.B. der Käufer von Grund und Boden nur 4% auf den Kaufpreis erhält, während er für dasselbe Kapital sonst 5% erhalten würde, oder, was auf dasselbe hinauskommt, er zahlt mehr Kapital für die Grundrente, als er für dieselbe jährliche Geldeinnahme in andern Anlagen zahlen würde. Daraus schließt Herr Thiers in seiner überhaupt grundschlechten Schrift über La Propriété (dem Abdruck seiner 1848 in der französischen Nationalversammlung gehaltnen Rede gegen Proudhon) auf die Niedrigkeit der Grundrente, während es nur die Höhe ihres Kaufpreises beweist.
Der Umstand, daß die kapitalisierte Grundrente als Bodenpreis oder Bodenwert sich darstellt und die Erde daher wie jede andre Ware gekauft und verkauft wird, gilt einigen Apologeten als Rechtfertigungsgrund des Grundeigentums, indem der Käufer für es, wie für jede andre Ware, ein Äquivalent gezahlt und der größte Teil des Grundeigentums in dieser Weise die Hände gewechselt habe. Derselbe Rechtfertigungsgrund gälte dann auch für die Sklaverei; indem für den Sklavenhalter, der den Sklaven bar bezahlt hat, der Ertrag von dessen Arbeit nur den Zins des in seinem Ankauf ausgelegten Kapitals darstellt. Aus dem Kauf und Verkauf der Grundrente die Berechtigung ihrer Existenz herleiten, heißt überhaupt, ihre Existenz aus ihrer Existenz rechtfertigen.
So wichtig es ist für die wissenschaftliche Analyse der Grundrente - d.h. der selbständigen, spezifischen ökonomischen Form des Grundeigentums auf Basis der kapitalistischen Produktionsweise -, sie rein und frei von allen sie verfälschenden und verwischenden Beisätzen zu betrachten, ebenso <638> wichtig ist es andrerseits für das Verständnis der praktischen Wirkungen des Grundeigentums und selbst für die theoretische Einsicht in eine Masse Tatsachen, die dem Begriff und der Natur der Grundrente widersprechen und doch als Existenzweisen der Grundrente erscheinen, die Elemente zu kennen, aus denen diese Trübungen der Theorie entspringen.
Praktisch erscheint natürlich alles als Grundrente, was in Form von Pachtgeld dem Grundeigentümer vom Pächter gezahlt wird für die Erlaubnis, den Boden zu bewirtschaften. Aus welchen Bestandteilen dieser Tribut zusammengesetzt sei, aus welchen Quellen er herrühren möge, er hat das mit der eigentlichen Grundrente gemein, daß das Monopol auf ein Stück des Erdballs den sog. Grundeigentümer befähigt, den Tribut zu erheben, die Schatzung aufzulegen. Er hat das mit der eigentlichen Grundrente gemein, daß er den Bodenpreis bestimmt, der, wie oben gezeigt, nichts ist als die kapitalisierte Einnahme von der Verpachtung des Bodens.
Man hat bereits gesehn, daß der Zins für das dem Boden einverleibte Kapital einen solchen fremdartigen Bestandteil der Grundrente bilden kann, einen Bestandteil, der mit dem Fortschritt der ökonomischen Entwicklung einen stets wachsenden Zusatz zum Gesamtrental eines Landes bilden muß. Aber abgesehn von diesem Zins ist es möglich, daß sich unter dem Pachtgeld zum Teil, und in gewissen Fällen ganz und gar, also bei gänzlicher Abwesenheit der eigentlichen Grundrente und daher bei wirklicher Wertlosigkeit des Bodens, ein Abzug, sei es vom Durchschnittsprofit, sei es vom normalen Arbeitslohn, sei es von beiden zugleich, versteckt. Dieser Teil, sei es des Profits, sei es des Arbeitslohns, erscheint hier in der Gestalt der Grundrente, weil er statt, wie es normal wäre, dem industriellen Kapitalisten oder dem Lohnarbeiter anheimzufallen, in der Form von Pachtgeld an den Grundeigentümer gezahlt wird. Ökonomisch gesprochen, bildet weder der eine noch der andre Teil Grundrente: aber praktisch bildet er Einnahme des Grundeigentümers, eine ökonomische Verwertung seines Monopols, ganz so gut wie die wirkliche Grundrente, und wirkt ebenso bestimmend auf den Bodenpreis wie die letztre.
Wir sprechen hier nicht von Verhältnissen, worin die Grundrente, die der kapitalistischen Produktionsweise entsprechende Weise des Grundeigentums, formell existiert, ohne daß die kapitalistische Produktionsweise selbst existierte, ohne daß der Pächter selbst ein industrieller Kapitalist oder die Art seiner Bewirtschaftung eine kapitalistische wäre. Dies ist z.B. der Fall in Irland. Der Pächter ist hier im Durchschnitt ein kleiner Bauer. Was er dem Grundeigentümer als Pacht zahlt, absorbiert oft nicht nur einen Teil seines Profits, d.h. seiner eignen Mehrarbeit, auf die er als Inhaber <639> seiner eignen Arbeitsinstrumente ein Recht hat, sondern auch einen Teil des normalen Arbeitslohns, den er unter andren Verhältnissen für dieselbe Arbeitsmenge erhalten würde. Außerdem expropriiert ihn der Grundeigentümer, der hier durchaus nichts tut für die Verbesserung des Bodens, von seinem kleinen Kapital, das er größtenteils durch eigne Arbeit dem Boden einverleibt, ganz wie ein Wucherer unter ähnlichen Verhältnissen tun würde. Nur daß der Wucherer wenigstens sein eignes Kapital bei der Operation riskiert. Es bildet diese fortwährende Beraubung den Gegenstand des Zwists über die irische Landgesetzgebung, die wesentlich darauf hinauskommt, daß der Grundeigentümer, der dem Pächter aufkündigt, gezwungen werden soll, diesen zu entschädigen für die von ihm angebrachten Bodenverbesserungen oder das dem Boden einverleibte Kapital. Palmerston pflegte hierauf zynisch zu antworten:
"Das Haus der Gemeinen ist ein Haus von Grundeigentümern."
Wir sprechen auch nicht von den ausnahmsweisen Verhältnissen, worin selbst in Ländern kapitalistischer Produktion der Grundeigentümer hohes Pachtgeld erpressen kann, das in gar keinem Zusammenhing mit dem Produkt des Bodens steht, wie z.B. in den englischen Industriebezirken die Verpachtung kleiner Bodenfetzen an Fabrikarbeiter, sei es für kleine Gärten, sei es für dilettantischen Ackerbau in Nebenstunden. ("Reports of Inspectors of Factories.")
Wir sprechen von der Ackerbaurente in Ländern entwickelter kapitalistischer Produktion. Unter den englischen Pächtern z.B. befindet sich eine Anzahl kleiner Kapitalisten, die durch Erziehung, Bildung, Tradition, Konkurrenz und andre Umstände bestimmt und gezwungen sind, ihr Kapital in der Agrikultur als Pächter anzulegen. Sie sind gezwungen, mit weniger als dem Durchschnittsprofit vorliebzunehmen und einen Teil davon in der Form der Rente an den Grundeigentümer abzugeben. Es ist dies die einzige Bedingung, unter der ihnen gestattet wird, ihr Kapital auf den Boden, in der Agrikultur, anzulegen. Da überall die Grundeigentümer bedeutenden, in England sogar überwiegenden Einfluß auf die Gesetzgebung ausüben, kann dieser dazu ausgebeutet werden, um die ganze Klasse der Pächter zu prellen. Die Korngesetze von 1815 z.B. - eine Brotsteuer, eingestandenermaßen dem Land auferlegt, um den müßigen Grundeigentümern die Fortdauer des während des Antijakobinerkriegs abnorm gewachsnen Rentals zu sichern - hatten zwar die Wirkung, abgesehn von einzelnen ausnahmsweis fruchtbaren Jahren, die Preise der landwirtschaftlichen Produkte über dem Niveau zu erhalten, worauf sie bei freier Korn- <640> einfuhr gefallen wären. Aber sie hatten nicht das Resultat, die Preise auf der Höhe zu halten, die von den gesetzgebenden Grundeigentümern in der Art als Normalpreise dekretiert wurden, daß sie die gesetzliche Grenze bildeten für die Einfuhr fremden Korns. Unter dem Eindruck dieser Normalpreise wurden aber die Pachtkontrakte geschlossen. Sobald die Illusion platzte, wurde ein neues Gesetz gemacht mit neuen Normalpreisen, die ebensosehr bloß der ohnmächtige Ausdruck der habgierigen Grundeigentumsphantasie waren wie die alten. In dieser Weise wurden die Pächter geprellt von 1815 bis zu den 30er Jahren. Daher während dieser ganzen Zeit das stehende Thema des agricultural distress <der Not in der Landwirtschaft>. Daher während dieser Periode die Expropriation und der Ruin einer ganzen Generation von Pächtern und ihre Ersetzung durch eine neue Klasse von Kapitalisten.(31)
Eine viel allgemeinere und wichtigere Tatsache ist aber die Herabdrückung des Arbeitslohns der eigentlichen Agrikulturarbeiter unter sein normales Durchschnittsniveau, so daß ein Teil des Arbeitslohns dem Arbeiter abgezogen wird, einen Bestandteil des Pachtgelds bildet und so unter der Maske der Grundrente dem Grundeigentümer statt dem Arbeiter zufließt. Dies ist z.B. in England und Schottland, mit Ausnahme einiger günstig situierten Grafschaften, allgemein der Fall. Die Arbeiten der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse über die Höhe des Arbeitslohns, die vor der Einführung der Korngesetze in England eingesetzt wurden - bis jetzt die wertvollsten und fast ganz unausgebeuteten Beiträge zur Geschichte des Arbeitslohns im 19. Jahrhundert, zugleich eine Schandsäule, die sich die englische Aristokratie und Bourgeoisie selbst aufgerichtet hat -, bewiesen zur Evidenz, über allen Zweifel, daß die hohen Rentsätze und die ihnen entsprechende Steigerung des Bodenpreises während des Antijakobinerkriegs teilweis nur dem Abzug vom Arbeitslohn und seiner Herabdrückung selbst unter das physische Minimum geschuldet waren; d.h. dem Wegzahlen eines Teils des normalen Arbeitslohns an den Grundeigentümer. Verschiedne Umstände, unter andrem die Depreziation des Geldes, die Handhabung der Armengesetze in den Ackerbaubezirken <vgl. Band 23, S. 703> <641> usw., hatten diese Operation ermöglicht, zur selben Zeit, wo die Einkünfte der Pächter enorm stiegen und die Grundeigentümer sich fabelhaft bereicherten. Ja, eins der Hauptargumente für Einführung der Kornzölle, von seiten so der Pächter wie der Grundeigentümer, war der, daß es physisch unmöglich sei, den Arbeitslohn der Ackerbautaglöhner noch tiefer zu senken. Dieser Zustand hat sich im wesentlichen nicht verändert, und in England, wie in allen europäischen Ländern, geht nach wie vor ein Teil des normalen Arbeitslohns in die Grundrente ein. Als Graf Shaftesbury, damals Lord Ashley, einer der philanthropischen Aristokraten, so außerordentlich bewegt wurde durch die Lage der englischen Fabrikarbeiter und sich in der Zehnstundenagitation zu ihrem parlamentarischen Wortführer aufwarf, publizierten die Wortführer der Industriellen aus Rache eine Statistik über den Lohn der Ackerbautaglöhner auf den ihm gehörigen Dörfern (s. Buch I, Kap. XXIII, 5, e: Das britische Ackerbauproletariat), welche klar zeigte, wie ein Teil der Grundrente dieses Philanthropen bloß aus dem Raub besteht, den seine Pächter für ihn an dem Arbeitslohn der Ackerbauarbeiter vollziehn. Diese Veröffentlichung ist auch deswegen interessant, weil die darin enthaltnen Tatsachen dem schlimmsten, was die Ausschüsse 1814 und 1815 enthüllten, sich kühn an die Seite stellen dürfen. Sooft die Umstände eine momentane Steigerung des Arbeitslohns der Ackerbautaglöhner erzwingen, erschallt dann auch das Geschrei der Pächter, daß eine Erhöhung des Arbeitslohns auf sein normales Niveau, wie es in andren Industriezweigen gilt, unmöglich sei und sie ruinieren müsse ohne gleichzeitige Herabsetzung der Grundrente. Hierin ist also das Geständnis enthalten, daß unter dem Namen Grundrente ein Abzug am Arbeitslohn von den Pächtern gemacht und an den Grundeigentümer weggezahlt wird. Von 1849-1859 z.B. stieg in England der Arbeitslohn der Ackerbauarbeiter infolge eines Zusammenflusses überwältigender Umstände, wie der Exodus aus Irland, der die Zufuhr von Ackerbauarbeitern von dort abschnitt; außerordentliche Absorption von Ackerbaubevölkerung durch die Fabrikindustrie; Kriegsnachfrage für Soldaten; außerordentliche Auswanderung nach Australien und den Vereinigten Staaten (Kalifornien) und andre Gründe, die hier nicht näher zu erwähnen sind. Gleichzeitig, mit Ausnahme der ungünstigen Ernten von 1854-1856, fielen die Durchschnittspreise des Getreides während dieser Periode um mehr als 16%. Die Pächter schrieen nach Herabsetzung der Renten. Es gelang ihnen in einzelnen Fällen. Im Durchschnitt scheiterten sie mit dieser Forderung. Sie nahmen Zuflucht zur Herabsetzung der Produktionskosten, u.a. durch massenhafte Einführung des lokomobilen Dampfs und neuer Maschinerie, die zum <642> Teil Pferde ersetzte und aus der Wirtschaft verdrängte, zum Teil aber auch durch Freisetzung von Ackerbautaglöhnern eine künstliche Überbevölkerung und daher neues Sinken des Lohns hervorbrachte. Und dies geschah, trotz der allgemeinen relativen Abnahme der Ackerbaubevölkerung während dieses Dezenniums, verglichen mit dem Wachstum der Gesamtbevölkerung, und trotz der absoluten Abnahme der Ackerbaubevölkerung in einigen reinen Agrikultardistrikten.(32) Ebenso sagte Fawcett, damals Professor der politischen Ökonomie zu Cambridge, gestorben 1884 als Generalpostmeister, auf dem Social Science Congress, 12. Oktober 1865:
"Die Ackerbautaglöhner fingen an auszuwandern, und die Pächter begannen sich zu beklagen, sie würden nicht imstande sein, so hohe Renten zu bezahlen, wie sie zu zahlen gewohnt waren, weil die Arbeit teurer wurde infolge der Auswanderung."
Hier also ist hohe Bodenrente direkt identifiziert mit niedrigem Arbeitslohn. Und soweit die Höhe des Bodenpreises durch diesen die Rente vermehrenden Umstand bedingt ist, ist Wertsteigerung des Bodens identisch mit Entwertung der Arbeit, Höhe des Bodenpreises mit Niedrigkeit des Preises der Arbeit.
Dasselbe gilt für Frankreich,
"Der Pachtpreis steigt, weil der Preis des Brots, des Weins, des Fleisches, der Gemüse und des Obsts auf der einen Seite steigt und auf der andern der Preis der Arbeit unverändert bleibt. Wenn ältere Leute die Rechnungen ihrer Väter vergleichen, was uns um ungefähr 100 Jahre zurückbringt, so werden sie finden, daß damals der Preis eines Arbeitstags im ländlichen Frankreich genau derselbe war wie heute. Dar Preis des Fleisches hat sich seitdem verdreifacht ... Wer ist das Opfer dieser Umwälzung? Ist es der Reiche, der Eigentümer der Pachtung ist, oder der Arme, der sie bearbeitet? ... Die Steigerung der Pachtpreise ist ein Beweis eines öffentlichen Unglücks." (
"Du Mécanisme de la Société en France et en Angleterre." Par M. Rubichon. 2me édit. Paris 1837, p. 101.)Beispiele von Rente als Folge des Abzugs einerseits vom Durchschnittsprofit, andrerseits vom Durchschnittsarbeitslohn:
Der oben zitierte Morton, Landagent und landwirtschaftlicher Ingenieur, sagt, man habe in vielen Gegenden die Bemerkung gemacht, daß die Rente für große Pachtungen niedriger ist als für kleinere, weil
"die Konkurrenz für die letztern gewöhnlich größer ist als für die erstern, und weil kleine Pächter, die selten imstande sind, sich auf irgendein andres Geschäft zu werfen <643> als die Landwirtschaft, häufig eine Rente zu zahlen willig sind, von der sie selbst wissen, daß sie zu hoch ist, gedrängt von der Notwendigkeit, ein passenderes Geschäft zu finden". (John Morton, "The Resources of Estates", London 1858, p. 116.)
Dieser Unterschied soll sich jedoch in England allmählich verwischen, womit nach seiner Ansicht die Auswanderung grade unter der Klasse der kleinen Pächter viel zu tun hat. Derselbe Morton gibt ein Beispiel, wo offenbar Abzug vom Arbeitslohn des Pächters selbst und daher noch sicherer der Leute, die er beschäftigt, in die Grundrente eingeht. Nämlich bei Pachtungen unter 70-80 acres (30-34 Hektaren), die keinen zweispännigen Pflug halten können.
"Wenn nicht der Pächter mit seinen eignen Händen ebenso fleißig arbeitet wie irgendein Arbeiter, kann er bei seiner Pachtung nicht bestehn. Wenn er die Ausführung der Arbeit seinen Leuten überläßt und sich darauf beschränkt, sie bloß zu beaufsichtigen, so wird er höchstwahrscheinlich sehr bald finden, daß er außerstande ist, seine Rente zu zahlen." (l.c.p. 118.)
Morton schließt daher, daß, wenn nicht die Pächter in der Gegend sehr arm sind, die Pachtungen nicht unter 70 acres groß sein sollten, so daß der Pächter zwei bis drei Pferde halten kann.
Außerordentliche Weisheit des Herrn Léonce de Lavergne, Membre de l'Institut et de la Société Centrale d'Agriculture. In seiner "Économie Rurale de l'Angleterre" (zitiert nach der englischen Übersetzung, London 1855) macht er folgenden Vergleich des jährlichen Vorteils vom Rindvieh, das in Frankreich arbeitet und in England nicht, weil ersetzt durch Pferde (p. 42):
Frankreich |
England |
|||
Milch |
4 Mill. Pfd.St. |
Milch |
16 Mill. Pfd.St. |
|
Fleisch |
16 Mill. Pfd.St. |
Fleisch |
20 Mill. Pfd.St. |
|
Arbeit |
8 Mill. Pfd.St. |
Arbeit |
-- Mill. Pfd.St. |
|
20 Mill. Pfd.St. |
36 Mill. Pfd.St. |
Nun kommt aber hier das höhere Produkt heraus, weil nach seiner eignen Angabe die Milch in England noch einmal so teuer ist als in Frankreich, während er für Fleisch dieselben Preise in beiden Ländern annimmt (p. 35); also wird das englische Milchprodukt reduziert auf 8 Mill. Pfd.St. und das Gesamtprodukt auf 28 Mill. Pfd.St. wie in Frankreich. Es ist in der Tat etwas stark, wenn Herr Lavergne gleichzeitig die Produktmassen und die Preisdifferenzen in seiner Rechnung eingehn läßt, so daß, wenn England gewisse Artikel teurer produziert als Frankreich, was höchstens einen größern Profit für Pächter und Grundeigentümer bedeutet, dies als ein Vorzug der englischen Agrikultur erscheint.
<644> Daß Herr Lavergne nicht nur die ökonomischen Erfolge der englischen Landwirtschaft kennt, sondern auch an die Vorurteile der englischen Pächter und Grundbesitzer glaubt, beweist er p. 48:
"Ein großer Nachteil ist gewöhnlich mit Getreidepflanzen verbunden ... sie erschöpfen den Boden, der sie trägt."
Herr Lavergne glaubt nicht nur, daß andre Pflanzen das nicht tun; er glaubt, daß Futterkräuter und Wurzelkräuter den Boden bereichern:
"Futterpflanzen ziehn die Hauptelemente ihres Wachstums aus der Atmosphäre, während sie dem Boden mehr zurückgeben als sie ihm entziehn; sie helfen also sowohl direkt wie durch ihre Verwandlung in tierischen Dünger in doppelter Weise den Schaden ersetzen, den Getreidepflanzen und andre erschöpfende Ernten angerichtet haben; es ist daher Grundsatz, daß sie mit diesen Ernten mindestens wechseln sollten; hierin besteht die Norfolk Rotation." (p. 50, 51.)
Kein Wunder, wenn Herr Lavergne, der dem englischen ländlichen Gemüt diese Märchen glaubt, ihm auch glaubt, daß seit Aufhebung der Kornzölle der Lohn der englischen Landtagelöhner seine frühere Anormalität verloren hat. Siehe, was wir früher darüber gesagt Buch I, Kap. XXIII, 5, p. 701-729 <Siehe Band 23, S.701-725>. Doch hören wir auch noch Herrn John Brights Rede in Birmingham, 13. Dezember 1865. Nachdem er gesprochen von den 5 Mill. Familien, die im Parlament gar nicht vertreten sind, fährt er fort:
"Unter diesen ist 1 Mill. oder eher mehr als l Mill. im Vereinigten Königreich, die in der unglücklichen Liste der Paupers aufgeführt werden. Dann ist noch eine andre Million, die sich noch eben über dem Pauperismus hält, aber stets in Gefahr schwebt, auch Paupers zu werden. Günstiger ist ihre Lage und ihre Aussichten nicht. Nun betrachtet einmal die unwissenden niedrigern Schichten dieses Teils der Gesellschaft. Betrachtet ihre ausgestoßne Lage, ihre Armut, ihre Leiden, ihre vollendete Hoffnungslosigkeit. Selbst in den Vereinigten Staaten, selbst in den Südstaaten während der Herrschaft der Sklaverei, hatte jeder Neger den Glauben, daß ihm irgend einmal ein Jubeljahr bevorstände. Aber für diese Leute, für diese Masse der niedrigsten Schichten in unserm Lande, besteht, ich bin hier, es auszusprechen, weder der Glaube an irgendeine Besserung noch selbst ein Sehnen darnach. Haben Sie neulich in den Zeitungen eine Notiz gelesen über John Gross, einen Ackerbautaglöhner in Dorsetshire? Er arbeitete 6 Tage in der Woche, hatte ein vortreffliches Zeugnis von seinem Beschäftiger, für den er 24 Jahre für 8 sh. Wochenlohn gearbeitet hatte. John Gross hatte eine Familie von 7 Kindern aus diesem Lohn in seiner Hütte zu unterhalten. Um seine kränkliche Frau und ihren Säugling zu wärmen, nahm er - gesetzlich gesprochen, glaube ich, stahl er sie - eine hölzerne Hürde zum Wert von 6 d. Für dies Vergehn <645> wurde er von den Friedensrichtern zu 14 oder 20 Tagen Gefängnis verurteilt. Ich kann Ihnen sagen, daß viele Tausende von Fällen wie der von John Gross im ganzen Lande zu finden sind, und besonders im Süden, und daß ihre Lage derart ist, daß bisher der aufrichtigste Forscher nicht imstande gewesen ist, das Geheimnis zu lösen, wie sie Leib und Seele zusammenhalten. Und nun werfen Sie Ihre Augen über das ganze Land und betrachten Sie diese 5 Mill. Familien und den verzweifelten Zustand dieser Schicht davon. Kann man nicht in Wahrheit sagen, daß die vom Stimmrecht ausgeschloßne Masse der Nation schanzt und immer wieder schanzt und fast keine Ruhe kennt? Vergleichen Sie sie mit der herrschenden Klasse - aber wenn ich das tue, so wird man mich des Kommunismus anklagen ... aber vergleichen Sie diese große sich abarbeitende und stimmrechtlose Nation mit dem Teil, den man als die herrschenden Klassen ansehen kann. Sehn Sie ihren Reichtum an, ihren Prunk, ihren Luxus. Sehn Sie ihre Mattigkeit - denn auch unter ihnen ist Mattigkeit, aber es ist die Mattigkeit des Überdrusses - und sehn Sie, wie sie von Ort zu Ort eilen, als ob es nur gelte, neue Vergnügen zu entdecken." ("Morning Star", 14. Dezember 1865.)
Es ist im nachfolgenden gezeigt, wie Mehrarbeit und daher Mehrprodukt überhaupt mit Grundrente, diesem wenigstens auf Basis der kapitalistischen Produktionsweise, quantitativ und qualitativ spezifisch bestimmten Teil des Mehrprodukts verwechselt wird. Die naturwüchsige Basis der Mehrarbeit überhaupt, d.h. eine Naturbedingung, ohne welche sie nicht möglich ist, ist die, daß die Natur - sei es in Produkten des Landes, pflanzlichen oder tierischen, sei es in Fischereien etc. - die nötigen Unterhaltsmittel gewährt bei Anwendung einer Arbeitszeit, die nicht den ganzen Arbeitstag verschlingt. Diese naturwüchsige Produktivität der agrikolen Arbeit (worin hier einfach sammelnde, jagende, fischende, Vieh züchtende eingeschlossen) ist die Basis aller Mehrarbeit; wie alle Arbeit zunächst und ursprünglich auf Aneignung und Produktion der Nahrung gerichtet ist (Das Tier gibt ja zugleich Fell zum Wärmen in kälterm Klima; außerdem Höhlenwohnungen etc.)
Dieselbe Konfusion zwischen Mehrprodukt und Bodenrente findet sich anders ausgedrückt bei Herrn Dove. Ursprünglich sind Ackerbauarbeit und industrielle Arbeit nicht getrennt; die zweite schließt sich an die erste an. Die Mehrarbeit und das Mehrprodukt des ackerbauenden Stamms, der Hausgemeinde oder Familie umfaßt sowohl agrikole wie industrielle Arbeit. Beide gehn Hand in Hand. Jagd, Fischerei, Ackerbau sind unmöglich ohne entsprechende Instrumente. Weben, Spinnen etc. werden zuerst betrieben als agrikole Nebenarbeiten.
Wir haben früher gezeigt, daß, wie die Arbeit des einzelnen Arbeiters in notwendige und Mehrarbeit zerfällt, so man die Gesamtarbeit der Arbeiterklasse derart teilen kann, daß der Teil, der die Gesamtlebensmittel für die <646> Arbeiterklasse produziert (eingeschlossen die hierfür erheischten Produktionsmittel), die notwendige Arbeit für die ganze Gesellschaft verrichtet. Die von dem ganzen übrigen Teil der Arbeiterklasse verrichtete Arbeit kann als Mehrarbeit betrachtet werden. Aber die notwendige Arbeit schließt keineswegs bloß agrikole Arbeit ein, sondern auch die Arbeit, die alle übrigen Produkte produziert, die in den Durchschnittskonsum des Arbeiters notwendig eingehn. Auch verrichten die einen, gesellschaftlich gesprochen, bloß notwendige Arbeit, weil die andern bloß Mehrarbeit verrichten, und umgekehrt. Es ist dies nur Teilung der Arbeit zwischen ihnen. Ebenso verhält es sich mit der Teilung der Arbeit zwischen agrikolen und industriellen Arbeitern überhaupt. Dem rein industriellen Charakter der Arbeit auf der einen Seite entspricht der rein agrikole auf der andern. Diese rein agrikole Arbeit ist keineswegs naturwüchsig, sondern selbst ein Produkt, und zwar ein sehr modernes, keineswegs überall erreichtes, der gesellschaftlichen Entwicklung und entspricht einer ganz bestimmten Produktionsstufe. Ebenso wie ein Teil der agrikolen Arbeit sich vergegenständlicht in Produkten, die entweder nur dem Luxus dienen oder Rohstoffe für Industrien bilden, keineswegs aber in die Nahrung, geschweige in die Nahrung der Massen eingehn, so wird andrerseits ein Teil der industriellen Arbeit vergegenständlicht in Produkten, die zu den notwendigen Konsumtionsmitteln sowohl der agrikolen wie der nicht agrikolen Arbeiter dienen. Es ist falsch, diese industrielle Arbeit - vom gesellschaftlichen Standpunkt - als Mehrarbeit aufzufassen. Sie ist zum Teil ebenso notwendige Arbeit wie der notwendige Teil der agrikolen. Sie ist auch nur verselbständigte Form eines Teils der früher mit der agrikolen Arbeit naturwüchsig verbundnen industriellen Arbeit, notwendige gegenseitige Ergänzung der jetzt von ihr getrennten rein agrikolen Arbeit. (Rein materiell betrachtet produzieren z.B. 500 mechanische Weber in viel höherm Grade Surplusgewebe, d.h. mehr, als zu ihrer eignen Kleidung erheischt ist.)
Es ist endlich bei der Betrachtung der Erscheinungsformen der Grundrente, d.h. des Pachtgeldes, das für die Benutzung des Bodens, sei es zu produktiven, sei es zu konsumtiven Zwecken, unter dem Titel der Grundrente dem Grundbesitzer gezahlt wird, festzuhalten, daß der Preis von Dingen, die an und für sich keinen Wert haben, d.h. nicht das Produkt der Arbeit sind, wie der Boden, oder die wenigstens nicht durch Arbeit reproduziert werden können, wie Altertümer, Kunstwerke bestimmter Meister etc., durch sehr zufällige Kombinationen bestimmt werden kann. Um ein Ding zu verkaufen, dazu gehört nichts, als daß es monopolisierbar und veräußerlich ist.
<647> Es sind drei Hauptirrtümer, die bei der Behandlung der Grundrente zu vermeiden sind und die die Analyse trüben.
1. Die Verwechslung der verschiednen Formen der Rente, die verschiednen Entwicklungsstufen des gesellschaftlichen Produktionsprozesses entsprechen.
Welches immer die spezifische Form der Rente sei, alle Typen derselben haben das gemein, daß die Aneignung der Rente die ökonomische Form ist, worin sich das Grundeigentum realisiert, und daß ihrerseits die Grundrente ein Grundeigentum, Eigentum bestimmter Individuen an bestimmten Stücken des Erdballs voraussetzt; sei nun der Eigentümer die Person, die das Gemeinwesen repräsentiert, wie in Asien, Ägypten etc., oder sei dies Grundeigentum nur Akzidens des Eigentums bestimmter Personen an den Personen der unmittelbaren Produzenten, wie beim Sklaven- oder Leibeignensystem, oder sei es reines Privateigentum von Nichtproduzenten an der Natur, bloßer Eigentumstitel am Boden, oder endlich, sei es ein Verhältnis zum Boden, welches, wie bei Kolonisten und kleinbäuerlichen Grundbesitzern, bei der isolierten und nicht sozial entwickelten Arbeit unmittelbar eingeschlossen scheint in der Aneignung und Produktion der Produkte bestimmter Bodenstücke durch die unmittelbaren Produzenten.
Diese Gemeinsamkeit der verschiednen Formen der Rente - ökonomische Realisierung des Grundeigentums zu sein, der juristischen Fiktion, kraft deren verschiedne Individuen bestimmte Teile des Erdballs ausschließlich besitzen - läßt die Unterschiede übersehn.
2. Alle Grundrente ist Mehrwert, Produkt von Mehrarbeit. Sie ist noch direkt Mehrprodukt in ihrer unentwickeltern Form, der Naturalrente. Daher der Irrtum, daß die der kapitalistischen Produktionsweise entsprechende Rente, die stets Überschuß über den Profit, d.h. über einen Wertteil der Ware ist, der selbst aus Mehrwert (Mehrarbeit) besteht - daß dieser besondre und spezifische Bestandteil des Mehrwerts dadurch erklärt sei, daß man die allgemeinen Existenzbedingungen von Mehrwert und Profit überhaupt erklärt. Diese Bedingungen sind: Die unmittelbaren Produzenten müssen über die Zeit hinaus arbeiten, die zur Reproduktion ihrer eignen Arbeitskraft, ihrer selbst erheischt ist. Sie müssen Mehrarbeit überhaupt verrichten. Dies ist die subjektive Bedingung. Aber die objektive ist, daß sie auch Mehrarbeit verrichten können; daß die Naturbedingungen derart sind, daß ein Teil ihrer disponiblen Arbeitszeit zu ihrer Reproduktion und Selbsterhaltung als Produzenten hinreicht, daß die Produktion ihrer notwendigen Lebensmittel nicht ihre ganze Arbeitskraft konsumiert. Die <648> Fruchtbarkeit der Natur bildet hier eine Grenze, einen Ausgangspunkt, eine Basis. Andrerseits bildet die Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft ihrer Arbeit die andre. Noch näher betrachtet, da die Produktion der Nahrungsmittel die allererste Bedingung ihres Lebens und aller Produktion überhaupt ist, muß die in dieser Produktion aufgewandte Arbeit, also die agrikole Arbeit im weitesten ökonomischen Sinn, fruchtbar genug sein, damit nicht die ganze disponible Arbeitszeit in der Produktion von Nahrungsmitteln für die unmittelbaren Produzenten absorbiert wird; also agrikole Mehrarbeit und daher agrikoles Mehrprodukt möglich sei. Weiter entwickelt, daß die agrikole Gesamtarbeit - notwendige und Mehrarbeit - eines Teils der Gesellschaft hinreicht, um die notwendigen Nahrungsmittel für die ganze Gesellschaft, also auch für die nicht agrikolen Arbeiter zu erzeugen; daß also diese große Teilung der Arbeit zwischen Ackerbauern und Industriellen möglich ist, und ebenso die zwischen denen der Ackerbauern, die Nahrung produzieren, und denen, die Rohstoffe produzieren. Obgleich die Arbeit der unmittelbaren Nahrungsproduzenten für sie selbst in notwendige und Mehrarbeit zerfällt, stellt sie so, in bezug auf die Gesellschaft, die nur zur Produktion der Nahrungsmittel erheischte notwendige Arbeit dar. Dasselbe findet übrigens statt bei aller Teilung der Arbeit innerhalb der ganzen Gesellschaft, im Unterschied von der Teilung der Arbeit innerhalb der einzelnen Werkstatt. Es ist die zur Produktion besondrer Artikel - zur Befriedigung eines besondren Bedürfnisses der Gesellschaft für besondre Artikel notwendige Arbeit. Ist diese Verteilung proportionell, so werden die Produkte der verschiednen Gruppen zu ihren Werten (bei weitrer Entwicklung zu ihren Produktionspreisen) verkauft, oder aber zu Preisen, die, durch allgemeine Gesetze bestimmte, Modifikationen dieser Werte resp. Produktionspreise sind. Es ist in der Tat das Gesetz des Werts, wie es sich geltend macht, nicht in bezug auf die einzelnen Waren oder Artikel, sondern auf die jedesmaligen Gesamtprodukte der besondren, durch die Teilung der Arbeit verselbständigten gesellschaftlichen Produktionssphären; so daß nicht nur auf jede einzelne Ware nur die notwendige Arbeitszeit verwandt ist, sondern daß von der gesellschaftlichen Gesamtarbeitszeit nur das nötige proportionelle Quantum in den verschiednen Gruppen verwandt ist. Denn Bedingung bleibt der Gebrauchswert. Wenn aber der Gebrauchswert bei der einzelnen Ware davon abhängt, daß sie an und für sich ein Bedürfnis befriedigt, so bei der gesellschaftlichen Produktenmasse davon, daß sie dem quantitativ bestimmten gesellschaftlichen Bedürfnis für jede besondere Art von Produkt adäquat, und die Arbeit daher im Verhältnis dieser gesellschaftlichen Bedürfnisse, die quanti- <649> tativ umschrieben sind, in die verschiednen Produktionssphären proportionell verteilt ist. (Dieser Punkt heranzuziehn bei der Verteilung des Kapitals in die verschiednen Produktionssphären.) Das gesellschaftliche Bedürfnis, d.h. der Gebrauchswert auf gesellschaftlicher Potenz, erscheint hier bestimmend für die Quota der gesellschaftlichen Gesamtarbeitszeit, die den verschiednen besondren Produktionssphären anheimfallen. Es ist aber nur dasselbe Gesetz, das sich schon bei der einzelnen Ware zeigt, nämlich: daß ihr Gebrauchswert Voraussetzung ihres Tauschwerts und damit ihres Werts ist. Dieser Punkt hat mit dem Verhältnis zwischen notwendiger und Mehrarbeit nur so viel zu tun, daß mit Verletzung dieser Proportion der Wert der Ware, also auch der in ihm steckende Mehrwert, nicht realisiert werden kann. Z.B. es sei proportionell zuviel Baumwollgewebe produziert, obgleich in diesem Gesamtprodukt von Gewebe nur die unter den gegebnen Bedingungen dafür notwendige Arbeitszeit realisiert. Aber es ist überhaupt zuviel gesellschaftliche Arbeit in diesem besondren Zweig verausgabt; d.h. ein Teil des Produkts ist nutzlos. Das Ganze verkauft sich daher nur, als ob es in der notwendigen Proportion produziert wäre. Diese quantitative Schranke der auf die verschiednen besondren Produktionssphären verwendbaren Quoten der gesellschaftlichen Arbeitszeit ist nur weiterentwickelter Ausdruck des Wertgesetzes überhaupt; obgleich die notwendige Arbeitszeit hier einen andern Sinn enthält. Es ist nur soundso viel davon notwendig zur Befriedigung des gesellschaftlichen Bedürfnisses. Die Beschränkung tritt hier ein durch den Gebrauchswert. Die Gesellschaft kann, unter den gegebnen Produktionsbedingungen, nur so viel von ihrer Gesamtarbeitszeit auf diese einzelne Art von Produkt verwenden. Aber die subjektiven und objektiven Bedingungen von Mehrarbeit und Mehrwert überhaupt haben mit der bestimmten Form, sei es des Profits, sei es der Rente, nichts zu tun. Sie gelten für den Mehrwert als solchen, welche besondre Form er immer annehme. Sie erklären die Grundrente daher nicht.
3. Gerade bei der ökonomischen Verwertung des Grundeigentums, bei der Entwicklung der Grundrente, tritt als besonders eigentümlich dies hervor, daß ihr Betrag durchaus nicht durch Dazutun ihres Empfängers bestimmt ist, sondern durch die von seinem Zutun unabhängige Entwicklung der gesellschaftlichen Arbeit, an der er keinen Teil nimmt. Es wird daher leicht etwas als Eigentümlichkeit der Rente (und des Agrikulturprodukts überhaupt) gefaßt, was auf Basis der Warenproduktion, und näher der kapitalistischen Produktion, die in ihrem ganzen Umfang Warenproduktion ist, allen Produktionszweigen und allen ihren Produkten gemeinschaftlich ist.
<650> Die Höhe der Bodenrente (und mit ihr der Wert des Bodens) entwickelt sich im Fortgang der gesellschaftlichen Entwicklung als Resultat der gesellschaftlichen Gesamtarbeit. Einerseits wächst damit der Markt und die Nachfrage nach Bodenprodukten, andrerseits unmittelbar die Nachfrage nach Grund und Boden selbst, als konkurrierender Produktionsbedingung für alle möglichen, auch nicht agrikolen Geschäftszweige. Näher, die Rente, und damit der Wert des Bodens, um nur von der eigentlichen Ackerbaurente zu sprechen, entwickelt sich mit dem Markt für das Bodenprodukt und daher mit dem Wachstum der nicht agrikolen Bevölkerung; mit ihrem Bedürfnis und ihrer Nachfrage teils für Nahrungsmittel, teils für Rohstoffe. Es liegt in der Natur der kapitalistischen Produktionsweise, daß sie die ackerbauende Bevölkerung fortwährend vermindert im Verhältnis zur nicht ackerbauenden, weil in der Industrie (im engern Sinn) das Wachstum des konstanten Kapitals, im Verhältnis zum variablen, verbunden ist mit dem absoluten Wachstum, obgleich der relativen Abnahme, des variablen Kapitals; während in der Agrikultur das variable Kapital absolut abnimmt, das zur Exploitation eines bestimmten Bodenstücks erfordert ist, also nur wachsen kann, soweit neuer Boden bebaut wird, dies aber wieder voraussetzt noch größres Wachstum der nicht agrikolen Bevölkerung.
In der Tat liegt hier nicht eine dem Ackerbau und seinen Produkten eigentümliche Erscheinung vor. Vielmehr gilt dasselbe auf Basis der Warenproduktion und ihrer absoluten Form, der kapitalistischen Produktion, für alle andren Produktionszweige und Produkte.
Diese Produkte sind Waren, Gebrauchswerte, die einen Tauschwert, und zwar einen realisierbaren, in Geld verwandelbaren Tauschwert besitzen nur in dem Umfang, worin andre Waren ein Äquivalent für sie bilden, andre Produkte ihnen als Waren und als Werte gegenübertreten; in dem Umfang also, worin sie nicht produziert werden als unmittelbare Subsistenzmittel für ihre Produzenten selbst, sondern als Waren, als Produkte, die nur durch Verwandlung in Tauschwert (Geld), durch ihre Veräußerung, zu Gebrauchswerten werden. Der Markt für diese Waren entwickelt sich durch die gesellschaftliche Teilung der Arbeit; die Scheidung der produktiven Arbeiten verwandelt ihre respektiven Produkte wechselseitig in Waren, in Äquivalente füreinander, macht sie sich wechselseitig als Markt dienen. Es ist dies durchaus nichts den Agrikulturprodukten Eigentümliches.
Die Rente kann sich als Geldrente nur entwickeln auf Basis der Warenproduktion, näher der kapitalistischen Produktion, und sie entwickelt sich in demselben Maß, worin die agrikole Produktion Warenproduktion wird; also in demselben Maß, worin sich die nicht agrikole Produktion ihr gegen- <651> über selbständig entwickelt; denn in demselben Maß wird das Ackerbauprodukt Ware, Tauschwert und Wert. In demselben Maß, wie sich mit der kapitalistischen Produktion die Warenproduktion entwickelt, und daher die Produktion von Wert, entwickelt sich die Produktion von Mehrwert und Mehrprodukt. Aber in demselben Maß, wie letztre sich entwickelt, entwickelt sich die Fähigkeit des Grundeigentums, einen wachsenden Teil dieses Mehrwerts, vermittelst seines Monopols an der Erde, abzufangen, daher den Wert seiner Rente zu steigern und den Preis des Bodens selbst. Der Kapitalist ist noch selbsttätiger Funktionär in der Entwicklung dieses Mehrwerts und Mehrprodukts. Der Grundeigentümer hat nur den so ohne sein Zutun wachsenden Anteil am Mehrprodukt und Mehrwert abzufangen. Dies ist das Eigentümliche seiner Stellung, nicht aber dies, daß der Wert der Bodenprodukte und daher des Bodens immer wächst in dem Maß, wie der Markt sich dafür erweitert, die Nachfrage zunimmt und mit ihr die Warenwelt, die dem Bodenprodukt gegenübersteht, also in andren Worten die Masse der nicht agrikolen Warenproduzenten und der nicht agrikolen Warenproduktion. Da dies aber ohne sein Zutun geschieht, erscheint es bei ihm als etwas Spezifisches, daß Wertmasse, Masse des Mehrwerts und Verwandlung eines Teils dieses Mehrwerts in Bodenrente von dem gesellschaftlichen Produktionsprozeß, von der Entwicklung der Warenproduktion überhaupt abhängt. Daher will z.B. Dove hieraus die Rente entwickeln. Er sagt, die Rente hängt ab nicht von der Masse des agrikolen Produkts, sondern von seinem Wert; dieser aber hängt ab von der Masse und der Produktivität der nicht agrikolen Bevölkerung. Dies gilt aber von jedem andern Produkt, daß es sich nur als Ware entwickelt teils mit der Masse, teils mit der Mannigfaltigkeit der Reihe andrer Waren, die Äquivalente dafür bilden. Es ist dies schon bei der allgemeinen Darstellung des Werts gezeigt worden <Siehe Band 13, S. 25/26 und Band 23, S. 103>. Einerseits hängt die Tauschfähigkeit eines Produkts überhaupt ab von der Vielfachheit der Waren, die außer ihm existieren. Andrerseits hängt davon im besondren ab die Masse, worin es selbst als Ware produziert werden kann.
Kein Produzent, der Industrielle sowenig wie der Ackerbauer, isoliert betrachtet, produziert Wert oder Ware. Sein Produkt wird nur Wert und Ware in bestimmtem gesellschaftlichen Zusammenhang. Erstens, soweit es als Darstellung gesellschaftlicher Arbeit erscheint, also seine eigne Arbeitszeit als Teil der gesellschaftlichen Arbeitszeit überhaupt; zweitens: dieser gesellschaftliche Charakter seiner Arbeit erscheint als ein seinem Produkt <652> aufgeprägter gesellschaftlicher Charakter, in seinem Geldcharakter und in seiner durch den Preis bestimmten allgemeinen Austauschbarkeit.
Wenn also einerseits, statt die Rente zu erklären, Mehrwert oder in noch bornierterer Fassung Mehrprodukt überhaupt erklärt wird, so wird hier andrerseits das Versehen begangen, einen Charakter, der allen Produkten als Waren und Werten zukommt, den Ackerbauprodukten ausschließlich zuzuschreiben. Noch mehr wird dies verflacht, wenn von der allgemeinen Bestimmung des Werts auf die Realisierung eines bestimmten Warenwerts zurückgegangen wird. Jede Ware kann ihren Wert nur realisieren im Zirkulationsprozeß, und ob und wieweit sie ihn realisiert, hängt von den jedesmaligen Marktbedingungen ab.
Es ist also nicht das Eigentümliche der Grundrente, daß die Agrikulturprodukte sich zu Werten und als Werte entwickeln, d.h. daß sie als Waren den andern Waren und die nicht agrikolen Produkte ihnen als Waren gegenübertreten, oder daß sie sich als besondre Ausdrücke gesellschaftlicher Arbeit entwickeln. Das Eigentümliche ist, daß mit den Bedingungen, worin sich die Agrikulturprodukte als Werte (Waren) entwickeln, und mit den Bedingungen der Realisation ihrer Werte auch die Macht des Grundeigentums sich entwickelt, einen wachsenden Teil dieser ohne sein Zutun geschaffnen Werte sich anzueignen, ein wachsender Teil des Mehrwerts sich in Grundrente verwandelt.
Fußnoten
(26) Nichts kann komischer sein als Hegels Entwicklung des Privatgrundeigentums. Der Mensch als Person muß seinem Willen Wirklichkeit geben als der Seele der äußern Natur, daher diese Natur als sein Privateigentum in Besitz nehmen. Wenn dies die Bestimmung "der Person" ist, des Menschen als Person, so würde folgen, daß jeder Mensch Grundeigentümer sein muß, um sich als Person zu verwirklichen. Das freie Privateigentum an Grund und Boden - ein sehr modernes Produkt - ist nach Hegel nicht ein bestimmtes gesellschaftliches Verhältnis, sondern ein Verhältnis des Menschen als Person zur "Natur", "absolutes Zueignungsrecht des Menschen auf alle Sachen". (Hegel, "Philosophie des Rechts", Berlin 1840, S. 79.) Soviel ist zunächst klar, daß die einzelne Person sich nicht durch ihren "Willen" als Eigentümer behaupten kann gegenüber dem fremden Willen, der sich ebenfalls in demselben Fetzen Erdkörper verleiblichen will. Es gehören dazu ganz andre Dinge als der gute Wille. Es ist ferner absolut nicht abzusehn, wo "die Person" sich die Schranke der Verwirklichung ihres Willens setzt, ob das Dasein ihres Willens sich in einem ganzen Land realisiert oder ob sie einen ganzen Haufen Länder braucht, um durch deren Aneignung "die Hoheit meines Willens gegen die Sache zu manifestieren". [S. 80.] Hier gerät Hegel denn auch vollständig in die Brüche. "Die Besitznahme ist ganz vereinzelter Art; ich nehme nicht mehr in Besitz, als ich mit meinem Körper berühre, aber das zweite ist sogleich, daß die äußern Dinge eine weitre Ausdehnung haben, als ich fassen kann. Indem ich so was in Besitz habe, ist such damit ein andres in Verbindung. Ich übe die Besitznahme durch die Hand, aber der Bereich derselben kann erweitert werden." (p. 90, 91.) Aber mit diesem andren ist wieder etwas andres in Verbindung, und so verschwindet die Grenze, wie weit sich mein Wille als Seele in den Boden auszugießen hat. "Wenn ich etwas besitze, so geht der Verstand gleich dahin über, daß nicht bloß das unmittelbar Beseßne, sondern das damit Zusammenhängende mein sei. Hier muß das positive Recht seine Feststellungen machen, denn aus dem Begriffe läßt sich nichts weiter herleiten." (p .9l.) Dies ist ein außerordentlich naives Geständnis "des Begriffs" und beweist, daß der Begriff, der von vornherein den Schnitzer macht, eine ganz bestimmte und der bürgerlichen Gesellschaft angehörige juristische Vorstellung vom Grundeigentum für absolut zu halten, von den wirklichen Gestaltungen dieses Grundeigentums "nichts" begreift. Es ist zugleich das Geständnis darin enthalten, daß mit den wechselnden Bedürfnissen der gesellschaftlichen, d.h. ökonomischen Entwicklung das "positive Recht" seine Feststellungen wechseln kann und muß. <=
(27) Ganz konservative Agrikulturchemiker, wie z.B. Johnston, geben zu, daß eine wirklich rationelle Agrikultur überall am Privateigentum unüberwindliche Schranken findet. Dasselbe tun Schriftsteller, welche Verteidiger ex professo des Monopols des Privateigentums am Erdball sind, so z.B. Herr Charles Comte in einem zweibändigen Werk, das die Verteidigung des Privateigentums zum speziellen Zweck hat. "Ein Volk", sagt er, "kann den aus seiner Natur sich ergebenden Grad des Wohlstands und der Macht nicht erreichen, es sei denn, daß jeder Teil des Bodens, der es ernährt, die Bestimmung erhält, die am meisten mit dem allgemeinen Interesse im Einklang steht. Um seinen Reichtümern eine große Entwicklung zu gehen, müßte wenn möglich ein einziger und vor allem aufgeklärter Wille die Verfügung über jedes einzelne Stück seines Gebiets in die Hand nehmen und jedes Stück zur Prosperität aller andren beitragen machen. Aber die Existenz eines solchen Willens ... würde unverträglich sein mit der Teilung des Bodens in Privatgrundstücke ... und mit der, jedem Besitzer gewährleisteten Fähigkeit, über sein Vermögen in fast absoluter Weise zu verfügen." Johnston, Comte etc. haben bei dem Widerspruch des Eigentums mit einer rationellen Agronomie nur die Notwendigkeit im Auge, den Boden eines Landes als ein Ganzes zu bebauen. Aber die Abhängigkeit der Kultur der besondren Erdprodukte von den Schwankungen der Marktpreise, und der beständige Wechsel dieser Kultur mit diesen Preisschwankungen, der ganze Geist der kapitalistischen Produktion, der auf den unmittelbaren nächsten Geldgewinn gerichtet ist, widerspricht der Agrikultur, die mit den gesamten ständigen Lebensbedingungen der sich verkettenden Menschengenerationen zu wirtschaften hat. Ein schlagendes Beispiel davon sind die Waldungen, die nur da zuweilen einigermaßen dem Gesamtinteresse gemäß bewirtschaftet werden, wo sie nicht Privateigentum, sondern der Staatsverwaltung unterworfen sind. <=
(28) "Misère de la Philosophie", p. 165. Ich mache dort den Unterschied zwischen terre-matière und terre-capital. "Man braucht nur in bereits in Produktionsmittel verwandelte Grundstücke weitere Kapitalanlagen hineinzustecken, um das Bodenkapital zu vermehren, ohne etwas an dem Bodenstoff, das heißt der Ausdehnung des Bodens hinzuzufügen ... Das Bodenkapital ist ebensowenig ewig wie jedes andere Kapital ... Das Bodenkapital ist ein fixes Kapital, aber das fixe Kapital nutzt sich ebenso ab wie die zirkulierenden Kapitalien." <Siehe Band 4, S. 173/174> <=
(29) Ich sage "kann", weil unter gewissen Umständen dieser Zins vom Gesetz der Grundrente reguliert wird und daher, z.B. bei Konkurrenz neuer Ländereien von großer natürlicher Fruchtbarkeit, verschwinden kann. <=
(30) Siehe James Anderson und Carey. <=
(31) Siehe die Anti-Corn-Law Prize-Essays. Indes hielten die Korngesetze immer die Preise auf künstlich höherm Niveau. Für die bessern Pächter war dies günstig. Sie profitierten von dem stationären Zustand, worin der Schutzzoll die große Masse der Pächter hielt, die sich mit oder ohne Grund auf den exzeptionellen Durchschnittspreis verließen. <=
(32) John C. Morton, "The Forces used in Agriculture", Vortrag in der Londoner Society of Arts in 1859, und begründet auf authentische Dokumente, gesammelt bei ungefähr 100 Pächtern aus 12 schottischen und 35 englischen Grafschaften. <=