7. Kapitel. Die Rate des Mehrwerts | Inhalt | 9. Kapitel. Rate und Masse des Mehrwerts
Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 23, "Das Kapital", Bd. I, Dritter Abschnitt, S. 245 - 320ACHTES KAPITEL
Der Arbeitstag
1. Die Grenzen des Arbeitstags
<245> Wir gingen von der Voraussetzung aus, daß die Arbeitskraft zu ihrem Werte gekauft und verkauft wird. Ihr Wert, wie der jeder andren Ware, wird bestimmt durch die zu ihrer Produktion nötige Arbeitszeit. Erheischt also die Produktion der durchschnittlichen täglichen Lebensmittel des Arbeiters 6 Stunden, so muß er im Durchschnitt 6 Stunden per Tag arbeiten, um seine Arbeitskraft täglich zu produzieren oder den in ihrem Verkauf erhaltnen Wert zu reproduzieren. Der notwendige Teil seines Arbeitstags beträgt dann 6 Stunden und ist daher, unter sonst gleichbleibenden Umständen, eine gegebne Größe. Aber damit ist die Größe des Arbeitstags selbst noch nicht gegeben.
Nehmen wir an, die Linie a______b stelle die Dauer oder Länge der notwendigen Arbeitszeit vor, sage 6 Stunden. Je nachdem die Arbeit über a b um 1, 3 oder 6 Stunden usw. verlängert wird, erhalten wir die 3 verschiednen Linien:
Arbeitstag I
a______b_c,
Arbeitstag II
a______b___c,
Arbeitstag III
a______b______c,
die drei verschiedne Arbeitstage von 7, 9 und 12 Stunden vorstellen. Die Verlängrungslinie b c stellt die Länge der Mehrarbeit vor. Da der Arbeitstag = a b + b c oder a c ist, variiert er mit der variablen Größe b c. Da a b gegeben ist, kann das Verhältnis von b c zu a b stets gemessen werden. Er beträgt in Arbeitstag I 1/6, in Arbeitstag II 3/6 und in Arbeitstag III 6/6 <246> von a b. Da ferner die Proportion (Mehrarbeitszeit)/(Notwendige Arbeitszeit) die Rate des Mehrwerts bestimmt, ist letztre gegeben durch jenes Verhältnis. Sie beträgt in den drei verschiednen Arbeitstagen respektive 162/3, 50 und 100%. Umgekehrt würde die Rate des Mehrwerts allein uns nicht die Größe des Arbeitstags geben. Wäre sie z.B. gleich 100%, so könnte der Arbeitstag 8-, 10-, 12stündig usw. sein. Sie würde anzeigen, daß die zwei Bestandteile des Arbeitstags, notwendige Arbeit und Mehrarbeit, gleich groß sind, aber nicht, wie groß jeder dieser Teile.
Der Arbeitstag ist also keine konstante, sondern eine variable Größe. Einer seiner Teile ist zwar bestimmt durch die zur beständigen Reproduktion des Arbeiters selbst erheischte Arbeitszeit, aber seine Gesamtgröße wechselt mit der Länge oder Dauer der Mehrarbeit. Der Arbeitstag ist daher bestimmbar, aber an und für sich unbestimmt.(35)
Obgleich nun der Arbeitstag keine feste, sondern eine fließende Größe ist, kann er andrerseits nur innerhalb gewisser Schranken variieren. Seine Minimalschranke ist jedoch unbestimmbar. Allerdings, setzen wir die Verlängerungslinie b c, oder die Mehrarbeit, = 0, so erhalten wir eine Minimalschranke, nämlich den Teil des Tags, den der Arbeiter notwendig zu seiner Selbsterhaltung arbeiten muß. Auf Grundlage der kapitalistischen Produktionsweise kann die notwendige Arbeit aber immer nur einen Teil seines Arbeitstages bilden, der Arbeitstag sich also nie auf dies Minimum verkürzen. Dagegen besitzt der Arbeitstag eine Maximalschranke. Er ist über eine gewisse Grenze hinaus nicht verlängerbar. Diese Maximalschranke ist doppelt bestimmt. Einmal durch die physische Schranke der Arbeitskraft. Ein Mensch kann während des natürlichen Tags von 24 Stunden nur ein bestimmtes Quantum Lebenskraft verausgaben. So kann ein Pferd tagaus, tagein nur 8 Stunden arbeiten. Während eines Teils des Tags muß die Kraft ruhen, schlafen, während eines andren Teils hat der Mensch andre physische Bedürfnisse zu befriedigen, sich zu nähren, reinigen, kleiden usw. Außer dieser rein physischen Schranke stößt die Verlängrung des Arbeitstags auf moralische Schranken. Der Arbeiter braucht Zeit zur Befriedigung geistiger und sozialer Bedürfnisse, deren Umfang und Zahl durch den allgemeinen Kulturzustand bestimmt sind. Die Variation des Arbeitstags bewegt sich daher innerhalb physischer und sozialer Schranken. Beide <247> Schranken sind aber sehr elastischer Natur und erlauben den größten Spielraum. So finden wir Arbeitstage von 8, 10, 12, 14, 16, 18 Stunden, also von der verschiedensten Länge.
Der Kapitalist hat die Arbeitskraft zu ihrem Tageswert gekauft. Ihm gehört ihr Gebrauchswert während eines Arbeitstags. Er hat also das Recht erlangt, den Arbeiter während eines Tags für sich arbeiten zu lassen. Aber was ist ein Arbeitstag?(36) Jedenfalls weniger als ein natürlicher Lebenstag. Um wieviel? Der Kapitalist hat seine eigne Ansicht über dies ultima Thule, die notwendige Schranke des Arbeitstags. Als Kapitalist ist er nur personifiziertes Kapital. Seine Seele ist die Kapitalseele. Das Kapital hat aber einen einzigen Lebenstrieb, den Trieb, sich zu verwerten, Mehrwert zu schaffen, mit seinem konstanten Teil, den Produktionsmitteln, die größtmögliche Masse Mehrarbeit einzusaugen.(37) Das Kapital ist verstorbne Arbeit, die sich nur vampyrmäßig belebt durch Einsaugung lebendiger Arbeit und um so mehr lebt, je mehr sie davon einsaugt. Die Zeit, während deren der Arbeiter arbeitet, ist die Zeit, während deren der Kapitalist die von ihm gekaufte Arbeitskraft konsumiert.(38) Konsumiert der Arbeiter seine disponible Zeit für sich selbst, so bestiehlt er den Kapitalisten.(39)
Der Kapitalist beruft sich also auf das Gesetz des Warenaustausches. Er, wie jeder andre Käufer, sucht den größtmöglichen Nutzen aus dem Gebrauchswert seiner Ware herauszuschlagen. Plötzlich aber erhebt sich die <248> Stimme des Arbeiters, die im Sturm und Drang des Produktionsprozesses verstummt war:
Die Ware, die ich dir verkauft habe, unterscheidet sich von dem andren Warenpöbel dadurch, daß ihr Gebrauch Wert schafft und größren Wert als sie selbst kostet. Dies war der Grund, warum du sie kauftest. Was auf deiner Seite als Verwertung von Kapital erscheint, ist auf meiner Seite überschüssige Verausgabung von Arbeitskraft. Du und ich kennen auf dem Marktplatz nur ein Gesetz, das des Warenaustausches. Und der Konsum der Ware gehört nicht dem Verkäufer, der sie veräußert, sondern dem Käufer, der sie erwirbt. Dir gehört daher der Gebrauch meiner täglichen Arbeitskraft. Aber vermittelst ihres täglichen Verkaufspreises muß ich sie täglich reproduzieren und daher von neuem verkaufen können. Abgesehn von dem natürlichen Verschleiß durch Alter usw., muß ich fähig sein, morgen mit demselben Normalzustand von Kraft, Gesundheit und Frische zu arbeiten, wie heute. Du predigst mir beständig das Evangelium der "Sparsamkeit" und "Enthaltung". Nun gut! Ich will wie ein vernünftiger, sparsamer Wirt mein einziges Vermögen, die Arbeitskraft, haushalten und mich jeder tollen Verschwendung derselben enthalten. Ich will täglich nur soviel von ihr flüssig machen, in Bewegung, in Arbeit umsetzen, als sich mit ihrer Normaldauer und gesunden Entwicklung verträgt. Durch maßlose Verlängrung des Arbeitstags kannst du in einem Tage ein größres Quantum meiner Arbeitskraft flüssig machen, als ich in drei Tagen ersetzen kann. Was du so an Arbeit gewinnst, verliere ich an Arbeitssubstanz. Die Benutzung meiner Arbeitskraft und die Beraubung derselben sind ganz verschiedne Dinge. Wenn die Durchschnittsperiode, die ein Durchschnittsarbeiter bei vernünftigem Arbeitsmaß leben kann, 30 Jahre beträgt, ist der Wert meiner Arbeitskraft, den du mir einen Tag in den andren zahlst, 1/365 x 30 oder 1/10950 ihres Gesamtwerts. Konsumierst du sie aber in 10 Jahren, so zahlst du mir täglich 1/10950 statt 1/3650 ihres Gesamtwerts, also nur 1/3 ihres Tageswerts, und stiehlst mir daher täglich 2/3 des Werts meiner Ware. Du zahlst mir eintägige Arbeitskraft, wo du dreitägige verbrauchst. Das ist wider unsren Vertrag und das Gesetz des Warenaustausches. Ich verlange also einen Arbeitstag von normaler Länge, und ich verlange ihn ohne Appell an dein Herz, denn in Geldsachen hört die Gemütlichkeit auf. Du magst ein Musterbürger sein, vielleicht Mitglied des Vereins zur Abschaffung der Tierquälerei und obendrein im Geruch der Heiligkeit stehn, aber dem Ding, das du mir gegenüber repräsentierst, schlägt kein Herz in seiner Brust. Was darin zu pochen scheint, ist mein eigner Herzschlag. Ich verlange den <249> Normalarbeitstag, weil ich den Wert meiner Ware verlange, wie jeder andre Verkäufer.(40)
Man sieht: Von ganz elastischen Schranken abgesehn, ergibt sich aus der Natur des Warenaustausches selbst keine Grenze des Arbeitstags, also keine Grenze der Mehrarbeit. Der Kapitalist behauptet sein Recht als Käufer, wenn er den Arbeitstag so lang als möglich und womöglich aus einem Arbeitstag zwei zu machen sucht. Andrerseits schließt die spezifische Natur der verkauften Ware eine Schranke ihres Konsums durch den Käufer ein, und der Arbeiter behauptet sein Recht als Verkäufer, wenn er den Arbeitstag auf eine bestimmte Normalgröße beschränken will. Es findet hier also eine Antinomie statt, Recht wider Recht, beide gleichmäßig durch das Gesetz des Warenaustausches besiegelt. Zwischen gleichen Rechten entscheidet die Gewalt. Und so stellt sich in der Geschichte der kapitalistischen Produktion die Normierung des Arbeitstags als Kampf um die Schranken des Arbeitstags dar - ein Kampf zwischen dem Gesamtkapitalisten, d.h. der Klasse der Kapitalisten, und dem Gesamtarbeiter, oder der Arbeiterklasse.
2. Der Heißhunger nach Mehrarbeit. Fabrikant und Bojar
Das Kapital hat die Mehrarbeit nicht erfunden. Überall, wo ein Teil der Gesellschaft das Monopol der Produktionsmittel besitzt, muß der Arbeiter, frei oder unfrei, der zu seiner Selbsterhaltung notwendigen Arbeitszeit überschüssige Arbeitszeit zusetzen, um die Lebensmittel für den Eigner der Produktionsmittel zu produzieren (41), sei dieser Eigentümer nun atheniensischer kaloz k'agadoz [griechisch: kalos k'agathos] <Aristokrat>, etruskischer Theokrat, civis romanus <römischer Bürger>, normännischer Baron, amerikanischer Sklavenhalter, walachischer Bojar, <250> moderner Landlord oder Kapitalist.(42) Indes ist klar, daß, wenn in einer ökonomischen Gesellschaftsformation nicht der Tauschwert, sondern der Gebrauchswert des Produkts vorwiegt, die Mehrarbeit durch einen engern oder weitern Kreis von Bedürfnissen beschränkt ist, aber kein schrankenloses Bedürfnis nach Mehrarbeit aus dem Charakter der Produktion selbst entspringt. Entsetzlich zeigt sich daher im Altertum die Überarbeit, wo es gilt, den Tauschwert in seiner selbständigen Geldgestalt zu gewinnen, in der Produktion von Gold und Silber. Gewaltsames zu Tod arbeiten ist hier die offizielle Form der Überarbeit. Man lese nur den Diodorus Siculus.(43) Doch sind dies Ausnahmen in der alten Welt. Sobald aber Völker, deren Produktion sich noch in den niedrigren Formen der Sklavenarbeit, Fronarbeit usw. bewegt, hineingezogen werden in einen durch die kapitalistische Produktionsweise beherrschten Weltmarkt, der den Verkauf ihrer Produkte ins Ausland zum vorwiegenden Interesse entwickelt, wird den barbarischen Greueln der Sklaverei, Leibeigenschaft usw. der zivilisierte Greuel der Überarbeit aufgepfropft. Daher bewahrte die Negerarbeit in den südlichen Staaten der amerikanischen Union einen gemäßigt patriarchalischen Charakter, solange die Produktion hauptsächlich auf den unmittelbaren Selbstbedarf gerichtet war. In dem Grade aber, wie der Baumwollexport zum Lebensinteresse jener Staaten, ward die Überarbeitung des Negers, hier und da die Konsumtion seines Lebens in sieben Arbeitsjahren, Faktor eines berechneten und berechnenden Systems. Es galt nicht mehr, eine gewisse Masse nützlicher Produkte aus ihm herauszuschlagen. Es galt nun der Produktion des Mehrwerts selbst. Ähnlich mit der Fronarbeit, z.B. in den Donaufürstentümern.
Die Vergleichung des Heißhungers nach Mehrarbeit in den Donaufürstentümern mit demselben Heißhunger in englischen Fabriken bietet ein <251> besondres Interesse, weil die Mehrarbeit in der Fronarbeit eine selbständige, sinnlich wahrnehmbare Form besitzt.
Gesetzt, der Arbeitstag zähle 6 Stunden notwendiger Arbeit und 6 Stunden Mehrarbeit. So liefert der freie Arbeiter dem Kapitalisten wöchentlich 6 x 6 oder 36 Stunden Mehrarbeit. Es ist dasselbe, als arbeite er 3 Tage in der Woche für sich und 3 Tage in der Woche umsonst für den Kapitalisten. Aber dies ist nicht sichtbar. Mehrarbeit und notwendige Arbeit verschwimmen ineinander. Ich kann daher dasselbe Verhältnis z.B. auch so ausdrücken, daß der Arbeiter in jeder Minute 30 Sekunden für sich und 30 Sekunden für den Kapitalisten arbeitet usw. Anders mit der Fronarbeit. Die notwendige Arbeit, die z.B. der walachische Bauer zu seiner Selbsterhaltung verrichtet, ist räumlich getrennt von seiner Mehrarbeit für den Bojaren. Die eine verrichtet er auf seinem eignen Felde, die andre auf dem herrschaftlichen Gut. Beide Teile der Arbeitszeit existieren daher selbständig nebeneinander. In der Form der Fronarbeit ist die Mehrarbeit genau abgeschieden von der notwendigen Arbeit. An dem quantitativen Verhältnis von Mehrarbeit und notwendiger Arbeit ändert diese verschiedne Erscheinungsform offenbar nichts. Drei Tage Mehrarbeit in der Woche bleiben drei Tage Arbeit, die kein Äquivalent für den Arbeiter selbst bildet, ob sie Fronarbeit heiße oder Lohnarbeit. Bei dem Kapitalisten jedoch erscheint der Heißhunger nach Mehrarbeit im Drang zu maßloser Verlängrung des Arbeitstags, bei dem Bojaren einfacher in unmittelbarer Jagt auf Frontage.(44)
Die Fronarbeit war in den Donaufürstentümern verknüpft mit Naturalrenten und sonstigem Zubehör von Leibeigenschaft, bildete aber den entscheidenden Tribut an die herrschende Klasse. Wo dies der Fall, entsprang die Fronarbeit selten aus der Leibeigenschaft, Leibeigenschaft vielmehr meist umgekehrt aus der Fronarbeit.(44a) So in den rumänischen Provinzen.
<252> Ihre ursprüngliche Produktionsweise war auf Gemeineigentum gegründet, aber nicht auf Gemeineigentum in slawischer oder gar indischer Form. Ein Teil der Ländereien wurde als freies Privateigentum von den Mitgliedern der Gemeinde selbständig bewirtschaftet, ein andrer Teil - der ager publicus - gemeinsam von ihnen bestellt. Die Produkte dieser gemeinsamen Arbeit dienten teils als Reservefonds für Mißernten und andre Zufälle, teils als Staatsschatz zur Deckung für die Kosten von Krieg, Religion und andre Gemeindeausgaben. Im Laufe der Zeit usurpierten kriegerische und kirchliche Würdenträger mit dem Gemeineigentum die Leistungen für dasselbe. Die Arbeit der freien Bauern auf ihrem Gemeindeland verwandelte sich in Fronarbeit für die Diebe des Gemeindelandes. Damit entwickelten sich zugleich Leibeigenschafts-Verhältnisse, jedoch nur tatsächlich, nicht gesetzlich, bis das weltbefreiende Rußland unter dem Vorwand, die Leibeigenschaft abzuschaffen, sie zum Gesetz erhob. Der Kodex der Fronarbeit, den der russische General Kisselew 1831 proklamierte, war natürlich von den Bojaren selbst diktiert. Rußland eroberte so mit einem Schlag die Magnaten der Donaufürstentümer und den Beifallsklatsch der liberalen Kretins von ganz Europa.
Nach dem "Règlement organique", so heißt jener Kodex der Fronarbeit, schuldet jeder walachische Bauer, außer einer Masse detaillierter Naturalabgaben, dem sog. Grundeigentümer 1. zwölf Arbeitstage überhaupt, 2. einen Tag Feldarbeit und 3. einen Tag Holzfuhre. Summa summarum 14 Tage im Jahre. Mit tiefer Einsicht in die politische Ökonomie wird jedoch der Arbeitstag nicht in seinem ordinären Sinn genommen, sondern der zur Herstellung eines täglichen Durchschnittsprodukts notwendige Arbeitstag, aber das tägliche Durchschnittsprodukt ist pfiffigerweise so bestimmt, daß kein Zyklope in 24 Stunden damit fertig würde. In den dürren Worten echt russischer Ironie erklärt daher das "Règlement" selbst, unter 12 Arbeitstagen sei das Produkt einer Handarbeit von 36 Tagen zu verstehn, unter einem Tag Feldarbeit drei Tage, und unter einem Tag Holzfuhr ebenfalls das Dreifache. Summa: 42 Frontage. Es kommt aber hinzu die sog. Jobagie, Dienstleistungen, die dem Grundherrn für außerordentliche Produktionsbedürfnisse gebühren. Im Verhältnis zur Größe seiner Bevölkerung hat jedes Dorf jährlich ein bestimmtes Kontingent zur Jobagie zu stellen. Diese zusätzliche Fronarbeit wird für jeden walachischen Bauer auf 14 Tage geschätzt. So beträgt die vorgeschriebne Fronarbeit 56 Arbeitstage jährlich. Das Ackerbaujahr zählt aber in der Walachei wegen des schlechten Klimas nur 210 Tage, wovon 40 für Sonn- und Feiertage, 30 durchschnittlich für Unwetter, zusammen <253> 70 Tage ausfallen. Bleiben 140 Arbeitstage. Das Verhältnis der Fronarbeit zur notwendigen Arbeit, 56/84 oder 662/3 Prozent, drückt eine viel kleinere Rate des Mehrwerts aus als die, welche die Arbeit des englischen Agrikultur- oder Fabrikarbeiters reguliert. Dies ist jedoch nur die gesetzlich vorgeschriebne Fronarbeit. Und in noch "liberalerem" Geist als die englische Fabrikgesetzgebung hat das "Règlement organique" seine eigne Umgehung zu erleichtern gewußt. Nachdem es aus 12 Tagen 54 gemacht, wird das nominelle Tagwerk jedes der 54 Frontage wieder so bestimmt, daß eine Zubuße auf die folgenden Tage fallen muß. In einem Tag z.B. soll eine Landstrecke ausgejätet werden, die zu dieser Operation, namentlich auf den Maispflanzungen, doppelt soviel Zeit erheischt. Das gesetzliche Tagwerk für einzelne Agrikulturarbeiten ist so auslegbar, daß der Tag im Monat Mai anfängt und im Monat Oktober aufhört. Für die Moldau sind die Bestimmungen noch härter.
"Die zwölf Frontage des Règlement organique", rief ein siegtrunkner Bojar, "belaufen sich auf 365 Tage im Jahr!"
(45)War das Règlement organique der Donaufürstentümer ein positiver Ausdruck des Heißhungers nach Mehrarbeit, den jeder Paragraph legalisiert, so sind die englischen Factory-Acts negative Ausdrücke desselben Heißhungers. Diese Gesetze zügeln den Drang des Kapitals nach maßloser Aussaugung der Arbeitskraft durch gewaltsame Beschränkung des Arbeitstags von Staats wegen, und zwar von seiten eines Staats, den Kapitalist und Landlord beherrschen. Von einer täglich bedrohlicher anschwellenden Arbeiterbewegung abgesehn, war die Beschränkung der Fabrikarbeit diktiert durch dieselbe Notwendigkeit, welche den Guano auf die englischen Felder ausgoß. Dieselbe blinde Raubgier, die in dem einen Fall die Erde erschöpft, hatte in dem andren die Lebenskraft der Nation an der Wurzel ergriffen. Periodische Epidemien sprachen hier ebenso deutlich als das abnehmende Soldatenmaß in Deutschland und Frankreich.(46)
<254> Der jetzt (1867) geltende Factory-Act von 1850 erlaubt für den durchschnittlichen Wochentag 10 Stunden, nämlich für die ersten 5 Wochentage 12 Stunden, von 6 Uhr morgens bis 6 Uhr abends, wovon aber 1/2 Stunde für Frühstück und eine Stunde für Mittagessen gesetzlich abgehn, also 101/2 Arbeitsstunden bleiben, und 8 Stunden für den Samstag, von 6 Uhr morgens bis 2 Uhr nachmittags, wovon 1/2 Stunde für Frühstück abgeht. Bleiben 60 Arbeitsstunden, 101/2 für die ersten fünf Wochentage, 71/2 für den letzten Wochentag.(47) Es sind eigne Wächter des Gesetzes bestellt, die dem Ministerium des Innern direkt untergeordneten Fabrikinspektoren, deren Berichte halbjährlich von Parlaments wegen veröffentlicht werden. Sie liefern also eine fortlaufende und offizielle Statistik über den Kapitalistenheißhunger nach Mehrarbeit.
Hören wir einen Augenblick die Fabrikinspektoren.(48)
<255> "Der betrügerische Fabrikant beginnt die Arbeit eine Viertelstunde, manchmal früher, manchmal später, vor 6 Uhr morgens und schließt sie eine Viertelstunde, manchmal früher, manchmal später, nachmittags. Er nimmt 5 Minuten weg vom Anfang und Ende der nominell für das Frühstück anberaumten halben Stunde, und knappt 10 Minuten ab zu Anfang und Ende der für Mittagessen anberaumten Stunde. Samstag arbeitet er eine Viertelstunde, manchmal mehr, manchmal weniger, nach 2 Uhr nachmittags. So beträgt sein Gewinn:
Vor 6 Uhr morgens | 15 Minuten | ||
Nach 6 Uhr nachmittags | 15 Minuten | ||
Für Fühstückszeit | 10 Minuten | ||
Beim Mittagessen | 20 Minuten | ||
60 Minuten |
Am Samstagen |
340 Minuten |
||
Vor 6 Uhr morgens | 15 Minuten | ||
Für Frühstück | 10 Minuten | ||
Nach 2 Uhr nachmittags | 15 Minuten |
Oder 5 Stunden 40 Minuten wöchentlich, was mit 50 Arbeitswochen multipliziert, nach Abzug von 2 Wochen für Feiertage oder gelegentliche Unterbrechungen, 27 Arbeitstage gibt."
(49)"Wird der Arbeitstag täglich 5 Minuten über die Normaldauer verlängert, so gibt das 2 1/2 Produktionstage im Jahr."
(50) "Eine zusätzliche Stunde täglich, dadurch gewonnen, daß bald hier ein Stückchen Zeit erhascht wird, bald dort ein andres Stückchen, macht aus den 12 Monaten des Jahres 13."(51)Krisen, worin die Produktion unterbrochen und nur "kurze Zeit", nur während einiger Tage in der Woche, gearbeitet wird, ändern natürlich nichts an dem Trieb nach Verlängrung des Arbeitstags. Je weniger Geschäfte gemacht werden, desto größer soll der Gewinn auf das gemachte Geschäft sein. Je weniger Zeit gearbeitet werden kann, desto mehr Surplusarbeitszeit soll gearbeitet werden. So berichten die Fabrikinspektoren über die Periode der Krise von 1857 bis 1858:
"Man mag es für eine Inkonsequenz halten, daß irgendwelche Überarbeit zu einer Zeit stattfinde, wo der Handel so schlecht geht, aber sein schlechter Zustand spornt <256> rücksichtslose Leute zu Überschreitungen; sie sichern sich so einen Extraprofit ... " "Zur selben Zeit", sagt Leonard Horner, "wo 122 Fabriken in meinem Distrikt ganz aufgegeben sind, 143 stillstehn und alle andren kurze Zeit arbeiten, wird die Überarbeit über die gesetzlich bestimmte Zeit fortgesetzt."
(52) "Obgleich", sagt Herr Howell, "in den meisten Fabriken des schlechten Geschäftsstands wegen nur halbe Zeit gearbeitet wird, erhalte ich nach wie vor dieselbe Anzahl von Klagen, daß eine halbe Stunde oder 3/4 Stunden täglich den Arbeitern weggeschnappt (snatched) werden durch Eingriffe in die ihnen gesetzlich gesicherten Fristen für Mahlzeit und Erholung."(53)Dasselbe Phänomen wiederholt sich auf kleinerer Stufenleiter während der furchtbaren Baumwollkrise von 1861 bis 1865.(54)
"Es wird zuweilen vorgeschützt, wenn wir Arbeiter während der Speisestunden oder sonst zu ungesetzlicher Zeit am Werk ertappen, daß sie die Fabrik durchaus nicht verlassen wollen und daß es des Zwangs bedarf, um ihre Arbeit" (Reinigen der Maschinen usw.) "zu unterbrechen, namentlich Samstags. Aber wenn die 'Hände' nach Stillsetzung der Maschinerie in der Fabrik bleiben, geschieht es nur, weil ihnen zwischen 6 Uhr morgens und 6 Uhr abends, in den gesetzlich bestimmten Arbeitsstunden, keine Frist zur Verrichtung solcher Geschäfte gestattet worden ist."
(55)"Der durch Überarbeit über die gesetzliche Zeit zu machende Extraprofit scheint für viele Fabrikanten eine zu große Versuchung, um ihr widerstehn zu können. Sie rechnen auf die Chance, nicht ausgefunden zu werden, und berechnen, daß selbst im <257> Fall der Entdeckung die Geringfügigkeit der Geldstrafen und Gerichtskosten ihnen immer noch eine Gewinnbilanz sichert."
(56) "Wo die zusätzliche Zeit durch Multiplikation kleiner Diebstähle (a multiplication of small thefts) im Laufe des Tages gewonnen wird, stehn den Inspektoren fast unüberwindliche Schwierigkeiten der Beweisführung im Weg."(57)Diese "kleinen Diebstähle" des Kapitals an der Mahlzeit und Erholungszeit der Arbeiter bezeichnen die Fabrikinspektoren auch als "petty pilferings of minutes", Mausereien von Minuten (58), "snatching a few minutes", Wegschnappen von Minuten (59), oder wie die Arbeiter es technisch heißen, "nibbling and cribbling at meal times" <"knabbern und knapsen an den Essenspausen">.(60)
Man sieht, in dieser Atmosphäre ist die Bildung des Mehrwerts durch die Mehrarbeit kein Geheimnis.
"Wenn Sie mir erlauben", sagte mir ein sehr respektabler Fabrikherr, "täglich nur 10 Minuten Überzeit arbeiten zu lassen, stecken Sie jährlich 1.000 Pfd. St. in meine Tasche."
(61) "Zeitatome sind die Elemente des Gewinns."(62)Nichts ist in dieser Hinsicht charakteristischer als die Bezeichnung der Arbeiter, die volle Zeit arbeiten, durch "full times" und die der Kinder unter 13 Jahren, die nur 6 Stunden arbeiten dürfen, als "half times" (63).
<258> Der Arbeiter ist hier nichts mehr als personifizierte Arbeitszeit. Alle individuellen Unterschiede lösen sich auf in die von "Vollzeitler" und "Halbzeitler".
3. Englische Industriezweige ohne legale Schranke der Exploitation
Den Trieb nach Verlängrung des Arbeitstags, den Werwolfsheißhunger für Mehrarbeit, beobachteten wir bisher auf einem Gebiet, wo maßlose Ausschreitungen, nicht übergipfelt, so sagt ein bürgerlicher englischer Ökonom, von den Grausamkeiten der Spanier gegen die Rothäute Amerikas (64), das Kapital endlich an die Kette gesetzlicher Regulation gelegt haben. Werfen wir jetzt den Blick auf einige Produktionszweige, wo die Aussaugung der Arbeitskraft entweder noch heute fesselfrei ist oder es gestern noch war.
"Herr Broughton, ein County Magistrate, erklärte als Präsident eines Meetings, abgehalten in der Stadthalle von Nottingham, am 14. Januar 1860, daß in dem mit der Spitzenfabrikation beschäftigten Teile der städtischen Bevölkerung ein der übrigen zivilisierten Welt unbekannter Grad von Leid und Entbehrung vorherrscht ... Um 2, 3, 4 Uhr des Morgens werden Kinder von 9 bis 10 Jahren ihren schmutzigen Betten entrissen und gezwungen, für die nackte Subsistenz bis 10, 11, 12 Uhr nachts zu arbeiten, während ihre Glieder wegschwinden, ihre Gestalt zusammenschrumpft, ihre Gesichtszüge abstumpfen und ihr menschliches Wesen ganz und gar in einem steinähnlichen Torpor erstarrt, dessen bloßer Anblick schauderhaft ist. Wir sind nicht überrascht, daß Herr Mallett und andre Fabrikanten auftraten, um Protest gegen jede Diskussion einzulegen ... Das System, wie der Rev. Montagu Valpy es beschrieb, ist ein System unbeschränkter Sklaverei, Sklaverei in sozialer, physischer, moralischer und intellektueller Beziehung ... Was soll man denken von einer Stadt, die ein öffentliches Meeting abhält, um zu petitionieren, daß die Arbeitszeit für Männer täglich auf 18 Stunden beschränkt werden solle! ... Wir deklamieren gegen die virginischen und karolinischen Pflanzer. Ist jedoch ihr Negermarkt, mit allen Schrecken der Peitsche und dem Schacher in Menschenfleisch, abscheulicher als diese langsame Menschenabschlachtung, <259> die vor sich geht, damit Schleier und Kragen zum Vorteil von Kapitalisten fabriziert werden?
(65)Die Töpferei (Pottery) von Staffordshire hat während der letzten 22 Jahre den Gegenstand dreier parlamentarischen Untersuchungen gebildet. Die Resultate sind niedergelegt im Bericht des Herrn Scriven von 1841 an die "Children's Employment Commissioners", im Bericht des Dr. Greenhow von 1860, veröffentlicht auf Befehl des ärztlichen Beamten des Privy Council ("Public Health, 3rd Report", I, 102-113), endlich im Bericht des Herrn Longe von 1863, in "First Report of the Children's Employment Commission" vom 13. Juni 1863. Für meine Aufgabe genügt es, den Berichten von 1860 und 1863 einige Zeugenaussagen der exploitierten Kinder selbst zu entlehnen. Von den Kindern mag man auf die Erwachsenen schließen, namentlich Mädchen und Frauen, und zwar in einem Industriezweig, woneben Baumwollspinnerei und dgl. als ein sehr angenehmes und gesundes Geschäft erscheint.(66)
Wilhelm Wood, neunjährig, "war 7 Jahre 10 Monate alt, als er zu arbeiten begann". Er "ran moulds" (trug die fertig geformte Ware in die Trockenstube, um nachher die leere Form zurückzubringen) von Anfang an. Er kommt jeden Tag in der Woche um 6 Uhr morgens und hört auf ungefähr 9 Uhr abends. "Ich arbeite bis 9 Uhr abend jeden Tag in der Woche. So z.B. während der letzten 7-8 Wochen. "Also fünfzehnstündige Arbeit für ein siebenjähriges Kind! M. Murray, ein zwölfjähriger Knabe, sagt aus:
"I run moulds and turn jigger (drehe das Rad). Ich komme um 6 Uhr, manchmal um 4 Uhr morgens. Ich habe während der ganzen letzten Nacht bis diesen Morgen 6 Uhr gearbeitet. Ich war nicht im Bett seit der letzten Nacht. Außer mir arbeiteten 8 oder 9 andre Knaben die letzte Nacht durch. Alle außer einem sind diesen Morgen wieder gekommen. Ich bekomme wöchentlich 3 sh. 6 d." (1 Taler 5 Groschen). "Ich bekomme nicht mehr, wenn ich die ganze Nacht durcharbeite. Ich habe in der letzten Woche zwei Nächte durchgearbeitet."
Fernyhough, ein zehnjähriger Knabe:
"Ich habe nicht immer eine ganze Stunde für das Mittagessen; oft nur eine halbe Stunde; jeden Donnerstag, Freitag und Samstag."
(67)<260> Dr. Greenhow erklärt die Lebenszeit in den Töpferdistrikten von Stoke-upon-Trent und Wolstanton für außerordentlich kurz. Obgleich im Distrikt Stoke nur 36,6% und in Wolstanton nur 30,4% der männlichen Bevölkerung über 20 Jahre in den Töpfereien beschäftigt sind, fällt unter Männern dieser Kategorie im ersten Distrikt mehr als die Hälfte, im zweiten ungefähr 2/5 der Todesfälle infolge von Brustkrankheiten auf die Töpfer. Dr. Boothroyd, praktischer Arzt zu Haley, sagt aus:
"Jede sukzessive Generation der Töpfer ist zwerghafter und schwächer als die vorhergehende."
Ebenso ein andrer Arzt, Herr McBean:
"Seit ich vor 25 Jahren meine Praxis unter den Töpfern begann, hat sich die auffallende Entartung dieser Klasse fortschreitend in Abnahme von Gestalt und Gewicht gezeigt."
Diese Aussagen sind dem Bericht des Dr. Greenhow von 1860 entnommen.(68)
Aus dem Bericht der Kommissäre von 1863 folgendes: Dr. J. T. Arledge, Oberarzt des North Staffordshire Krankenhauses, sagt:
"Als eine Klasse repräsentieren die Töpfer, Männer und Frauen ..., eine entartete Bevölkerung, physisch und moralisch. Sie sind in der Regal verzwergt, schlecht gebaut, und oft an der Brust verwachsen. Sie altern vorzeitig und sind kurzlebig; phlegmatisch und blutlos, verraten sie die Schwäche ihrer Konstitution durch hartnäckige Anfälle von Dyspepsie, Leber- und Nierenstörungen und Rheumatismus. Vor allem aber sind sie Brustkrankheiten unterworfen, der Pneumonie, Phthisis, Bronchitis und dem Asthma. Eine Form des letztren ist ihnen eigentümlich und bekannt unter dem Namen des Töpfer-Asthma oder der Töpfer-Schwindsucht. Skrophulose, die Mandeln, Knochen oder andre Körperteile angreift, ist eine Krankheit von mehr als zwei Dritteln der Töpfer. Daß die Entartung (degenerescence) der Bevölkerung dieses Distrikts nicht noch viel größer ist, verdankt sie ausschließlich der Rekrutierung aus den umliegenden Landdistrikten und den Zwischenheiraten mit gesundren Racen."
Herr Charles Parsons, vor kurzem noch House Surgeon <Anstaltsarzt> derselben Krankenanstalt, schreibt in einem Briefe an den Kommissär Longe u.a.:
"Ich kann nur aus persönlicher Beobachtung, nicht statistisch sprechen, aber ich stehe nicht an zu versichern, daß meine Empörung wieder und wieder aufkochte bei dem Anblick dieser armen Kinder, deren Gesundheit geopfert wurde, um der Habgier ihrer Eltern und Arbeitgeber zu frönen."
<261> Er zählt die Ursachen der Töpferkrankheiten auf und schließt sie kulminierend ab mit "long hours" ("langen Arbeitsstunden"). Der Kommissionsbericht hofft, daß
"eine Manufaktur von so hervorragender Stellung in den Augen der Welt nicht lange mehr den Makel tragen wird, daß ihr großer Erfolg begleitet ist von physischer Entartung, vielverzweigten körperliche Leiden und frühem Tode der Arbeiterbevölkerung, durch deren Arbeit und Geschick so große Resultate erzielt worden sind."
(69)Was von den Töpfereien in England, gilt von denen in Schottland.(70)
Die Manufaktur von Zündhölzern datiert von 1833, von der Erfindung, den Phosphor auf die Zündrute selbst anzubringen. Seit 1845 hat sie sich rasch in England entwickelt und von den dicht bevölkerten Teilen Londons namentlich auch nach Manchester, Birmingham, Liverpool, Bristol, Norwich, Newcastle, Glasgow verbreitet, mit ihr die Mundsperre, die ein Wiener Arzt schon 1845 als eigentümliche Krankheit der Zündholzmacher entdeckte. Die Hälfte der Arbeiter sind Kinder unter 13 und junge Personen unter 18 Jahren. Die Manufaktur ist wegen ihrer Ungesundheit und Widerwärtigkeit so verrufen, daß nur der verkommenste Teil der Arbeiterklasse, halbverhungerte Witwen usw., Kinder für sie hergibt, "zerlumpte, halb verhungerte, ganz verwahrloste und unerzogne Kinder".(71) Von den Zeugen, die Kommissär White (1863) verhörte, waren 270 unter 18 Jahren, 40 unter 10 Jahren, 10 nur 8 und 5 nur 6 Jahre alt. Wechsel des Arbeitstags von 12 auf 14 und 15 Stunden, Nachtarbeit, unregelmäßige Mahlzeiten, meist in den Arbeitsräumen selbst, die vom Phosphor verpestet sind. Dante wird in dieser Manufaktur seine grausamsten Höllenphantasien übertroffen finden.
In der Tapetenfabrik werden die gröberen Sorten mit Maschine, die feineren mit der Hand (block printing) gedruckt. Die lebhaftesten Geschäftsmonate fallen zwischen Anfang Oktober und Ende April. Während dieser Periode dauert diese Arbeit häufig und fast ohne Unterbrechung von 6 Uhr vormittags bis 10 Uhr abends und tiefer in die Nacht.
J. Leach sagt aus:
"Letzten Winter" (1862) "blieben von 19 Mädchen 6 weg infolge durch Überarbeitung zugezogner Krankheiten. Um sie wach zu halten, muß ich sie anschreien." W. Duffy: "Die Kinder konnten oft vor Müdigkeit die Augen nicht aufhalten, in der Tat, wir selbst können es oft kaum." J. Lightbourne: "Ich bin 13 Jahre alt ... Wir arbei- <262> teten letzten Winter bis 9 Uhr abends und den Winter vorher bis 10 Uhr. Ich pflegte letzten Winter fast jeden Abend vom Schmerz wunder Füße zu schreien." G. Aspden: "Diesen meinen Jungen pflegte ich, als er 7 Jahre alt war, auf meinem Rücken hin und her über den Schnee zu tragen, und er pflegte 16 Stunden zu arbeiten! ... Ich habe oft niedergekniet, um ihn zu füttern, während er an der Maschine stand, denn er durfte sie nicht verlassen oder stillsetzen." Smith, der geschäftsführende Associé einer Manchester Fabrik: "Wir" (er meint seine "Hände", die für "uns") "arbeiten ohne Unterbrechung für Mahlzeiten, so daß die Tagesarbeit von 10 1/2 Stunden um 4 1/2 Uhr nachmittags fertig ist, und alles spätere ist Überzeit."
(72) (Ob dieser Herr Smith wohl keine Mahlzeit während 10 1/2 Stunden zu sich nimmt?) "Wir" (derselbe Smith) "hören selten auf vor 6 Uhr abends" (er meint mit der Konsumtion "unsrer" Arbeitskraftmaschinen), "so daß wir" (iterum Crispinus <schon wieder Crispinus>) "in der Tat das ganze Jahr durch Überzeit arbeiten ... Die Kinder und Erwachsnen (152 Kinder und junge Personen unter 18 Jahren und 140 Erwachsne) "haben gleichmäßig während der letzten 18 Monate im Durchschnitt allermindestens 7 Tage und 5 Stunden in der Woche gearbeitet oder 78 1/2 Stunden wöchentlich. Für die 6 Wochen, endend am 2. Mai dieses Jahres" (1863), "war der Durchschnitt höher - 8 Tage oder 84 Stunden in der Woche!"Doch fügt derselbe Herr Smith, der dem pluralis majestatis so sehr ergeben ist, schmunzelnd hinzu: "Maschinenarbeit ist leicht." Und so sagen die Anwender des block printing: "Handarbeit ist gesunder als Maschinenarbeit." Im ganzen erklären sich die Herrn Fabrikanten mit Entrüstung gegen den Vorschlag, "die Maschine wenigstens während der Mahlzeiten stillzusetzen".
"Ein Gesetz", sagt Herr Ottley, der Manager einer Tapetenfabrik im Borough (in London), "das Arbeitsstunden von 6 Uhr morgens bis 9 Uhr abends erlaubte, würde uns (!) sehr wohl zusagen, aber die Stunden des Factory Act von 7 Uhr morgens bis 6 Uhr abends passen uns (!) nicht ... Unsre Maschine wird während des Mittagessens" (welche Großmut) "stillgesetzt. Das Stillsetzen verursacht keinen nennenswerten Verlust an Papier und Farbe." "Aber", fügt er sympathetisch hinzu, "ich kann verstehn, daß der damit verbundne Verlust nicht geliebt wird."
Der Kommissionsbericht meint naiv, die Furcht einiger "leitenden Firmen", Zeit, d.h. Aneignungszeit fremder Arbeit, und dadurch "Profit zu <263> verlieren", sei kein "hinreichender Grund", um Kinder unter 13 und junge Personen unter 18 Jahren während 12-16 Stunden ihr Mittagsmahl "verlieren zu lassen" oder es ihnen zuzusetzen, wie man der Dampfmaschine Kohle und Wasser, der Wolle Seife, dem Rad Öl usw. zusetzt - während des Produktionsprozesses selbst, als bloßen Hilfsstoff des Arbeitsmittels.(73)
Kein Industriezweig in England - (wir sehn von dem erst neuerdings sich Bahn brechenden Maschinenbrot ab) - hat so altertümliche, ja, wie man aus den Dichtern der römischen Kaiserzeit ersehn kann, vorchristliche Produktionsweise bis heute beibehalten als die Bäckerei. Aber das Kapital, wie früher bemerkt, ist zunächst gleichgültig gegen den technischen Charakter des Arbeitsprozesses, dessen es sich bemächtigt. Es nimmt ihn zunächst, wie es ihn vorfindet.
Die unglaubliche Brotverfälschung, namentlich in London, wurde zuerst enthüllt durch das Komitee des Unterhauses "über die Verfälschung von Nahrungsmitteln" (1855-1856) und Dr. Hassalls Schrift "Adulterations detected".(74) Die Folge dieser Enthüllungen war das Gesetz vom 6. August 1860: "for preventing the adulteration of articles of food and drink" <"zur Verhinderung der Verfälschung von Lebensmitteln und Getränken">, ein wirkungsloses Gesetz, da es natürlich die höchste Delikatesse gegen jeden freetrader beobachtet, der sich vornimmt, durch Kauf und Verkauf gefälschter Waren "to turn an honest penny" <"einen ehrlichen Penny zu machen">.(75) Das Komitee selbst formuliert mehr oder minder naiv seine Überzeugung, daß Freihandel wesentlich den Handel mit gefälschten, oder wie der Engländer es witzig nennt, "sophistizierten Stoffen" bedeute. In der Tat, diese Art "Sophistik" versteht es besser als Protagoras, schwarz aus weiß und weiß aus schwarz zu <264> machen, und besser als die Eleaten, den bloßen Schein alles Realen ad oculos zu demonstrieren.(76)
Jedenfalls hatte das Komitee die Augen des Publikums auf sein "tägliches Brot" und damit auf die Bäckerei gelenkt. Gleichzeitig erscholl in öffentlichen Meetings und Petitionen an das Parlament der Schrei der Londoner Bäckergesellen über Überarbeitung usw. Der Schrei wurde so dringend, daß Herr H. S. Tremenheere, auch Mitglied der mehrerwähnten Kommission von 1863, zum königlichen Untersuchungskommissär bestallt wurde. Sein Bericht (77), samt Zeugenaussagen, regte das Publikum auf, nicht sein Herz, sondern seinen Magen. Der bibelfeste Engländer wußte zwar, daß der Mensch, wenn nicht durch Gnadenwahl Kapitalist oder Landlord oder Sinekur ist, dazu berufen ist, sein Brot im Schweiße seines Angesichts zu essen, aber er wußte nicht, daß er in seinem Brote täglich ein gewisses Quantum Menschenschweiß essen muß, getränkt mit Eiterbeulenausleerung, Spinnweb, Schaben-Leichnamen und fauler deutscher Hefe, abgesehn von Alaun, Sandstein und sonstigen angenehmen mineralischen Ingredienzien. Ohne alle Rücksicht auf seine Heiligkeit, den "Freetrade", wurde daher die anhero "freie" Bäckerei der Aufsicht von Staatsinspektoren unterworfen (Ende der Parlamentssitzung 1863) und durch denselben Parlamentsakt die Arbeitszeit von 9 Uhr abends bis 5 Uhr morgens für Bäckergesellen unter 18 Jahren verboten. Die letztre Klausel spricht Bände über die Überarbeitung in diesem uns so altväterisch anheimelnden Geschäftszweig.
"Die Arbeit eines Lononer Bäckergesellen beginnt in der Regel um 11 Uhr nachts. Zu dieser Stunde macht er den Teig, ein sehr mühsamer Prozeß, der 1/2 bis 3/4 Stunden währt, je nach der Größe des Gebäcks und seiner Feinheit. Er legt sich dann nieder auf das Knetbrett, das zugleich als Deckel des Trogs dient, worin der Teig <265> gemacht wird, und schläft ein paar Stunden mit einem Mehlsack unter dem Kopf und einem andren Mehlsack auf dem Leib. Dann beginnt eine rasche und ununterbrochne Arbeit von 5 Stunden, Werfen, Wägen, Formen, in den Ofen schieben, aus dem Ofen holen usw. des Teiges. Die Temperatur eines Backhauses beträgt von 75 bis 90 Grad <Fahrenheit> und in den kleinen Backhäusern eher mehr als weniger. Wenn das Geschäft Brot, Wecken usw. zu machen, vollbracht ist, beginnt die Verteilung des Brots; und ein beträchtlicher Teil der Taglöhner, nachdem er die beschriebne harte Nachtarbeit vollbracht, trägt während des Tags das Brot in Körben, oder schiebt es in Karren von Haus zu Haus und operiert dazwischen auch manchmal im Backhaus. Je nach der Jahreszeit und dem Umfang des Geschäfts endet die Arbeit zwischen 1 und 6 Uhr nachmittags, während ein andrer Teil der Gesellen bis spät nachmittags im Backhaus beschäftigt ist."
(78) "Während der Londoner Saison beginnen die Gesellen der Bäcker zu 'vollen' Brotpreisen im Westend regelmäßig um 11 Uhr nachts und sind mit dem Brotbacken, unterbrochen durch einen oder zwei oft sehr kurze Zwischenräume, bis 8 Uhr des nächsten Morgens beschäftigt. Sie werden dann bis 4, 5, 6, ja 7 Uhr zur Brotherumträgerei vernutzt oder manchmal mit Biskuitbacken im Backhaus. Nach vollbrachtem Werk genießen sie einen Schlaf von 6, oft nur von 5 und 4 Stunden. Freitags beginnt die Arbeit stets früher, sage abends 10 Uhr, und dauert ohne Unterlaß, sei es in der Zubereitung, sei es in der Kolportierung des Brots, bis den folgenden Samstag abend 8 Uhr, aber meist bis 4 oder 5 Uhr in Sonntag nacht hinein. Auch in den vornehmen Bäckereien, die das Brot zum 'vollen Preise' verkaufen, muß wieder 4 bis 5 Stunden am Sonntag vorbereitende Arbeit für den nächsten Tag verrichtet werden ... Die Bäckergesellen der 'underselling masters'" (die das Brot unter dem vollen Preise verkaufen), "und diese betragen, wie früher bemerkt, über 3/4 der Londoner Bäcker, haben noch längere Arbeitsstunden, aber ihre Arbeit ist fast ganz auf das Backhaus beschränkt, da ihre Meister, die Lieferung an kleine Kramladen ausgenommen, nur in der eignen Boutique verkaufen. Gegen Ende der Woche ... d.h. am Donnerstag, beginnt hier die Arbeit um 10 Uhr in der Nacht und dauert mit nur geringer Unterbrechung bis tief in Sonntag nacht hinein."(79)Von den "underselling masters" begreift selbst der bürgerliche Standpunkt: "die unbezahlte Arbeit der Gesellen (the unpaid labour of the men) bildet die Grundlage ihrer Konkurrenz."(80) Und der "full priced baker" denunziert seine "underselling" Konkurrenten der Untersuchungskommission als Diebe fremder Arbeit und Fälscher.
"Sie reussieren nur durch den Betrug des Publikums und dadurch, daß sie 18 Stunden aus ihren Gesellen für einen Lohn von 12 Stunden herausschlagen."
(81)<266> Die Brotfälschung und die Bildung einer Bäckerklasse, die das Brot unter dem vollen Preis verkauft, entwickelten sich in England seit Anfang des 18. Jahrhunderts, sobald der Zunftcharakter des Gewerbs verfiel und der Kapitalist in der Gestalt von Müller oder Mehlfaktor hinter den nominellen Bäckermeister trat.(82) Damit war die Grundlage zur kapitalistischen Produktion, zur maßlosen Verlängrung des Arbeitstages und Nachtarbeit gelegt, obgleich letztre selbst in London erst 1824 ernsthaft Fuß faßte.(83)
Man wird nach dem Vorhergehenden verstehn, daß der Kommissionsbericht die Bäckergesellen zu den kurzlebigen Arbeitern zählt, die, nachdem sie der unter allen Teilen der Arbeiterklasse normalen Kinderdezimation glücklich entwischt sind, selten das 42. Lebensjahr erreichen. Nichtsdestoweniger ist das Bäckergewerbe stets mit Kandidaten überfüllt. Die Zufuhrquellen dieser "Arbeitskräfte" für London sind Schottland, die westlichen Agrikulturdistrikte Englands und - Deutschland.
In den Jahren 1858-1860 organisierten die Bäckergesellen in Irland auf ihre eignen Kosten große Meetings zur Agitation gegen die Nacht- und Sonntagsarbeit. Das Publikum, z.B. auf dem Maimeeting zu Dublin, 1860, ergriff mit irischer Wärme Partei für sie. Ausschließliche Tagarbeit wurde durch diese Bewegung in der Tat erfolgreich durchgesetzt zu Wexford, Kilkenny, Clonmel, Waterford usw.
"Zu Limerick, wo die Qualen der Lohngesellen bekanntermaßen alles Maß überstiegen, scheiterte diese Bewegung an der Opposition der Bäckermeister, namentlich der Bäcker-Müller. Das Beispiel Limericks führte zum Rückschritt in Ennis und Tipperary. Zu Cork, wo der öffentliche Unwille sich in der lebhaftesten Form kundgab, vereitelten die Meister die Bewegung durch den Gebrauch ihrer Macht, die Gesellen an die Luft zu setzen. Zu Dublin leisteten die Meister den entschiedensten Widerstand und zwangen durch Verfolgung der Gesellen, die an der Spitze der Agitation standen, den Rest zu Nachgeben, zur Fügung in die Nacht- und Sonntagsarbeit."
(84)<267> Die Kommission der in Irland bis an die Zähne gewaffneten englischen Regierung remonstriert leichenbitterlich gegen die unerbittlichen Bäckermeister von Dublin, Limerick, Cork usw.:
"Das Komitee glaubt, daß die Arbeitsstunden durch Naturgesetze beschränkt sind, die nicht ungestraft verletzt werden. Indem die Meister durch die Drohung, sie fortzujagen, ihre Arbeiter zur Verletzung ihrer religiösen Überzeugung, zum Ungehorsam gegen das Landesgesetz und die Verachtung der öffentlichen Meinung zwingen" (dies letztre bezieht sich alles auf die Sonntagsarbeit), "setzen sie böses Blut zwischen Kapital und Arbeit und geben ein Beispiel, gefährlich für Religion, Moralität und öffentliche Ordnung ... Das Komitee glaubt, daß die Verlängrung des Arbeitstags über 12 Stunden ein usurpatorischer Eingriff in das häusliche und Privatleben des Arbeiters ist und zu unheilvollen moralischen Resultaten führt, durch Einmischung in die Häuslichkeit eines Mannes und die Erfüllung seiner Familienpflichten als Sohn, Bruder, Gatte und Vater. Arbeit über 12 Stunden hat die Tendenz, die Gesundheit des Arbeiters zu untergraben, führt zu vorzeitiger Alterung und frühem Tod und daher zum Unglück der Arbeiterfamilien, die der Vorsorge und der Stütze des Familienhaupts grade im notwendigsten Augenblick beraubt werden" ("are deprived").
(85)Wir waren eben in Irland. Auf der andren Seite des Kanals, in Schottland, denunziert der Ackerbauarbeiter, der Mann des Pfluges, seine 13- bis 14stündige Arbeit, im rauhsten Klima, mit vierstündiger Zusatzarbeit für den Sonntag (in diesem Lande der Sabbat-Heiligen!)(86), während vor einer Londoner Grand Jury gleichzeitig drei Eisenbahnarbeiter stehn, ein Personenkondukteur, ein Lokomotivführer und ein Signalgeber. Ein großes Eisenbahnunglück hat Hunderte von Passagieren in die andre Welt expediert. Die Nachlässigkeit der Eisenbahnarbeiter ist die Ursache des Unglücks. Sie erklären vor den Geschwornen einstimmig, vor 10 bis 12 Jahren <268> habe ihre Arbeit nur 8 Stunden täglich gedauert. Während der letzten 5-6 Jahre habe man sie auf 14, 18 und 20 Stunden aufgeschraubt und bei besonders lebhaftem Zudrang der Reiselustigen, wie in den Perioden der Exkursionszüge, währe sie oft ununterbrochen 40-50 Stunden. Sie seien gewöhnliche Menschen und keine Zyklopen. Auf einem gegebnen Punkt versage ihre Arbeitskraft. Torpor ergreife sie. Ihr Hirn höre auf zu denken und ihr Auge zu sehn. Der ganz und gar "respectable Britisch Juryman" <"ehrenwerte britische Geschworene"> antwortet durch ein Verdikt, das sie wegen "manslaughter" (Totschlag) vor die Assisen schickt und in einem milden Anhang den frommen Wunsch äußert, die Herren Kapitalmagnaten der Eisenbahn möchten doch in Zukunft verschwenderischer im Ankauf der nötigen Anzahl von "Arbeitskräften" und "enthaltsamer" oder "entsagender" oder "sparsamer" in der Aussaugung der bezahlten Arbeitskraft sein.(87)
Aus dem buntscheckigen Haufen der Arbeiter von allen Professionen, Altern, Geschlechtern, die eifriger auf uns andrängen als die Seelen der Erschlagnen auf den Odysseus und denen man, ohne die Blaubücher unter ihren Armen, auf den ersten Blick die Überarbeit ansieht, greifen wir noch zwei Figuren heraus, deren frappanter Kontrast beweist, daß vor dem <269> Kapital alle Menschen gleich sind - eine Putzmacherin und einen Grobschmied.
In den letzten Wochen vom Juni 1863 brachten alle Londoner Tagesblätter einen Paragraph mit dem "sensational" Aushängeschild: "Death from simple Overwork" (Tod von einfacher Überarbeit). Es handelte sich um den Tod der Putzmacherin Mary Anne Walkley, zwanzigjährig, beschäftigt in einer sehr respektablen Hofputzmanufaktur, exploitiert von einer Dame mit dem gemütlichen Namen Elise. Die alte oft erzählte Geschichte ward nun neu entdeckt (88), daß diese Mädchen durchschnittlich 161/2 Stunden, während der Saison aber oft 30 Stunden ununterbrochen arbeiten, indem ihre versagende "Arbeitskraft" durch gelegentliche Zufuhr von Sherry, Portwein oder Kaffee flüssig erhalten wird. Und es war grade die Höhe der Saison. Es galt, die Prachtkleider edler Ladies für den Huldigungsball bei der frisch importierten Prinzessin von Wales im Unsehn fertigzuzaubern. Mary Anne Walkley hatte 261/2 Stunden ohne Unterlaß gearbeitet zusammen mit 60 andren Mädchen, je 30 in einem Zimmer, das kaum 1/3 der nötigen Kubikzolle Luft gewährte, während sie nachts zwei zu zwei ein Bett teilten in einem der Sticklöcher, worin ein Schlafzimmer durch verschiedne Bretterwände abgepfercht ist.(89) Und dies war eine der besseren <270> Putzmachereien Londons. Mary Anne Walkley erkrankte am Freitag und starb am Sonntag, ohne, zum Erstaunen von Frau Elise, auch nur vorher das letzte Putzstück fertigzumachen. Der zu spät ans Sterbebett gerufne Arzt, Herr Keys, bezeugte vor der "Coroner's Jury" <Totenschaukommission> in dürren Worten:
"Mary Anne Walkley sei gestorben an langen Arbeitsstunden in einem überfüllten Arbeitszimmer und überengem, schlechtventiliertem Schlafgemach."
Um dem Arzt eine Lektion in guter Lebensart zu geben, erklärte dagegen die "Coroner's Jury":
"Die Hingeschiedne sei gestorben an der Apoplexie, aber es sei Grund, zu fürchten, daß ihr Tod durch Überarbeit in einer überfüllten Werkstatt usw. beschleunigt worden sei."
Unsre "weißen Sklaven", rief der "Morning Star" das Organ der Freihandelsherrn Cobden und Bright, "unsere weißen Sklaven werden in das Grab hineingearbeitet und verderben und sterben ohne Sang und Klang".(90)
<271> "Zu Tod arbeiten ist die Tagesordnung, nicht nur in der Werkstätte der Putzmacherinnen, sondern in tausend Plätzen, ja an jedem Platz, wo das Geschäft im Zug ist ... Laßt uns den Grobschmied als Beispiel nehmen. Wenn man den Dichtern glauben darf, gibt es keinen so lebenskräftigen, lustigen Mann als den Grobschmied. Er erhebt sich früh und schlägt Funken vor der Sonne; er ißt und trinkt und schläft wie kein anderer Mensch. Rein physisch betrachtet, befindet er sich, bei mäßiger Arbeit, in der Tat in einer der besten menschlichen Stellungen. Aber wir folgen ihm in die Stadt und sehn die Arbeitslast, die auf den starken Mann gewälzt wird, und welchen Rang nimmt er ein in den Sterlichkeitslisten unsres Landes? In Marylebone" (einem der größten Stadtviertel Londons) "sterben Grobschmiede in dem Verhältnis von 31 per 1000 jährlich, oder 11 über der Durchschnittssterblichkeit erwachsner Männer in England. Die Beschäftigung, eine fast instinktive Kunst der Menschheit, an und für sich tadellos, wird durch bloße Übertreibung der Arbeit der Zerstörer des Mannes. Er kann so viel Hammerschläge täglich schlagen, so viel Schritte gehn, so viel Atemzüge holen, so viel Werk verrichten, und durchschnittlich sage 50 Jahre leben. Man zwingt ihn, so viel mehr Schläge zu schlagen, so viel mehr Schritte zu gehn, so viel öfter des Tags zu atmen, und alles zusammen seine Lebensausgabe täglich um ein Viertel zu vermehren. Er macht den Versuch, und das Resultat ist, daß er für eine beschränkte Periode ein Viertel mehr Werk verrichtet und im 37. Jahre statt im 50. stirbt."
(91)4. Tag- und Nachtarbeit. Das Ablösungssystem
Das konstante Kapital, die Produktionsmittel, sind, vom Standpunkt des Verwertungsprozesses betrachtet, nur da, um Arbeit und mit jedem Tropfen Arbeit ein proportionelles Quantum Mehrarbeit einzusaugen. Soweit sie das nicht tun, bildet ihre bloße Existenz einen negativen Verlust für den Kapitalisten, denn sie repräsentieren während der Zeit, wo sie brachliegen, nutzlosen Kapitalvorschuß, und dieser Verlust wird positiv, sobald die Unterbrechung zusätzliche Auslagen nötig macht für den Wiederbeginn des Werks. Die Verlängrung des Arbeitstags über die Grenzen des natürlichen Tags in die Nacht hinein wirkt nur als Palliativ, stillt nur annähernd den Vampyrdurst nach lebendigem Arbeitssblut. Arbeit während aller 24 Stunden des Tags anzueignen ist daher der immanente Trieb der kapitalistischen Produktion. Da dies aber physisch unmöglich, würden dieselben Arbeitskräfte Tag und Nacht fortwährend ausgesaugt, so bedarf es, zur Überwindung des physischen Hindernisses, der Abwechslung zwischen den bei Tag und Nacht verspeisten Arbeitskräften, eine Abwechslung, die verschiedne Methoden zuläßt, z.B. so geordnet sein kann, daß ein Teil des <272> Arbeiterpersonals eine Woche Tagdienst, Nachtdienst die andre Woche versieht usw. Man weiß, daß dies Ablösungssystem, diese Wechselwirtschaft, in der vollblütigen Jugendperiode der englischen Baumwollindustrie usw. vorherrschte und u.a. gegenwärtig in den Baumwollspinnereien des Gouvernements Moskau blüht. Als System existiert dieser 24stündige Produktionsprozeß heute noch in vielen bis jetzt "freien" Industriezweigen Großbritanniens, u.a. in den Hochöfen, Schmieden, Walzwerken und andren Metallmanufakturen von England, Wales und Schottland. Der Arbeitsprozeß umfaßt hier außer den 24 Stunden der 6 Werkeltage großenteils auch die 24 Stunden des Sonntags. Die Arbeiter bestehen aus Männern und Weibern, Erwachsnen und Kindern beiderlei Geschlechts. Das Alter der Kinder und jungen Personen durchläuft alle Zwischenstufen vom 8. (in einigen Fällen vom 6.) bis zum 18. Jahr.(92) In einigen Branchen arbeiten auch die Mädchen und Weiber des Nachts zusammen mit dem männlichen Personal.(93)
Von den allgemeinen schädlichen Wirkungen der Nachtarbeit abgesehn (94), bietet die ununterbrochne, vierundzwanzigstündige Dauer des Produktions- <273> prozesses höchst willkommne Gelegenheit, die Grenze des nominellen Arbeitstags zu überschreiten. Z.B. in den vorhin erwähnten, sehr anstrengenden Industriezweigen beträgt der offizielle Arbeitstag für jeden Arbeiter meist 12 Stunden, Nachtstunden oder Tagstunden. Aber die Überarbeit über diese Grenze hinaus ist in vielen Fällen, um die Worte des englischen offiziellen Berichts zu brauchen, "wirklich schauderhaft" ("truly fearful").(95)
"Kein menschliches Gemüt", heißt es, "kann die Arbeitsmasse, die nach den Zeugenaussagen durch Knaben von 9 bis 12 Jahren verrichtet wird, überdenken, ohne unwiderstehlich zum Schluß zu kommen, daß dieser Machtmißbrauch der Eltern und Arbeitgeber nicht länger erlaubt werden darf."
(96)"Die Methode, Knaben überhaupt abwechselnd Tag und Nacht arbeiten zu lassen, führt, sowohl während des Geschäftsdranges als während des gewöhnlichen Verlaufs der Dinge, zu schmählicher Verlängrung des Arbeitstags. Diese Verlängrung ist in vielen Fällen nicht nur grausam, sondern gradezu unglaublich. Es kann nicht fehlen, daß aus einer oder der andren Ursache ein Ablösungsknabe hier und da wegbleibt. Einer oder mehrere der anwesenden Knaben, die ihren Arbeitstag bereits vollbracht, müssen dann den Ausfall gutmachen. Dies System ist so allgemein bekannt, daß der Manager eines Walzwerks auf meine Frage, wie die Stelle der abwesenden Ersatzknaben ausgefüllt würde, antwortete: Ich weiß wohl, daß Sie das ebenso gut wissen als ich, und er nahm keinen Anstand, die Tatsache zu gestehn."
(97)"In einem Walzwerke, wo der nominelle Arbeitstag von 6 Uhr morgens bis 5 1/2 Uhr abends dauerte, arbeitete ein Junge 4 Nächte jede Woche bis mindestens 8 1/2 Uhr abends des nächstens Tags ... und dies während 6 Monaten." "Ein andrer arbeitete im Alter von 9 Jahren manchmal drei zwölfstündige Arbeitsschichten nacheinander und <274> im Alter von 10 Jahren zwei Tage und zwei Nächte nacheinander." "Ein dritter, jetzt 10 Jahre, arbeitete von morgens 6 Uhr bis 12 Uhr in die Nacht drei Nächte durch und bis 9 Uhr abends während der andren Nächte." "Ein vierter, jetzt 13 Jahre, arbeitete von 6 Uhr nachmittags bis den andren Tag 12 Uhr mittags während einer ganzen Woche, und manchmal drei Schichten nacheinander, z.B. von Montag morgen bis Dienstag nacht." "Ein fünfter, jetzt 12 Jahre, arbeitete in einer Eisengießerei zu Stavely von 6 Uhr morgens bis 12 Uhr nachts während 14 Tagen, ist unfähig, es länger zu tun." George Allinsworth, neunjährig: "Ich kam hierhin letzten Freitag. Nächsten Tag hatten wir um 3 Uhr morgens anzufangen. Ich blieb daher die ganze Nacht hier. Wohne 5 Meilen von hier. Schlief auf der Flur mit einem Schurzfell unter mir und einer kleinen Jacke über mir. Die zwei andren Tage war ich hier um 6 Uhr morgens. Ja! dies ist ein heißer Platz! Bevor ich herkam, arbeitete ich ebenfalls während eines ganzen Jahres in einem Hochofen. Es war ein sehr großes Werk auf dem Lande. Begann auch samstags morgens um 3 Uhr, aber ich konnte wenigstens nach Hause schlafen gehn, weil es nah war. An andren Tagen fing ich 6 Uhr morgens an und endete 6 oder 7 Uhr abends" usw.
(98)<275> Laßt uns nun hören, wie das Kapital selbst dies Vierundzwanzigstundensystem auffaßt. Die Übertreibungen des Systems, seinen Mißbrauch zur "grausamen und unglaublichen" Verlängrung des Arbeitstags, übergeht es natürlich mit Stillschweigen. Es spricht nur von dem System in seiner "normalen" Form.
Die Herren Naylor und Vickers, Stahlfabrikanten, die zwischen 600 und 700 Personen anwenden, und darunter nur 10% unter 18 Jahren, und hiervon wieder nur 20 Knaben zum Nachtpersonal, äußern sich wie folgt:
"Die Knaben leiden durchaus nicht von der Hitze. Die Temperatur ist wahrscheinlich 86° bis 90° ... In den Schmiede- und Walzwerken arbeiten die Hände Tag und Nacht ablösungsweise, aber dahingegen ist auch alles andre Werk Tagwerk, von 6 Uhr morgens bis 6 Uhr abends. In der Schmiede wird von 12 Uhr bis 12 Uhr gearbeitet. Einige Hände arbeiten fortwährend des Nachts ohne Wechsel zwischen Tag- und Nachtzeit ... Wir finden nicht, daß Tag- oder Nachtarbeit irgendeinen Unterschied in der Gesundheit" (der Herren Naylor und Vickers?) "macht, und wahrscheinlich schlafen Leute besser, wenn sie dieselbe Ruheperiode genießen, als wenn sie wechselt ... Ungefähr zwanzig Knaben unter 18 Jahren arbeiten mit der Nachtmannschaft ... Wir könnten's nicht recht tun (not well do), ohne die Nachtarbeit von Jungen unter 18 Jahren. Unser Einwurf ist - die Vermehrung der Produktionskosten. Geschickte Hände und Häupter von Departements sind schwer zu haben, aber Jungens kriegt man, soviel man will ... Natürlich, in Anbetracht der geringen Proportion von Jungen, <276> die wir verwenden, wären Beschränkungen der Nachtarbeit von wenig Wichtigkeit oder Interesse für uns."
(99)Herr J. Ellis, von der Firma der Herren John Brown et Co., Stahl- und Eisenwerke, die 3.000 Männer und Jungen anwenden, und zwar für [einen] Teil der schweren Stahl- und Eisenarbeit "Tag und Nacht, in Ablösungen", erklärt, daß in den schweren Stahlwerken ein oder zwei Jungen auf zwei Männer kommen. Ihr Geschäft zählt 500 Jungen unter 18 Jahren und davon ungefähr 1/3, oder 170, unter 13 Jahren. Mit Bezug auf die vorgeschlagne Gesetzänderung meint Herr Ellis:
"Ich glaube nicht, daß es sehr tadelhaft (very objectionable) wäre, keine Person unter 18 Jahren über 12 Stunden aus den 24 arbeiten zu lassen. Aber ich glaube nicht, daß man irgendeine Linie ziehen kann für die Entbehrlichkeit von Jungen über 12 Jahren für die Nachtarbeit. Wir würden sogar eher ein Gesetz annehmen, überhaupt keine Jungen unter 13 Jahren oder selbst unter 15 Jahren zu verwenden, als ein Verbot, die Jungen, die wir einmal haben, während der Nacht zu brauchen. Die Jungen, die in der Tagesreihe, müssen wechselweise auch in der Nachtreihe arbeiten, weil die Männer nicht unaufhörlich Nachtarbeit verrichten können; es würde ihre Gesundheit ruinieren. Wir glauben jedoch, daß Nachtarbeit, wenn die Woche dafür wechselt, keinen Schaden tut."
(Die Herren Naylor und Vickers glaubten, übereinstimmend mit dem Besten ihres Geschäfts, umgekehrt, daß statt der fortwährenden grade die periodisch wechselnde Nachtarbeit möglicherweise Schaden anrichtet.)
"wir finden die Leute, die die alternierende Nachtarbeit verrichten, grade so gesund als die, die nur am Tage arbeiten ... Unsre Einwürfe gegen die Nichtanwendung von Jungen unter 18 Jahren zur Nachtarbeit würden gemacht werden von wegen Vermehrung der Auslage, aber dies ist auch der einzige Grund." (Wie zynisch naiv!) "Wir glauben, daß diese Vermehrung größer wäre, als das Geschäft (the trade) mit schuldiger Rücksicht auf seine erfolgreiche Ausführung billigerweise tragen könnte. (As the trade with due regard to etc. could fairly bear!)" (Welche breimäulige Phraseologie!) "Arbeit ist hier rar und könnte unzureichend werden unter einer solchen Regulation"
(d.h., Ellis, Brown et Co. könnten in die fatale Verlegenheit kommen, den Wert der Arbeitskraft voll zahlen zu müssen).(100)
Die "Cyklops Stahl- und Eisenwerke" der Herren Cammell et Co. werden auf derselben großen Stufenleiter ausgeführt wie die des besagten John Brown et Co. Der geschäftsführende Direktor hatte dem Regierungskommissär White seine Zeugenaussage schriftlich eingehändigt, fand es <277> aber später passend, das zur Revision ihm wieder zurückgestellte Manuskript zu unterschlagen. Jedoch Herr White hat ein nachhaltig Gedächtnis. Er erinnert sich ganz genau, daß für diese Herrn Zyklopen das Verbot der Nachtarbeit von Kindern und jungen Personen "ein Ding der Unmöglichkeit; es wäre dasselbe, als setzte man ihre Werke still", und dennoch zählt ihr Geschäft wenig mehr als 6% Jungen unter 18 und nur 1% unter 13 Jahren!(101)
Über denselben Gegenstand erklärt Herr E. F. Sanderson, von der Firma Sanderson, Bros. et Co., Stahl-, Walz- und Schmiedewerke, in Attercliffe:
"Große Schwierigkeiten würden entspringen aus dem Verbot, Jungen unter 18 Jahren des Nachts arbeiten zu lassen, die Hauptschwierigkeit aus der Vermehrung der Kosten, welche ein Ersatz der Knabenarbeit durch Männerarbeit notwendig nach sich zöge. Wieviel das betragen würde, kann ich nicht sagen, aber wahrscheinlich wäre es nicht so viel, daß der Fabrikant den Stahlpreis erhöhen könnte, und folglich fiele der Verlust auf ihn, da die Männer" (welch querköpfig Volk!) "[sich] natürlich weigern würden, ihn zu tragen."
Herr Sanderson weiß nicht, wieviel er den Kindern zahlt, aber
"vielleicht beträgt es 4 bis 5 sh. per Kopf die Woche ... Die Knabenarbeit ist von einer Art, wofür im allgemeinen" ("generally", natürlich nicht immer "im Besondern") "die Kraft der Jungen grade ausreicht, und folglich würde kein Gewinn aus der größren Kraft der Männer fließen, um den Verlust zu kompensieren, oder doch nur in den wenigen Fällen, wo das Metall sehr schwer ist. Die Männer würden es auch minder lieben, keine Knaben unter sich zu haben, da Männer minder gehorsam sind. Außerdem müssen die Jungen jung anfangen, um das Geschäft zu lernen. Die Beschränkung der Jungen auf bloße Tagarbeit würde diesen Zweck nicht erfüllen."
Und warum nicht? Warum können Jungen ihr Handwerk nicht bei Tag lernen? Deinen Grund?
"Weil dadurch die Männer, die in Wechselwochen bald den Tag, bald die Nacht arbeiten, von den Jungen ihrer Reihe während derselben Zeit getrennt, halb den Profit verlieren würden, den sie aus ihnen herausschlagen. Die Anleitung, die sie den Jungen geben, wird nämlich als Teil des Arbeitslohnes dieser Jungen berechnet und befähigt die Männer daher, die Jungenarbeit wohlfeiler zu bekommen. Jeder Mann würde seinen halben Profit verlieren."
In andren Worten, die Herren Sanderson müßten einen Teil des Arbeitslohnes der erwachsnen Männer aus eigner Tasche statt mit der Nachtarbeit der Jungen zahlen. Der Profit der Herren Sanderson würde bei dieser Gelegenheit etwas fallen, und dies ist der Sandersonsche gute Grund, warum <278> Jungen ihr Handwerk nicht bei Tag lernen können.(102) Außerdem würde dies reguläre Nachtarbeit auf die Männer werfen, die nun von den Jungen abgelöst werden, und sie würden das nicht aushalten. Kurz und gut, die Schwierigkeiten wären so groß, daß sie wahrscheinlich zur gänzlichen Unterdrückung der Nachtarbeit führen würden. "Was die Produktion von Stahl selbst angeht", sagt E. F. Sanderson, "würde es nicht den geringsten Unterschied machen, aber!" Aber die Herren Sanderson haben mehr zu tun, als Stahl zu machen. Die Stahlmacherei ist bloßer Vorwand der Plusmacherei. Die Schmelzöfen, Walzwerke usw., die Baulichkeiten, die Maschinerie, das Eisen, die Kohle usw. haben mehr zu tun, als sich in Stahl zu verwandeln. Sie sind da, um Mehrarbeit einzusaugen, und saugen natürlich mehr in 24 Stunden als in 12. Sie geben in der Tat von Gottes und Rechts wegen den Sandersons eine Anweisung auf die Arbeitszeit einer gewissen Anzahl von Händen für volle 24 Stunden des Tags und verlieren ihren Kapitalcharakter, sind daher für die Sandersons reiner Verlust, sobald ihre Funktion der Arbeitseinsaugung unterbrochen wird.
"Aber dann wäre da der Verlust an so viel kostspieliger Maschinerie, welche die halbe Zeit brachläge, und für eine solche Produktenmasse, wie wir fähig sind, sie bei dem gegenwärtigen System zu leisten, müßten wir Räumlichkeiten und Maschinenwerke verdoppeln, was die Auslage verdoppeln würde."
Aber warum beanspruchen grade diese Sandersons ein Privilegium vor den andren Kapitalisten, die nur bei Tag arbeiten lassen dürfen und deren Baulichkeiten, Maschinerie, Rohmaterial daher bei Nacht "brach" liegen?
"Es ist wahr", antwortet E. F. Sanderson im Namen aller Sandersons, "es ist wahr, daß dieser Verlust von brachliegender Maschinerie alle Manufakturen trifft, worin nur bei Tag gearbeitet wird. Aber der Gebrauch der Schmelzöfen würde in unsrem Fall einen Extraverlust verursachen. Hält man sie im Gang, so wird Brennmaterial verwüstet" (statt daß jetzt das Lebensmaterial der Arbeiter verwüstet wird), "und hält man sie nicht im Gang, so setzt das Zeitverlust im Wiederanlegen des Feuers und zur Gewinnung des nötigen Hitzegrads" (während der Verlust, selbst Achtjähriger, an Schlafzeit Gewinn von Arbeitszeit für die Sandersonsippe), "und die Öfen selbst würden vom Temperaturwechsel leiden" (während doch dieselbigen Öfen nichts leiden vom Tag- und Nachtwechsel der Arbeit.)
(103)<279> "Was ist ein Arbeitstag?" Wie groß ist die Zeit, während deren das Kapital die Arbeitskraft, deren Tageswert es zahlt, konsumieren darf? Wie weit kann der Arbeitstag verlängert werden über die zur Reproduktion der <280> Arbeitskraft selbst notwendige Arbeitszeit? Auf diese Fragen, man hat es gesehn, antwortet das Kapital: Der Arbeitstag zählt täglich volle 24 Stunden nach Abzug der wenigen Ruhestunden, ohne welche die Arbeitskraft ihren erneuerten Dienst absolut versagt. Es versteht sich zunächst von selbst, daß der Arbeiter seinen ganzen Lebenstag durch nichts ist außer Arbeitskraft, daß daher alle seine disponible Zeit von Natur und Rechts wegen Arbeitszeit ist, also der Selbstverwertung des Kapitals angehört. Zeit zu menschlicher Bildung, zu geistiger Entwicklung, zur Erfüllung sozialer Funktionen, zu geselligem Verkehr, zum freien Spiel der physischen und geistigen Lebenskräfte, selbst die Feierzeit des Sonntags - und wäre es im Lande der Sabbatheiligen (104) - reiner Firlefanz! Aber in seinem maßlos blinden Trieb, seinem Werwolfs-Heißhunger nach Mehrarbeit, überrennt das Kapital nicht nur die moralischen, sondern auch die rein physischen Maximalschranken des Arbeitstags. Es usurpiert die Zeit für Wachstum, Entwicklung und gesunde Erhaltung des Körpers. Es raubt die Zeit, erheischt zum Verzehr von freier Luft und Sonnenlicht. Es knickert ab an der Mahlzeit und einverleibt sie womöglich dem Produktionsprozeß selbst, so daß dem Arbeiter als bloßem Produktionsmittel Speisen zugesetzt werden wie dem Dampfkessel Kohle und der Maschinerie Talg oder Öl. Den gesunden Schlaf zur Sammlung, Erneurung und Erfrischung der Lebenskraft reduziert es auf so viel Stunden Erstarrung, als die Wiederbelebung eines absolut erschöpften Organismus unentbehrlich macht. Statt daß die normale Erhaltung der Arbeitskraft hier die Schranke des <281> Arbeitstags, bestimmt umgekehrt die größte täglich möglich Verausgabung der Arbeitskraft, wie krankhaft gewaltsam und peinlich auch immer, die Schranke für die Rastzeit des Arbeiters. Das Kapital fragt nicht nach der Lebensdauer der Arbeitskraft. Was es interessiert, ist einzig und allein das Maximum von Arbeitskraft, das in einem Arbeitstag flüssig gemacht werden kann. Es erreicht dies Ziel durch Verkürzung der Dauer der Arbeitskraft, wie ein habgieriger Landwirt gesteigerten Bodenertrag durch Beraubung der Bodenfruchtbarkeit erreicht.
Die kapitalistische Produktion, die wesentlich Produktion von Mehrwert, Einsaugung von Mehrarbeit ist, produziert also mit der Verlängrung des Arbeitstags nicht nur die Verkümmerung der menschlichen Arbeitskraft, welche ihrer normalen moralischen und physischen Entwicklungs- und Betätigungsbedingungen beraubt wird. Sie produziert die vorzeitige Erschöpfung und Abtötung der Arbeitskraft selbst.(105) Sie verlängert die Produktionszeit des Arbeiters während eines gegebenen Termins durch Verkürzung seiner Lebenszeit.
Der Wert der Arbeitskraft schließt aber den Wert der Waren ein, welche zur Reproduktion des Arbeiters oder zur Fortpflanzung der Arbeiterklasse erheischt sind. Wenn also die naturwidrige Verlängrung des Arbeitstags, die das Kapital in seinem maßlosen Trieb nach Selbstverwertung notwendig anstrebt, die Lebensperiode der einzelnen Arbeiter und damit die Dauer ihrer Arbeitskraft verkürzt, wird rascherer Ersatz der verschlissenen nötig, also das Eingehen größerer Verschleißkosten in die Reproduktion der Arbeitskraft, ganz wie der täglich zu reproduzierende Wertteil einer Maschine um so größer ist, je rascher sie verschleißt. Das Kapital scheint daher durch sein eignes Interesse auf einen Normalarbeitstag hingewiesen.
Der Sklavenhalter kauft seinen Arbeiter, wie er sein Pferd kauft. Mit dem Sklaven verliert er ein Kapital, das durch neue Auslage auf dem Sklavenmarkt ersetzt werden muß. Aber
"die Reisfelder von Georgien und die Sümpfe des Mississippi mögen fatalistisch zerstörend auf die menschliche Konstitution wirken; dennoch ist diese Verwüstung von menschlichem Leben nicht so groß, daß sie nicht gutgemacht werden könnte aus den strotzenden Gehegen von Virginien und Kentucky. Ökonomische Rücksichten, die <282> eine Art Sicherheit für die menschliche Behandlung des Sklaven bieten könnten, sofern sie das Interesse des Herrn mit der Erhaltung des Sklaven identifizieren, verwandeln sich, nach Einführung des Sklavenhandels, umgekehrt in Gründe der extremsten Zugrunderichtung des Sklaven, denn sobald sein Platz einmal durch Zufuhr aus fremden Negergehegen ausgefüllt werden kann, wird die Dauer seine Lebens minder wichtig als dessen Produktivität, solange es dauert. Es ist daher eine Maxime der Sklavenwirtschaft in Ländern der Sklaveneinfuhr, daß die wirksamste Ökonomie darin besteht, die größtmöglichste Masse Leistung in möglichst kurzer Zeit dem Menschenvieh (human chattle) auszupressen. Grade in tropischer Kultur, wo die jährlichen Profite oft dem Gesamtkapital der Pflanzungen gleich sind, wird das Negerleben am rücksichtslosesten geopfert. Es ist die Agrikultur Westindiens, seit Jahrhunderten die Wiege fabelhaften Reichtums, die Millionen der afrikanischen Race verschlungen hat. Es ist heutzutage in Kuba, dessen Revenuen nach Millionen zählen, und dessen Pflanzer Fürsten sind, wo wir bei der Sklavenklasse außer der gröbsten Nahrung, der erschöpfendsten und unablässigsten Plackerei einen großen Teil durch die langsame Tortur von Überarbeit und Mangel an Schlaf und Erholung jährlich direkt zerstört sehn."
(106)Mutato nomine de te fabula narratur! <Unter anderm Namen wird hier über dich berichtet!> Lies statt Sklavenhandel Arbeitsmarkt, statt Kentucky und Virginia Irland und die Agrikulturdistrikte vo England, Schottland und Wales, statt Afrika Deutschland! Wir hörten, wie die Überarbeit mit den Bäckern in London aufräumt, und dennoch ist der Londoner Arbeitsmarkt stets überfüllt mit deutschen und andren Todeskandidaten für die Bäckerei. Die Töpferei, wie wir sahen, ist einer der kurzlebigsten Industriezweige. Fehlt es deswegen an Töpfern? Josiah Wedgwood, der Erfinder der modernen Töpferei, von Haus selbst ein gewöhnlicher Arbeiter, erklärte 1785 vor dem Hause der Gemeinen, daß die ganze Manufaktur 15.000 bis 20.000 Personen beschäftige.(107) Im Jahr 1861 betrug die Bevölkerung allein der städtischen Sitze dieser Industrie in Großbritannien 101.302.
"Die Baumwollindustrie zählt 90 Jahre ... In drei Generationen der englischen Race hat sie neun Generationen von Baumwollarbeitern verspeist."
(108)Allerdings, in einzelnen Epochen fieberhaften Aufschwungs zeigte der Arbeitsmarkt bedenkliche Lücken. So z.B. 1834. Aber die Herren Fabrikanten schlugen nun den Poor Law Commissioners <Kommissären der Armenbehörde> vor, die "Über- <283> völkerung" der Ackerbaudistrikte nach dem Norden zu schicken, mit der Erklärung, daß "die Fabrikanten sie absorbieren und konsumieren würden". Dies waren ihre eigensten Worte.(109)
"Agenten wurden zu Manchester bestallt mit Einwilligung der Poor Law Commissioners. Agrikulturarbeiterlisten wurden ausgefertigt und diesen Agenten übermacht. Die Fabrikanten liefen in die Büros, und nachdem sie, was ihnen paßte, ausgewählt, wurden die Familien vom Süden Englands verschickt. Diese Menschenpakete wurden geliefert mit Etiketten gleich so viel Güterballen, auf Kanal und Lastwagen - einige strolchten zu Fuß nach, und viele irrten verloren und halb verhungert in den Manufakturdistrikten umher. Dies entwickelte sich zu einem wahren Handelszweig. Das Haus der Gemeinen wird es kaum glauben. Dieser regelmäßige Handel, dieser Schacher in Menschenfleisch dauerte fort, und diese Leute wurden gekauft und verkauft von den Manchester Agenten an die Manchester Fabrikanten, ganz so regelmäßig wie Neger an die Baumwollpflanzer der südlichen Staaten ... Das Jahr 1860 bezeichnet das Zenit der Baumwollindustrie ... Es fehlte wieder an Händen. Die Fabrikanten wandten sich wieder an die Fleischagenten ... und diese durchstöberten die Dünen von Dorset, die Hügel von Devon und die Ebnen von Wilts, aber die Übervölkerung war bereits verspeist."
Der "Bury Guardian" jammerte, daß 10.000 zusätzliche Hände nach Abschluß des englisch-französischen Handelsvertrags absorbiert werden könnten und bald an 30.000 oder 40.000 mehr nötig sein würden. Nachdem die Agenten und Subagenten des Fleischhandels die Agrikulturdistrikte 1860 ziemlich resultatlos durchgefegt,
"wandte sich eine Fabrikantendeputation an Herrn Villiers, Präsidenten des Poor Law Board <der Armenbehörde>, mit dem Gesuch, die Zufuhr der Armen- und Waisenkinder aus den Workhouses <Arbeitshäusern> wieder zu erlauben"
(110).<284> Was die Erfahrung dem Kapitalisten im allgemeinen zeigt, ist eine beständige Übervölkerung, d.h. Übervölkerung im Verhältnis zum augenblicklichen Verwertungsbedürfnis des Kapitals, obgleich sie aus verkümmerten, schnell hinlebenden, sich rasch verdrängenden, sozusagen unreif gepflückten Menschengenerationen ihren Strom bildet.(111) Allerdings zeigt <285> die Erfahrung dem verständigen Beobachter auf der andren Seite, wie rasch und tief die kapitalistische Produktion, die, geschichtlich gesprochen, kaum von gestern datiert, die Volkskraft an der Lebenswurzel ergriffen hat, wie die Degeneration der industriellen Bevölkrung nur durch beständige Absorption naturwüchsiger Lebenselemente vom Lande verlangsamt wird und wie selbst die ländlichen Arbeiter, trotz freier Luft und des unter ihnen so allmächtig waltenden principle of natural selection <Prinzips der natürlichen Auslese>, das nur die kräftigsten Individuen aufkommen läßt, schon abzuleben beginnen.(112) Das Kapital, das so "gute Gründe" hat, die Leiden der es umgebenden Arbeitergeneration zu leugnen, wird in seiner praktischen Bewegung durch die Aussicht auf zukünftige Verfaulung der Menschheit und schließlich doch unaufhaltsame Entvölkerung so wenig und so viel bestimmt als durch den möglichen Fall der Erde in die Sonne. In jeder Aktienschwindelei weiß jeder, daß das Unwetter einmal einschlagen muß, aber jeder hofft, daß es das Haupt seines Nächsten trifft, nachdem er selbst den Goldregen aufgefangen und in Sicherheit gebracht hat. Après moi le déluge! <Nach mir die Sindflut!> ist der Wahlruf jedes Kapitalisten und jeder Kapitalistennation. Das Kapital ist daher rücksichtslos gegen Gesundheit und Lebensdauer des Arbeiters, wo es nicht durch die Gesellschaft zur Rücksicht gezwungen wird.(113) Der <286> Klage über physische und geistige Verkümmrung, vorzeitigen Tod, Tortur der Überarbeit, antwortet es: Sollte diese Qual uns quälen, da sie unsre Lust (den Profit) vermehrt? Im großen und ganzen hängt dies aber auch nicht vom guten oder bösen Willen des einzelnen Kapitalisten ab. Die freie Konkurrenz macht die immanenten Gesetze der kapitalistischen Produktion dem einzelnen Kapitalisten gegenüber als äußerliches Zwangsgesetz geltend.(114)
Die Festsetzung eines normalen Arbeitstags ist das Resultat eines vielhundertjährigen Kampfes zwischen Kapitalist und Arbeiter. Doch zeigt die Geschichte dieses Kampfes zwei entgegengesetzte Strömungen. Man vergleiche z.B. die englische Fabrikgesetzgebung unsrer Zeit mit den englischen Arbeitsstatuten vom 14. bis tief in die Mitte des 18. Jahrhunderts.(115) Während das moderne Fabrikgesetz den Arbeitstag gewaltsam abkürzt, suchen ihn jene Statute gewaltsam zu verlängern. Allerdings erscheinen die Ansprüche des Kapitals im Embryozustand, wo es erst wird, also noch nicht durch bloße Gewalt der ökonomischen Verhältnisse, sondern auch durch Hilfe der Staatsmacht sein Einsaugungsrecht eines genügenden Quantums Mehrarbeit sichert, ganz und gar bescheiden, vergleicht man <287> sie mit den Konzessionen, die es in seinem Mannesalter knurrend und widerstrebig machen muß. Es kostet Jahrhunderte, bis der "freie" Arbeiter infolge entwickelter kapitalistischer Produktionsweise sich freiwillig dazu versteht, d.h. gesellschaftlich gezwungen ist, für den Preis seiner gewohnheitsmäßigen Lebensmittel seine ganze aktive Lebenszeit, ja seine Arbeitsfähigkeit selbst, seine Erstgeburt für ein Gericht Linsen zu verkaufen. Es ist daher natürlich, daß die Verlängrung des Arbeitstags, die das Kapital von Mitte des 14. bis Ende des 17. Jahrhunderts staatsgewaltig den volljährigen Arbeitern aufzudringen sucht, ungefähr mit der Schranke der Arbeitszeit zusammenfällt, die in der weiten Hälfte des 19. Jahrhunderts der Verwandlung von Kinderblut in Kapital hier und da von Staats wegen gezogen wird. Was heute, z.B. im Staate Massachusetts, bis jüngst dem freisten Staate der nordamerikanischen Republik, als Staatsschranke der Arbeit von Kindern unter 12 Jahren proklamiert ist, war in England noch Mitte des 17. Jahrhunderts der normale Arbeitstag vollblütiger Handwerker, robuster Ackerknechte und riesenhafter Grobschmiede.(116)
Das erste "Statute of Labourers" <"Arbeiterstatut"> (23 Eduard III. 1349) fand seinen unmittelbaren Vorwand (nicht seine Ursache, denn die Gesetzgebung dieser Art dauert Jahrhunderte fort ohne den Vorwand) in der großen Pest, welche die Bevölkerung dezimierte, so daß, wie ein Tory-Schriftsteller sagt, "die Schwierigkeit, Arbeiter zu räsonablen Preisen" (d.h. zu Preisen, die ihren Anwendern ein räsonables Quantum Mehrarbeit ließen) <288> "an die Arbeit zu setzen, in der Tat unerträglich wurde"(117). Räsonable Arbeitslöhne wurden daher zwangsgesetzlich diktiert, ebenso wie die Grenze des Arbeitstags. Der letztre Punkt, der uns hier allein interessiert, ist wiederholt in dem Statut von 1496 (unter Henry VII.). Der Arbeitstag für alle Handwerker (artificers) und Ackerbauarbeiter vom März bis September sollte damals, was jedoch nie durchgesetzt wurde, dauern von 5 Uhr morgens bis zwischen 7 und 8 Uhr abends, aber die Stunden für Mahlzeiten betragen 1 Stunden für Frühstück, 11/2 Stunden für Mittagessen und 1/2 Stunde für Vieruhrbrot, also grade doppelt soviel als nach dem jetzt gültigen Fabrikakt.(118) Im Winter sollte gearbeitet werden von 5 Uhr morgens bis zum Dunkeln, mit denselben Unterbrechungen. Ein Statut der Elisabeth von 1562 für alle Arbeiter "gedungen für Lohn per Tag oder Woche", läßt die Länge des Arbeitstags unberührt, sucht aber die Zwischenräume zu beschränken auf 21/2 Stunden für den Sommer und 2 für den Winter. Das Mittagessen soll nur eine Stunde dauern und "der Nachmittagsschlaf von 1/2 Stunde" nur zwischen Mitte Mai und Mitte August erlaubt sein. Für jede Stunde Abwesenheit soll 1 d. (etwa 8 Pfennige) vom Lohn abgehn. In der Praxis jedoch war das Verhältnis den Arbeitern viel günstiger als im Statutenbuch. Der Vater der politischen Ökonomie und gewissermaßen der Erfinder der Statistik, William Petty, sagt in einer Schrift, die er im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts veröffentlichte:
"Arbeiter" (labouring men, eigentlich damals Ackerbauarbeiter) "arbeiten 10 Stunden täglich und nehmen wöchentlich 20 Mahlzeiten ein, nämlich an Arbeitstagen täg- <289> lich drei und an Sonntagen zwei; woraus man klärlich sieht, daß, wenn sie an Freitagabenden fasten wollten und in anderthalb Stunden zu Mittag speisen wollten, während sie jetzt zu dieser Mahlzeit zwei Stunden brauchen, von 11 bis 1 Uhr morgens, wenn sie also 1/20 mehr arbeiteten und 1/20 weniger verzehrten, das Zehntel der oben erwähnten Steuer aufbringbar wäre."
(119)Hatte Dr. Andrew Ure nicht recht, die Zwölfstundenbill von 1833 als Rückgang in die Zeiten der Finsternis zu verschreien? Allerdings gelten die in den Statuten und von Petty erwähnten Bestimmungen auch für "apprentices" (Lehrlinge). Wie es aber noch Ende des 17. Jahrhunderts mit der Kinderarbeit stand, ersieht man aus folgender Klage:
"Unser Jugend, hier in England, treibt gar nichts bis zu der Zeit, wo sie Lehrlinge werden, und dann brauchen sie natürlich lange Zeit - sieben Jahre -, um sich zu vollkommnen Handwekern zu bilden."
Deutschland wird dagegen gerühmt, weil dort die Kinder von der Wiege auf wenigstens zu "ein bißchen Beschäftigung erzogen werden"(120).
<290> Noch während des größten Teils des 18. Jahrhunderts, bis zur Epoche der großen Industrie, war es dem Kapital in England nicht gelungen, durch Zahlung des wöchentlichen Werts der Arbeitskraft sich der ganzen Woche des Arbeiters, Ausnahme bilden jedoch die Agritulturarbeiter, zu bemächtigen. Der Umstand, daß sie eine ganze Woche mit dem Lohn von 4 Tagen leben konnten, schien den Arbeitern kein hinreichender Grund, auch die andren zwei Tage für den Kapitalisten zu arbeiten. Eine Seite der englischen Ökonomen denunzierte im Dienst des Kapitals diesen Eigensinn aufs wütendste, eine andre Seite verteidigte die Arbeiter. Hören wir z.B. die Polemik zwischen Postlethwayt, dessen Handels-Diktionär damals denselben Ruf genoß wie heutzutage ähnliche Schriften von MacCulloch und MacGregor, und dem früher zitierten Verfasser des "Essay on Trade and Commerce" (121).
Postlethwayt sagt u.a.:
"Ich kann diese wenigen Bemerkungen nicht abschließen, ohne Notiz zu nehmen von der trivialen Redensart in dem Munde zu vieler, daß, wenn der Arbeiter (industrious poor) in 5 Tagen genug erhalten kann, um zu leben, er nicht volle 6 Tage arbeiten will. Daher schließen sie auf die Notwendigkeit, selbst die notwendigen Lebensmittel durch Steuern oder irgendwelche andre Mittel zu verteuern, um den Handwerker und Manufakturarbeiter zu unausgesetzter sechstägiger Arbeit in der Woche zu zwingen. Ich muß um die Erlaubnis bitten, andrer Meinung zu sein als diese großen Politiker, welche für die beständige Sklaverei der Arbeiterbevölkerung dieses Königreichs (the perpetual slavery of the working people) die Lanze einlegen; sie vergessen das <291> Sprichwort "all work and no play" (nur Arbeit und kein Spiel) macht dumm. Brüsten sich die Engländer nicht mit der Genialität und Gewandtheit ihrer Handwerker und Manufakturarbeiter, die bisher den britischen Waren allgemeinen Kredit und Ruf verschafft haben? Welchem Umstand war dies geschuldet? Wahrscheinlich keinem andren als der Art und Weise, wie unser Arbeitsvolk, eigenlaunig, sich zu zerstreuen weiß. Wären sie gezwungen, das ganze Jahr durchzuarbeiten, alle sechs Tage in der Woche, in steter Wiederholung desselben Werkes, würde das nicht ihre Genialität abstumpfen und sie dumm-träg statt munter und gewandt machen; und würden unsre Arbeiter infolge solcher ewigen Sklaverei ihren Ruf nicht verlieren statt erhalten? ... Welche Art Kunstgeschick könnten wir erwarten von solch hart geplackten Tieren (hard driven animals)? ... Viele von ihnen verrichten soviel Arbeit in 4 Tagen als ein Franzose in 5 oder 6. Aber wenn Engländer ewige Schanzarbeiter sein sollen, so steht zu fürchten, daß sie noch unter die Franzosen entarten (degenerate) werden. Wenn unser Volk wegen seiner Tapferkeit im Krieg berühmt ist, sagen wir nicht, daß dies einerseits dem guten englischen Roastbeef und Pudding in seinem Leibe, andrerseits nicht minder unsrem konstitutionellen Geiste der Freiheit geschuldet ist? Und warum sollte die größere Genialität, Energie und Gewandtheit unsrer Handwerker und Manufakturarbeiter nicht der Freiheit geschuldet sein, womit sie sich in ihrer eignen Art und Weise zerstreuen? Ich hoffe, sie werden nie wieder diese Privilegien verlieren, noch das gute Leben, woraus ihre Arbeitstüchtigkeit und ihr Mut gleichmäßig herstammen!"
(122)Darauf antwortet der Verfasser des "Essay on Trade and Commerce":
"Wenn es für eine göttliche Einrichtung gilt, den siebenten Tag der Woche zu feiern, so schließt dies ein, daß die andren Wochentage der Arbeit" (er meint dem Kapital, wie man gleich sehen wird) "angehören, und es kann nicht grausam gescholten werden, dies Gebot Gottes zu erzwingen ... Daß die Menschheit im allgemeinen von Natur zur Bequemlichkeit und Trägheit neigt, davon machen wir die fatale Erfahrung im Betragen unsres Manufakturpöbels, der durchschnittlich nicht über 4 Tage die Woche arbeitet, außer im Fall einer Teuerung der Lebensmittel ... Gesetzt, ein Bushel Weizen repräsentiere alle Lebensmittel des Arbeiters, koste 5 sh., und der Arbeiter verdiene einen Schilling täglich durch seine Arbeit. Dann braucht er bloß 5 Tage in der Woche zu arbeiten; nur 4, wenn der Bushel 4 sh. beträgt ... Da aber der Arbeitslohn in diesem Königreich viel höher steht, verglichen mit dem Preise der Lebensmittel, so besitzt der Manufakturarbeiter, der 4 Tage arbeitet, einen Geldüberschuß, womit er während des Rests der Woche müßig lebt ... Ich hoffe, ich habe genug gesagt, um klarzumachen, daß mäßige Arbeit während 6 Tagen in der Woche keine Sklaverei ist. Unsre Agrikulturarbeiter tun dies und, allem Anscheine nach, sind sie die Glücklichsten unter den Arbeitern (labouring poor)
(123), aber die Holländer tun es in den Manufakturen und <292> scheinen ein sehr glückliches Volk. Die Franzosen tun es, soweit nicht die vielen Feiertage dazwischenkommen (124) ... Aber unser Pöbel hat sich die fixe Idee in den Kopf gesetzt, daß ihm als Engländer durch das Recht der Geburt das Privilegium zukommt, freier und unabhängiger zu sein als" (das Arbeitervolk) "in irgendeinem andren Lande von Europa. Nun, diese Idee, soweit sie auf die Tapferkeit unsrer Soldaten einwirkt, mag von einigem Nutzen sein; aber je weniger die Manufakturarbeiter davon haben, desto besser für sie selbst und den Staat. Arbeiter sollten sich nie für unabhängig von ihren Vorgesetzten (independent of their superiors) halten ... Es ist außerordentlich gefährlich, mobs in einem kommerziellen Staat, wie dem unsrigen, zu encouragieren, wo vielleicht 7 Teile von den 8 der Gesamtbevölkrung Leute mit wenig oder keinem Eigentum sind (125) ... Die Kur wird nicht vollständig sein, bis unsre industriellen Armen sich bescheiden, 6 Tage für dieselbe Summe zu arbeiten, die sie nun in 4 Tagen verdienen."(126)Zu diesem Zwecke, wie zur "Ausrottung der Faulenzerei, Ausschweifung und romantischen Freiheitsduselei", ditto "zur Minderung der Armentaxe, Förderung des Geistes der Industrie und Herabdrückung des Arbeitspreises in den Manufakturen", schlägt unser treuer Eckart des Kapitals das probate Mittel vor, solche Arbeiter, die der öffentlichen Wohltätigkeit anheimfallen, in einem Wort, Paupers, einzusperren in ein "ideales Arbeitshaus" (an ideal Workhouse). "Ein solches Haus muß zu einem Hause des Schreckens (House of Terror) gemacht werden."(127) In diesem "Hause des Schreckens", diesem "Ideal von einem Workhouse", soll gearbeitet werden "14 Stunden täglich mit Einbegriff jedoch der passenden Mahlzeiten, so daß volle 12 Arbeitsstunden übrigbleiben"(128)
<293> Zwölf Arbeitsstunden täglich im "Ideal-Workhouse", im Hause des Schreckens von 1770! Dreiundsechzig Jahre später, 1833, als das englische Parlament in vier Fabrikzweigen den Arbeitstag für Kinder von 13 bis 18 Jahren auf 12 volle Arbeitsstunden herabsetzte, schien der Jüngste Tag der englischen Industrie angebrochen! 1852, als L. Bonaparte bürgerlich Fuß zu fassen suchte durch Rütteln am gesetzlichen Arbeitstag, schrie das französische Arbeitervolk <3. und 4. Auflage: Volk> aus einem Munde: "Das Gesetz, das den Arbeitstag auf 12 Stunden verkürzt, ist das einzige Gut, das uns von der Gesetzgebung der Republik blieb!"(129) In Zürich ist die Arbeit von Kindern über 10 Jahren auf 12 Stunden beschränkt; im Aargau wurde 1862 die Arbeit von Kindern zwischen 13 und 16 Jahren von 121/2 Stunden reduziert, in Östreich 1860 für Kinder zwischen 14 und 16 Jahren ditto auf 12 Stunden.(130) Welch ein "Fortschritt seit 1770", würde Macaulay "mit Exultation" aufjauchzen!
Das "Haus des Schreckens" für Paupers, wovon die Kapitalseele 1770 noch träumte, erhob sich wenige Jahre später als riesiges "Arbeitshaus" für die Manufakturarbeiter selbst. Es hieß Fabrik. Und diesmal erblaßte das Ideal vor der Wirklichkeit.
<294> Nachdem das Kapital Jahrhunderte gebraucht, um den Arbeitstag bis zu seinen normalen Maximalgrenzen und dann über diese hinaus, bis zu den Grenzen des natürlichen Tags von 12 Stunden zu verlängern (131), erfolgte nun, seit der Geburt der großen Industrie im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts, eine lawinenartig gewaltsame und maßlose Überstürzung. Jede Schranke von Sitte und Natur, Alter und Geschlecht, Tag und Nacht, wurde zertrümmert. Selbst die Begriffe von Tag und Nacht, bäuerlich einfach in den alten Statuten, verschwammen so sehr, daß ein englischer Richter noch 1860 wahrhaft talmudistischen Scharfsinn aufbieten mußte, um "urteilskräftig" zu erklären, was Tag und Nacht sei.(132) Das Kapital feierte seine Orgien.
Sobald die vom Produktionslärm übertölpelte Arbeiterklasse wieder einigermaßen zur Besinnung kam, begann ihr Widerstand, zunächst im Geburtsland der großen Industrie, in England. Während drei Dezennien jedoch blieben die von ihr ertrotzten Konzessionen rein nominell. Das Parlament erließ 5 Arbeits-Akte von 1802 bis 1833, war aber so schlau, keinen Pfennig für ihre zwangsmäßige Ausführung, das nötige Beamtenpersonal usw. zu votieren.(133) Sie blieben ein toter Buchstabe.
<295> "Die Tatsache ist, daß vor dem Akt von 1833 Kinder und junge Personen abgearbeitet wurden (were worked) die ganze Nacht, den ganzen Tag, oder beide ad libitum."
(134)Erst seit dem Fabrikakt von 1833 - umfassend Baumwoll-, Wolle-, Flachs- und Seidenfabriken - datiert für die moderne Industrie ein Normalarbeitstag. Nichts charakterisiert den Geist des Kapitals besser als die Geschichte der englischen Fabrikgesetzgebung von 1833 bis 1864!
Das Gesetz von 1833 erklärt, der gewöhnliche Fabrikarbeitstag solle beginnen um halb 6 Uhr morgens und enden halb 9 Uhr abends, und innerhalb dieser Schranken, einer Periode von 15 Stunden, solle es gesetzlich sein, junge Personen (d.h. Personen zwischen 13 und 18 Jahren) zu irgendeiner Zeit des Tags anzuwenden, immer vorausgesetzt, daß ein und dieselbe junge Person nicht mehr als 12 Stunden innerhalb eines Tags arbeite, mit Ausnahme gewisser speziell vorgesehner Fälle. Die 6. Sektion des Akts bestimmt, "daß im Laufe jedes Tags jeder solchen Person von beschränkter Arbeitszeit mindestens 11/2 Stunden für Mahlzeiten eingeräumt werden sollen". Die Anwendung von Kindern unter 9 Jahren, mit später zu erwähnender Ausnahme, ward verboten, die Arbeit der Kinder von 9 bis 13 Jahren auf 8 Stunden täglich beschränkt. Nachtarbeit, d.h. nach diesem Gesetz, Arbeit zwischen halb 9 Uhr abends und halb 6 Uhr morgens, ward verboten für alle Personen zwischen 9 und 18 Jahren.
Die Gesetzgeber waren so weit entfernt, die Freiheit des Kapitals in Aussaugung der erwachsnen Arbeitskraft oder, wie sie es nannten, "die Freiheit der Arbeit" antasten zu wollen, daß sie ein eignes System ausheckten, um solcher haarsträubenden Konsequenz des Fabrikakts vorzubeugen.
"Das große Übel des Fabriksystems, wie es gegenwärtig eingerichtet ist", heißt es im ersten Bericht des Zentralrats der Kommission vom 25. Juni 1833, "besteht darin, <296> daß es die Notwendigkeit schafft, die Kinderarbeit zur äußersten Länge des Arbeitstags der Erwachsnen auszudehnen. Das einzige Heilmittel für dies Übel, ohne Beschränkung der Arbeit der Erwachsnen, woraus ein Übel entspringen würde, größer als das, dem vorgebeugt werden soll, scheint der Plan, doppelte Reihen von Kindern zu verwenden."
Unter dem Namen Relaissystem ("System of Relays"; Relay heißt im Englischen wie im Französischen: das Wechseln der Postpferde auf verschiednen Stationen) wurde daher dieser "Plan" ausgeführt, so daß z.B. von halb 6 Uhr morgens bis halb 2 Uhr nachmittags eine Reihe von Kindern zwischen 9 und 13 Jahren, von halb 2 Uhr nachmittags bis halb 9 Uhr abends eine andre Reihe vorgespannt wird usw.
Zur Belohnung dafür, daß die Herren Fabrikanten alle während der letzten 22 Jahre erlaßnen Gesetze über Kinderarbeit aufs frechste ignoriert hatten, ward ihnen jetzt aber auch die Pille vergoldet. Das Parlament bestimmte, daß nach dem 1. März 1834 kein Kind unter 11 Jahren, nach dem 1. März 1835 kein Kind unter 12 Jahren und nach dem 1. März 1836 kein Kind unter 13 Jahren über 8 Stunden in einer Fabrik arbeiten solle! Dieser für das "Kapital" so schonungsvolle "Liberalismus" war um so anerkennenswerter, als Dr. Farre, Sir A. Carlisle, Sir B. Brodie, Sir C. Bell, Mr. Guthrie usw., kurz die bedeutendsten physicians und surgeons <Ärtze und Wundärzte> Londons in ihren Zeugenaussagen vor dem Unterhaus erklärt hatten, daß periculum in mora! <Gefahr in Verzug!> Dr. Farre drückte sich noch etwas gröber dahin aus:
"Gesetzgebung ist gleich notwendig für die Vorbeugung des Tods in allen Formen, worin er vorzeitig angetan werden kann, und sicher dieser" (der Fabrikmodus) "muß als eine der grausamsten Methoden, ihn anzutun, betrachtet werden."
(135)Dasselbe "reformierte" Parlament, das aus Zartsinn für die Herrn Fabrikanten Kinder unter 13 Jahren noch jahrelang in die Hölle 72stündiger Fabrikarbeit per Woche festbannte, verbot dagegen in dem Emanzipationsakt, der auch die Freiheit tropfenweise eingab, von vornherein den Pflanzern, irgendeinen Negersklaven länger als 45 Stunden per Woche abzuarbeiten!
Aber keineswegs gesühnt, eröffnete das Kapital jetzt eine mehrjährige und geräuschvolle Agitation. Sie drehte sich hauptsächlich um das Alter <297> der Kategorien, die unter dem Namen Kinder auf 8stündige Arbeit beschränkt und einem gewissen Schulzwang unterworfen worden waren. Nach der kapitalistischen Anthropologie hörte das Kindesalter im 10. oder, wenn es hoch ging, im 11. Jahre auf. Je näher der Termin der vollen Ausführung des Fabrikakts, das verhängnisvolle Jahr 1836 rückte, um so wilder raste der Fabrikantenmob. Es gelang ihm in der Tat, die Regierung so weit einzuschüchtern, daß sie 1835 den Termin des Kindesalters von 13 auf 12 Jahre herabzusetzen vorschlug. Indes wuchs die pressure form without <der Druck von außen> drohend an. Der Mut versagte dem Unterhause. Es verweigerte, Dreizehnjährige länger als 8 Stunden täglich unter das Juggernaut-Rad des Kapitals zu werfen, und der Akt von 1833 trat in volle Wirkung. Er blieb unverändert bis Juni 1844.
Während des Dezenniums, worin er erst teilweise, dann ganz die Fabrikarbeit regulierte, strotzen die offiziellen Berichte der Fabrikinspektoren von Klagen über die Unmöglichkeit seiner Ausführung. Da das Gesetz von 1833 es nämlich den Herrn vom Kapital freistellte, in der fünfzehnstündigen Periode von halb 6 Uhr morgens bis halb 9 Uhr abends jede "junge Person" und jedes "Kind" zu irgend beliebiger Zeit die zwölf-, respektive die achtstündige Arbeit beginnen, unterbrechen, enden zu lassen, und ebenso den verschiednen Personen verschiedne Stunden der Mahlzeiten anzuweisen, fanden die Herrn bald ein neues "Relaissystem" aus, wonach die Arbeitspferde nicht an bestimmten Stationen gewechselt, sondern an wechselnden Stationen stets wieder von neuem vorgespannt werden. Wir verweilen nicht weiter bei der Schönheit dieses Systems, da wir später darauf zurückkommen müssen. So viel ist aber auf den ersten Blick klar, daß es den ganzen Fabrikakt nicht nur seinem Geist, sondern auch seinem Buchstaben nach aufhob. Wie sollten die Fabrikinspektoren bei dieser komplizierten Buchführung über jedes einzelne Kind und jede junge Person die gesetzlich bestimmte Arbeitszeit und die Gewährung der gesetzlichen Mahlzeiten erzwingen? In einem großen Teil der Fabriken blühte der alte brutale Unfug bald wieder ungestraft auf. In einer Zusammenkunft mit dem Minister des Innern (1844) bewiesen die Fabrikinspektoren die Unmöglichkeit jeder Kontrolle unter dem neuausgeheckten Relaissystem.(136) Unterdes hatten sich aber die Umstände sehr geändert. Die Fabrikarbeiter, namentlich seit 1838, hatten die Zehnstundenbill zu <298> ihrem ökonomischen, wie die Charter zu ihrem politischen Wahlaufruf gemacht. Ein Teil der Fabrikanten selbst, der den Fabrikbetrieb dem Akt von 1833 gemäß geregelt hatte, überwarf das Parlament mit Denkschriften über die unsittliche "Konkurrenz" der "falschen Brüder", denen größere Frechheit oder glücklichere Lokalumstände den Gesetzesbruch erlaubten. Zudem, wie sehr immerhin der einzelne Fabrikant der alten Raubgier den Zügel frei schießen lassen mochte, die Wortführer und politischen Leiter der Fabrikantenklasse geboten eine veränderte Haltung und veränderte Sprache gegenüber den Arbeitern. Sie hatten den Feldzug zur Abschaffung der Korngesetze eröffnet und bedurften der Hilfe der Arbeiter zum Siege! Sie versprachen daher nicht nur Verdopplung des Laibes Brot, sondern Annahme der Zehnstundenbill unter dem tausendjährigen Reich des Free Trade.(137) Sie durften also um so weniger eine Maßregel bekämpfen, die nur den Akt von 1833 zur Wahrheit machen sollte. In ihrem heiligsten Interesse, der Grundrente, bedroht, donnerten endlich die Tories entrüstet philanthropisch über die "infamen Praktiken" (138) ihrer Feinde.
So kam der zusätzliche Fabrikakt vom 7. Juni 1844 zustande. Er trat am 10. September 1844 in Wirkung. Er gruppiert eine neue Kategorie von Arbeitern unter die Beschützten, nämlich die Frauenzimmer über 18 Jahre. Sie wurden in jeder Rücksicht den jungen Personen gleichgesetzt, ihre Arbeitszeit auf 12 Stunden beschränkt, Nachtarbeit ihnen untersagt usw. Zum erstenmal sah sich die Gesetzgebung also gezwungen, auch die Arbeit Volljähriger direkt und offiziell zu kontrollieren. In dem Fabrikbericht von 1844/1845 heißt es ironisch:
"Es ist kein einziger Fall zu unsrer Kenntnis gekommen, wo erwachsne Weiber sich über diesen Eingriff in ihre Rechte beschwert hätten."
(139)Die Arbeit von Kindern unter 13 Jahren wurde auf 61/2 und, unter gewissen Bedingungen, 7 Stunden täglich reduziert.(140)
Um die Mißbräuche des falschen "Relaisystems" zu beseitigen, traf das Gesetz u.a. folgende wichtige Detailbestimmungen:
<299> "Der Arbeitstag für Kinder und junge Personen ist von der Zeit an zu zählen, wo irgendein Kind oder eine junge Person des Morgens in der Fabrik zu arbeiten anfängt."
So daß, wenn A z.B. um 8 Uhr morgens die Arbeit beginnt und B um 10 Uhr, der Arbeitstag dennoch für B zur selben Stunde enden muß wie für A. Der Anfang des Arbeitstags soll angezeigt werden durch eine öffentliche Uhr, z.B. die nächste Eisenbahnuhr, wonach die Fabrikglocke zu richten. Der Fabrikant hat eine großgedruckte Notiz in der Fabrik aufzuhängen, worin Anfang, Ende, Pausen des Arbeitstags angegeben sind. Kinder, die ihre Arbeit des Vormittags vor 12 Uhr beginnen, dürfen nicht wieder nach 1 Uhr mittags verwandt werden. Die Nachmittagsreihe muß also aus andren Kindern bestehn als die Vormittagsreihe. Die 11/2 Stunden für Mahlzeit müssen allen beschützten Arbeitern zu denselben Tagesperioden eingeräumt werden, eine Stunde wenigstens vor 3 Uhr nachmittags. Kinder oder junge Personen dürfen nicht länger als 5 Stunden vor 1 Uhr mittags verwandt werden, ohne eine mindestens halbstündige Pause für Mahlzeit. Kinder, junge Personen oder Frauenzimmer dürfen während keiner Mahlzeit in einer Fabrikstube bleiben, worin irgendein Arbeitsprozeß vorgeht usw.
Man hat gesehn: Diese minutiösen Bestimmungen, welche die Periode, Grenzen, Pausen der Arbeit so militärisch uniform nach dem Glockenschlag regeln, waren keineswegs Produkte parlamentarischer Hirnweberei. Sie entwickelten sich allmählich aus den Verhältnissen heraus, als Naturgesetze der modernen Produktionsweise. Ihre Formulierung, offizielle Anerkennung und staatliche Proklamation waren Ergebnis langwieriger Klassenkämpfe. Eine ihrer nächsten Folgen war, daß die Praxis auch den Arbeitstag der erwachsenen männlichen Fabrikarbeiter denselben Schranken unterwarf, da in den meisten Produktionsprozessen die Kooperation der Kinder, jungen Personen und Frauenzimmer unentbehrlich. Im großen und ganzen galt daher während der Periode von 1844-1847 der zwölfstündige Arbeitstag allgemein und uniform in allen der Fabrikgesetzgebung unterworfenen Industriezweigen.
Die Fabrikanten erlaubten diesen "Fortschritt" jedoch nicht ohne einen kompensierenden "Rückschritt". Auf ihren Antrieb reduzierte das Unterhaus das Minimalalter der zu verarbeitenden Kinder von 9 Jahren auf 8, zur Sicherung der dem Kapital von Gott und Rechts wegen geschuldeten "additionellen Fabrikkinderzufuhr"(141).
<300> Die Jahre 1846/1847 machen Epoche in der ökonomischen Geschichte Englands. Widerruf der Korngesetze, die Einfuhrzölle auf Baumwolle und andre Rohmaterialien abgeschafft, der Freihandel zum Leitstern der Gesetzgebung erklärt! Kurz, das tausendjährige Reich brach an. Andrerseits erreichten in denselben Jahren Chartistenbewegung und Zehnstundenagitation ihren Höhepunkt. Sie fanden Bundesgenossen in den racheschnaubenden Tories. Trotz des fanatischen Widerstands des wortbrüchigen Freihandelsheers mit Bright und Cobden an der Spitze ging die so lang erstrebte Zehnstundenbill durch das Parlament.
Der neue Fabrikakt vom 8. Juni 1847 setzte fest, daß am 1. Juli 1847 eine vorläufige Verkürzung des Arbeitstags der "jungen Personen" (von 13 bis 18 Jahren) und aller Arbeiterinnen auf 11 Stunden, am 1. Mai 1848 aber die definitive Beschränkung auf 10 Stunden eintreten solle. Im übrigen war der Akt nur ein amendierender Zusatz der Gesetze von 1833 und 1844.
Das Kapital unternahm einen vorläufigen Feldzug, um die volle Ausführung des Akts am 1. Mai 1848 zu verhindern. Und zwar sollten die Arbeiter selbst, angeblich durch die Erfahrung gewitzigt, ihr eignes Werk wieder zerstören helfen. Der Augenblick war geschickt gewählt.
"Man muß sich erinnern, daß infolge der furchtbaren Krise von 1846/1847 großes Leid unter den Fabrikarbeitern vorherrschte, da viele Fabriken nur für kurze Zeit gearbeitet, andre ganz stillgestanden hatten. Eine beträchtliche Anzahl der Arbeiter befand sich daher in drückendster Lage, viele in Schulden. Man konnte daher mit ziemlicher Gewißheit annehmen, daß sie die längere Arbeitszeit vorziehn würden, um die vergangnen Verluste gutzumachen, vielleicht Schulden abzuzahlen oder ihre Möbel aus dem Pfandhaus zu holen oder verkaufte Habseligkeiten zu ersetzen oder neue Kleidungsstücke sich selbst und ihren Familien zu verschaffen."
(142)Die Herrn Fabrikanten suchten die natürliche Wirkung dieser Umstände zu steigern durch eine allgemeine Lohnherabsetzung von 10%. Dies geschah sozusagen zur Einweihungsfeier der neuen Freihandelsära. Dann folgte weitre Herabsetzung um 8 1/3%, sobald der Arbeitstag auf 11, und um das Doppelte, sobald er definitiv auf 10 Stunden verkürzt wurde. Wo es daher irgendwie die Verhältnisse zuließen, fand eine Lohnherabsetzung von wenigstens 25% statt.(143) Unter so günstig vorbereiteten Chancen begann man die Agitation unter den Arbeitern für Widerruf des Akts von <301> 1847. Kein Mittel des Betrugs, der Verführung und der Drohung wurde dabei verschmäht, aber alles umsonst. Mit Bezug auf das halbe Dutzend Petitionen, worin die Arbeiter klagen mußten über "ihre Unterdrückung durch den Akt", erklärten die Bittsteller selbst, bei mündlichem Verhör, ihre Unterschriften seien abgenötigt worden. "Sie seien unterdrückt, aber von jemand anders als dem Fabrikakt."(144) Wenn es aber den Fabrikanten nicht gelang, die Arbeiter in ihrem Sinn sprechen zu machen, schrien sie selbst nur um so lauter in Presse und Parlament im Namen der Arbeiter. Sie denunzierten die Fabrikinspektoren als eine Art Konventskommissäre, die ihrer Weltverbesserungsgrille den unglücklichen Arbeiter unbarmherzig aufopferten. Auch dies Manöver schlug fehl. Fabrikinspektor Leonard Horner stellte in eigner Person und durch seine Unterinspektoren zahlreiche Zeugenverhöre in den Fabriken Lancashires an. Ungefähr 70% der verhörten Arbeiter erklärten sich für 10 Stunden, eine viel geringere Prozentzahl für 11 und eine ganz unbedeutende Minorität für die alten 12 Stunden.(145)
Ein andres "gütliches" Manöver war, die erwachsnen männlichen Arbeiter 12 bis 15 Stunden arbeiten zu lassen und dann diese Tatsache für den besten Ausdruck der proletarischen Herzenswünsche zu erklären. Aber der "unbarmherzige" Fabrikinspektor Leonard Horner war wieder an Ort und Stelle. Die meisten "Überstündigen" sagten aus,
"sie würden es bei weitem vorziehn, 10 Stunden für geringren Arbeitslohn zu arbeiten, aber sie hätten keine Wahl; so viele von ihnen seien arbeitslos, so viele Spinner gezwungen, als bloße piecers <Anstücker> zu arbeiten, daß, wenn sie die längre Arbeitszeit verweigerten, andre sofort ihre Stellen einnehmen würden, so daß die Frage so für sie stehe: entweder die längre Zeit arbeiten oder auf dem Pflaster liegen."
(146)<302> Der vorläufige Feldzug des Kapitals war mißglückt, und das Zehnstundengesetz trat am 1. Mai 1848 in Kraft. Unterdes hatte jedoch das Fiasko der Chartistenpartei, deren Führer eingekerkert und deren Organisation zersprengt, bereits das Selbstvertrauen der englischen Arbeiterklasse erschüttert. Bald darauf vereinigte die Pariser Juni-Insurrektion und ihre blutige Erstickung, wie im kontinentalen Europa so in England, alle Fraktionen der herrschenden Klassen, Grundeigentümer und Kapitalisten, Börsenwölfe und Krämer, Protektionisten und Freihändler, Regierung und Opposition, Pfaffen und Freigeister, junge Huren und alte Nonnen, unter dem gemeinschaftlichen Ruf zur Rettung des Eigentums, der Religion, der Familie, der Gesellschaft! Die Arbeiterklasse wurde überall verfemt, in den Bann getan, unter das "loi des suspects" gestellt. Der Herrn Fabrikanten brauchten sich also nicht zu genieren. Sie brachen in offne Revolte aus nicht nur wider das Zehnstundengesetz, sondern wider die ganze Gesetzgebung, welche seit 1833 die "freie" Aussaugung der Arbeitskraft einigermaßen zu zügeln suchte. Es war eine Proslavery Rebellion in Miniatur, während mehr als zwei Jahren durchgeführt mit zynischer Rücksichtslosigkeit, mit terroristischer Energie, beide um so wohlfeiler, als der rebellische Kapitalist nichts riskierte außer der Haut seiner Arbeiter.
Zum Verständnis des Nachfolgenden muß man sich erinnern, daß die Fabrikakte von 1833, 1844 und 1847 alle drei in Rechtskraft, soweit der eine nicht den andren amendiert; daß keiner derselben den Arbeitstag des männlichen Arbeiters über 18 Jahre beschränkt und daß seit 1833 die fünfzehnstündige Periode von halb 6 Uhr morgens bis halb 9 Uhr abends der gesetzliche "Tag" blieb, innerhalb dessen erst die zwölf-, später die zehnstündige Arbeit der jungen Personen und Frauenzimmer unter den vorgeschriebnen Bedingungen zu verrichten war.
Die Fabrikanten begannen hie und da mit Entlassung eines Teils, manchmal der Hälfte, der von ihnen beschäftigten jungen Personen und Arbeiterinnen und stellten dagegen die fast verschollne Nachtarbeit unter den erwachsnen männlichen Arbeitern wieder her. Das Zehnstundengesetz, riefen sie, lasse ihnen keine andre Alternative!(147)
Der zweite Schritt bezog sich auf die gesetzlichen Pausen für Mahlzeiten. Hören wir die Fabrikinspektoren.
"Seit der Beschränkung der Arbeitsstunden auf 10 behaupten die Fabrikanten, obgleich sie praktisch ihre Ansicht noch nicht bis zur letzten Konsequenz durchführen, <303> daß, wenn z.B. von 9 Uhr morgens bis 7 Uhr abends gearbeitet wird, sie den gesetzlichen Vorschriften genug tun, indem sie eine Stunde für Mahlzeit vor 9 Uhr morgens und eine halbe Stunde nach 7 Uhr abends, also 1 1/2 Stunden für Mahlzeiten geben. In einigen Fällen erlauben sie jetzt eine halbe oder ganze Stunde für Mittagessen, bestehn aber zugleich darauf, sie seien durchaus nicht verpflichtet, irgendeinen Teil der 1 1/2 Stunden im Lauf des zehnstündigen Arbeitstags einzuräumen."
(148)Die Herrn Fabrikanten behaupteten also, die peinlich genauen Bestimmungen des Akts von 1844 über Mahlzeiten gäben den Arbeitern nur die Erlaubnis, vor ihrem Eintritt in die Fabrik und nach ihrem Austritt aus der Fabrik, also bei sich zu Hause, zu essen und zu trinken! Und warum sollten die Arbeiter auch nicht vor 9 Uhr morgens ihr Mittagessen einnehmen? Die Kronjuristen entschieden jedoch, daß die vorgeschriebenen Mahlzeiten
"in Pausen während des wirklichen Arbeitstags gegeben werden müssen und daß es ungesetzlich, 10 Stunden nacheinander von 9 Uhr morgens bis 7 Uhr abends ohne Unterbrechung arbeiten zu lassen".
(149)Nach diesen gemütlichen Demonstrationen leitete das Kapital seine Revolte ein durch einen Schritt, der dem Buchstaben des Gesetzes von 1844 entsprach, also legal war.
Das Gesetz von 1844 verbot allerdings, Kinder von 8 bis 13 Jahren, die vor 12 Uhr vormittags beschäftigt würden, wieder nach 1 Uhr mittags zu beschäftigen. Aber es regelte in keiner Weise die 61/2stündige Arbeit der Kinder, deren Arbeitszeit um 12 Uhr vormittags oder später begann! Achtjährige Kinder konnten daher, wenn sie die Arbeit um 12 Uhr vormittags begannen, von 12 bis 1 Uhr verwandt werden, 1 Stunde; von 2 Uhr bis 4 Uhr nachmittags, 2 Stunden, und von 5 Uhr bis halb 9 Uhr abends, 31/2 Stunden; alles in allem die gesetzlichen 61/2 Stunden! Oder noch besser. Um ihre Verwendung der Arbeit erwachsner männlicher Arbeiter bis halb 9 Uhr abends anzupassen, brauchten ihnen die Fabrikanten kein Werk zu geben vor 2 Uhr nachmittags und konnten sie dann ununterbrochen in der Fabrik halten bis halb 9 Uhr abends!
"Und es wird jetzt ausdrücklich zugestanden, daß neuerdings infolge der Fabrikantengier, ihre Maschinerie länger als 10 Stunden laufen zu lassen, sich die Praxis in England eingeschlichen hat, acht-bis dreizehnjährige Kinder beiderlei Geschlechts nach <304> Entfernung aller jungen Personen und Weiber aus der Fabrik allein mit den erwachsnen Männern bis halb 9 Uhr abends arbeiten zu lassen."
(150)Arbeiter und Fabrikinspektoren protestierten aus hygienischen und moralischen Gründen. Aber das Kapital antwortete:
"Meine Taten auf mein Haupt! Mein Recht verlang' ich!
Die Buße und Verpfändung meines Scheins!"
In der Tat waren nach statistischer Vorlage an das Unterhaus vom 26. Juli 1850, trotz aller Proteste, am 15. Juli 1850 3.732 Kinder in 257 Fabriken dieser "Praxis" unterworfen.(151) Noch nicht genug! Das Luchsauge des Kapitals entdeckte, daß der Akt von 1844 fünfstündige Arbeit des Vormittags nicht ohne Pause von wenigstens 30 Minuten für Erfrischung erlaubt, aber nichts der Art für die Nachmittagsarbeit vorschreibt. Es verlangte und ertrotzte daher den Genuß, achtjährige Arbeiterkinder unausgesetzt von 2 bis halb 9 Uhr abends nicht nur schanzen, sondern auch hungern zu lassen!
"Ja, die Brust,
So sagt der Schein."
Die Shylocksche Festklammern am Buchstaben des Gesetzes von 1844, soweit es die Kinderarbeit regelt, sollte jedoch nur die offne Revolte gegen dasselbe Gesetz vermitteln, soweit es die Arbeit von "jungen Personen und Frauenzimmern" regelt. Man erinnert sich, daß die Abschaffung des "falschen Relaissystems" Hauptzweck und Hauptinhalt jenes Gesetzes bildet. <305> Die Fabrikanten eröffneten ihre Revolte mit der einfachen Erklärung, die Sektionen des Akts von 1844, welche beliebigen Nießbrauch der jungen Personen und Frauenzimmer in beliebigen kürzeren Abschnitten des fünfzehnstündigen Fabriktags verbieten, seien
"vergleichungsweise harmlose (comparatively harmless) geblieben, solange die Arbeitszeit auf 12 Stunden eingeschränkt war. Unter dem Zehnstundengesetz seien sie eine unerträgliche Unbill (hardschip)"
(153).Sie zeigten daher den Inspektoren in der kühlsten Weise an, daß sie sich über den Buchstaben des Gesetzes hinwegsetzen und das alte System auf eigne Faust wieder einführen würden.(154) Es geschehe im Interesse der übelberatnen Arbeiter selbst,
"um ihnen höhre Löhne zahlen zu können". "Es sei der einzig mögliche Plan, um unter dem Zehnstundengesetz die industrielle Suprematie Großbritanniens zu erhalten."
(155) "Es möge schwer sein, Unregelmäßkeiten unter dem Relaissystem zu entdecken, aber was heiße das? (what of that?) Soll das große Fabrikinteresse dieses Landes als ein sekundäres Ding behandelt werden, um den Fabrikinspektoren und Subinspektoren ein bißchen mehr Mühe (some little trouble) zu sparen?"(156)Alle diese Flausen halfen natürlich nichts. Die Fabrikinspektoren schritten gerichtlich ein. Bald aber überschüttete eine solche Staubwolke von Fabrikantenpetitionen den Minister des Innern, Sir George Grey, daß er in einem Zirkular vom 5. August 1848 die Inspektoren anwies,
"im allgemeinen nicht einzuschreiten wegen Verletzung des Buchstabens des Akts, so oft das Relaissystem nicht erwiesenermaßen mißbraucht werde, um junge Personen und Frauenzimmer über 10 Stunden arbeiten zu lassen".
Hierauf erlaubte Fabrikinspektor J. Stuart das sogenannte Ablösungssystem während der fünfzehnstündigen Periode des Fabriktags in ganz Schottland, wo es bald wieder in alter Weise aufblühte. Die englischen Fabrikinspektoren dagegen erklärten, der Minister besitze keine diktatorische Gewalt zur Suspension der Gesetze, und fuhren mit gerichtlicher Prozedur wider die Proslavery-Rbellen fort.
<306> Wozu jedoch alle Ladung vors Gericht, sobald die Gerichte, die county magistrates (157), freisprachen? In diesen Gerichten saßen die Herrn Fabrikanten über sich selbst zu Gericht. Ein Beispiel. Ein gewisser Eskrigge, Baumwollspinner von der Firma Kershaw, Leese et Co., hatte dem Fabrikinspektor seines Distrikts das Schema eines für seine Fabrik bestimmten Relaissystems vorgelegt. Abschlägig beschieden, verhielt er sich zunächst passiv. Wenige Monate später stand ein Individuum namens Robinson, ebenfalls Baumwollspinner, und wenn nicht der Freitag, so jedenfalls der Verwandte des Eskrigge, vor den Borough Justices <städtischen Friedensrichtern> zu Stockport, wegen Einführung des identischen, von Eskrigge ausgeheckten Relaisplans. Es saßen 4 Richter, darunter 3 Baumwollspinner, an ihrer Spitze derselbe unvermeidliche Eskrigge. Eskrigge sprach den Robinson frei und erklärte nun, was dem Robinson recht, sei dem Eskrigge billig. Auf seine eigne rechtskräftige Entscheidung gestützt, führte er sofort das System in seiner eignen Fabrik ein.(158) Allerdings war schon die Zusammensetzung dieser Gerichte eine offne Verletzung des Gesetzes.(159)
"Diese Art gerichtlicher Farcen", ruft Inspektor Howell aus, "schreien nach einem Heilmittel ... entweder paßt das Gesetz diesen Urteilssprüchen an, oder laßt es verwalten durch ein minder fehlbares Tribunal, das seine Entscheidungen dem Gesetz anpaßt ... in allen solchen Fällen. Wie sehnt man sich nach einem bezahlten Richter!"
(160)Die Kronjuristen erklärten die Fabrikanten-Interpretation des Aktes von 1848 für abgeschmackt, aber die Gesellschaftsretter ließen sich nicht beirren.
"Nachdem ich", berichtet Leonard Horner, "durch 10 Verfolgungen in 7 verschiednen Gerichtsbezirken versucht habe, das Gesetz zu erzwingen und nur in einem Fall von den Magistraten unterstützt wurde, ... halte ich weitere Verfolgung wegen Umgehung des Gesetzes für nutzlos. Der Teil des Akts, der verfaßt wurde, um Uniformität in den Arbeitsstunden zu schaffen, ... existiert nicht mehr in Lancashire. Auch besitze ich mit <307> meinen Unteragenten durchaus kein Mittel, uns zu versichern, daß Fabriken, wo das sog. Relaissystem herrscht, junge Personen und Frauenzimmer nicht über 10 Stunden beschäftigen ... Ende April 1849 arbeiteten schon 114 Fabriken in meinem Distrikt nach dieser Methode, und ihre Anzahl nimmt in der letzten Zeit reißend zu. Im allgemeinen arbeiten sie jetzt 13 1/2 Stunden, von 6 Uhr morgens bis halb 8 Uhr abends; in einigen Fällen 15 Stunden von halb 6 Uhr morgens bis halb 9 Uhr abends."
(161)Schon Dezember 1848 besaß Leonard Horner eine Liste von 65 Fabrikanten und 29 Fabrikaufsehern, die einstimmig erklärten, kein System der Oberaufsicht könne unter diesem Relaissystem die extensivste Überarbeit verhindern.(162) Bald wurden dieselben Kinder und jungen Personen aus der Spinnstube in die Webestube usw., bald, während 15 Stunden, aus einer Fabrik in die andre geschoben (shifted).(163) Wie ein System kontrollieren,
"welches das Wort Ablösung mißbraucht, um die Hände in endloser Mannigfaltigkeit wie Karten durcheinanderzumischen und die Stunden der Arbeit und der Rast für die verschiednen Individuen täglich so zu verschieben, daß ein und dasselbe vollständige Assortiment von Händen niemals an demselben Platze zur selben Zeit zusammenwirkt"!
(164)Aber ganz abgesehn von wirklicher Überarbeitung, war dies sog. Relaissystem eine Ausgeburt der Kapitalphantasie, wie sie Fourier in seinen humoristischen Skizzen der "courtes séances" nie übertroffen hat, nur daß die Attraktion der Arbeit verwandelt war in die Attraktion des Kapitals. Man sehe sich jene Fabrikantenschemas an, welche die gute Presse pries als Muster von dem, "was ein vernünftiger Grad von Sorgfalt und Methode ausrichten kann" (what a reasonable degree of care and method can accomplish"). Das Arbeiterpersonal wurde manchmal in 12 bis 15 Kategorien verteilt, die selbst wieder ihre Bestandteile beständig wechselten. Während der fünfzehnstündigen Periode des Fabriktags zog das Kapital den Arbeiter jetzt für 30 Minuten, jetzt für eine Stunde an und stieß ihn dann wieder ab, um ihn von neuem in die Fabrik zu ziehn und aus der Fabrik zu stoßen, ihn hin und her hetzend in zerstreuten Zeitfetzen, ohne je den Halt auf ihn zu verlieren, bis die zehnstündige Arbeit vollgemacht. Wie auf der Bühne hatten dieselben Personen abwechselnd in den verschiednen Szenen der verschiednen Akte aufzutreten. Aber wie ein Schauspieler während der ganzen Dauer des Dramas der Bühne gehört, so gehörten die Arbeiter jetzt während 15 Stunden der Fabrik, nicht eingerechnet die <308> Zeit, um von und zu ihr zu gehn. Die Stunden der Rast verwandelten sich so in Stunden erzwungnen Müßiggangs, welche den jungen Arbeiter in die Kneipe und die junge Arbeiterin in das Bordell trieben. Bei jedem neuen Einfall, den der Kapitalist täglich ausheckte, um seine Maschinerie ohne Vermehrung des Arbeiterpersonals 12 oder 15 Stunden im Gang zu halten, hatte der Arbeiter bald in diesem Stück Zeitabfall, bald in jenem seine Mahlzeit einzuschlucken. Zur Zeit der Zehnstundenagitation schrien die Fabrikanten, das Arbeiterpack petitioniere, in der Erwartung, zwölfstündigen Arbeitslohn für zehnstündige Arbeit zu erhalten. Sie hatten jetzt die Medaille umgekehrt. Sie zahlten zehnstündigen Arbeitslohn für zwölf- und fünfzehnstündige Verfügung über die Arbeitskräfte!(165) Dies war des Pudels Kern, dies die Fabrikantenausgabe des Zehnstundengesetzes! Es waren dieselben salbungsvollen, Menschenliebe triefenden Freihändler, die den Arbeitern 10 volle Jahre, während der Anti-Corn-Law-Agitation, auf Heller und Pfennig vorgerechnet, daß bei freier Korneinfuhr eine zehnstündige Arbeit, mit den Mitteln der englischen Industrie, vollständig genüge, um die Kapitalisten zu bereichern.(166)
Die zweijährige Kapitalrevolte wurde endlich gekrönt durch den Urteilsspruch eines der vier höchsten Gerichtshöfe von England, des Court of Exchequer, der in einem vor ihn gebrachten Fall am 8. Februar 1850 entschied, daß die Fabrikanten zwar wider den Sinn des Akts von 1844 handelten, dieser Akt selbst aber gewisse Worte enthalte, die ihn sinnlos machten. "Mit dieser Entscheidung war das Zehnstundengesetz abgeschafft."(167) Eine Masse Fabrikanten, die bisher noch das Relaissystem für junge Personen und Arbeiterinnen gescheut, griffen nun mit beiden Händen zu.(168)
<309> Mit diesem scheinbar definitiven Sieg des Kapitals trat aber sofort ein Umschlag ein. Die Arbeiter hatten bisher passiven, obgleich unbeugsamen und täglich erneuten Widerstand geleistet. Sie protestierten jetzt in laut drohenden Meetings in Lancashire und Yorkshire. Das angebliche Zehnstundengesetz sei also bloßer Humbug, parlamentarische Prelllerei, und habe nie existiert! Die Fabrikinspektoren warnten dringend die Regierung, der Klassenantagonismus sei zu einer unglaublichen Höhe gespannt. Ein Teil der Fabrikanten selbst murrte:
"Durch die widersprechenden Entscheidungen der Magistrate herrsche ein ganz abnormer und anarchischer Zustand. Ein andres Gesetz gelte in Yorkshire, ein andres in Lancashire, ein andres Gesetz in einer Pfarrei von Lancashire, ein andres in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft. Der Fabrikant in großen Städten könne das Gesetz umgehn, der in Landflecken finde nicht das nötige Personal für das Relaissystem und noch minder zur Verschiebung der Arbeiter aus einer Fabrik in die andre usw."
Und gleiche Exploitation der Arbeitskraft ist das erste Menschenrecht des Kapitals.
Unter diesen Umständen kam es zu einem Kompromiß zwischen Fabrikanten und Arbeitern, der in dem neuen zusätzlichen Fabrikakt vom 5. August 1850 parlamentarisch besiegelt ist. Für "junge Personen und Frauenzimmer" wurde der Arbeitstag in den ersten 5 Wochentagen von 10 auf 101/2 Stunden erhöht, für den Samstag auf 71/2 Stunden beschränkt. Die Arbeit muß in der Periode von 6 Uhr morgens bis 6 Uhr abends vorgehn (169), mit 11/2stündigen Pausen für Mahlzeiten, die gleichzeitig und gemäß den Bestimmungen von 1844 einzuräumen sind usw. Damit war dem Relaissystem ein für allemal ein Ende gemacht.(170) Für die Kinderarbeit blieb das Gesetz von 1844 in Kraft.
Eine Fabrikantenkategorie sicherte sich diesmal, wie früher, besondere Seigneurialrechte auf Proletarierkinder. Es waren dies die Seidenfabrikanten. Im Jahr 1833 hatten sie drohend geheult, "wenn man ihnen die Freiheit raube, Kinder jedes Alters täglich 10 Stunden abzurackern, setze man ihre Fabriken still" ("if the liberty of working children of any age for <310> 10 hours a day was taken away, it sould stop their works"). Es sei ihnen unmöglich, eine hinreichende Anzahl von Kindern über 13 Jahren zu kaufen. Sie erpreßten das gewünschte Privilegium. Der Vorwand stellte sich bei später Untersuchung als bare Lüge heraus (171), was sie jedoch nicht verhinderte, während eines Dezenniums aus dem Blut kleiner Kinder, die zur Verrichtung ihrer Arbeit auf Stühle gestellt werden mußten, täglich 10 Stunden Seide zu spinnen.(172) Der Akt von 1844 "beraubte" sie zwar der "Freiheit", Kinder unter 11 Jahren länger als 61/2 Stunden, sicherte ihnen dagegen das Privilegium, Kinder zwischen 11 und 13 Jahren 10 Stunden täglich zu verarbeiten, und kassierte den für andre Fabrikkinder vorgeschriebenen Schulzwang. Diesmal der Vorwand:
"Die Delikatesse des Gewebes erheische eine Fingerzartheit, die nur durch frühen Eintritt in die Fabrik zu sichern."
(173)Der delikaten Finger wegen wurden die Kinder ganz geschlachtet, wie Hornvieh in Südrußland wegen Haut und Talg. Endlich, 1850, wurde das 1844 eingeräumte Privilegium auf die Departements der Seidenzwirnerei und Seidenhaspelei beschränkt, hier aber, zum Schadenersatz des seiner "Freiheit" beraubten Kapitals, die Arbeitszeit für Kinder von 11 bis 13 Jahren von 10 auf 101/2 Stunden erhöht. Vorwand: "Die Arbeit sei leichter in Seidenfabriken als in den andren Fabriken und in keiner Weise so nachteilig für die Gesundheit."(174) Offizielle ärztliche Untersuchung bewies hinterher, daß umgekehrt
"die durchschnittliche Sterblichkeitsrate in den Seidendistrikten ausnahmsweise hoch und unter dem weiblichen Teil der Bevölkerung selbst höher ist als in den Baumwolldistrikten von Lancashire"
(175).<311> Trotz der halbjährlich wiederholten Proteste der Fabrikinspektoren dauert der Unfug bis zur Stunde fort.(176)
Das Gesetz von 1850 verwandelte nur für "junge Personen und Frauenzimmer" die fünfzehnstündige Periode von halb 6 Uhr morgens bis halb 9 Uhr abends in die zwölfstündige Periode von 6 Uhr morgens bis 6 Uhr abends. Also nicht für Kinder, die immer noch eine halbe Stunde vor Beginn und 21/2 Stunden nach Schluß dieser Periode verwertbar blieben, wenn auch die Gesamtdauer ihrer Arbeit 61/2 Stunden nicht überschreiten durfte. Während der Diskussion des Gesetzes wurde dem Parlament von den Fabrikinspektoren eine Statistik über die infamen Mißbräuche jener Anomalie unterbreitet. Jedoch umsonst. Im Hintergrund lauerte die Absicht, den Arbeitstag der erwachsnen Arbeiter mit Beihilfe der Kinder in Prosperitätsjahren wieder auf 15 Stunden zu schrauben. Die Erfahrung der folgenden 3 Jahre zeigte, daß solcher Versuch am Widerstand der erwachsnen männlichen Arbeiter scheitern müsse.(177) Der Akt von 1850 wurde daher 1853 endlich ergänzt durch das Verbot, "Kinder des Morgens vor und Abends nach den jungen Personen und Frauenzimmern zu verwenden". Von nun an regelte, mit wenigen Ausnahmen, der Fabrikakt von 1850 <312> in den ihm unterworfenen Industriezweigen den Arbeitstag aller Arbeiter.(178) Seit dem Erlaß des ersten Fabrikakts war jetzt ein halbes Jahrhundert verflossen.(179)
Über ihre ursprüngliche Sphäre griff die Gesetzgebung zuerst hinaus durch den "Printworks' Act" (Gesetz über Kattundruckereien usw.) von 1845. Die Unlust, womit das Kapital diese neue "Extravaganz" zuließ, spricht aus jeder Zeile des Akts! Er beschränkt den Arbeitstag für Kinder von 8-13 Jahren und für Frauenzimmer auf 16 Stunden zwischen 6 Uhr morgens und 10 Uhr abends, ohne irgendeine gesetzliche Pause für Mahlzeiten. Er erlaubt, männliche Arbeiter über 13 Jahre Tag und Nacht hindurch beliebig abzuarbeiten.(180) Er ist ein parlamentarischer Abort.(181)
Dennoch hatte das Prinzip gesiegt mit seinem Sieg in den großen Industriezweigen, welche das eigenste Geschöpf der modernen Produktionsweise. Ihre wundervolle Entwicklung von 1853-1860, Hand in Hand mit der physischen und moralischen Wiedergeburt der Fabrikarbeiter, schlug das blödeste Auge. Die Fabrikanten selbst, denen die gesetzliche Schranke und Regel des Arbeitstags durch halbhundertjährigen Bürgerkrieg Schritt <313> für Schritt abgetrotzt, wiesen prahlend auf den Kontrast mit den noch "freien" Exploitationsgebieten hin.(182) Die Pharisäer der "politischen Ökonomie" proklamierten nun die Einsicht in die Notwendigkeit eines gesetzlich geregelten Arbeitstags als charakteristische Neuerrungenschaft ihrer "Wissenschaft".(183) Man versteht leicht, daß, nachdem sich die Fabrikmagnaten in das Unvermeidliche gefügt und mit ihm ausgesöhnt, die Widerstandskraft des Kapitals graduell abschwächte, während zugleich die Angriffskraft der Arbeiterklasse wuchs mit der Zahl ihrer Verbündeten in den nicht unmittelbar interessierten Gesellschaftsschichten. Daher vergleichungsweis rascher Fortschritt seit 1860.
Die Färbereien und Bleichereien (184) wurden 1860, die Spitzenfabriken und Strumpfwirkereien 1861 dem Fabrikakt von 1850 unterworfen. Infolge des ersten Berichts der "Kommission über die Beschäftigung der Kinder" (1863) teilten dasselbe Schicksal die Manufaktur aller Erdenwaren (nicht nur Töpfereien), der Zündhölzer, Zündhütchen, Patronen, Tapetenfabrik, <314> Baumwollsamt-Schererei (fustian cutting) und zahlreiche Prozesse, die unter dem Ausdruck "finishing" (letzte Appretur) zusammengefaßt sind. Im Jahre 1863 wurden die "Bleicherei in offner Luft" (185) und die Bäckerei unter eigne Akte gestellt, wovon der erste u.a. die Arbeit von Kindern, jungen Personen und Weibern zur Nachtzeit (von 8 Uhr abends bis 6 Uhr morgens) und der zweite die Anwendung von Bäckergesellen unter 18 Jahren zwischen 9 Uhr abends und 5 Uhr morgens verbietet. Auf die spätren Vorschläge der erwähnten Kommission, welche, mit Ausnahme <315> des Ackerbaus, der Minen und des Transportwesens, alle wichtigen englischen Industriezweige der "Freiheit" zu berauben drohen, kommen wir zurück.(185a)
7. Der Kampf um den Normalarbeitstag. Rückwirkung der englischen
Fabrikgesetzgebung auf andre Länder
Der Leser erinnert sich, daß die Produktion von Mehrwert oder die Extraktion von Mehrarbeit den spezifischen Inhalt und Zweck der kapitalistischen Produktion bildet, abgesehn von jedweder aus der Unterordnung der Arbeit unter das Kapital etwa entspringenden Umgestaltung der Produktionsweise selbst. Er erinnert sich, daß auf dem bisher entwickelten Standpunkt nur der selbständige und daher gesetzlich mündige Arbeiter als Warenverkäufer mit dem Kapitalisten kontrahiert. Wenn also in unsrer historischen Skizze einerseits die moderne Industrie eine Hauptrolle spielt, andrerseits die Arbeit physisch und rechtlich Unmündiger, so galt uns die eine nur als besondre Sphäre, die andre nur als besonders schlagendes Beispiel der Arbeitsaussaugung. Ohne jedoch der spätren Entwicklung vorzugreifen, folgt aus dem bloßen Zusammenhang der geschichtlichen Tatsachen:
Erstens: In den durch Wasser, Dampf und Maschinerie zunächst revolutionierten Industrien, in diesen ersten Schöpfungen der modernen Produktionsweise, den Baumwolle-, Wolle-, Flachs-, Seide-Spinnereien und Webereien wird der Trieb des Kapitals nach maß- und rücksichtsloser Verlängerung des Arbeitstags zuerst befriedigt. Die veränderte materielle Produktionsweise und die ihr entsprechend veränderten sozialen Verhältnisse der Produzenten (186) schaffen erst die maßlose Ausschreitung und rufen dann <316> im Gegensatz die gesellschaftliche Kontrolle hervor, welche den Arbeitstag mit seinen Pausen gesetzlich beschränkt, reguliert und uniformiert. Diese Kontrolle erscheint daher während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bloß als Ausnahmegesetzgebung.(187) Sobald sie das Urgebiet der neuen Produktionsweise erobert hatte, fand sich, daß unterdes nicht nur viele andre Produktionszweige in das eigentliche Fabrikregime eingetreten, sondern daß Manufakturen mit mehr oder minder verjährter Betriebsweise, wie Töpfereien, Glasereien usw., daß altmodische Handwerke, wie die Bäckerei, und endlich selbst die zerstreute sog. Hausarbeit, wie Nägelmacherei usw. (188), seit lange der kapitalistischen Exploitation ebensosehr verfallen waren als die Fabrik. Die Gesetzgebung ward daher gezwungen, ihren Ausnahmecharakter allmählich abzustreifen, oder, wo sie römisch kasuistisch verfährt, wie in England, irgendein Haus, worin man arbeitet, nach Belieben für eine Fabrik (factory) zu erklären.(189)
Zweitens: Die Geschichte der Reglung des Arbeitstags in einigen Produktionsweisen, in andren der noch fortdauernde Kampf um diese Reglung, beweisen handgreiflich, daß der vereinzelte Arbeiter, der Arbeiter als "freier" Verkäufer seiner Arbeitskraft, auf gewisser Reifestufe der kapitalistischen Produktion, widerstandslos unterliegt. Die Schöpfung eines Normalarbeitstags ist daher das Produkt eines langwierigen, mehr oder minder versteckten Bürgerkriegs zwischen der Kapitalistenklasse und der Arbeiterklasse. Wie der Kampf eröffnet wird im Umkreis der modernen Industrie, so spielt er zuerst in ihrem Heimatland, England.(190) Die eng- <317> lischen Fabrikarbeiter waren die Preisfechter nicht nur der englischen, sondern der modernen Arbeiterklasse überhaupt, wie auch ihre Theoretiker der Theorie des Kapitals zuerst den Fehdehandschuh hinwarfen.(191) Der Fabrikphilosoph Ure denunziert es daher als unauslöschliche Schmach der englischen Arbeiterklasse, daß sie "die Sklaverei der Fabrikakte" auf ihre Fahne schrieb gegenüber dem Kapital, das männlich für "vollkommne Freiheit der Arbeit" stritt.(192)
Frankreich hinkt langsam hinter England her. Es bedarf der Februarrevolution zur Geburt des Zwölfstundengesetzes (193), das viel mangelhafter ist als sein englisches Original. Trotzdem macht die französische revolutionäre Methode auch ihre eigentümlichen Vorzüge geltend. Mit einem Schlag diktiert sie allen Ateliers und Fabriken ohne Unterschied dieselbe Schranke des Arbeitstags, während die englische Gesetzgebung bald an diesem Punkt, bald an jenem, dem Druck der Verhältnisse widerwillig <318> weicht und auf dem besten Weg ist, einen neuen juristischen Rattenkönig auszubrüten.(194) Andrerseits proklamiert das französische Gesetz prinzipiell, was in England nur im Namen von Kindern, Unmündigen und Frauenzimmern erkämpft und erst neuerdings als allgemeines Recht beansprucht wird.(195)
In den Vereinigten Staaten von Nordamerika blieb jede selbständige Arbeiterbewegung gelähmt, solange die Sklaverei einen Teil der Republik verunstaltete. Die Arbeit in weißer Haut kann sich nicht dort emanzipieren, wo sie in schwarzer Haut gebrandmarkt wird. Aber aus dem Tod der Sklaverei entsproß sofort ein neu verjüngtes Leben. Die erste Frucht des Bürgerkriegs war die Achtstundenagitation, mit den Siebenmeilenstiefeln der Lokomotive vom Atlantischen bis zum Stillen Ozean ausschreitend, von Neuengland bis nach Kalifornien. Der allgemeine Arbeiterkongreß zu Baltimore (Aug. 1866) erklärt:
"Das erste und große Erheischnis der Gegenwart, um die Arbeit dieses Landes von der kapitalistischen Sklaverei zu befreien, ist der Erlaß eines Gesetzes, wodurch 8 Stunden den Normalarbeitstag in allen Staaten der amerikanischen Union bilden sollen. Wir sind entschlossen, alle unsre Macht aufzubieten, bis dies glorreiche Resultat erreicht ist."
(196)<319> Gleichzeitig (Anfang September 1866) beschloß der "Internationale Arbeiterkongreß" zu Genf auf Vorschlag des Londoner Generalrats: "Wir erklären die Beschränkung des Arbeitstags für eine vorläufige Bedingung, ohne welche alle andren Bestrebungen nach Emanzipation scheitern müssen ... Wir schlagen 8 Arbeitsstunden als legale Schranke des Arbeitstags vor."
So besiegelt die auf beiden Seiten des Atlantischen Meers instinktiv aus den Produktionsverhältnissen selbst erwachsne Arbeiterbewegung den Ausspruch des englischen Fabrikinspektors R. J. Saunders:
"Weitere Schritte zur Reform der Gesellschaft sind niemals mit irgendeiner Aussicht auf Erfolg durchzuführen, wenn nicht zuvor der Arbeitstag beschränkt und seine vorgeschriebne Schranke strikt erzwungen wird."
(197)Man muß gestehn, daß unser Arbeiter anders aus dem Produktionsprozeß herauskommt als er in ihn eintrat. Auf dem Markt trat er als Besitzer der Ware "Arbeitskraft" andren Warenbesitzern gegenüber, Warenbesitzer dem Warenbesitzer. Der Kontrakt, wodurch er dem Kapitalisten seine Arbeitskraft verkaufte, bewies sozusagen schwarz auf weiß, daß er frei über sich selbst verfügt. Nach geschlossenem Handel wird entdeckt, daß er "kein freier Agent" war, daß die Zeit, wofür es ihm freisteht, seine Arbeitskraft zu verkaufen, die Zeit ist, wofür er gezwungen ist, sie zu verkaufen (198), daß in der Tat sein Sauger nicht losläßt, "solange noch ein Muskel, <320> eine Sehne, ein Tropfen Bluts auszubeuten"(199). Zum "Schutz" gegen die Schlange ihrer Qualen müssen die Arbeiter ihre Köpfe zusammenrotten und als Klasse ein Staatsgesetz erzwingen, ein übermächtiges gesellschaftliches Hindernis, das sie selbst verhindert, durch freiwilligen Kontrakt mit dem Kapital sich und ihr Geschlecht in Tod und Sklaverei zu verkaufen.(200) An die Stelle des prunkvollen Katalogs der "unveräußerlichen Menschenrechte" tritt die bescheidne Magna Charta eines gesetzlich beschränkten Arbeitstags, die "endlich klarmacht, wann die Zeit, die der Arbeiter verkauft, endet und wann die ihm selbst gehörige Zeit beginnt"(201). Quantum mutatus ab illo! <Welch große Veränderung!>
(35) "Ein Arbeitstag ist eine unbestimmte Größe, er kann lang oder kurz sein." ("An Essay on Trade and Commerce, containing Observations on Taxation etc.", London 1770, p. 73.) <=
(36) Diese Frage ist unendlich wichtiger als die berühmte Frage Sir Robert Peels an die Birminghamer Handelskammer: "What is a pound?" <"Was ist ein Pfund"> eine Frage, die nur gestellt werden konnte, weil Peel über die Natur des Geldes ebenso unklar war als die "little shilling men" von Birmingham. <=
(37) "Es ist die Aufgabe des Kapitalisten, mit dem verausgabten Kapital die größtmögliche Summe Arbeit herauszuschlagen." ("D'obtenir du capital dépensé la plus forte somme de travail possible.") (J.-G. Courcelle-Seneuil, "Traité théorique et pratique des entreprises industrieles", 2ème édit., 1857, p. 62.) <=
(38) "Der Verlust einer Arbeitsstunde pro Tag stellt einen außerordentlich großen Schaden für einen Handelsstaat dar." "Der Konsum von Luxusgütern unter den arbeitenden Armen dieses Königreichs ist sehr groß; besonders unter dem Manufakturpöbel; dabei konsumieren sie aber auch ihre Zeit, ein Verbrauch, verhängnisvoller als jeder andre." ("An Essay on Trade and Commerce etc.", p. 47 u. 153.) <=
(39) "Wenn sich der freie Tagelöhner einen Augenblick ausruht, behauptet die schmutzige Ökonomie, die ihn mit unruhigen Augen verfolgt, daß er sie bestehle." (N. Linguet, "Théorie des Loix Civiles etc.", London 1767, t. II, p. 466.) <=
(40) Während des großen strike <Streiks> der London builders <Bauarbeiter>, 1860-1861, zur Reduktion des Arbeitstags auf 9 Stunden, veröffentlichte ihr Komitee eine Erklärung, die halb und halb auf das Plaidoyer unsres Arbeiters hinausläuft. Die Erklärung spielt nicht ohne Ironie darauf an, daß der Profitwütigste der "buiding masters" <"Bauunternehmer"> - ein gewisser Sir M. Peto - im "Geruch der Heiligkeit" stehe. (Derselbe Peto kam nach 1867 zu einem Ende mit - Strousberg!) <=
(41) "Diejenigen, die arbeiten ... , ernähren in Wirklichkeit sowohl die Pensionäre, genannt die Reichen, als auch sich selbst." (Edmund Burke, l.c.p. 2, 3.) <=
(42) Sehr naiv bemerkt Niebuhr in seiner "Römischen Geschichte": "Man kann sich nicht verhehlen, daß Werke wie die etruskischen, die in ihren Trümmern erstaunen, in kleinen (!) Staaten Fronherrn und Knechte voraussetzen." Viel tiefer sagte Sismondi, daß "Brüsseler Spitzen" Lohnherrn und Lohndiener voraussetzen. <=
(43) "Man kann diese Unglücklichen" (in den Goldbergwerken zwischen Ägypten, Äthiopien und Arabien), "die nicht einmal ihren Körper reinlich halten noch ihre Blöße decken können, nicht ansehn, ohne ihr jammervolles Schicksal zu beklagen. Denn da findet keine Nachsicht und keine Schonung statt für Kranke, für Gebrechliche, für Greise, für die weibliche Schwachheit. Alle müssen, durch Schläge gezwungen, fortarbeiten, bis der Tod ihren Qualen und ihrer Not ein Ende macht." (Diod. Sic., "Historische Bibliothek", Buch 3, c. 13, [p. 260].) <=
(44) Das Nachfolgende bezieht sich auf die Zustände der rumänischen Provinzen, wie sie sich vor der Umwälzung seit dem Krimkrieg gestaltet hatten. <=
(44a) {Note zur 3. Aufl. - Dies gilt ebenfalls für Deutschland und speziell für das ostelbische Preußen. Im 15. Jahrhundert war der deutsche Bauer fast überall ein gewissen Leistungen in Produkt und Arbeit unterworfener, aber sonst wenigstens faktisch freier Mann. Die deutschen Kolonisten in Brandenburg, Pommern, Schlesien und Ostpreußen waren sogar rechtlich als Freie anerkannt. Der Sieg des Adels im Bauernkrieg machte dem ein Ende. Nicht nur die besiegten süddeutschen Bauern wurden wieder leibeigen. Schon seit Mitte des 16. Jahrhunderts werden die ostpreußischen, brandenburgischen, pommerschen und schlesischen, und bald darauf auch die schleswig-holsteinischen freien Bauern zu Leibeignen erniedrigt. (Maurer, "Fronhöfe", IV. Bd. - Meitzen, "Der Boden des Pr. Staats". - Hanssen, "Leibeigenschaft in Schleswig-Holstein".) - F. E.} <=
(45) Weitere Details findet man in È. Regnault, "Histoire politique et sociale des Principautés Danubiennes", Paris 1855, [p. 304 sqq.]. <=
(46) "Im allgemeinen spricht innerhalb gewisser Grenzen für das Gedeihen organischer Wesen das Überschreiten des Mittelmaßes ihrer Art. Für den Menschen verkleinert sich sein Körpermaß, wenn sein Gedeihen beeinträchtigt ist, sei es durch physische oder soziale Verhältnisse. In allen europäischen Ländern, wo Konskription besteht, hat seit Einführung derselben das mittlere Körpermaß der erwachsenen Männer und im ganzen ihre Tauglichkeit zum Kriegsdienst abgenommen. Vor der Revolution (1789) war das Minimum für den Infanteristen in Frankreich 165 Zentimeter; 1818 (Gesetz vom 10. März) 157, nach dem Gesetz vom 21. März 1832, 156 Zentimeter; durchschnittlich in Frankreich wegen mangelnder Größe und Gebrechen über die Hälfte ausgemustert. Das Militärmaß war in Sachsen 1780: 178 Zentimeter, jetzt 155. In Preußen ist es 157. Nach Angabe in der 'Bayrischen Zeitung' vom 9. Mai 1862 von Dr. Meyer stellt sich nach einem 9jährigen Durchschnitt heraus, daß in Preußen von 1.000 Konskribierten 716 untauglich zum Militärdienst: 317 wegen Mindermaß und 399 wegen Gebrechen ... Berlin konnte 1858 sein Kontingent an Ersatz-Mannschaft nicht stellen, es fehlten 156 Mann." (J. v. Liebig, "Die Chemie in ihrer Anwendung auf Agrikultur und Physiologie", 1862. 7. Aufl. Band I, p. 117, 118.) <=
(47) Die Geschichte des Fabrikakts von 1850 folgt im Verlauf dieses Kapitels. <=
(48) Auf die Periode vom Beginn der großen Industrie in England bis 1845 gehe ich nur hier und da ein und verweise den Leser darüber auf "Die Lage der arbeitenden Klasse in England" von Friedrich Engels, Leipzig 1845 <Siehe Band 2.>. Wie tief Engels den Geist der kapitalistischen Produktionsweise begriff, zeigen die Factory Reports, Reports on Mines usw., die seit 1845 erschienen sind, und wie bewundrungswürdig er die Zustände im Detail malte, zeigt der oberflächlichste Vergleich seiner Schrift mit den 18 bis 20 Jahre später veröffentlichten offiziellen Reports der Children's Employment Commission (1863-1867). Diese handeln nämlich von Industriezweigen, worin die Fabrikgesetzgebung bis 1862 noch nicht eingeführt war, zum Teil noch nicht eingeführt ist. Hier wurde also den von Engels geschilderten Zuständen mehr oder minder große Ändrung nicht von außen aufgeherrscht. Meine Beispiele entlehne ich hauptsächlich der Freihandelsperiode nach 1848, jener paradiesischen Zeit, wovon ebenso großmäulige als wissenschaftlich verwahrloste Freihandelshausierburschen den Deutschen so fabelhaft viel vorfauchen. - Übrigens figuriert England hier nur im Vordergrund, weil es die kapitalistische Produktion klassisch repräsentiert und allein eine offiziell fortaufende Statistik der behandelten Gegenstände besitzt. <=
(49) "Suggestions etc. by Mr. L. Horner, Inspector of Factories", im "Factories Regulation Act. Ordered by the House of Commons to be printed 9. Aug. 1859", p. 4, 5. <=
(50) "Reports of the Insp. of Fact. for the half year, Oct. 1856", p. 35. <=
(51) "Report etc. 30th April 1858", p. 9. <=
(52) "Reports etc.", l.c.p. 10. <=
(53) "Reports etc.", l.c.p. 25. <=
(54) "Reports etc. for the half year ending 30th April 1861." Sieh Appendix Nr. 2; "Reports etc. 31st Octob. 1862", p.7,52,53. Die Überschreitungen werden wieder zahlreicher mit dem letzten Halbjahr 1863. Vgl. "Reports etc. ending 31st Oct. 1863", p. 7. <=
(55) "Reports etc. 31st Oct. 1860", p. 23. Mit welchem Fanatismus, nach gerichtlichen Aussagen der Fabrikanten, ihre Fabrikhände sich jeder Unterbrechung der Fabrikarbeit widersetzen, zeige folgendes Kuriosum: Anfang Juni 1836 gingen den Magistrates von Dewsbury (Yorkshire) Denunziationen zu, wonach die Eigner von 8 großen Fabriken in der Nähe von Batley den Fabrikakt verletzt hätten. Ein Teil dieser Herren war angeklagt, 5 Knaben zwischen 12 und 15 Jahren von 6 Uhr morgens des Freitags bis 4 Uhr nachmittags des folgenden Samstags abgearbeitet zu haben, ohne irgendeine Erholung zu gestatten, außer für Mahlzeiten und eine Stunde Schlaf um Mitternacht. Und diese Kinder hatten die rastlose, 30stündige Arbeit zu verrichten in dem "shoddyhole", wie die Höhle heißt, worin Wollenlumpen aufgerissen werden und wo ein Luftmeer von Staub, Abfällen usw. selbst den erwachsnen Arbeiter zwingt, den Mund beständig mit Schnupftüchern zu verbinden, zum Schutz seiner Lunge! Die Herren Angeklagten versicherten an Eides Statt - als Quäker waren sie zu skrupulös religiöse Männer, einen Eid zu leisten - , sie hätten in ihrer großen Barmherzigkeit den elenden Kindern 4 Stunden Schlaf erlaubt, aber die Starrköpfe von Kindern wollten durchaus nicht zu Bett gehn! Die Herrn Quäker wurden zu 20 Pfd. St. Geldbuße verurteilt. Dryden ahnte diese Quäker:
"Ein Fuchs voller Scheinheiligkeit,
der wie der Teufel lügt, doch fürchtet sich
vor'm Eid,
der wie ein Büßer ausschaut, doch seitwärts
gier'ge Blicke wirft,
doch nicht zu sünd'gen wagt, bevor er sein
Gebet gesagt! <=
(56) "Rep. etc. 31st Oct. 1856", p. 34. <=
(62) "Moments are the elements of profit." ("Rep. of the Insp. etc. 30th April 1860", p. 56.) <=
(63) Der Ausdruck hat offizielles Bürgerrecht, wie in der Fabrik, so in den Fabrikberichten. <=
(64) "Die Habgier der Fabrikbesitzer, deren Grausamkeiten bei der Jagd nach Gewinn kaum von denjenigen übertroffen wurden, die die Spanier bei der Eroberung Amerikas, bei der Jagd nach dem Golde verübten." (John Wade, "History of the Middle and Working Classes", 3rd ed. Lond. 1835, p. 114.) Der theoretische Teil dieses Buchs, eine Art Grundriß der politischen Ökonomie, enthält für seine Zeit einiges Originelle, z.B. über Handelskrisen. Der historische Teil leidet an schamlosem Plagiarismus aus Sir M. Edens, "The State of the Poor", London 1797. <=
(65) London "Daily Teegraph" vom 17. Januar 1860. <=
(66) Vgl. Engels, "Lage etc.", p. 249-251. <Siehe Band 2 unserer Ausgabe, S. 423-425.> <=
(67) "Children's Employment Commission, First Report etc. 1863", Appendix, p. 16, 19, 18. <=
(68) "Public Health, 3rd Report etc.", p. 103, 105. <=
(69) "Children's Employm. Commission, 1863", p. 24, 22 u. XI. <=
(72) Dies ist nicht in unsrem Sinn der Surplusarbeitszeit zu nehmen. Diese Herrn betrachten die 101/2stündige Arbeit als Normalarbeitstag, der also auch die normale Mehrarbeit einschließt. Dann beginnt "die Überzeit", die etwas besser bezahlt wird. Man wird bei einer spätren Gelegenheit sehn, daß die Verwendung der Arbeitskraft während des sogenannten Normaltages unter dem Werte bezahlt wird, so daß die "Überzeit" ein bloßer Kapitalistenpfiff ist, um mehr "Mehrarbeit" auszupressen, was es übrigens selbst dann bleibt, wenn die während des "Normaltages" verwandte Arbeitskraft wirklich voll bezahlt wird. <=
(73) l.c., Appendix, p. 123, 124, 125, 140 u. LXIV. <=
(74) Alaun, fein gerieben oder mit Salz gemischt, ist ein normaler Handelsartikel, der den bezeichnenden Namen "baker's stuff" <Bäckerstoff> führt. <=
(75) Ruß ist bekanntlich eine sehr energische Form des Kohlenstoffs und bildet ein Düngmittel, das kapitalistische Schornsteinfeger an englische Pächter verkaufen. Es hatte nun 1862 der britische "Juryman" <Geschworene> in einem Prozeß zu entscheiden, ob Ruß, welchem ohne Wissen des Käufers 90% Staub und Sand beigemischt sind, "wirklicher" Ruß im "kommerziellen" Sinn oder "gefälschter" Ruß im "gesetzlichen" Sinn sei. Die "amis du commerce" <Freunde des Handels> entschieden, es sei "wirklicher" kommerzieller Ruß, und wiesen den klagenden Pächter ab, der noch obendrein die Prozeßkosten zu zahlen hatte. <=
(76) Der französische Chemiker Chevallier, in einer Abhandlung über die "sophistications" <Verfälschungen> der Waren, zählt unter 600 und einigen Artikeln, die er Revue passieren läßt, für viele derselben 10, 20, 30 verschiedne Methoden der Fälschung auf. Er fügt hinzu, er kenne nicht alle Methoden und erwähne nicht alle, die er kenne. Für den Zucker gibt er 6 Fälschungsarten, 9 für das Olivenöl, 10 für die Butter, 12 für das Salz, 19 für die Milch, 20 für das Brot, 23 für den Branntwein, 24 für Mehl, 28 für Schokolade, 30 für Wein, 32 für Kaffee etc. Selbst der liebe Herrgott entgeht diesem Schicksal nicht. Sieh Rouard de Card, "De la falsification des substandes sacramentelles", Paris 1856. <=
(77) "Report etc. relating to the Grievances complained of by the Jorneymen Bakers etc.", London 1862, und "Second Report etc.", London 1863. <=
(78) l.c. "First Report etc." p. VI/VII. <=
(80) George Read, "The Hostory of Baking", London 1848, p. 16. <=
(81) "Report (First) etc. Evidence." Aussage des "full priced baker" Cheesman, p. 108. <=
(82) George Read, l.c. Ende des 17. und anfangs des 18. Jahrhunderts wurden die in alle möglichen Gewerbe sich eindrängenden Factors (Agenten) noch offiziell als "Public Nuisances" <"Anstifter öffentlichen Unfugs"> denunziert. So erließ z.B. die Grand Jury bei der vierteljährigen Friedensrichtersitzung in der Grafschaft Somerset, ein "presentment" <eine "Denkschrift"> an das Unterhaus, worin es u.a. heißt: "daß diese Agenten von Blackwell Hall ein öffentlicher Unfug sind und dem Tuchgewerbe Abbruch tun und als Schädlinge unterdrückt werden sollten". ("The Case of our English Wool etc.", London 1685, p. 6,7.) <=
(83) "First Report etc.", p. VIII. <=
(84) "Report of Committee on the Baking Trade in Ireland for 1861." <=
(86) Öffentliches Meeting der Agrikulturarbeiter in Lasswade, bei Glasgow, vom 5. Jan. 1866. (Sieh "Workman's Advocate" vom 13. Jan. 1866.) Die Bildung, seit Ende 1865, einer Trade's Union unter den Agrikulturarbeitern, zunächst in Schottland, ist ein historisches Ereignis. In einem der unterdrücktesten Agrikulturdistrikte Englands, in Buckinghamshire, machten die Lohnarbeiter März 1867 einen großen Strike zur Erhöhung des Wochenlohns von 9-10 sh. auf 12 sh. - (Man sieht aus Vorstehendem, daß die Bewegung des englischen Ackerbauproletariats, seit Unterdrückung seiner gewaltsamen Demonstrationen nach 1830 und namentlich seit Einführung des neuen Armengesetzes ganz und gar gebrochen, in den sechziger Jahren wieder beginnt, bis sie endlich 1872 epochemachend wird. Ich komme hierauf im II. Band zurück, ebenso auf die seit 1867 erschienenen Blaubücher über die Lage des englischen Landarbeiters. Zusatz zur 3. Aufl.) <=
(87) "Reynolds' Paper", [21.] Jan. 1866. Woche für Woche bringt dasselbe Wochenblatt gleich darauf, unter den "sensational headings": "Fearful and fatal accidents", "Appalling tragedies" <"sensationellen Überschriften": "Furchtbare und tödliche Unfälle", "Entsetzliche Tragödien"> usw., eine ganze Liste neuer Eisenbahnkatastrophen. Darauf antwortet ein Arbeiter von der North Staffordlinie: "Jedermann kennt die Folgen, wenn die Aufmerksamkeit von Lokomotivenführer und Heizer einen Augenblick erlahmt. Und wie ist es anders möglich bei maßloser Verlängerung der Arbeit, im rauhsten Wetter, ohne Pause und Erholung? Nehmt als ein Beispiel, wie es täglich vorkommt, folgenden Fall. Letzten Montag begann ein Heizer sehr früh morgens sein Tagewerk. Er endete es nach 14 Stunden 50 Minuten. Bevor er auch nur die Zeit hatte, seinen Tee zu nehmen, rief man ihn von neuem an die Arbeit. Er hatte also 29 Stunden 15 Minuten ununterbrochen durchzuschanzen. Der Rest seines Wochenwerks aufgemacht wie folgt: Mittwoch 15 Stunden 35 Minuten; Freitag 141/2 Stunden; Sonnabend 14 Stunden 10 Minuten; zusammen für die Woche 88 Stunden 30 Minuten. Und nun denkt euch sein Erstauen, als er nur Zahlung für 6 Arbeitstage erhielt. Der Mann war ein Neuling und fragte, was man unter einem Tagewerk verstehe. Antwort: 13 Stunden, also 78 Stunden per Woche. Aber wie mit der Zahlung für die überschüssigen 10 Stunden 30 Minuten? Nach langem Hader erhielt er eine Vergütung von 10 d." (noch nicht 10 Silbergroschen). (l.c., Nr. vom 4. Februar 1866.) <=
(88) Vgl. F. Engels, l.c.p. 253, 254. <Siehe Band 2, S.426/427> <=
(89) Dr. Letheby, beim Board of Health <Gesundheitsamt> funktionierender Arzt, erklärt damals: "Das Minimum für die Erwachsnen sollte in einem Schlafzimmer 300 Kubikfuß und in einem Wohnzimmer 500 Kubikfuß Luft sein." Dr. Richardson, Oberarzt eines Londoner Hospitals: "Näherinnen aller Art, Putzmacherinnen, Kleidermacherinnen und gewöhnliche Näherinnen leiden an dreifachem Elend - Überarbeit, Luftmangel und Mangel an Nahrung oder Mangel an Verdauung. Im ganzen paßt diese Art Arbeit unter allen Umständen besser für Weiber als für Männer. Aber es ist das Unheil des Geschäfts, daß es, namentlich in der Hauptstadt, von einigen 26 Kapitalisten monopolisiert wird, die durch Machtmittel, welche dem Kapital entspringen (that spring from capital), Ökonomie aus der Arbeit herauszwingen (force economy out of labour; er meint, Auslagen ökonomisieren durch Verschwendung der Arbeitskraft). Ihre Macht wird im Bereich dieser ganzen Klasse von Arbeiterinnen gefühlt. Kann eine Kleidermacherin einen kleinen Kreis von Kunden gewinnen, so zwingt die Konkurrenz sie, sich zu Hause totzuarbeiten, um ihn zu erhalten, und mit derselben Überarbeit muß sie notwendig ihre Gehilfinnen heimsuchen. Mißlingt ihr Geschäft oder kann sie sich nicht selbständig etablieren, so wendet sie sich an ein Etablissement, wo die Arbeit nicht geringer, aber die Zahlung sicher ist. So gestellt, wird sie eine reine Sklavin, hin und her geschleudert von jeder Flutung der Gesellschaft; bald zu Hause in einem keinen Zimmer verhungernd, oder nahe so; dann wieder von 24 Stunden 15, 16, ja 18 Stunden beschäftigt in kaum erträglicher Luft und mit einer Nahrung, die, selbst wenn gut, wegen Abwesenheit reiner Luft nicht verdaut werden kann. Von diesen Opfern lebt die Schwindsucht, welche nichts als eine Luftkrankheit ist." (Dr. Richardson, "Work and Overwork" in "Social Science Revier", 18. Juli 1863.)<=
(90) "Morning Star", 23. Juni 1863. Die "Times" benutzte den Vorfall zur Verteidigung der amerikanischen Sklavenhalter gegen Bright usw. "Sehr viele von uns", sagt sie, "meinen, daß, solange wir unsre eignen jungen Frauenzimmer zu Tode arbeiten mit der Geißel des Hungers statt dem Knall der Peitsche, wir kaum das Recht haben, Feuer und Schwert auf Familien zu hetzen, die als Sklavenhalter geboren waren und ihre Sklaven mindestens gut nähren und mäßig arbeiten lassen." ("Times", 2. Juli 1863.) In derselben Weise kanzelte der "Standard", ein Toryblatt, den Rev. Newman Hall ab: "Er exkommuniziere die Sklavenhalter, bete aber mit den braven Leuten, die Kutscher und Omnibusführer von London usw. nur 16 Stunden täglich für einen Hundelohn arbeiten ließen." Endlich sprach das Orakel, Herr Thomas Carlyle, von dem ich schon 1850 drucken ließ: "Zum Teufel ist der Genius, der Kultus ist geblieben." In einer kurzen Parabel reduziert er das einzig großartige Ereignis der Zeitgeschichte, den Amerikanischen Bürgerkrieg, darauf, daß der Peter vom Norden dem Paul vom Süden mit aller Gewalt den Hirnschädel einschlagen will, weil der Peter vom Norden seinen Arbeiter "täglich" und der Paul vom Süden ihn für "Lebzeit mietet". ("Macmillan's Magazine". Ilias Americana in nuce. Augustheft 1863.) So ist endlich die Schaumblase der Torysympathie für den städtischen - beileibe nicht den ländlichen! - Lohnarbeiter geplatzt. Der Kern heißt - Sklaverei! <=
(92) "Children's Employment Commission. Third Report", Lond. 1864, p. IV, V, VI. <=
(93) "In Staffordshire wie auch in Süd-Wales werden junge Mädchen und Frauen in Kohlengruben und auf Kokshalden beschäftigt, nicht nur bei Tag, sondern auch bei Nacht. In den dem Parlament erstatteten Berichten wurde dies oft erwähnt als eine Praxis, die mit großen und offenkundigen Übeln verbunden sei. Diese mit den Männern zusammenarbeitenden und sich von ihnen in der Kleidung kaum unterscheidenden, mit Schmutz und Rauch beschmierten Frauen sind der charakterlichen Entartung ausgesetzt, weil sie ihre Selbstachtung verlieren, was die fast unvermeidliche Folge ihrer unweiblichen Beschäftigung ist." (l.c. 194, p. XXVI. Vgl. "Fourth Report" (1865) 61, p. XIII.) Ebenso in Glasfabriken. <=
(94) "Es scheint natürlich", bemerkte ein Stahlfabrikant, der Kinder zur Nachtarbeit verwendet, "daß die Jungen, die nachts arbeiten, bei Tag nicht schlafen und keine ordentliche Ruhe finden können, sondern rastlos am nächsten Tag herumlaufen." (l.c., "Fourth Rep.", 63, p. XIII.) Über die Wichtigkeit des Sonnenlichts zur Erhaltung und Entwicklung des Körpers bemerkt ein Arzt u.a.: "Licht wirkt auch direkt auf die Gewebe des Leibes, denen es Härte und Elastizität gibt. Die Muskeln von Tieren, denen man das normale Quantum Licht vorenthält, werden schwammig und unelastisch, die Nervenkraft verliert ihren Ton <ihre Spannkraft> durch Mangel an Stimulierung, und die Ausarbeitung von allem, was im Wachstum begriffen ist, wird verkümmert ... Im Fall von Kindern ist beständiger Zutritt von reichlichem Tageslicht und der direkten Sonnenstrahlen während eines Teils des Tags durchaus wesentlich für die Gesundheit. Licht hilft die Speisen zu gutem plastischen Blut verarbeiten und härtet die Fiber, nachdem sie gebildet ist. Es wirkt ebenso als Reizmittel auf die Sehorgane und ruft hierdurch größere Tätigkeit in verschiednen Hirnfunktionen hervor." Herr W. Strange, Oberarzt des Worcester "General Hospital", aus dessen Schrift über "Gesundheit" (1864) diese Stelle entlehnt ist, schreibt in einem Brief an einen der Untersuchungskommissäre, Herrn White: "Ich habe früher in Lancashire Gelegenheit gehabt, die Wirkungen der Nachtarbeit auf Fabrikkinder zu beobachten, und im Widerspruch zu der beliebten Versicherung einiger Arbeitgeber erkläre ich mit Entschiedenheit, daß die Gesundheit der Kinder bald davon litt." ("Children's Employment Commission. Fourth Report", 284, p. 55.) Daß solche Dinge überhaupt den Gegenstand ernsthafter Kontroversen bilden, zeigt am besten, wie die kapitalistische Produktion auf die "Gehirnfunktionen" der Kapitalisten und ihrer retainers <Vasallen> wirkt. <=
(96) l.c. ("4th Rep.", 1865), 58, p. XII. <=
(98) l.c.p. XIII. Die Bildungsstufe dieser "Arbeitskräfte" muß natürlich so sein, wie sie in folgenden Dialogen mit einem der Untersuchungskommissäre erscheint! Jeremiah Haynes, 12 Jahre alt: " ... Viermal vier ist acht, aber vier Vierer (4 fours) sind 16 ... Ein König ist ihm, der alles Geld und Gold hat. (A king is him that has all the money and gold.) Wir haben einen König, man sagt, er ist eine Königin, sie nennen sie Prinzessin Alexandra. Man sagt, sie heiratete der Königin Sohn. Eine Prinzessin ist ein Mann." Wm. Turner, zwölfjährig: "Lebe nicht in England. Denke, es gibt solch ein Land, wußte nichts davon zuvor." John Morris, vierzehnjährig: "Habe sagen hören, daß Gott die Welt gemacht und daß alles Volk ersoff, außer einem; habe gehört, daß der eine ein kleiner Vogel war." William Smith, fünfzehnjährig: "Gott machte den Mann; der Mann machte das Weib." Edward Taylor, fünfzehnjährig: "Weiß nichts von London." Henry Matthewman, siebzehnjährig: "Geh' manchmal in die Kirche ... Ein Name, worüber sie predigen, war ein gewisser Jesus Christ, aber ich kann keine andren Namen nennen, und ich kann auch nichts über ihn sagen. Er wurde nicht gemordet, sondern starb wie andre Leute. Er war nicht so wie andre Leute in gewisser Art, weil er religiös war in gewisser Art, und andre ist es nicht. (He was not the same as other people in some ways, because he was religious in some ways, and others isn't.)" (l.c. 74, p. XV.) "Der Teufel ist eine gute Person. Ich weiß nicht, wo er lebt. Christus war ein schlechter Kerl." ("The devil is a good person. I don't know where he lives. Christ was a wicked man.') "Dies Mädchen (10 Jahre) buchstabiert God Dog und kannte den Namen der Königin nicht." ("Ch. Empl. Comm. V. Rep.", 1866, p. 55 n. 278.) Dasselbe System, das in den erwähnten Metallmanufakturen, herrscht in den Glas- und Papierfabriken. In den Papierfabriken, wo das Papier mit Maschinen gemacht wird, ist Nachtarbeit die Regel für alle Prozesse außer dem der Lumpensortierung. In einigen Fällen wird die Nachtarbeit, vermittelst Ablösungen, unaufhörlich die ganz Woche durch fortgesetzt, gewöhnlich von Sonntag nacht bis 12 Uhr nachts des folgenden Samstags. Die Mannschaft, die sich an der Tagesreihe befindet, arbeitet 5 Tage von 12 und einen von 18 Stunden, und die der Nachtreihe 5 Nächte von 12 Stunden und eine von 6 Stunden, in jeder Woche. In andren Fällen arbeitet jede Reihe 24 Stunden, die eine nach der andren, an Wechseltagen. Eine Reihe arbeitet 6 Stunden am Montag und 18 am Samstag, um 24 Stunden vollzumachen. In andren Fällen ist ein Zwischensystem eingeführt, worin alle an der Papiermacher-Maschinerie Angestellten jeden Tag in der Woche 15-16 Stunden arbeiten. Dies System, sagt Untersuchungskommissär Lord, scheint alle Übel der Zwölfstunden- und Vierundzwanzigstunden-Ablösung zu vereinigen. Kinder unter 13 Jahren, junge Personen unter 18 Jahren und Weiber arbeiten unter diesem Nachtsystem. Manchmal, in dem Zwölfstundensystem, mußten sie, wegen Ausbleibens der Ablöser, die doppelte Reihe von 24 Stunden arbeiten. Zeugenaussagen beweisen, daß Knaben und Mädchen sehr oft Überzeit arbeiten, die sich nicht selten zu 24, ja 36 Stunden ununterbrochner Arbeit ausdehnt. In dem "kontinuierlichen und unveränderlichen" Prozeß der Glasierräume findet man Mädchen von 12 Jahren, die den ganzen Monat durch täglich 14 Stunden arbeiten, "ohne irgendeine regelmäßige Erholung oder Unterbrechung außer zwei, höchstens drei halbstündigen Ausfällen für Mahlzeiten". In einigen Fabriken, wo man die reguläre Nachtarbeit ganz aufgegeben, wird entsetzlich viel Überzeit gearbeitet und "dies häufig in den schmutzigsten, heißesten und monotonsten Prozessen". ("Children's Employment Commission. Report IV", 1865, p. XXXVIII and XXXIX.) <=
(99) "Fourth Report etc.", 1865, 79, p. XVI. <=
(100) l.c. 80, p. XVI, XVII. <=
(102) "In unsrer reflexionsreichen und räsonierenden Zeit muß es einer noch nicht weit gebracht haben, der nicht für alles, auch das Schlechteste und Verkehrteste, einen guten Grund anzugeben weiß. Alles, was in der Welt verdorben worden ist, das ist aus guten Gründen verdorben worden." (Hegel, l.c.p. 249.) <=
(103) "Children's Employment Commission. Fourth Report", 1865, 85, p. XVII. Auf ähnliches zartes Bedenken des Herrn Glasfabrikanten, daß "regelmäßige Mahlzeiten" der Kinder unmöglich sind, weil dadurch ein bestimmtes Quantum Hitze, das die Öfen ausstrahlen, "reiner Verlust" wäre oder "verwüstet" würde, antwortet Untersuchungskommissär White, durchaus nicht gleich Ure, Senior etc. und ihren schmalen deutschen Nachkläffern, wie Roscher etc., gerührt von der "Enthaltsamkeit", "Entsagung" und "Sparsamkeit" der Kapitalisten in Verausgabung ihres Geldes und ihrer Timur-Tamerlanschen "Verschwendung" von Menschenleben: "Ein gewisses Quantum Hitze mag über das jetzige Maß hinaus verwüstet werden infolge von Sicherung regulärer Mahlzeiten, aber selbst in Geldwert ist es nichts, verglichen mit der Verwüstung von Lebenskraft (the waste of animal power), die jetzt dem Königreich daraus erwächst, daß in den Glashütten beschäftigte und im Wachstum begriffene Kinder nicht einmal die Muße finden, ihre Speisen bequem einzunehmen und zu verdauen." (l.c.p. XLV.) Und das im "Fortschrittsjahr" 1865! Abgesehn von der Kraftausgabe im Heben und Tragen, marschiert ein solches Kind in den Hütten, die Flaschen und Flintglas machen, während der kontinuierlichen Verrichtung seiner Arbeit, 15 bis 20 (englische) Meilen in 6 Stunden! Und die Arbeit dauert oft 14 bis 15 Stunden! In vielen dieser Glashütten herrscht, wie in den Spinnereien von Moskau, das System sechsstündiger Ablösungen. "Während der Arbeitszeit der Woche sind sechs Stunden die äußerste ununterbrochene Rastperiode, und davon geht ab die Zeit, zur und von der Fabrik zu gehn, Waschen, Kleiden, Speisen, was alles Zeit kostet. So bleibt in der Tat nur die kürzeste Ruhezeit. Keine Zeit für Spiel und frische Luft, außer auf Kosten des Schlafs, so unentbehrlich für Kinder, die in solch heißer Atmosphäre solch anstrengendes Werk verrichten ... Selbst der kurze Schlaf ist dadurch unterbrochen, daß das Kind sich selbst wecken muß bei Nacht oder bei Tag vom Außenlärm geweckt wird. "Herr White gibt Fälle, wo ein Junge 36 Stunden nacheinander arbeitete; andre, wo Knaben von 12 Jahren bis 2 Uhr nachts schanzen und dann in der Hütte schlafen bis 5 Uhr morgens (3 Stunden!), um das Tagwerk von neuem zu beginnen! "Die Masse Arbeit", sagen die Redakteure des allgemeinen Berichts, Tremenheere und Tufnell, "die Knaben, Mädchen und Weiber im Lauf ihres täglichen oder nächtlichen Arbeitsbanns (spell of labour) verrichten, ist fabelhaft." (l.c.p. XLIII und XLIV.) Unterdes wankt vielleicht eines Abends späte das "entsagungsvolle" Glaskapital, portweinduslig, aus dem Klub nach Haus, idiotisch vor sich hersumend: "Britons never, never shall be slaves!" <"Briten werden nie und nimmer Sklaven sein!"> <=
(104) In England z.B. wird immer noch hier und da auf dem Lande ein Arbeiter zu Gefängnisstrafe verurteilt wegen Entheiligung des Sabbats durch Arbeit auf dem Gärtchen vor seinem Hause. Derselbe Arbeiter wird wegen Kontraktbruches bestraft, bleibt er des Sonntags, sei es selbst aus religiösen Mucken, vom Metall-, Papier- oder Glaswerk weg. Das orthodoxe Parlament hat kein Ohr für Sabbatentheiligung, wenn sie im "Verwertungsprozeß" des Kapitals vorgeht. In einer Denkschrift (August 1863), worin die Londoner Taglöhner in Fisch- und Geflügelläden Abschaffung der Sonntagsarbeit verlangen, heißt es, ihre Arbeit daure während der ersten 6 Wochentage durchschnittlich 15 Stunden täglich und am Sonntag 8 bis 10 Stunden. Man entnimmt zugleich aus dieser Denkschrift, daß namentlich die kitzlige Gourmandise der aristokratischen Mucker von Exeter Hall diese "Sonntagsarbeit" ermutigt. Diese "Heiligen", so eifrig "in cute curanda" <"in der Sorge um ihr leibliches Wohlergehen">, bewähren ihr Christentum durch die Ergebung, womit sie die Überarbeit, die Entbehrungen und den Hunger dritter Personen ertragen. Obsequium ventris istis (den Arbeitern) perniciosius est. <Die Schlemmerei ist für sie (die Arbeiter) viel verderblicher.> <=
(105) "In unseren früheren Berichten haben wir die Feststellungen verschiedner erfahrener Fabrikanten wiedergegeben, die besagen, daß Überstunden ... sicher die Gefahr in sich bergen, die Arbeitskraft des Menschen vorzeitig zu erschöpfen." (l.c. 64, p. XIII.) <=
(106) Cairnes, l.c.p. 110, 111. <=
(107) John Ward, "History of the Borough of Stoke-upon-Trent etc.", London 1843, p. 42. <=
(108) Ferrands Rede im "House of Commons" vom 27. April 1863. <=
(109) "That the manufacturers would absorb it and use it up. Those were the very words used by the cotton manufacturers." (l.c.) <=
(110) l.c. Villiers, trotz bestem Willen, war "gesetzlich" in der Lage, das Fabrikantenanliegen abschlagen zu müssen. Die Herren erreichten jedoch ihre Zwecke durch die Willfährigkeit der lokalen Armenverwaltungen. Herr A. Redgrave, Fabrikinspektor, versichert, daß diesmal das System, wonach die Waisen und Paupers Kinder "gesetzlich" als apprentices (Lehrlinge) gelten, "nicht begleitet war von den alten Mißständen" - (über diese "Mißstände" vgl. Engels, l.c.) -, obgleich allerdings in einem Fall "Mißbrauch mit dem System getrieben worden ist, in bezug auf Mädchen und junge Weiber, die von den Agrikulturdistrikten Schottlands nach Lancashire und Cheshire gebracht wurden". In diesem "System" schließt der Fabrikant einen Kontrakt mit den Behörden der Armenhäuser für bestimmte Perioden. Er nährt, kleidet und logiert die Kinder und gibt ihnen einen kleinen Zuschuß in Geld. Sonderbar klingt folgende Bemerkung des Herrn Redgrave, namentlich wenn man bedenkt, daß selbst unter den Prosperitätsjahren der englischen Baumwollindustrie das Jahr 1860 einzig dasteht und die Arbeitslöhne außerdem hoch standen, weil die außerordentliche Arbeitsnachfrage auf Entvölkerung in Irland stieß, auf beispiellose Auswanderung aus englischen und schottischen Agrikulturdistrikten nach Australien und Amerika, auf positive Abnahme der Bevölkrung in einigen englischen Agrikulturdistrikten infolge teils glücklich erzielten Bruchs der Lebenskraft, teils des früheren Abschöpfens der disponiblen Bevölkrung durch die Händler in Menschenfleisch. Und trotz alledem sagt Herr Redgrave: "Diese Art Arbeit" (der Armenhauskinder) "wird jedoch nur gesucht, wenn keine andre gefunden werden kann, denn es ist teure Arbeit (high-priced labour). Der gewöhnliche Arbeitslohn für einen Jungen von 13 Jahren ist ungefähr 4 sh. wöchentlich; aber 50 oder 100 solcher Jungen logieren, kleiden, nähren, mit ärztlicher Hilfsleistung und passender Oberaufsicht versehn und ihnen obendrein eine kleine Zubuße in Geld geben, ist untubar für 4 sh. per Kopf wöchentlich." ("Rep. of the Insp. of Factories for 30th April 1860", p. 27.) Herr Redgrave vergißt zu sagen, wie der Arbeiter selbst dies alles seinen Jungen für ihre 4 sh. Arbeitslohn leisten kann, wenn es der Fabrikant nicht kann für 50 oder 100 Jungen, die gemeinsam logiert, beköstigt und beaufsichtigt werden. Zur Abwehr falscher Schlußfolgerungen aus dem Text muß ich hier noch bemerken, daß die englische Baumwollindustrie, seit ihrer Unterwefung unter den Factory Act von 1850 mit seiner Reglung der Arbeitszeit usw., als die englische Musterindustrie betrachtet werden muß. Der englische Baumwollarbeiter steht in jeder Hinsicht höher als sein kontinentaler Schicksalsgenosse. "Der preußische Fabrikarbeiter arbeitet mindestens 10 Stunden mehr per Woche als sein englischer Rival, und wenn er an seinem eignen Webstuhl zu Hause beschäftigt wird, fällt selbst diese Schranke seiner zusätzlichen Arbeitsstunden weg." ("Rep. of Insp. of Fact. 31st Oct. 1855", p. 103.) Der obenerwähnte Fabrikinspektor Redgrave reiste nach der Industrieausstellung von 1851 auf dem Kontinent, speziell in Frankreich und Preußen, um die dortigen Fabrikzustände zu untersuchen. Er sagt von dem preußischen Fabrikarbeiter: "Er erhält einen Lohn, ausreichend zur Verschaffung einfacher Kost und des wenigen Komforts, woran er gewöhnt und womit er zufrieden ist ... Er lebt schlechter und arbeitet härter als sein englischer Rivale." ("Rep. of Insp. of Fact. 31st Oct. 1853", p. 85.)<=
(111) "Die Überarbeiteten sterben mit befremdlicher Raschheit; aber die Plätze derer, die untergehn, sind sofort wieder ausgefüllt, und ein häufiger Wechsel der Personen bringt keine Änderung auf der Bühne hervor." "England and America", London 1833, t. I, p. 55. (Verfasser E. G. Wakefield.) <=
(112) Siehe "Public Health. Sixth Report of the Medical Officer of the Privy Council. 1863". Veröffentlicht London 1864. Dieser Report handelt namentlich von den Agrikulturarbeitern. "Man hat die Grafschaft Sutherland als eine sehr verbesserte Grafschaft dargestellt, aber eine neuerliche Untersuchung hat entdeckt, daß hier in Distrikten, einst so berühmt wegen schöner Männer und tapfrer Soldaten, die Einwohner degeneriert sind zu einer magren und verkümmerten Race. In den gesundesten Lagen, auf Hügelabhängen im Angesicht des Meeres, sind die Gesichter ihrer Kinder so dünn und blaß, wie sie nur in der faulen Atmosphäre einer Londoner Winkelgasse sein können." (Thornton, l.c.p. 74, 75.) Sie gleichen in der Tat den 30.000 "gallant Highlanders" <"ritterlichen Hochländern">, die Glasgow in seinen wynds und closes <Gassen und Höfen> mit Prostituierten und Dieben zusammenbettet. <=
(113) "Obgleich die Gesundheit der Bevölkrung ein so wichtiges Element des nationalen Kapitals ist, fürchten wir, gestehn zu müssen, daß die Kapitalisten durchaus nicht bei der Hand sind, diesen Schatz zu erhalten und wert zu achten ... Die Rücksicht auf die Gesundheit der Arbeiter wurde den Fabrikanten aufgezwungen." ("Times", 5. Novbr. 1861.) "Die Männer des West Riding wurden die Tuchmacher der Menschheit ... die Gesundheit des Arbeitervolks wurde geopfert, und in ein paar Generationen wäre die Race degeneriert, aber eine Reaktion trat ein. Die Stunden der Kinderarbeit wurden beschränkt usw." ("Twenty-second annual report of the Registrar-General", 1861.) <=
(114) Wir finden daher z.B., daß Anfang 1863 26 Firmen, welche ausgedehnte Töpfereien in Staffordshire besitzen, darunter auch J. Wedgwood und Söhne, in einer Dankschrift "um gewaltsame Einmischung des Staats" petitionieren. Die "Konkurrenz mit andren Kapitalisten" erlaube ihnen keine "freiwillige" Beschränkung der Arbeitszeit der Kinder usw. "Sosehr wir daher die oben erwähnten Übel beklagen, würde es unmöglich sein, sie durch irgendeine Art Übereinkunft unter den Fabrikanten zu verhindern ... In Anbetracht aller dieser Punkte, sind wir zur Überzeugung gelangt, daß ein Zwangsgesetz nötig ist." ("Children's Emp. Comm., Rep. 1", 1863, p. 322.)
Zusatz zu Note 114. Ein viel frappantres Beispiel bot die jüngste Vergangenheit. Die Höhe der Baumwollpreise, in einer Epoche fieberhaften Geschäfts, hatte die Besitzer von Baumwollwebereien in Blackburn veranlaßt, durch gemeinschaftliche Übereinkunft die Arbeitszeit in ihren Fabriken während eines bestimmten Termins abzukürzen. Dieser Termin lief ab ungefähr Ende November (1871). Unterdes benutzten die reichren Fabrikanten, welche Spinnerei mit Weberei verbinden, den durch jene Übereinkunft veranlaßten Ausfall der Produktion dazu, ihr eignes Geschäft auszudehnen und so auf Kosten der kleinen Meister große Profite zu machen. Letztre wandten sich nun in ihrer Not - an die Fabrikarbeiter, riefen sie auf, die Neustundenagitation ernsthaft zu betreiben, und versprachen Geldbeiträge zu diesem Behuf! <=
(115) Diese Arbeiterstatute, die man gleichzeitig auch in Frankreich, den Niederlanden usw. findet, wurden in England erst 1813 formell aufgehoben, nachdem sie längst von den Produktionsverhältnissen beseitigt waren. <=
(116) "Kein Kind unter 12 Jahren darf in einem Fabrikbetrieb länger als 10 Stunden täglich beschäftigt werden." ("General Statutes of Massachusetts", ch. 60, § 3. Die Ordonnanzen wurden erlassen 1836 bis 1858.) "Arbeit, die in einem Zeitraum von 10 Stunden täglich in allen Baumwoll-, Woll-, Seiden-, Papier-, Glas- und Flachsfabriken oder in eisen- und anderen metallverarbeitenden Betrieben ausgeführt wird, soll als Tagewerk im Sinne des Gesetzes angesehen werden. Es sei ferner gesetzlich festgelegt, daß künftig kein Minderjähriger, der in irgendeiner Fabrik beschäftigt wird, angehalten oder aufgefordert werden darf, mehr als 10 Stunden täglich oder 60 Stunden wöchentlich zu arbeiten; weiter, daß in Zukunft kein Minderjähriger unter 10 Jahren als Arbeiter in einer Fabrik innerhalb des Gebietes dieses Staates beschäftigt werden darf." ("State of New Jersey. An act to limit the hours of labour etc.", § 1 und 2. Gesetz vom 18. März 1851.) "Kein Minderjähriger zwischen 12 und 15 Jahren darf in irgendeinem Fabrikbetrieb mehr als täglich 11 Stunden oder vor 5 Uhr morgens oder nach 71/2 Uhr abends beschäftigt werden." ("Revised Statutes of the State of Rhode Island etc.", ch. 139, § 23, 1st July 1857.) <=
(117) [J. B. Byles,] "Sophisms of Free Trade", 7th edit., Lond, 1850, p. 205. Derselbe Tory gibt übrigens zu: "Parlamentsakte, die die Arbeitslöhne gegen die Arbeiter zugunsten der Arbeitsanwender regulierten, währten für die lange Periode von 164 Jahren. Die Bevölkrung wuchs. Diese Gesetze wurden nun überflüssig und lästig." (l.c.p. 206.) <=
(118) J. Wade bemerkt mit Recht in bezug auf dies Statut: "Aus dem Statut von 1496 geht hervor, daß die Nahrung als Äquivalent für 1/2 des Einkommens eines Handwerkers und 1/2 des Einkommens eines Agrikulturarbeiters galt, und dies zeigt eine größere Stufe von Unabhängigkeit unter den Arbeitern an, als jetzt vorherrscht, wo die Nahrung der Arbeiter in Agrikultur und Manufaktur ein viel höheres Verhältnis zu ihren Löhne bildet." (J. Wade, l.c.p. 24, 25 und 577.) Die Meinung, als sei diese Differenz etwa der Differenz im Preisverhältnis zwischen Nahrungsmitteln und Kleidungsstücken, jetzt und damals, geschuldet, widerlegt der oberflächlichste Blick auf "Chronicon Preciosum etc." By Bishop Fleetwood, 1st edit., London 1707, 2nd edit., London 1745. <=
(119) W. Petty, "Political Anatomy of Ireland 1672", edit. 1691, p. 10. <=
(120) "A Discourse on the Necessity of Encouraging Mechanick Industy", London 1690, p. 13. Macaulay, der die englische Geschichte im Whig- und Bourgeoisinteresse zurechtgefälscht hat, deklamiert, wie folgt: "Die Praxis, Kinder vorzeitig an die Arbeit zu setzen, herrschte im 17. Jahrhundert in einem für den damaligen Zustand der Industrie fast unglaublichen Grad vor. Zu Norwich, dem Hauptsitz der Wollindustrie, wurde ein Kind von 6 Jahren für arbeitsfähig gehalten. Verschiedne Schriftsteller jener Zeit und darunter manche, die als außerordentliche wohlgesinnt betrachtet wurden, erwähnen mit "Exultation" (Entzücken) die Tatsache, daß in dieser Stadt allein Knaben und Mädchen einen Reichtum schaffen, der über ihren eignen Unterhalt hinaus 12.000 Pfd. St. in einem Jahr betrug. Je genauer wir die Geschichte der Vergangenheit untersuchen, desto mehr Grund finden wir, die Ansicht derer zu verwerfen, die unser Zeitalter für fruchtbar an neuen sozialen Übeln halten. Das, was neu ist, ist die Intelligenz, die die Übel entdeckt, und die Humanität, die sie heilt." ("History of England", v. I, p. 417.) Macaulay hätte weiter berichten können, daß "außerordentlich wohlgesinnte" amis du commerce im 17. Jahrhundert mit "Exultation" erzählen, wie in einem Armenhaus in Holland ein Kind von 4 Jahren beschäftigt wurde, und daß dies Beispiel der "vertu mise en pratique" <"angewandten Tugend"> in allen Schriften von Humanitären à la Macaulay Muster passiert bis zur Zeit A. Smiths. Es ist richtig, daß mit dem Aufkommen der Manufaktur, im Unterschied zum Handwerk, sich Spuren der Kinderexploitation zeigen, die von jeher bis zu einem gewissen Grad bei den Bauern existiert und um so entwickelter, je härter das Joch, das auf dem Landmann lastet. Die Tendenz des Kapitals ist unverkennbar, aber die Tatsachen selbst stehn noch so vereinzelt wie die Erscheinung zweiköpfiger Kinder. Sie wurden daher mit "Exultation", als besonders merkwürdig und bewundernswert, von ahnungsvollen "amis du commerce" für Mit- und Nachwelt aufgezeichnet und zur Nachahmung empfohlen. Derselbe schottische Sykophant und Schönredner Macaulay sagt: "Man höre heute nur von Rückschritt und sehe nur Fortschritt." Was für Augen und namentlich was für Ohren! <=
(121) Unter den Anklägern der Arbeiter ist der grimmigste der im Text erwähnte anonyme Verfasser von: "An Essay on Trade and Commerce: containing Observations on Taxation etc.", London 1770. Schon früher ins seiner Schrift "Consideration on Taxes", London 1765. Auch Polonius Arthur Young, der unsägliche statistische Schwätzer, folgt in derselben Linie. Unter den Verteidigern der Arbeiter stehn oben an: Jacob Vanderlint in "Money answers all things", London 1734, Rev. Nathaniel Forster, D. D. in "An Enquiry into the Causes of the Present [High] Price of Provisions", London 1767, Dr. Price, und namentlich auch Postlethwayt, sowohl in einem Supplement zu seinem "Universal Dictionary of Trade and Commerce" als in "Great-Britain's Commercial Interest explained and improved", 2nd edit., Lond. 1759. Die Tatsachen selbst findet man bei vielen andren gleichzeitigen Schriftstellern konstatiert, u.a. bei Josiah Tucker. <=
(122) Postlethwayt, l.c., "First Preliminary Discourse", p. 14. <=
(123) "An Essay etc." Er selbst erzählt p. 96, worin schon 1770 "das Glück" der englischen Agrikulturarbeiter bestand. "Ihre Arbeitskräfte (their working powers) sind stets auf das äußerste angespannt (on the stretch); sie können nicht schlechter leben, als sie tun (they cannot live cheaper than they do), noch härter arbeiten (nor work harder)." <=
(124) Der Protestantismus spielt schon durch seine Verwandlung fast aller traditionellen Feiertage in Werktage eine wichtige Rolle in der Genesis des Kapitals. <=
(125) "An Essay etc.", p. 41, 15, 96, 97, 55, 56, 57. <=
(126) l.c.p. 69. Jacob Vanderlint erklärte schon 1734, das Geheimnis der Kapitalistenklage über die Faulenzerei des Arbeitervolks sei einfach, daß sie für denselben Lohn 6 statt 4 Arbeitstage beanspruchten. <=
(127) "An Essay etc.", p.242, 243: "Such ideal workhouse must be made a 'House of Terror', und nicht zu einem Asyl für die Armen, wo sie reichlich zu essen bekommen, warm und anständig gekleidet werden sollen und sie nur wenig arbeiten." <=
(128) "In this ideal workhouse the poor shall work 14 hours in a day, allowing proper time for meals, in such manner that there shall remain 12 hours of neat labour." (l.c.[p. 260.]) "Die Franzosen", sagt er, "lachen über unsre enthusiastischen Ideen von Freiheit." (l.c. p.78.) <=
(129) "Sie widersetzten sich besonders deshalb einer Arbeit von mehr als den 12 Stunden täglich, weil das Gesetz, das diese Stundenzahl festsetzte, das einzige Gut ist, was ihnen von der Gesetzgebung der Republik übrigbleibt." ("Rep. of Insp. of Fact. 31st Octob. 1855", p.80.) Das französische Zwölfstundengesetz vom 5. September 1850, eine verbürgerlichte Ausgabe des Dekrets der provisorischen Regierung vom 2. März 1848, erstreckt sich auf alle Ateliers ohne Unterschied. Vor diesem Gesetz war der Arbeitstag in Frankreich unbeschränkt. Er währte in den Fabriken 14, 15 und mehr Stunden. Siehe "Des classes ouvrières en France, pendant l'année 1848. Par M. Blanqui". Herr Blanqui, der Ökonom, nicht der Revolutionär, war von Regierungs wegen mit der Enquete über die Arbeiterzustände betraut. <=
(130) Belgien bewährt sich auch mit Bezug auf die Regulation des Arbeitstags als bürgerlicher Musterstaat. Lord Howard de Walden, englischer Bevollmächtigter in Brüssel, berichtet dem Foreign Office <Auswärtigen Amt> d.d. 12. Mai 1862: "Der Minister Rogier erklärte mir, daß weder ein allgemeines Gesetz noch Lokalregulationen die Kinderarbeit irgendwie beschränken; daß die Regierung sich während der letzten 3 Jahre in jeder Sitzung mit dem Gedanken trug, den Kammern ein Gesetz über den Gegenstand vorzulegen, daß sie aber stets ein unüberwindliches Hindernis fand an der eifersüchtigen Angst gegen irgendwelche Gesetzgebung im Widerspruch mit dem Prinzip vollkommner Freiheit der Arbeit"! <=
(131) "Es ist sicher sehr bedauerlich, daß irgendeine Klasse von Personen 12 Stunden täglich sich abplacken muß. Rechnet man die Mahlzeiten zu und die Zeit, um zu und von der Werkstatt zu gehn, so beträgt dies in der Tat 14 von den 24 Tagesstunden ... Abgesehn von der Gesundheit, wird niemand, ich hoffe, anstehn zuzugeben, daß vom moralischen Gesichtspunkt eine so gänzliche Absorption der Zeit der arbeitenden Klassen, ohne Unterlaß, vom frühen Alter von 13 Jahren, und in den "freien" Industriezweigen selbst von viel frührem Alter an, außerordentlich schädlich und ein furchtbares Übel ist ... Im Interesse der öffentlichen Moral, für die Aufziehung einer tüchtigen Bevölkrung, und um der großen Masse des Volks einen vernünftigen Lebensgenuß zu verschaffen, muß darauf gedrungen werden, daß in allen Geschäftszweigen ein Teil jedes Arbeitstags reserviert werde für Erholung und Muße." (Leonard Horner in "Reports of Insp. of Fact. 31st Dec. 1841".) <=
(132) Sieh "Judgment of Mr. J. H. Otway, Belfast, Hilary Sessions, Couty Antrim 1860". <=
(133) Sehr charakteristisch ist es für das Regime Louis-Philippes, des roi bourgeois <Bürgerkönigs>, daß das einzige unter ihm erlassenen Fabrikgesetz vom 22. März 1841 niemals durchgeführt worden ist. Und dies Gesetz betrifft nur Kinderarbeit. Es setzt 8 Stunden für Kinder zwischen 8 und 12, zwölf Stunden für Kinder zwischen 12 und 16 Jahren usw. fest, mit vielen Ausnahmen, welche die Nachtarbeit selbst für Achtjährige erlauben. Überwachung und Erzwingung des Gesetzes blieben in einem Lande, wo jede Maus polizeilich administriert wird, dem guten Willen der "amis du commerce" überlassen. Erst seit 1853 gibt es in einem einzigen Departement, dem Departement du Nord, einen bezahlten Regierungsinspektor. Nicht minder charakteristisch für die Entwicklung der französischen Gesellschaft überhaupt ist es, daß Louis-Philippes Gesetz bis zur Revolution von 1848 einzig dastand in der alles umspinnenden französischen Gesetzfabrik! <=
(134) "Rep. of Insp. of Fact. 30th April 1860", p. 50 <=
(135) "Legislation is equally necessary for the prevention of death, in any form in which it can be prematurely inflicted, and certainly this must be viewed as a most cruel mode of inflicting it." <=
(136) "Rep. of Insp. of Fact. 31st October 1849", p. 6. <=
(137) "Rep. of Insp. of Fact. 31st October 1848", p. 98. <=
(138) Übrigens braucht Leonard Horner den Ausdruck "nefarious practices" offiziell. ("Reports of Insp. of Fact. 31st October 1859", p. 7.) <=
(139) "Rep. etc. for 30th Sept. 1844", p. 15. <=
(140) Der Akt erlaubt, Kinder 10 Stunden anzuwenden, wenn sie nicht Tag nach Tag, sondern nur einen Tag über den andren arbeiten. Im ganzen blieb diese Klausel wirkungslos. <=
(141) "Da eine Herabsetzung ihrer Arbeitszeit zur Einstellung einer großen Anzahl" (von Kindern) "führen würde, dachte man, daß die zusätzliche Zufuhr von Kindern im Alter von 8 und 9 Jahren die vermehrte Nachfrage decken würde." (l.c.p. 13.) <=
(142) "Rep. of Insp. of Fact. 31st Oct. 1848", p. 16. <=
(143) "Ich fand, daß man Leuten, die 10 sh. wöchentlich erhalten hatten, 1 sh. abzog auf Rechnung der allgemeinen Lohnherabsetzung von 10% und weitre 1 sh. 6 d. für die Zeitverkürzung, zusammen 2 sh. 6 d., und trotz alledem hielt die Mehrzahl fest an der Zehnstundenbill." (l.c.) <=
(144) "Als ich die Petition unterzeichnete, erklärte ich zugleich, ich tue damit etwas Schlechtes. - Warum habt ihr sie denn unterzeichnet? - Weil man mich im Weigerungsfalle auf das Pflaster geworfen hätte. - Der Bittsteller fühlte sich in der Tat 'unterdrückt', aber nicht grade durch den Fabrikakt." (l.c.p. 102.) <=
(145) l.c.p. 17. In Herrn Horners Distrikt wurden so 10.270 erwachsne männliche Arbeiter in 181 Fabriken verhört. Man findet ihre Aussagen im Appendix des Fabrikreports für das Halbjahr endend Oktober 1848. Diese Zeugenverhöre bieten auch in andrer Beziehung schätzbares Material. <=
(146) l.c. Siehe die von Leonard Horner selbst gesammelten Aussagen Nr. 69, 70, 71, 72, 92, 93 und die von Subinspektor A. gesammelten Nr. 51, 52, 58, 59, 62, 70 des "Appendix". Ein Fabrikant schenkte selbst klaren Wein ein. Siehe Nr. 14 nach Nr. 265 l.c. <=
(147) "Reports etc. for 31st October 1848", p. 133, 134. <=
(148) "Reports etc. for 30th April 1848", p. 47. <=
(149) "Reports etc. for 31st Oct. 1848", p. 130. <=
(150) "Reports ect.", l.c.p. 142. <=
(151) "Reports etc. for 31st Oct. 1850", p. 5, 6. <=
(152) Die Natur des Kapitals bleibt dieselbe, in seinen unentwickelten, wie in seinen entwickelten Formen. In dem Gesetzbuch, das der Einfluß der Sklavenhalter kurz vor Ausbruch des Amerikanischen Bürgerkriegs dem Territorium von New-Mexico aufherrschte, heißt es: der Arbeiter, soweit der Kapitalist seine Arbeitskraft gekauft hat, "ist sein (des Kapitalisten) Geld". ("The labourer is his (the capitalist's) money.") Dieselbe Anschauung war gangbar bei den römischen Patriziern. Das Geld, das sie dem plebejischen Schuldner vorgeschossen, hatte sich vermittelst seiner Lebensmittel in Fleisch und Blut des Schuldners verwandelt. Dies "Fleisch und Blut" war daher "ihr Geld". Daher das Shylocksche Gesetz der 10 Tafeln! Linguets Hypothese, daß die patrizischen Gläubiger von Zeit zu Zeit jenseits der Tiber Festschmäuse in gekochtem Schuldnerfleisch veranstalteten, bleibe ebenso dahingestellt wie Daumers Hypothese über das christliche Abendmahl. <=
(153) "Report etc. for 31st Oct. 1848", p. 133. <=
(154) So unter andren Philanthrop Aschworth in einem quäkerhaft widrigen Brief an Leonard Horner. ("Rep. Apr. 1849", p. 4.) <=
(155) "Reports etc. for 31st Oct. 1848", p. 138. <=
(157) Diese "county magistrates", die "great unpaid" <"großen Unbezahlten">, wie W. Cobbett sie nennt, sind eine Art unbezahlter Friedensrichter, aus den Honoratioren der Grafschaften gebildet. Sie bilden in der Tat die Patrimonialgerichte der herrschenden Klassen. <=
(158) "Reports etc. for 30th April 1849", p. 21, 22. Vgl. ähnliche Beispiele, ibid., p. 4, 5. <=
(159) Durch 1 und 2 W[illia]m IV., c. 29, s. 10, bekannt als Sir John Hobhouse's Factory Act, wird verboten, daß irgendein Besitzer einer Baumwollspinnerei oder Weberei oder Vater, Sohn und Bruder eines solchen Besitzers in Fragen, die den Factory Act betreffen, als Friedensrichter funktionieren. <=
(160) "Reports etc. for 30th April 1849" [p. 22]. <=
(161) "Reports etc. for 30th April 1849", p. 5. <=
(162) "Rep. etc. for 31st Oct. 1849", p. 6. <=
(163) "Rep. etc. for 30th April 1849", p. 21. <=
(164) "Rep. etc. 31st Oct. 1848", p. 95. <=
(165) Siehe "Reports etc. for 30th April 1849", p.6, und die weitläufige Auseinandersetzung des "shifting system" <"Schichtsystems"> durch die Fabrikinspektoren Howell und Saunders in "Reports etc. for 31st Oct. 1848". Siehe auch die Petition der Geistlichkeit von Ashton und Nachbarschaft, Frühling 1849, an die Königin, gegen das "shift system". <=
(166) Vgl. z.B. "The Factory Question and the Ten Hours Bill", von R. H. Greg, 1837. <=
(167) F. Engels, "Die englische Zehnstundenbill" (in der von mir herausgegebenen "Neuen Rh. Zeitung. Politisch-ökonomische Revue", Aprilheft 1850, p.13 <siehe Band 7, S. 240>). Derselbe "hohe" Gerichtshof entdeckte ebenfalls während des amerikanischen Bürgerkriegs eine Wortschraube, die das Gesetz gegen Ausrüstung von Piratenschiffen ins direkte Gegenteil verkehrt. <=
(168) "Rep. etc. for 30th April 1850." <=
(169) Im Winter kann die Periode zwischen 7 Uhr morgens und 7 Uhr abends an die Stellen treten. <=
(170) "Das gegenwärtige Gesetz" (von 1850) "war ein Kompromiß, bei dem die Arbeiter auf den Segen des Zehnstundengesetzes für den Vorteil eines einheitlichen Arbeitsbeginns und Arbeitsschlusses jener verzichteten, deren Arbeitszeit der Begrenzung unterliegt." ("Reports etc. for 30th April 1852", p. 14.) <=
(171) "Reports etc. for 30th Sept. 1844", p. 13. <=
(173) "The delicate texture of the fabric in which they were employed requring a lightness of touch, only to be acquired by their early introduction to these factories." ("Rep. etc. for 31st Oct. 1846", p. 20.) <=
(174) "Reports etc. for 31st Oct. 1861", p. 26. <=
(175) l.c. p.27. Im allgemeinen hat sich die dem Fabrikgesetz unterworfene Arbeiterbevölkerung physisch sehr verbessert. Alle ärztlichen Zeugnisse stimmen darin überein und eigne persönliche Anschauung zu verschiednen Perioden hat mich davon überzeugt. Dennoch, und abgesehn von der ungeheuren Sterblichkeitsrate der Kinder in den ersten Lebensjahren, zeigen die offiziellen Berichte des Dr. Greenhow den ungünstigen Gesundheitszustand der Fabrikdistrikte, verglichen mit "Agrikulturdistrikten von normaler Gesundheit". Zum Beweis u.a. folgende Tabelle aus seinem Bericht von 1861:
Prozentsatz der in |
Sterblich- |
Name des |
Sterblich- |
Prozent- |
Art der |
14,9 | 598 | Wigan | 644 | 18,0 | Baumwolle |
42,6 | 708 | Blackburn | 734 | 34,9 | ditto |
37,3 | 547 | Halifax | 564 | 20,4 | Worsted |
41,9 | 611 | Bradford | 603 | 30,0 | ditto |
31,0 | 691 | Macclesfield | 804 | 26,0 | Seide |
14,9 | 588 | Leek | 705 | 17,2 | ditto |
36,6 | 721 | Stoke-upon-Trent | 665 | 19,3 | Erdenware |
30,4 | 726 | Woollstanton | 727 | 13,9 | ditto |
- | 305 | Acht gesunde Agri- kulturdistrikte |
340 | - |
(176) Man weiß, wie widerstrebend die englischen "Freihändler" dem Schutzzoll für Seidenmanufaktur entsagten. Statt des Schutzes gegen französische Einfuhr dient nun die Schutzlosigkeit englischer Fabrikkinder. <=
(177) "Reports etc. for 30th April 1853", p. 30. <=
(178) Während der Zenitjahre der englischen Baumwollindustrie, 1859 und 1860, versuchten einige Fabrikanten durch die Lockangel hoher Arbeitslöhne für Extrazeit, die erwachsnen männlichen Spinner usw. zur Verlängerung des Arbeitstags zu bestimmen. Die Hand-Mule Spinners und Self-Actor Minders machten dem Experiment ein Ende durch eine Denkschrift an ihre Anwender, worin es u.a. heißt: "Grad herausgesprochen, unser Leben ist uns zur Last, und solange wir fast 2 Tage die Woche" (20 Stunden) "länger an die Fabrik gekettet sind als die andren Arbeiter, fühlen wir uns gleich Heloten im Lande und werfen uns selbst vor, ein System zu verewigen, das uns selbst und unsre Nachkommen physisch und moralisch beschädigt ... Daher geben wir hier mit respektvolle Notiz, daß wir von Neujahrstag an keine Minute mehr als 60 Stunden wöchentlich, von 6 Uhr bis 6 Uhr, mit Abzug der gesetzlichen Pausen von 11/2 Stunden, arbeiten werden." ("Reports etc. for 30th April 1860", p. 30.) <=
(179) Über die Mittel, die die Fassung dieses Gesetzes für seinen Bruch gewährt, cf. den Parliamentary Return "Factories Regulation Acts" (9. August 1859) und darin Leonard Horners "Suggestions for Amending the Factory Acts to enable the Inspectors to prevent illegal working, now become very prevalent". <=
(180) "Kinder von 8 Jahren und darüber sind in der Tat von 6 Uhr morgens bis 9 Uhr abends während des letzten Halbjahrs" (1857) "in meinem Distrikt abgerackert worden." ("Reports etc. for 31st Oct. 1857", p. 39.) <=
(181) "Das Gesetz über Kattundruckereien ist zugestandenermaßen ein Fehlgriff sowohl in bezug auf seine Erziehungs- als auch seine Schutzmaßregeln." ("Reports etc. for 31st Oct. 1862", p. 52.) <=
(182) So z.B. E. Potter in Brief an "Times" vom 24. März 1863. Die "Times" erinnert ihn an die Fabrikantenrevolte gegen das Zehnstundengesetz. <=
(183) So u.a. Herr W. Newmarch, Mitarbeiter an und Herausgeber von Tookes "History of Prices". Ist es wissenschaftlicher Fortschritt, der öffentlichen Meinung feige Konzessionen zu machen? <=
(184) Der 1860 erlaßne Akt über Bleichereien und Färbereien bestimmt, daß der Arbeitstag am 1. August 1861 vorläufig auf 12, am 1. August 1862 definitiv auf 10 Stunden, d.h. 101/2 für Werkeltage und 71/2 für Samstage herabgesetzt werde. Als nun das böse Jahr 1862 anbrach, wiederholte sich die alte Farce. Die Herrn Fabrikanten petitionierten das Parlament, nur noch für ein einziges Jahr länger die zwölfstündige Beschäftigung von jungen Personen und Frauenzimmern zu dulden ... "Beim gegenwärtigen Zustand des Geschäfts" (zur Zeit der Baumwollnot) "sei es ein großer Vorteil für die Arbeiter, wenn man ihnen erlaubt, 12 Stunden täglich zu arbeiten und so viel Arbeitslohn als möglich herauszuschlagen ... Es war bereits gelungen, eine Bill in diesem Sinn ins Unterhaus zu bringen. Sie fiel vor der Agitation der Arbeiter in den Bleichereien Schottlands." ("Reports etc. for 31st Oct. 1862", p. 14, 15.) So geschlagen von den Arbeitern selbst, in deren Namen es zu sprechen vorgab, entdeckte das Kapital nun, mit Hilfe juristischer Brillen, daß der Akt von 1860, gleich allen Parlamentsakten zum "Schutz der Arbeit", in sinnverwirrten Wortschraubungen abgefaßt, einen Vorwand gebe, die "calenderers" und "finishers" <"Tuchpresser" und "Appreteure"> von seiner Wirkung auszuschließen. Die englische Jurisdiktion, stets getreuer Knecht des Kapitals, sanktionierte durch den Hof der "Common Pleas" <Zivilgerichtshof> die Rabulisterei. "Es hat große Unzufriedenheit unter den Arbeitern erregt und ist sehr bedauerlich, daß die klare Absicht der Gesetzgebung auf Vorwand einer mangelhaften Wortdefinition vereitelt wird." (l.c. p. 18.) <=
(185) Die "Bleicher in offner Luft" hatten sich dem Gesetz von 1860 über "Bleicherei" durch die Lüge entzogen, daß sie keine Weiber des Nachts verarbeiteten. Die Lüge wurde von den Fabrikinspektoren aufgedeckt, zugleich aber das Parlament durch Arbeiterpetitionen seiner wiesenduftigkühlen Vorstellungen von "Bleicherei in offner Luft" beraubt. In dieser Luftbleicherei werden Trockenzimmer von 90 bis 100 Grad Fahrenheit angewandt, worin hauptsächlich Mädchen arbeiten. "Cooling" (Abkühlung) ist der technische Ausdruck für gelegentliches Entrinnen aus dem Trockenzimmer in die freie Luft. "Fünfzehn Mädchen in den Trockenzimmern. Hitze von 80 zu 90° für Leinwand, von 100° und mehr für Cambrics <Batiste>. Zwölf Mädchen bügeln und legen auf (die Cambrics etc.) in einem kleinen Zimmer von ungefähr 10 Fuß im Quadrat, in der Mitte ein enggeschloßner Ofen. Die Mädchen stehn rund um den Ofen herum, der eine schreckliche Glut ausstrahlt und die Cambrics rasch für die Büglerinnen trocknet. Die Stundenzahl für diese Hände ist unbeschränkt. Wenn geschäftig, arbeiten sie bis 9 oder 12 Uhr nachts viele Tage hintereinander." ("Reports etc. for 31st Oct. 1862", p. 56.) Ein Arzt erklärt: "Für die Abkühlung sind keine besondren Stunden erlaubt, aber wenn die Temperatur zu unerträglich wird, oder die Hände der Arbeiterinnen sich von Schweiß beschmutzen, ist ihnen gestattet, ein paar Minuten fortzugehn ... Meine Erfahrung in der Behandlung der Krankheiten dieser Arbeiterinnen zwingt mich zu konstatieren, daß ihr Gesundheitszustand tief unter dem der Baumwollspinnerinnen steht" (und das Kapital hatte sie in seinen Bittschriften an das Parlament in der Manier von Rubens übergesund gemalt!). "Ihre auffallendsten Krankheiten sind Phthisis, Bronchitis, Uterinkrankheiten, Hysterie in der scheußlichsten Form und Rheumatismus. Alle diese entspringen, wie ich glaube, direkt oder indirekt, aus der überhitzten Luft ihrer Arbeitszimmer und dem Mangel genügender komfortabler Kleidung, um sie beim Nachhausegehen während der Wintermonate vor der kaltfeuchten Atmosphäre zu schützen." (l.c.p. 56, 57.) Die Fabrikinspektoren bemerken über das den jovialen "Bleichern in offner Luft" nachträglich abgetrotzte Gesetz von 1863: "Dieser Akt hat nicht nur verfehlt, den Arbeitern den Schutz zu gewähren, den er zu gewähren scheint ... er ist so formuliert, daß der Schutz erst eintritt, sobald man Kinder und Frauenzimmer nach 8 Uhr abends an der Arbeit ertappt, und selbst dann ist die vorgeschriebene Beweismethode so verklausuliert, daß Bestrafung kaum erfolgen kann." (l.c.p. 52.) "Als ein Akt mit humanen und auf Erziehung gerichteten Zwecken ist er ganz und gar verfehlt. Man wird es doch kaum human nennen, Weibern und Kindern zu erlauben, oder, was auf dasselbe hinauskommt, sie zu zwingen, 14 Stunden täglich, mit oder ohne Mahlzeiten, wie es sich treffen mag, und vielleicht noch längere Stunden zu arbeiten, ohne Schranke mit Bezug auf das Alter, ohne Unterschied des Geschlechts und ohne Rücksicht auf die gesellschaftlichen Gewohnheiten der Familien der Nachbarschaft, worin die Bleichwerke liegen." ("Reports etc. for 30th April 1863", p. 40.) <=
(185a) Note zur 2. Ausg. Seit 1866, wo ich das im Text Befindliche schrieb, ist wieder eine Reaktion eingetreten. <=
(186) "Das Verhalten jeder dieser Klassen" (Kapitalisten und Arbeiter) "war das Ergebnis der jeweiligen Situation, in die sie versetzt worden waren." (Reports etc. for 31st Oct. 1848", p. 113.) <=
(187) "Die Verrichtungen, die unter die Einschränkung fielen, waren mit der Herstellung von Textilerzeugnissen mit Hilfe von Dampf- oder Wasserkraft verbunden. Zwei Bedingungen mußte eine Arbeitstätigkeit erfüllen, damit sie unter den Schutz der Fabrikinspektion fiel, nämlich die Anwendung von Dampf- oder Wasserkraft und die Verarbeitung bestimmter spezifizierter Faserstoffe." ("Reports etc. for 31st October 1864", p. 8.) <=
(188) Über den Zustand dieser sogenannten häuslichen Industrie äußerst reichhaltiges Material in den letzten Berichten der "Children's Employment Commission". <=
(189) "Die Gesetze der letzten Sitzungsperiode" (1864) " ... umfassen Beschäftigungszweige verschiedner Art, in denen sehr verschiedne Gewohnheiten herrschen, und die Verwendung mechanischer Kraft zum Antrieb der Maschinerie gehört nicht mehr, wie früher, zu den notwendigen Bedingungen, unter denen ein Betrieb im Sinne des Gesetzes als Fabrik galt." ("Reports etc. for 31st Oct. 1864", p. 8.) <=
(190) Belgien, das Paradies des kontinentalen Liberalismus, zeigt auch keine Spur dieser Bewegung. Selbst in seinen Kohlengruben und Metallminen werden Arbeiter beider Geschlechter und von jeder Altersstufe mit vollkommner "Freiheit" für jede Zeitdauer und Zeitperiode konsumiert. Auf je 1.000 darin beschäftigten Personen kommen 733 Männer, 88 Weiber, 135 Jungen und 44 Mädchen unter 16 Jahren; in den Hochöfen usw. kommen auf je 1.000: 668 Männer, 149 Weiber, 98 Jungen und 85 Mädchen unter 16 Jahren. Kommt nun noch hinzu niedriger Arbeitslohn für enorme Ausbeutung reifer und unreifer Arbeitskräfte, im Tagesdurchschnitt 2 sh. 8 d. für Männer, 1 sh. 8 d. für Weiber, 1 sh. 21/2 d. für Jungen. Dafür hat Belgien aber auch 1863, verglichen mit 1850, Quantum und Wert seiner Ausfuhr von Kohlen, Eisen usw. ziemlich verdoppelt. <=
(191) Als Robert Owen kurz nach dem ersten Dezennium dieses Jahrhunderts die Notwendigkeit einer Beschränkung des Arbeitstags nicht nur theoretisch vertrat, sondern den Zehnstundentag wirklich in seine Fabrik zu New-Lanark einführte, ward das als kommunistische Utopie verlacht, ganz so wie seine "Verbindung von produktiver Arbeit mit Erziehung der Kinder", ganz wie die von ihm ins Leben gerufenen Kooperationsgeschäfte der Arbeiter. Heutzutage ist die erste Utopie Fabrikgesetz, die zweite figuriert als offizielle Phrase in allen "Factory Acts", und die dritte dient sogar schon zum Deckmantel reaktionärer Schwindeleien. <=
(192) Ure (franz. Übers.), "Philosophie des Manufactures", Paris 1836, t. II, p. 39, 40, 67, 77 etc. <=
(193) In dem Compte Rendu <Bericht> des "Internationalen Statistischen Kongresses zu Paris, 1855", heißt es u.a.: "Das französische Gesetz, das die Dauer der täglichen Arbeit in Fabriken und Werkstätten auf 12 Stunden beschränkt, begrenzt diese Arbeit nicht innerhalb bestimmter fixer Stunden" (Zeitperioden), "indem nur für die Kinderarbeit die Periode zwischen 5 Uhr vormittags und 9 Uhr abends vorgeschrieben ist. Daher bedient sich ein Teil der Fabrikanten des Rechts, welches ihnen dies verhängnisvolle Schweigen gibt, um tagaus, tagein, vielleicht mit Ausnahme der Sonntage, ohne Unterbrechung arbeiten zu lassen. Sie wenden dazu zwei verschiedne Arbeiterreihen an, von denen keine mehr als 12 Stunden in der Werkstätte zubringt, aber das Werk des Etablissements dauert Tag und Nacht. Das Gesetz ist befriedigt, aber ist es die Humanität ebenfalls? Außer dem "zerstörenden Einfluß der Nachtarbeit auf den menschlichen Organismus", wird auch "der fatale Einfluß der nächtlichen Assoziation beider Geschlechter in denselben trüb erleuchteten Werkstätten" betont. <=
(194) "Z.B. in meinem Distrikt, in denselben Fabrikbaulichkeiten, ist derselbe Fabrikant Bleicher und Färber unter dem 'Bleicherei- und Färberei-Akt', Drucker unter dem 'Printworks' Act' und finischer unter dem 'Fabrikakt' ... " ("Report of Mr. Baker in "Reports etc. for 31st Oct. 1861", p. 20.) Nach Aufzählung der verschiednen Bestimmungen dieser Akte und der daher folgenden Komplikation, sagt Herr Baker: "Man sieht, wie schwer es sein muß die Vollziehung dieser 3 Parlamentsakte zu sichern, wenn der Fabrikeigner das Gesetz zu umgehn beliebt." [l.c.p. 21.] Was aber den Herrn Juristen dadurch gesichert ist, sind Prozesse. <=
(195) So getrauen sich endlich die Fabrikinspektoren zu sagen: "Diese Einwände" (des Kapitals gegen legale Beschränkung der Arbeiterzeit) "müssen unterliegen vor dem großen Grundsatz der Rechte der Arbeit ... es gibt einen Zeitpunkt, an dem des Unternehmers Recht auf die Arbeit seines Arbeiters aufhört und dieser selbst über seine Zeit verfügen kann, auch wenn er noch nicht erschöpft ist." ("Reports etc. for 31st Oct. 1862", p. 54.) <=
(196) "Wir, die Arbeiter von Dunkirk, erklären, daß die unter dem jetzigen System erheischte Länge der Arbeitszeit zu groß ist und dem Arbeiter keine Zeit für Erholung und Entwicklung läßt, ihn vielmehr auf einen Zustand der Knechtschaft herabdrückt, der wenig besser als die Sklaverei ist (a condition of servitude but little better than slavery). Deshalb beschlossen, daß 8 Stunden für einen Arbeitstag genügen und legal als genügend anerkannt werden müssen; daß wir zu unsrem Beistand die Presse anrufen, den gewaltigen Hebel ... und alle, die diesen Beistand versagen, als Feinde der Arbeitsreform und Arbeiterrechte betrachten." (Beschlüsse der Arbeiter zu Dunkirk, Staat New York, 1866.) <=
(197) "Reports et. for 31st Oct. 1848", p. 112. <=
(198) "Diese Machenschaften" (die Manöver des Kapitals z.B. 1848-1850) "haben überdies den unwiderlegbaren Beweis erbracht, wie falsch die so oft vorgebrachte Behauptung ist, die Arbeiter hätten keinen Schutz nötig, sondern müßten angesehen werden als frei verfügende Besitzer des einzigen Eigentums, das sie haben, der Arbeit ihrer Hände und des Schweißes ihrer Stirn." ("Reports etc. for 30th April 1850", p. 45.) "Freie Arbeite, wenn sie überhaupt so genannt werden kann, bedarf zu ihrem Schutze selbst in einem freien Land des starken Armes des Gesetzes." ("Reports etc. for 31st Oct. 1864", p. 34.) "Zur erlauben, was gleichbedeutend ist mit zwingen, ... 14 Stunden täglich mit oder ohne Mahlzeiten zu arbeiten usw." ("Reports etc. for 30th April 1863", p. 40.) <=
(199) Friedrich Engels, "Die englische Zehnstundenbill", l.c.p. 5 <Siehe Band 7, S. 233>. <=
(200) Die Zehnstundenbill hat in den ihr unterworfnen Industriezweigen "die Arbeiter vor gänzlicher Degeneration gerettet und ihren physischen Zustand beschützt". ("Reports etc. for 31st Oct. 1859", p. 47.) "Das Kapital" (in den Fabriken) "kann niemals die Maschinerie in Bewegung halten über eine begrenzte Zeitperiode, ohne die beschäftigten Arbeiter an ihrer Gesundheit und ihrer Moral zu beschädigen; und sie sind nicht in einer Lage, sich selbst zu schützen." (l.c. p. 8.) <=
(201) "Einen noch größeren Vorteil bedeutet es, daß endlich klar unterschieden wird zwischen der Zeit, die dem Arbeiter selbst und der, die seinem Unternehmer gehört. Der Arbeiter weiß nun, wann die Zeit, die er verkauft, beendet ist und seine eignen beginnt, und da er dies vorher genau weiß, kann er über seine eignen Minuten für seine eigne Zwecke im voraus verfügen." (l.c.p. 52.) "Indem sie" (die Fabrikgesetze) "sie zu Herrn ihrer eignen Zeit gemacht haben, haben sie ihnen eine moralische Energie gegeben, die sie dahinführt, möglicherweise die politische Macht in Besitz zu nehmen." (l.c.p. 47.) Mit verhaltner Ironie und in sehr vorsichtigen Ausdrücken deuten die Fabrikinspektoren an, daß das jetzige Zehnstundengesetz auch den Kapitalisten einigermaßen von seiner naturwüchsigen Brutalität als bloßer Verkörperung des Kapitals befreit und ihm Zeit zu einiger "Bildung" gegeben habe. Vorher "hatte der Unternehmer für nichts anderes als Geld, der Arbeiter für nichts andres als Arbeit Zeit". (l.c.p. 48.) <=