MLWerke Marx/Engels - Werke Artikel und Korrespondenzen 1890

Seitenzahlen verweisen auf:    Karl Marx/Friedrich Engels - Werke. (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 22, 3. Auflage 1972, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1963, Berlin/DDR. S. 66-67.
Korrektur:    1
Erstellt:    06.04.1999

Friedrich Engels

[Entwurf einer Antwort an die Redaktion der "Sächsischen Arbeiter-Zeitung"]

Geschrieben um den 6. September 1890.
Nach der Handschrift.


|66| In ihrem Abschiedswort in Nr. 105 (31. August 1890) sagt die ausscheidende Redaktion der "Sächsischen Arbeiter-Zeitung", der kleinbürgerliche parlamentarische Sozialismus sei jetzt in Deutschland in der Majorität. Aber Majoritäten würden oft sehr schnell zu Minoritäten,

"und so hofft die scheidende Redaktion der 'Sächs. Arb.-Ztg.' mit Friedrich Engels, daß, wie der naive Staatssozialismus Lassalles einst überwunden wurde, so auch die erfolgssüchtige parlamentarische Richtung in der gegenwärtigen Sozialdemokratie von dem gesunden Sinn der deutschen Arbeiterschaft bald überwunden werden wird".

Hätte ich noch deoneinander ent- |67| legenen Orten wohnten und Zeit brauchten zur Verständigung. Aber als er sprach, hat er das Richtige, das für die Sachlage einzig Passende gesagt. Die Ereignisse in Hamburg haben ihm überreichlich recht gegeben.

Einzelne Mitglieder der Fraktion oder des Parteivorstandes haben sicher in der Debatte Ungeschicklichkeiten begangen. Das passiert immer und überall und fällt auf den einzelnen, nicht die Gesamtheit. Die Fraktion hat in ihrem Verfassungsentwurf sich einzelne Verstöße gegen den demokratischen Etikettenkodex zuschulden kommen lassen. Dafür ist es aber auch ein bloßer Entwurf, den anzunehmen, abzulehnen oder zu verbessern dem Parteitag freisteht. Die Londoner Konferenz der Internationale 1871 hat ebenfalls dergleichen Formsünden begangen, und die Herren Bakunisten griffen sie sofort auf, um sie zur formellen Handhabe ihrer Angriffe gegen den Generalrat zu machen. Trotzdem weiß heute jeder, daß die wirkliche Demokratie im Generalrat saß und nicht im Rat der Bakunisten, die einen ganzen geheimen Verschwörungsapparat konstruiert hatten, um die Internationale sich dienstbar zu machen.

Als zur Zeit der Dampfersubvention die damalige Fraktion einen Augenblick selbst nicht wußte, was sie wollte, und die Redaktion des "Sozialdemokrat" zum Sündenbock zu machen versuchte für ihre eigne Ratlosigkeit, da habe ich mit aller Entschiedenheit auf Seite der Redaktion gegen die Fraktion gestanden. Dasselbe würde ich heute tun, beginge die Fraktion oder der Parteivorstand wirklich Dinge, die die Partei ernstlich gefährdeten. Von dergleichen ist aber heute gar nicht die Rede; die |Hier blicht die Handschrift ab|


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