MLWerke | Marx/Engels - Werke | Artikel und Korrespondenzen 1878 | ||
Seitenzahlen verweisen auf: | Karl Marx/Friedrich Engels - Werke. (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 19, 4. Auflage 1973, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1962, Berlin/DDR. S. 140/141. | |
Korrektur: | 1 | |
Erstellt: | 18.07.1999 |
Nach der Handschrift.
|140| Herr Lothar Bucher hat eine "Erklärung" in der "Norddeutschen Allgemeinen " vom 21. Juni veröffentlicht, welche zunächst den unangenehmen Umstand konstatiert, daß mein Brief an die "Daily News" von den nationalliberalen und fortschrittlichen Blättern reproduziert worden sei. Herr Bucher erklärt, 3.000 Zeilen seien erforderlich, um die von mir zusammengedrängten Schiefheiten gerade zu renken. Dreißig Zeilen sind mehr als genug, um den Wahrheitswert Bucherscher "Berichtigungen" und "Ergänzungen" ein für allemal festzusetzen.
Der Brief, worin mich Herr Bucher für den "Staats-Anzeiger" zu kirren suchte, datiert vom 8. Oktober 1865, also aus der Periode des Konflikts der preußischen liberalen und fortschrittlichen Bourgeoisie mit Herrn von Bismarck. Es heißt darin u.a.:
"In betreff des Inhalts versteht es sich von selbst, daß Sie nur Ihrer wissenschaftlichen Überzeugung folgen; jedoch wird die Rücksicht auf den Leserkreis - haute finance -, nicht auf die Redaktion, es ratsam machen, daß Sie den innersten Kern nur eben für die Sachverständigen durchscheinen lassen."
Dagegen besagt die "Berichtigung" des Herrn Bucher, daß er bei
"Herrn Marx anfrug, ob er die gewünschten Artikel liefern wolle, in denen es auf eine objektive Behandlung ankäme. Von des Herrn Marx 'eigenem wissenschaftlichen Standpunkte' steht nichts in meinem Briefe."
Ferner heißt's im selbigen Brief:
"Der 'Staats-Anzeiger' wünscht monatlich einen Bericht über die Bewegungen des Geldmarktes (und natürlich auch des Warenmarktes, soweit beide nicht zu trennen). Ich wurde gefragt, ob ich nicht jemanden empfehlen könnte und erwiderte, niemand würde das besser machen als Sie. Ich bin infolgedessen ersucht worden, mich an Sie zu wenden."
|141| Also eröffnete Herr Bucher, nach seinen eignen unzweideutigen Worten, seine "Korrespondenz" mit mir auf das Gesuch von irgend jemand. Dagegen beteuert seine "Berichtigung";
"Niemand, nicht einmal der Redakteur des 'Staats-Anzeigers', hat von dieser Korrespondenz gewußt oder erfahren."
Soviel über Herrn Buchers Berichtigungsmethode. Nun noch ein Muster seiner Ergänzungsmethode!
Mein Brief an die "Daily News" spricht nur von der "naiven" Anfrage des Herrn Bucher bei mir, verliert aber kein Wort über meine Antwort an ihn. Er jedoch, im Drang, dem "sonderbaren Vorfall" den Charakter der Trivialität aufzustempeln, muß mich "ergänzen", und dichtet daher:
"Herr Marx habe ihm geantwortet, er schreibe nicht für ein reaktionäres Blatt."
Wie sollte ich dergleichen Gemeinplatz antworten auf einen Brief, dessen "innerster Kern" nicht "nur eben" durchscheint, sondern augenblendend durchblitzt in folgendem Schlußpassus:
"Der Fortschritt" (er meint die liberale oder Fortschrittsbourgeoisie) "wird sich noch oft häuten, ehe er stirbt; wer also während seines Lebens noch innerhalb des Staates wirken will, der muß sich ralliieren um die Regierung."
Karl Marx
London, 27. Juni [1878]
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