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Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke. (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 18, 5. Auflage 1973, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1962, Berlin/DDR. S. 455-471.

1. Korrektur.
Erstellt am 04.03.1999


XI.
Belegstücke

1. Geheime Statuten der Allianz

|455| Das in unseren Händen befindliche Exemplar dieser Statuten ist teilweise von der Hand Bakunins geschrieben. Er gab Abschriften nicht nur an seine Eingeweihten, sondern auch an viele andere, die er durch die Enthüllung seines prachtvollen Programms zu verführen hoffte. Die Eitelkeit des Schriftstellers trug über die finstre Zurückhaltung des Mystifikators den Sieg davon.

Organisation der Allianz der internationalen Brüder

Drei Grade:

I. Internationale Brüder.

II. Die nationalen Brüder.

III. Die halb geheime, halb öffentliche Organisation der Internationalen Allianz der sozialistischen Demokratie.

I. Reglement der internationalen Brüder

1. Die internationalen Brüder haben kein anderes Vaterland als die allgemeine Revolution, kein anderes Ausland und keinen anderen Feind als die Reaktion.

2. Sie verwerfen jede Versöhnungs- und Kompromiß-Politik und halten jede politische Bewegung für reaktionär, die nicht den Triumph ihrer Prinzipien zum unmittelbaren und direkten Zweck hat.

3. Sie sind Brüder - nie greifen sie einander an, noch machen sie ihre Streitigkeiten vor der Öffentlichkeit oder den Gerichten aus. Ehren-Jury, gewählt von beiden Parteien aus der Zahl der Brüder - das ist ihre einzige Gerichtsbarkeit.

|456| 4. Jeder von ihnen muß allen anderen heilig sein, heiliger als ein natürlicher Bruder. Jeder Bruder hat auf die Hülfe und den Beistand aller anderen bis auf die Auslöschung der Möglichkeit zu rechnen.

5. Internationaler Bruder kann nur werden, wer offen das ganze Programm in allen seinen theoretischen und praktischen Konsequenzen angenommen hat und außer der gehörigen Intelligenz, Energie, Ehrenhaftigkeit und Zuverlässigkeit auch noch die revolutionäre Leidenschaft besitzt - den Teufel im Leibe hat. Wir legen weder Pflichten noch Opfer auf. Denn wer jene Leidenschart besitzt, wird vieles vollbringen, ohne sich nur einzubilden, daß er Opfer bringt.

6. Es darf für einen Bruder keine ernsteren und heiligeren Angelegenheiten, Interessen und Pflichten geben als den Dienst der Revolution und unserer ihrem Dienste bestimmten geheimen Assoziation.

7. Ein Bruder hat stets das Recht, die Dienste zu verweigern, welche das Zentralkomitee oder sein Nationalkomitee von ihm fordert - doch werden viele aufeinanderfolgende Weigerungen geeignet sein, ihn als träg oder böswillig betrachten zu lassen; er kann durch sein Nationalkomitee suspendiert und auf Vorstellung des letzteren durch das Zentralkomitee bis zur definitiven Entscheidung der Konstituante in Ruhestand versetzt werden.

8. Kein Bruder darf ein öffentliches Amt annehmen ohne Zustimmung des Komitees, dem er angehört. - Er darf sich an keiner öffentlichen Handlung oder Kundgebung beteiligen, die der von seinem Komitee gezogenen Richtschnur feindlich oder selbst nur fremd ist, oder bei der er letzteres nicht zu Rate gezogen hat. Sooft zwei oder mehrere Brüder beisammen sind, haben sie sich über alle wichtigen öffentlichen Angelegenheiten zu beraten.

9. Alle internationalen Brüder kennen einander. Kein politisches Geheimnis darf je unter ihnen existieren. Niemand kann irgendeiner geheimen Gesellschaft angehören ohne positive Zustimmung seines Komitees oder im Notfall, wenn dieses es verlangt, ohne die des Zentralkomitees; und er kann ihr nur unter der Bedingung angehören, daß er diesen Komitees alle Geheimnisse aufdeckt, welche sie direkt oder indirekt interessieren könnten.

10. Die Organisation der internationalen Brüder teilt sich ein in: A. Das Generalkomitee oder die Konstituante. B. Das Zentralkomitee. C. Die Nationalkomitees.

A. Das Generalkomitee

Dies ist die Vereinigung von allen oder mindestens zwei Dritteln der internationalen Brüder, die ordnungsmäßig zu bestimmter Zeit oder als außerordentliche Versammlung von {1} dem Zentralkomitee einberufen ist. Das Generalkomitee bildet die höchste konstituierende und vollziehende Gewalt unserer ganzen Organisation, und kann deren Programm, deren Reglements und organische Statuten modifizieren.

B. Das Zentralkomitee

|457| Dasselbe besteht aus a) dem Zentralbüro und b) dem Zentral-Überwachungskomitee. Mitglieder dieses letzteren sind alle internationalen Brüder, die nicht zum Büro gehören und sich in solcher Nähe befinden, daß sie innerhalb zweier Tage zusammenberufen werden können, sowie natürlich alle durchreisenden Brüder. Für ihre gegenseitigen Beziehungen gilt das Reglement der Allianz der sozialistischen Demokratie (siehe Art. 2-4).

C. Die Nationalkomitees

Jedes Nationalkomitee besteht aus allen internationalen Brüdern (einerlei welcher Nationalität), die sich am Zentrum der National-Organisation oder in dessen Nähe aufhalten. Jedes Nationalkomitee zerfällt gleichfalls in zwei Unterabteilungen, in a) das National-Exekutivbüro und b) das National-Überwachungskomitee. Dieses letztere umfaßt alle anwesenden internationalen Brüder, die nicht zum Büro gehören. Es gelten dieselben Verhältnisse wie in der Allianz der sozialistischen Demokratie.

11. Zur Schaffung eines neuen Bruders bedarf es der Einstimmigkeit aller (wenigstens in der Zahl von dreien) anwesenden Mitglieder des Nationalkomitees und der Bestätigung des Zentralkomitees mit Zweidrittel-Majorität. Das Zentralkomitee kann neue Mitglieder mit Einstimmigkeit aller seiner Mitglieder aufnehmen.

12. Jedes Nationalkomitee versammelt sich mindestens einmal wöchentlich, um die organisatorische, agitatorische und administrative Arbeit seines Büros zu kontrollieren und anzuspornen. - Das Nationalkomitee ist der natürliche Richter über die Haltung seiner Mitglieder in allem, was ihre revolutionäre Würdigkeit sowie ihre Beziehungen zur Gesellschaft betrifft. Seine Entscheidungen müssen dem Zentralkomitee zur Bestätigung vorgelegt werden. Es schreibt der Tätigkeit wie allen öffentlichen Kundgebungen aller seiner Mitglieder die Richtung vor. Es hat, sei es durch Vermittlung seines Büros oder durch einen von ihm hierzu zu ernennenden Bruder, eine regelmäßige Korrespondenz mit dem Zentralbüro zu führen, dem es mindestens einmal alle vierzehn Tage schreiben muß.

13. Das Nationalkomitee wird die geheime Assoziation der nationalen Brüder seines Landes organisieren.

II. Die nationalen Brüder

14. Die nationalen Brüder müssen in jedem Lande in der Art organisiert werden, daß sie sich niemals der Leitung der allgemeinen Organisation der internationalen Brüder und namentlich der des Generalkomitees und des Zentralkomitees entziehen können. Ihre Programme und Reglements können definitiv nur in Kraft gesetzt werden, nachdem sie die Sanktion des Zentralkomitees erhalten haben.

15. Jedes Nationalkomitee kann, wenn es dies für nützlich befindet, zwei Kategorien aufstellen: a) solche nationale Brüder, die in jedem einzelnen Lande einander kennen, und b) solche, die sich nur in kleinen Gruppen kennen. - In keinem Falle |458| dürfen die nationalen Brüder die Existenz einer internationalen Organisation auch nur ahnen.

16. Provinzial-Zentren, ganz oder teilweise aus internationalen Brüdern oder aus nationalen Brüdern der ersten Kategorie bestehend, sollen an allen Hauptpunkten eines Landes gegründet werden; sie haben die Aufgabe, die geheime Organisation und die Propaganda der Prinzipien, so tief und soweit sie nur können, wachsen zu lassen, indem sie sich nicht mit der Tätigkeit in den Städten begnügen, sondern auch den Versuch machen, sie in den Dörfern und unter den Bauern auszudehnen.

17. Die Nationalkomitees werden suchen, aufs schnellste die finanziellen Mittel zu schaffen, welche notwendig sind nicht nur für den Erfolg ihrer eigenen Organisation, sondern auch für die allgemeinen Bedürfnisse der ganzen Assoziation. Sie werden also einen Teil - die Hälfte? - an das Zentralbüro schicken.

18. Die Nationalbüros müssen außerordentlich tätig sein und bedenken, daß die Prinzipien, Programme und Reglements nur soweit etwas wert sind, als die Personen, welche dieselben in Ausübung bringen sollen, den Teufel im Leibe haben.

Geheime Organisation der Internationalen Allianz der Sozialistischen Demokratie

1. Das permanente Zentralkomitee der Allianz besteht aus allen Mitgliedern der permanenten Nationalkomitees und denen der Genfer Zentralsektion.

In ihrer Vereinigung bilden alle diese Mitglieder die geheime Generalversammlung der Allianz, welche die höchste und zugleich die konstituierende Macht der Allianz ist und mindestens einmal jährlich auf dem Arbeiterkongreß als Delegierte der verschiedenen nationalen Gruppen der Allianz zusammentritt; die außerdem zu jeder Zeit sowohl vom Zentralbüro als auch durch die Genfer Zentral Sektion einberufen werden kann.

2. Die Genfer Zentralsektion ist die permanente Delegation des permanenten Zentralkomitees. Sie besteht aus allen Mitgliedern des Zentralbüros und des Überwachungskomitees, die notwendigerweise stets Mitglieder des permanenten Zentralkomitees sind. - Die Zentralsektion ist der höchste vollziehende Rat der Allianz innerhalb der Grenzen der einzig durch die Generalversammlung festzustellenden oder abzuändernden Verfassung und Richtschnur. Die Zentralsektion entscheidet mit einfacher Stimmenmehrheit in allen Exekutiv-Angelegenheiten (bei denen es sich nicht um die Verfassung oder die allgemeine Politik handelt), und ihre so gefaßten Beschlüsse sind obligatorisch für das Zentralbüro, falls dieses nicht in der Mehrheit seiner Mitglieder beschließt, dagegen an die Generalversammlung zu appellieren, die es dann innerhalb drei Wochen einzuberufen hat. - Eine so einberufene Generalversammlung bedarf, um ordnungsgemäß zu sein, der Anwesenheit von zwei Dritteln aller ihrer Mitglieder.

3. Das Zentralbüro - die Exekutivgewalt - wird von 3 bis 5 oder selbst 7 Mitgliedern gebildet, welche immer gleichzeitig Mitglieder des permanenten Zentralkomitees sein |459| müssen. Als eines der beiden Bestandteile der geheimen Zentralsektion ist das Zentralbüro eine geheime Organisation. Als solche erhält es von der Zentralsektion seine Inspirationen und hat seinerseits seine Mitteilungen, um nicht zu sagen seine geheimen Befehle, an alle Nationalkomitees zu richten, von denen es wenigstens einmal monatlich geheime Berichte empfangen soll. Als vollziehendes Direktorium der öffentlichen Allianz ist das Zentralbüro aber zugleich eine öffentliche Organisation. Als solche hat es je nach den Ländern und Umständen mehr oder weniger vertrauliche oder öffentliche Beziehungen zu allen Nationalbüros, von denen es gleichfalls monatliche Berichte zu empfangen hat. Seine äußerliche Regierungsform wird die einer Präsidentschaft in einer Föderativ-Republik sein. Das Zentralbüro, als sowohl geheime wie öffentliche Exekutivgewalt der Allianz, wird die geheime und öffentliche Propaganda der Gesellschaft ins Werk setzen und ihre Entwickelung in allen Ländern durch alle möglichen Mittel fördern. Es hat die Verwaltung über den Teil der Finanzen, welche ihm nach Artikel b) des öffentlichen Reglements aus allen Ländern für die allgemeinen Bedürfnisse gesandt werden. Es wird eine Zeitschrift und Broschüren herausgeben, und Reise-Agenten aussenden, um Allianzgruppen in den Ländern zu gründen, wo solche noch nicht existieren. Bei allen Maßregeln, die das Zentralbüro zum Wohle der Allianz zu ergreifen hat, hat es sich jedoch den Entscheidungen der Mehrheit der geheimen Zentralsektion zu unterwerfen, zu der übrigens alle Mitglieder des Büros selbst gehören. Als zugleich öffentliche und geheime Organisation und als ganz aus Mitgliedern des permanenten Zentralkomitees zusammengesetzt, wird das Zentralbüro immer ein direkter Ausfluß dieses Komitees sein. Das provisorische Zentralbüro soll diesmal der Genfer Gründungsgruppe präsentiert werden als provisorisch gewählt von allen Gründungsmitgliedern der Allianz, die, zum größten Teil ehemalige Mitglieder des Kongresses zu Bern, heimgereist sind, nachdem sie ihre Vollmacht an Bürger B. |Bakunin| übertragen. - Dieses Büro wird in Tätigkeit bleiben bis zur ersten öffentlichen Generalversammlung, welche nach Artikel 7 des öffentlichen Reglements auf dem nächsten Arbeiterkongreß als Zweig der Internationalen Arbeiter-Assoziation zusammentritt. Es versteht sich, daß die Mitglieder des neuen Zentralbüros von dieser Versammlung gewählt werden. Aber da es dringend notwendig ist, daß das Zentralbüro stets nur aus Mitgliedern des permanenten Zentralkomitees bestehe, so wird dieses letztere vermittelst seiner Nationalkomitees dafür sorgen müssen, alle lokalen Gruppen so zu organisieren und zu leiten, daß sie als Delegierte in diese Versammlung nur Mitglieder des permanenten Zentralkomitees senden, oder, in Ermangelung solcher, nur Leute, die vollständig der Leitung ihrer respektiven Nationalkomitees ergeben sind - damit das permanente Zentralkomitee in der ganzen Organisation der Allianz stets die Oberhand habe.

4. Das Überwachungskomitee übt die Kontrolle über alle Handlungen des Zentralbüros. - Es besteht aus allen Mitgliedern des permanenten Zentralkomitees, die am Orte {2} in der Nähe des Sitzes des Zentralbüros wohnen, sowie aus allen zeitweilig anwesenden oder durchreisenden Mitgliedern, mit Ausnahme derer, die das Büro bilden. Auf Antrag von zwei Mitgliedern des Überwachungskomitees müssen alle Mitglieder |460| desselben innerhalb drei Tagen mit den Mitgliedern des Zentralbüros zusammentreten, um die Versammlung der Zentralsektion des höchsten vollziehenden Rats zu konstituieren, deren Rechte im Artikel 2 festgestellt sind.

5. Die Nationalkomitees werden von allen zu derselben Nation gehörigen Mitgliedern des permanenten Zentralkomitees gebildet. - Sowie es drei Mitglieder des permanenten Zentralkomitees aus derselben Nation gibt, werden dieselben vom Büro und nötigenfalls von der Zentralsektion aufgefordert, sich als Nationalkomitee ihres Landes zu konstituieren. Jedes Nationalkomitee kann ein neues Mitglied des Zentralkomitees aus seinem Lande ernennen, aber nur unter Einstimmigkeit aller seiner Mitglieder. Sowie ein neues Mitglied von einem Nationalkomitee ernannt ist, hat dieses hiervon unmittelbar das Zentralbüro in Kenntnis zu setzen, welches dieses neue Mitglied in die Liste aufnimmt und eben hierdurch auf dasselbe alle Rechte eines Mitgliedes des permanenten Zentralkomitees überträgt. - Die Genfer Zentralsektion ist gleichfalls ermächtigt, unter Einstimmigkeit aller ihrer Mitglieder, neue Mitglieder zu ernennen.

Jedes Nationalkomitee hat die besondere Aufgabe, in seinem Lande sowohl die öffentliche wie die geheime nationale Gruppe zu gründen und zu organisieren. Das Nationalkomitee ist deren höchste Leitungs- und Verwaltungsbehörde {3}, vermittelst seines Nationalbüros, für dessen Gründung es in der Art zu sorgen hat, daß es ganz und gar aus Mitgliedern des permanenten Zentralkomitees besteht. Die Nationalkomitees werden ihren respektiven Büros gegenüber dieselben Beziehungen, Rechte und Befugnisse haben, wie die Zentralsektion gegenüber dem Zentralbüro. - Die Nationalkomitees, welche durch die Vereinigung ihrer bezüglichen Büros und Überwachungskomitees gebildet werden, haben kein anderes Oberhaupt als das Zentralbüro anzuerkennen; sie dienen als die einzigen Mittelorgane zwischen diesem letzteren und allen Lokalgruppen ihres Landes sowohl in betreff der Propaganda und der Verwaltung, wie auch der Erhebung und Verwendung der Steuern. Die Nationalkomitees haben vermittelst ihrer respektiven Büros für die Organisation der Allianz in ihren Ländern zu sorgen, doch in der Art, daß diese immer durch Mitglieder des permanenten Zentralkomitees beherrscht und auf den Kongressen vertreten werde.

In dem Maße als die Nationalbüros ihre lokalen Gruppen organisieren, haben sie auch dafür zu sorgen, daß das Reglement und Programm dieser letzteren der Bestätigung des Zentralbüros unterbreitet werde - ohne diese Bestätigung können die Lokalgruppen keinen Teil der Internationalen Allianz der sozialistischen Demokratie bilden.

Programm der Sozialistischen Internationalen Allianz

1. Die Internationale Allianz ist zu dem Zwecke gegründet, auf Grundlage der in unserem Programm ausgesprochenen Prinzipien der allgemeinen Revolution zu dienen, sie zu organisieren und zu beschleunigen.

|461| 2. Gemäß diesen Grundsätzen kann das Ziel der Revolution nur sein: a) die Vernichtung aller religiösen, monarchischen, aristokratischen und bürgerlichen Mächte und Gewalten in Europa. Die Konsequenz hiervon ist der Umsturz aller gegenwärtig bestehenden Staaten nebst allen ihren politischen, rechtlichen, bürokratischen und finanziellen Einrichtungen, b) Der Aufbau einer neuen Gesellschaft auf der einzigen Grundlage der freien genossenschaftlichen Arbeit, die zum Ausgangspunkt nimmt das Kollektiveigentum, die Gleichheit und Gerechtigkeit.

3. Die Revolution, wie wir sie auffassen, oder vielmehr, wie die Macht der Tatsachen sie heute mit Notwendigkeit hervorruft, trägt einen wesentlich internationalen oder universellen Charakter. Angesichts der drohenden Koalition aller privilegierten Interessen und aller reaktionären Mächte in Europa, welche über alle die furchtbaren Mittel gebieten, die ihnen eine klug organisierte Organisation verleiht, angesichts der tiefen Kluft, welche {4} überall zwischen der Bourgeoisie und den Arbeitern herrscht, könnte keine nationale Revolution auf Erfolg rechnen, wenn sie sich nicht zugleich auf die anderen Nationen erstreckt, und sie könnte nie die Grenze {5} überschreiten und diesen Charakter der Allgemeinheit annehmen, wenn sie nicht in sich selbst alle Elemente dieser Allgemeinheit trägt, das heißt, wenn sie nicht eine geradezu sozialistische, staatzerstörende und vermittelst der Gleichheit und Gerechtigkeit freiheitschaffende ist; denn nichts von nun an kann noch die große, die einzig wahre Macht unseres Jahrhunderts - die Arbeiter - vereinigen, elektrisieren, zur Erhebung bringen, es sei denn allein die vollständige Emanzipation der Arbeit auf den Trümmern aller zum Schutze des Erbeigentums und des Kapitals bestehenden Einrichtungen.

4. Da die nächste Revolution nur eine allgemeine sein kann, so muß die Allianz, oder um das Wort geradeheraus zu sagen, die Verschwörung, welche dieselbe vorbereiten, organisieren und beschleunigen soll, es auch sein.

5. Die Allianz wird einen doppelten Zweck verfolgen: a) Sie wird sich bemühen, in den Volksmassen aller Länder die wahren Ideen über Politik, über Sozialökonomie und über alle philosophischen Fragen zu verbreiten. Sie wird tatkräftige Propaganda machen sowohl durch Zeitschriften, Broschüren und Bücher wie auch durch Gründung öffentlicher Assoziationen, b) Sie wird an sich zu ziehen suchen alle intelligenten, tatkräftigen und zuverlässigen Männer, die guten Willen und treue Ergebenheit für unsere Ideen haben, um so über ganz Europa und, soweit es sich tun läßt, auch über Amerika ein unsichtbares Netz von aufopferungsfähigen und durch diese ihre Allianz selbst mächtigen Revolutionären zu bilden.

Programm und Zweck der revolutionären Organisation der internationalen Brüder

|462| 1. Die Grundsätze dieser Organisation sind dieselben wie die des Programms der Internationalen Allianz der sozialistischen Demokratie. In Beziehung auf die Frauenfrage, auf die religiöse und juristische Stellung der Familie und auf den Staat sind sie noch eingehender auseinandergesetzt im Programm der russischen sozialistischen Demokratie.

Das Zentralbüro behält sich übrigens vor, bald eine vollständigere theoretische und praktische Entwicklung der Grundsätze zu liefern.

2. Die Assoziation der internationalen Brüder will zugleich die soziale, philosophische, ökonomische und politische allgemeine Revolution, damit von der gegenwärtigen Ordnung der Dinge, begründet auf dem Eigentum, der Ausbeutung, der Herrschaft und dem Autoritätsprinzip, dasselbe sei religiös oder metaphysisch und bourgeois-doktrinär, ja selbst jakobinisch-revolutionär - zunächst in ganz Europa und dann auf der übrigen Welt kein Stein auf dem anderen bleibe. Mit dem Rufe: Friede den Arbeitern, Freiheit den Unterdrückten und Tod den Herrschern, Ausbeutern und Vormündern jeder Sorte! wollen wir alle Staaten und alle Kirchen nebst allen ihren religiösen, politischen, juristischen, finanziellen, polizeilichen, universitätlichen, ökonomischen und sozialen Einrichtungen und Gesetzen vernichten, damit alle diese Millionen armer Menschenwesen, die man bisher betrog, knechtete, marterte, ausbeutete, nunmehr von allen ihren offiziellen und offiziösen Lenkern und Wohltätern befreit, Genossenschaften wie Individuen, endlich in vollkommener Freiheit aufatmen.

3. In der Überzeugung, daß das individuelle und soziale Übel viel weniger in den einzelnen Individuen als in der Organisation der Dinge und den sozialen Verhältnissen wurzelt, werden wir menschlich sein sowohl aus dem Gefühl der Gerechtigkeit wie aus Nützlichkeitsberechnung und werden wir ohne Erbarmen Verhältnisse und Dinge vernichten, um ohne Gefahr für die Revolution die Menschen schonen zu können. Wir leugnen den freien Willen und das angebliche Strafrecht der Gesellschaft. Die Gerechtigkeit selbst, im menschlichsten, im weitesten Sinne genommen, ist nur eine negative, eine Übergangsidee; sie stellt die soziale Frage, aber sie löst sie nicht, sie zeigt uns nur den einzigen möglichen Weg der Menschheits-Emanzipation, das heißt, der Humanisierung der Gesellschaft durch die Freiheit innerhalb der Gleichheit; die positive Lösung kann nur durch die mehr und mehr vernunftgemäße Organisation der Gesellschaft erreicht werden. Diese so sehr ersehnte Lösung, unser aller Ideal, ist die Freiheit, Sittlichkeit, Bildung und Wohlfahrt eines jeden vermittelst der Solidarität aller, - es ist die menschliche Brüderlichkeit.

Jedes menschliche Individuum ist das unfreiwillige Produkt der natürlichen und sozialen Lage, innerhalb deren es geboren ist, sich entwickelte und deren Einfluß es beständig weiter zu dulden hat. Die drei großen Ursachen jeder menschlichen |463| Immoralität sind: die politische wie ökonomische und soziale Ungleichheit, die Unwissenheit als deren natürliches Resultat und als notwendige Konsequenz die Sklaverei.

Da die Organisation der Gesellschaft immer und überall die einzige Ursache der von den Menschen begangenen Verbrechen ist, so ist es eine offenbare Heuchelei oder Widersinnigkeit seitens der Gesellschaft, die Verbrecher zu bestrafen, indem jede Strafe die Schuld des zu Bestrafenden voraussetzt, die Verbrecher aber niemals die Schuldigen sind. Die Theorie von Schuld und Strafe geht aus der Theologie hervor, das heißt aus der Ehe des Widersinnes mit der religiösen Heuchelei.

Das einzige Recht, welches man der Gesellschaft in ihrem gegenwärtigen Übergangszustande zugestehen könnte, ist das natürliche Recht, die von ihr selbst geschaffenen Verbrecher im Interesse ihrer eigenen Verteidigung zu ermorden, nicht aber das Recht, sie zu richten und zu verurteilen. Dieses Recht ist nicht einmal ein solches in strikter Wortbedeutung, sondern vielmehr ein natürliches, bedauerliches aber unvermeidliches, tatsächliches Verhältnis, zugleich ein Zeichen und Produkt der Ohnmacht und Dummheit der gegenwärtigen Gesellschaft; je mehr die Gesellschaft es verstehen wird, die Übung dieses Rechtes zu vermeiden, um so näher wird sie ihrer wirklichen Emanzipation rücken.

Alle Revolutionäre, die Unterdrückten, die leidenden Opfer der gegenwärtigen Organisation der Gesellschaft, deren Herzen natürlich von Rache und Haß erfüllt sind, müssen wohl im Auge behalten, daß die Könige, die Unterdrücker, die Ausbeuter jeder Gattung ebenso schuldig sind, als die aus der Volksmasse hervorgegangenen Verbrecher: auch jene sind Übeltäter, aber auch nicht Schuldige, da sie ebenfalls, wie die gewöhnlichen Verbrecher, die unfreiwilligen Produkte der gegenwärtigen Organisation der Gesellschaft sind. Man wird sich nicht wundern dürfen, wenn das Volk im ersten Augenblick seiner Erhebung ihrer viele tötet - das wird ein vielleicht unvermeidliches, aber auch ebenso vorübergehendes Unglück sein wie die Verheerungen eines Ungewitters.

Aber diese natürliche Tatsache wird weder moralisch noch selbst nützlich sein. In dieser Hinsicht ist die Geschichte äußerst lehrreich: - die schreckliche Guillotine von 1793, die man gewiß nicht der Langsamkeit und Milde beschuldigen kann, ist nicht dazu gekommen, die Adelsklasse in Frankreich zu vernichten. Die Aristokratie wurde dort, wenn nicht vollständig zerstört, so doch tief erschüttert, aber nicht durch die Guillotine, sondern durch die Konfiskation und den Verkauf ihrer Güter. Und im allgemeinen kann man sagen, daß politische Metzeleien niemals Parteien getötet haben; jene haben sich überall {6} ohnmächtig gegen die privilegierten Klassen gezeigt, da die Macht viel weniger in den Menschen ihren Grund hat, als in den Zuständen, welche für die Privilegierten durch die Organisation der Dinge, d.h. durch die Einrichtung des Staates und seine natürliche Konsequenz wie Grundlage, das individuelle Eigentum, geschaffen sind.

Um eine radikale Revolution zu machen, muß man also den Angriff gegen die zugrunde liegenden Verhältnisse und Dinge richten, man muß das Eigentum und den |464| Staat vernichten, dann hat man nicht mehr nötig, Menschen zu vernichten und sich selbst zu der unfehlbaren und unvermeidlichen Reaktion zu verurteilen, welche in jeder Gesellschaft stets {7} als die Folge des Menschenmordes eingetreten ist und stets als solche eintreten wird.

Aber um das Recht zu haben, ohne Gefahr für die Revolution menschlich gegen Menschen zu sein, muß man unerbittlich gegen die Zustände und Dinge sein; man muß vollständig vernichten, überall und vor allem das Eigentum und sein unvermeidliches Korollar: den Staat. Das ist das ganze Geheimnis der Revolution.

Man darf sich nicht wundern, wenn die Jakobiner und Blanquisten, die mehr aus Notwendigkeit als aus Überzeugung Sozialisten geworden sind und für die der Sozialismus ein Revolutionsmittel, nicht aber der Revolutionszweck ist, da sie die Diktatur wollen, d.h. die Zentralisation des Staates, und da der Staat sie in unvermeidlicher logischer Notwendigkeit zur Wiederherstellung des Eigentums führen muß - es ist also sehr natürlich, sagen wir, wenn sie, die keine radikale Revolution gegen die Dinge selbst durchführen wollen, von einer blutigen Revolution gegen die Menschen träumen. Diese blutige Revolution aber, gegründet auf dem Aufbau eines mächtig zentralisierten revolutionären Staates, hätte, wie wir später noch mehr beweisen werden, die Militärdiktatur mit einem neuen Herrn zur unvermeidlichen Folge. Der Triumph der Jakobiner und Blanquisten also wäre der Tod der Revolution.

4. Wir sind die natürlichen Feinde dieser Revolutionäre - der Zukunftsdiktatoren, Gesetzgeber und Vormünder der Revolution - die, bevor noch die gegenwärtigen monarchischen, aristokratischen und Bourgeois-Staaten zerstört sind, bereits an die Schöpfung neuer revolutionärer Staaten denken, Staaten, ebenso zentralisierend und noch despotischer als die heute existierenden Staaten sind -, die so sehr an die durch irgendeine Autorität von oben geschaffene Ordnung gewöhnt sind und einen so großen Abscheu vor alledem haben, was ihnen als Unordnung erscheint und was doch nichts weiter ist, als der freie und natürliche Ausdruck des Volkslebens, daß sie, bevor noch eine gute und gesunde Unordnung durch die Revolution hervorgebracht ist, bereits daran denken, ihr ein Ende zu machen und den Maulkorb anzulegen durch irgendeine Autorität, die von der Revolution nur den Namen trägt, in Wirklichkeit aber nur eine neue Reaktion ist, da sie in der Tat von neuem die Volksmassen durch Dekrete regieren läßt und sie so wieder zum Gehorsam, zum Stillstand, zum Tode, das heißt zur Sklaverei und zur Ausbeutung durch eine neue quasi-revolutionäre Aristokratie verdammt.

5. Wir fassen die Revolution auf in dem Sinne der Entfesselung alles dessen, was man heute die bösen Leidenschaften nennt, und der Vernichtung desjenigen, was in derselben Sprache "öffentliche Ordnung" heißt.

Wir fürchten die Anarchie nicht, wir rufen sie herbei, überzeugt, daß aus dieser Anarchie, das heißt, aus der vollständigen Geltendmachung des entfesselten Volkslebens, die Freiheit, die Gleichheit, die Gerechtigkeit, die neue Ordnung und selbst |465| die Macht der Revolution der Reaktion gegenüber hervorgehen muß. Dies neue Leben - die Volksrevolution - wird unzweifelhaft es auch nicht unterlassen, sich zu organisieren, aber es wird sich seine revolutionäre Organisation von unten nach oben und von der Peripherie zum Zentrum schaffen - dem Prinzip der Freiheit gemäß, nicht aber von oben nach unten oder vom Zentrum zur Peripherie hin nach Art der Autorität, wie auch immer diese beschaffen - denn es ist uns wenig daran gelegen, ob diese sich Kirche, Monarchie, konstitutioneller Staat, Bourgeois-Republik oder selbst revolutionäre Diktatur nennt. Wir verabscheuen und verwerfen sie alle aus gleichem Grunde - als unfehlbare Quellen der Ausbeutung und des Despotismus.

6. Die Revolution, wie wir sie verstehen, muß vom ersten Tage an radikal und vollständig den Staat und alle Staatseinrichtungen vernichten. Die natürlichen und notwendigen Konsequenzen dieser Vernichtung werden sein; a) der Staatsbankerott; b)das Aufhören der Bezahlung von Privatschulden durch Einmischung des Staates, indem jedem Schuldner überlassen bleibt, seine Schulden zu bezahlen, wenn ihm dies so beliebt; c) das Aufhören jeder Steuerzahlung und der Erhebung irgendwelcher direkter oder indirekter Abgaben; d) die Auflösung des Heeres, der Magistratur, der Bürokratie, der Polizei und der Priester; e) die Abschaffung der amtlichen Rechtspflege, die Aufhebung alles dessen, was juridisch Recht heißt oder mit der Ausübung dieses Rechtes in Verbindung steht. Demgemäß Abschaffung und Autodafé (Verbrennung) aller Eigentumstitel, Erbschafts-, Kauf-, Schenkungs-, Prozeßakten - mit einem Worte, des gesamten juridischen und bürgerlichen Papierkrams. Überall und in allen Dingen die revolutionäre Tatsache an Stelle des durch den Staat geschaffenen und garantierten Rechtes; f) die Konfiskation aller produktiven Kapitalien und Arbeitswerkzeuge zugunsten der Arbeitergenossenschaften, die jene kollektiv produzieren lassen müssen; g) die Konfiskation alles Eigentums der Kirche und des Staates, sowie des im Privatbesitz befindlichen Edelmetalls zugunsten der Föderativallianz aller Arbeitergenossenschaften - einer Allianz, welche die Kommune bilden wird.

An Stelle der konfiszierten Güter wird die Kommune allen so beraubten Individuen genau das Notwendige geben, und können sie dann später durch ihre eigene Arbeit mehr erwerben, wenn sie es vermögen und wenn sie es wollen. - h) Für die Organisation der Kommune eine Föderation der Barrikaden in Permanenz und die Funktion eines Rates der revolutionären Kommune durch Delegation von einem oder zwei Abgeordneten für jede Barrikade, einem per Straße oder per Bezirk; die Deputierten sind mit imperativen Mandaten versehen und stets verantwortlich sowie jederzeit abberufbar. Der so organisierte Kommunalrat kann aus seiner Mitte Exekutivkomitees wählen, und für sie die einzelnen Gebiete der revolutionären Verwaltung der Kommune abzweigen. - i) Erklärung der insurgierten und als Kommune organisierten Hauptstadt, daß, nachdem sie den Autoritäts- und Bevormundungsstaat zerstört (wozu sie berechtigt war, da sie in derselben Sklaverei unter demselben gestanden wie alle anderen Örtlichkeiten), sie nunmehr ihrem Rechte entsage oder vielmehr jeder Anmaßung, die Provinzen zu regieren und zu beherrschen, k) Aufruf an alle Provinzen, Kommunen und Genossenschaften, sämtlich sofort dem von der Hauptstadt gegebenen Beispiele zu folgen und sich zuerst revolutionär zu reorganisieren und sodann an einen zu verabredenden |466| Versammlungsort ihre gleichfalls mit imperativen Mandaten versehenen verantwortlichen und abberufbaren Abgeordneten zu delegieren, um die Föderation der im Namen derselben Prinzipien insurgierten Assoziationen, Kommunen und Provinzen zu konstituieren und eine Revolutionsmacht zu organisieren, stark genug, um über die Reaktion zu triumphieren. Sendung, nicht von offiziellen Revolutions-Kommissarien mit irgendwelchen Schärpen, sondern von Revolutions-Agitatoren in alle Provinzen und Gemeinden - besonders zu den Bauern, die nicht durch Prinzipien oder durch Verfügungen irgendwelcher Diktatur revolutioniert werden können, sondern einzig und allein durch die Tatsache der Revolution selbst, das heißt, durch die notwendigen Konsequenzen des vollständigen Aufhörens des offiziellen juridischen Staatslebens in allen Gemeinden. Abschaffung des nationalen Staates sogar in dem Sinne, daß jedes fremde Land, Provinz, Gemeinde, Genossenschaft, ja selbst jedes vereinzelte Individuum, das sich im Namen derselben Prinzipien erhoben hat, in die revolutionäre Föderation ohne Rücksicht auf die gegenwärtigen Staatsgrenzen aufgenommen wird, wenn sie auch zu verschiedenen politischen oder nationalen Systemen gehören, und daß die eigenen Provinzen, Kommunen, Genossenschaften, wie Individuen, welche die Partei der Reaktion ergreifen, ausgeschlossen bleiben. So wird also die Tatsache der Ausströmung und der Organisation der Revolution selbst bei dem gegenseitigen Schutze der insurgierten Länder es bewirken, daß die Universalität der auf Abschaffung der Grenzen und auf der Zertrümmerung des Staates begründeten Revolution triumphiert.

7. Es kann keine politische oder nationale Revolution mehr triumphieren, es sei denn, daß die politische Revolution sich in eine soziale verwandelt, und die vernunftgemäße, eben durch ihren Charakter radikal sozialistische und staatszerstörende Revolution zur allgemeinen Revolution wird.

8. Da die Revolution überall aus dem Volke selbst hervorgehen und die Oberleitung immer bei dem als freie Föderation ackerbauender und industrieller Genossenschaften organisierten Volke bleiben muß, so wird der neue revolutionäre Staat, der sich auf dem Wege der revolutionären Delegation von unten nach oben organisiert und alle im Namen derselben Prinzipien organisierten {8} Länder ohne Rücksicht auf die alten Grenzen und die Verschiedenheit der Nationalität umfaßt, die Verwaltung des öffentlichen Dienstes und nicht die Regierung der Völker zum Gegenstande haben. Er wird das neue Vaterland, die Allianz der allgemeinen Revolution gegen die Allianz aller Reaktionären konstituieren.

9. Diese Organisation schließt jeden Gedanken einer Diktatur oder irgendeiner bevormundend leitenden Gewalt aus. Aber zur Gründung dieser revolutionären Allianz und zum Triumphe der Revolution über die Reaktion ist es notwendig, daß inmitten der Volksanarchie, welche eben das Leben und die ganze Kraft der Revolution bilden wird, die Einheit des Gedankens und des revolutionären Handelns ein Organ finde. Dieses Organ soll die geheime und universelle Assoziation der internationalen Brüder sein.

|467| 10. Diese Assoziation geht von der Überzeugung aus, daß Revolutionen niemals von Individuen, auch nicht einmal von geheimen Gesellschaften gemacht werden. Sie machen sich wie von selbst, die Macht der Dinge, der Strom der Ereignisse und der Tatsachen schaffen sie. Lange bereiten sie sich vor in der Tiefe des instinktiven Bewußtseins der Volksmassen - dann kommen sie zum Ausbruch, anscheinend oft nur durch unbedeutende Ursachen hervorgerufen. Alles was eine gut organisierte geheime Gesellschaft tun kann, besteht zunächst darin, daß sie die Geburt einer Revolution unterstützt, indem sie in den Massen die den Masseninstinkten entsprechenden Ideen verbreitet, und daß sie, nicht die Revolutionsarmee - die Armee muß immer das Volk sein - wohl aber eine Art revolutionären Generalstabs organisiert, der aus ergebenen, energischen, intelligenten Individuen und vor allem aus aufrichtigen und nicht ehrgeizigen oder eitlen Freunden des Volkes besteht, die die Fähigkeit besitzen, als Vermittler zwischen der revolutionären Idee und den Volksinstinkten zu dienen.

11. Die Zahl dieser Individuen darf also nicht sehr groß sein. Für die internationale Organisation von ganz Europa genügen hundert fest und ernst verbündete Revolutionäre. Zwei-, dreihundert Revolutionäre werden für die Organisation des größten Landes genügen.

2. Programm und Reglement der öffentlichen Allianz

Indem die sozialistische Minorität der Friedens- und Freiheitsliga (!) sich von dieser Liga trennte infolge des Majoritätsvotums auf dem Kongreß zu Bern, welches Votum sich ausdrücklich gegen das Grundprinzip aller Arbeitergenossenschaften, das Prinzip der ökonomischen und sozialen Gleichheit der Klassen und Individuen, aussprach, ist diese Minorität hierdurch von selbst den von den Arbeiterkongressen zu Genf, Lausanne und Brüssel ausgesprochenen Prinzipien beigetreten. Mehrere verschiedenen Nationen angehörige Mitglieder der erwähnten Minorität haben uns den Vorschlag gemacht, eine neue Internationale Allianz der sozialistischen Demokratie zu organisieren, die, zwar vollständig in der großen Internationalen Arbeiter-Assoziation aufgegangen, sich doch die besondere Mission stelle, die politischen und philosophischen Fragen auf der Grundlage dieses großen Prinzips der allgemeinen und sittlichen {9}Gleichheit aller Menschenwesen auf Erden zu studieren.

Unsererseits von dem Nutzen eines solchen Unternehmens überzeugt, das den aufrichtigen sozialistischen Demokraten Europas und Amerikas das Mittel gewähren wird, sich zu verständigen und ihre Ideen zu befestigen außerhalb jeder Pression jenes falschen Sozialismus, welchen die Bourgeois-Demokratie heute zur Förderung ihrer Zwecke zur Schau trägt, haben wir, in Übereinstimmung mit den gedachten Freunden, geglaubt, die Initiative für diese neue Organisation ergreifen zu müssen.

|468| Demgemäß haben wir uns als Zentralsektion der Internationalen Allianz der sozialistischen Demokratie organisiert und veröffentlichen heute das Programm und Reglement derselben.

Programm der Internationalen Allianz der Sozialistischen Demokratie

1. Die Allianz erklärt sich als atheistisch; sie will die Abschaffung aller Religionskulte und die Ersetzung des Glaubens durch die Wissenschaft sowie der göttlichen Gerechtigkeit durch die menschliche.

2. Sie will vor allem die politische, ökonomische und soziale Gleichmachung der Klassen und der Individuen beider Geschlechter, indem sie mit der Abschaffung des Erbrechts den Anfang macht, damit in Zukunft der Genuß gleich sei der produktiven Arbeit {10} eines jeden und, dem vom letzten Arbeiterkongreß zu Brüssel gefaßten Beschlüsse gemäß, der Grund und Boden, die Arbeitswerkzeuge sowie alles andere Kapital, als Kollektiveigentum der gesamten Gesellschaft, nur {11} dem Nutzen der Arbeiter, d.h. der ackerbauenden und industriellen Assoziationen dienen.

3. Sie will für alle Kinder beiderlei Geschlechter von ihrer Geburt an die Gleichheit der Mittel zu ihrer Entwickelung, d.h. ihres Unterhaltes, ihrer Erziehung und ihres Unterrichtes auf allen Stufen der Wissenschaft, der Industrie und der Künste; sie hegt die Überzeugung, daß diese zunächst nur ökonomische und soziale Gleichheit die Folge haben wird, eine immer größere natürliche Gleichheit der Individuen zu schaffen, indem sie alle künstlichen Ungleichheiten, historische Produkte einer ebenso falschen als unbilligen sozialen Organisation, verschwinden macht.

4. Als Feindin jedes Despotismus und keine andere politische Form als die republikanische anerkennend sowie jedes reaktionäre Bündnis absolut verwerfend, weist sie jede politische Tätigkeit von sich, die nicht den Triumph der Sache der Arbeiter gegen das Kapital zum unmittelbaren und direkten Zweck hat.

5. Sie bekennt, daß alle gegenwärtig existierenden politischen Autoritätsstaaten, sich mehr und mehr zu einfachen Funktionen der Verwaltung des öffentlichen Dienstes in ihren betreffenden Ländern umwandelnd, in der universellen Einigung freier, ackerbauender wie industrieller Genossenschaften verschwinden müssen.

6. Da die soziale Frage nur auf der Grundlage der internationalen oder allgemeinen Solidarität der Arbeiter aller Länder ihre schließliche und wirkliche Lösung finden kann, verwirft die Allianz jede auf dem sogenannten Patriotismus und der Rivalität der Nationen begründete Politik.

7. Sie will die universelle Genossenschaft aller lokalen Genossenschaften vermittelst der Freiheit.

Reglement

|469| 1. Die Internationale Allianz der sozialistischen Demokratie konstituiert sich als ein Zweig der Internationalen Arbeiter-Assoziation, deren sämtliche allgemeine Statuten sie annimmt.

2. Die Gründungsmitglieder (membres fondateurs) {12} organisieren provisorisch ein Zentralbüro in Genf.

3. Die Gründungsmitglieder ein und desselben Landes konstituieren das Nationalbüro dieses Landes.

4. Die Nationalbüros haben die Aufgabe, an allen Orten Lokalgruppen der Allianz der sozialistischen Demokratie zu gründen, die sodann vermittelst ihrer bezüglichen Nationalbüros beim Zentralbüro der Allianz ihre Aufnahme in die Internationale Arbeiter-Assoziation zu beantragen haben.

5. Alle Lokalgruppen bilden ihre Büros in der bei den Lokalsektionen der Internationalen Arbeiter-Assoziation üblichen Weise.

6. Alle Mitglieder der Allianz verpflichten sich zur Zahlung eines monatlichen Beitrages von zehn Centimes. Die Hälfte des Beitrages hält jede nationale Gruppe für ihre eigenen Bedürfnisse zurück, die andere Hälfte fließt in die Kasse des Zentralbüros für die allgemeinen Zwecke.

In den Ländern, in welchen man diesen Beitrag für zu hoch erachtet, können ihn die Nationalbüros in Übereinstimmung mit dem Zentralbüro ermäßigen.

7. Bei dem jährlichen Arbeiterkongreß wird die Delegation der Allianz der sozialistischen Demokratie, als Zweig der Internationalen Arbeiter-Assoziation, ihre öffentlichen Sitzungen in einem besonderen Lokale halten.

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3. Brief Bakunins an Francisco Mora in Madrid

(Der Brief ist französisch geschrieben)

Locarno, den 5. April 1872

Lieber Alliierter und Genosse! Da unsere Freunde zu Barcelona mich aufgefordert haben, an Sie zu schreiben, tue ich es mit um so größerem Vergnügen, als auch ich und meine Freunde, unsere Alliierten von der Jura-Föderation, den Verleumdungen des Londoner Generalrats ausgesetzt sind, in Spanien so gut wie anderwärts. Es ist wahrlich etwas sehr Betrübendes, daß in dieser schrecklichen Krisis, in der sich für viele Jahrzehnte das Schicksal des Proletariats von ganz Europa entscheidet, und in der alle Freunde des Proletariats, der Menschheit und der Gerechtigkeit sich brüderlich vereinigen müßten, um dem gemeinsamen Feinde, der im Staat organisierten Gesellschaft |470| der Privilegierten, die Spitze zu bieten - es ist sehr betrübend, sage ich, daß Leute, die übrigens in der Vergangenheit der Internationalen große Dienste geleistet haben, heute, durch eine böse autoritätssüchtige Leidenschaft getrieben, sich sogar zur Lüge erniedrigen und Zwietracht säen, statt überall jene freie Einigung zu schaffen, aus der allein die Macht hervorgehen kann.

Um Ihnen eine richtige Idee unserer Bestrebungen zu geben, brauche ich Ihnen nur eins zu sagen. Unser Programm ist das Ihre, dasselbe, welches Sie im vergangenen Jahre auf Ihrem Kongreß proklamiert haben, und wenn Sie demselben treu geblieben sind, gehören Sie zu uns, aus demselben Grunde, wie wir zu Ihnen gehören. Wir verabscheuen das Prinzip der Diktatur, des Regierungssystems (gouvernementalisme) und der Autorität, wie Sie es verabscheuen; wir haben die Überzeugung, daß jede politische Gewalt zu einer unfehlbaren Quelle der Entsittlichung für die Regierenden und der Knechtschaft für die Regierten wird. - Staat bedeutet Herrschaft, und die menschliche Natur ist so geartet, daß jede Herrschaft zur Ausbeutung führt. Als Feinde des Staates unter allen Umständen, des Staates in allen seinen Kundgebungen, wollen wir einen solchen ebensowenig in der Internationalen dulden. Wir betrachten die Londoner Konferenz und die von ihr angenommenen Resolutionen als eine Intrige des Ehrgeizes und als einen Staatsstreich, und deshalb haben wir protestiert und werden bis ans Ende protestieren. Ich berühre nicht die persönlichen Angelegenheiten, leider werden sie nur zu sehr den nächsten Kongreß beschäftigen, wenn dieser Kongreß stattfindet, woran ich meinerseits zweifle, denn wenn die Dinge in derselben Weise fortgehen wie bisher, wird es bald auf dem Festlande Europas keinen Ort geben, wo sich die Delegierten des Proletariats versammeln können, um frei zu beraten. Und jetzt sind alle Augen auf Spanien und auf den Ausgang Eures Kongresses gerichtet. Was wird das Resultat desselben sein? Dieser Brief wird Ihnen, wenn er Ihnen zukommt, erst nach dem Kongresse zukommen. Wird er Sie in voller Revolution oder in voller Reaktion finden? Alle unsere Freunde in Italien, in Frankreich, in der Schweiz erwarten in grausamer Spannung Nachrichten aus Ihrem Lande.

Sie wissen ohne Zweifel, daß in Italien in der letzten Zeit die Internationale und unsere teure Allianz eine sehr bedeutende Entwicklung erreicht haben. Das Volk, sowohl auf dem Lande wie in den Städten, befindet sich in einer vollständig revolutionären, d.h. in einer ökonomisch verzweifelten Lage, und die Massen beginnen, sich in sehr ernster Weise zu organisieren, ihre Interessen beginnen Ideen zu werden. - Was bisher Italien gefehlt hat, das waren nicht die Instinkte, sondern gerade die Organisation und die Idee. Beide bilden sich jetzt derart, daß Italien nächst Spanien, mit Spanien in dieser Stunde vielleicht das revolutionärste Land ist. In Italien existiert, was den anderen Ländern fehlt: eine glühende, energische Jugend ohne jede Stellung, ohne Karriere, ohne Ausweg (tout à fait déplacée, sans carrière, sans issue), die trotz ihrer Bourgeois-Herkunft nicht moralisch und intellektuell erschöpft ist, wie die Bourgeois-Jugend anderer Länder. Heute stürzt sie sich kopfüber (à tête perdue) in den revolutionären Sozialismus mit unserem ganzen Programm, dem Programm der Allianz. Mazzini, unser genialer und mächtiger Gegner, ist tot, die mazzinistische Partei ist vollständig desorganisiert, und Garibaldi läßt sich mehr und mehr fortreißen von jener |471| seinen Namen führenden Jugend, die jedoch viel weiter geht, oder vielmehr läuft, als er. Ich habe den Freunden in Barcelona eine italienische Adresse gesandt; ich werde ihnen bald noch andere schicken. Es ist gut, es ist notwendig, daß die Alliierten Spaniens mit denen Italiens in direkte Verbindung treten. Erhalten Sie die italienischen sozialistischen Blätter? Ich empfehle Ihnen besonders: die "Eguaglianza" in Girgenti, Sizilien, die "Campana" in Neapel - den "Fascio Operaio" in Bologna - "Il Gazzettino Rosa", aber vor allen "Il Martello" in Mailand, der leider mit Beschlag belegt und dessen Redakteure sich sämtlich im Gefängnis befinden.

In der Schweiz empfehle ich Ihnen zwei Alliierte: James Guillaume (Schweiz, Neuchâtel, 5, Rue de la Place d'Armes) und Adhemar Schwitzguébel, Graveur (Mitglied und korrespondierender Sekretär der Jura-Föderation), Schweiz, Berner Jura, Sonvillier, Herrn Adhemar Schwitzguébel, Graveur. (Folgt die Adresse Bakunins.)

Allianz und Brüderlichkeit

M. Bakunin

Ich bitte, grüßen Sie meinerseits den Bruder Morago, und bitten Sie ihn, mir sein Blatt zu schicken.

Bekommen Sie das "Bulletin" der Jura-Föderation? Ich bitte Sie, diesen Brief zu verbrennen, da er Namen enthält.

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Der Haager Kongreß hat Bakunin nicht bloß als Gründer der Allianz, sondern auch wegen einer persönlichen Tatsache aus der Internationalen ausgestoßen. Das authentische Dokument, das diese Tatsache belegt, ist noch in unseren Händen, doch gebieten uns politische Gründe, vorläufig von seiner Veröffentlichung Abstand zu nehmen.


Textvarianten

{1} In der französischen Ausgabe lautet der folgende Satzteil: der Majorität des Zentralkomitees einberufen ist <=

{2} In der französischen Ausgabe eingefügt: selbst oder <=

{3} In der französischen Ausgabe: höchster Chef und Administrator <=

{4} In der französischen Ausgabe eingefügt: heute <=

{5} In der französischen Ausgabe eingefügt: eines Landes <=

{6} In der französischen Ausgabe: besonders <=

{7} In der französischen Ausgabe lautet der folgende Satzteil: zu Menschenmassakern geführt hat und stets führen wird <=

{8} In der französischen Ausgabe: insurgierten <=

{9} In der französischen Ausgabe: wirklichen <=

{10} In der französischen Ausgabe: Produktion (statt: produktiven Arbeit) <=

{11} In der französischen Ausgabe lautet der folgende Satzteil: durch die Arbeiter, d.h. die ackerbauenden und industriellen Assoziationen nutzbar gemacht werden können <=

{12} In der französischen Ausgabe eingefügt: der Allianz <=


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