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Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke. (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 18, 5. Auflage 1973, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1962, Berlin/DDR. S. 375-383.
1. Korrektur.
Erstellt am 04.03.1999
|375| In Italien bestand die Allianz vor der Internationalen. Papst Michail hatte dort seinen Aufenthalt gehabt und sich zahlreiche Verbindungen unter den jüngeren radikalen Elementen der Bourgeoisie verschafft. Die erste Sektion der italienischen Internationalen, die zu Neapel, stand von ihrer Gründung an unter der Führung dieses Bourgeois- und Allianzistenkreises. Der Advokat Gambuzzi (1), einer der Gründer der Allianz, verschaffte seinem "Musterarbeiter" Caporusso die Präsidentschaft. Auf dem Kongreß zu Basel vertrat Bakunin, Arm in Arm mit seinem getreuen Caporusso, die neapolitanischen Internationalen, während der Antonelli der Allianz, Fanelli (2), |376| Delegierter mehrerer außerhalb der Internationalen stehenden Arbeiter-Assoziationen, durch ein Unwohlsein unterwegs aufgehalten wurde.
Die Vertrautheit mit dem heiligen Vater berauschte den braven Caporusso. Bei seiner Rückkehr nach Neapel glaubte er, über den anderen Allianzisten zu stehen; er spielte bei seiner Sektion den Herrn.
"Die Reise nach Basel wandelte Caporusso von Kopf zu Fuße um ... Er kam zurück vom Kongreß mit sonderbaren Ideen und Ansprüchen, ganz und gar mit dem Wesen unserer Assoziation im Widerspruch. Er sprach zuerst andeutungsweise, dann offen in gebieterischem Tone von Vollmachten, die er nicht hatte und nicht haben konnte; er versicherte, daß der Generalrat nur zu ihm Vertrauen habe, und daß er, wenn die Sektion nicht nach seinem Willen ginge, die Vollmacht habe, sie aufzulösen und eine neue zu gründen." (Offizieller Bericht der Sektion zu Neapel an den Generalrat, Juli 1871, abgefaßt und unterzeichnet vom allianzistischen Advokaten Carmelo Palladino.)
Die Vollmachten Caporussos mußten vom Zentralkomitee der Allianz ausgehen, denn die Internationale hat nie derartige erteilt. Der gute Caporusso, der in der Internationalen nur eine Quelle persönlichen Vorteils erblickte, ernannte seinen Schwiegersohn, einen Ex-Jesuiten und entlaufenen Priester zum
"Professor der Internationalen und zwang die armen Arbeiter, seine Tiraden über die Achtung des Eigentums und andern Blödsinn der Bourgeois-Volkswirtschaft
{1} herunterzuschlucken" (Brief Cafieros) (3),worauf er sich dann von den Kapitalisten kaufen ließ, die durch die Fortschritte der Internationalen in Neapel in Unruhe versetzt wurden. Auf ihr Geheiß zog er die Kürschner Neapels in einen hoffnungslosen Strike. Nebst drei anderen Mitgliedern ins Gefängnis geworfen, behielt er die Summe von 300 Franken ein, welche von der Sektion zur Unterstützung der vier |377| Gefangenen geschickt wurde. Diese Großtaten bewirkten seine Ausstoßung aus der Sektion, die weiter fortexistierte, bis sie durch Gewalt aufgelöst wurde (20. August 1871). Die Allianz, den Angriffen der Polizei entgangen, benutzte diesen Umstand, um sich an die Stelle der Internationalen zu setzen. Carmelo Palladino protestierte bei Einsendung des oben zitierten offiziellen Berichts vom 13. November 1871 gegen die Londoner Konferenz in denselben Ausdrücken und mit denselben Gründen, die man im Zirkular von Sonvillier vom Tage vorher findet.
Im November 1871 bildete sich in Mailand eine aus verschiedenen Elementen zusammengesetzte Sektion. Man fand in ihr Arbeiter, besonders Mechaniker, die von Cuno zugeführt wurden; daneben Studenten, Journalisten der kleinen Presse, Kommis, diese letzteren {2} vollständig unter dem Einnuß der Allianz. Cuno war schon wegen seines pangermanischen Ursprungs von ihren Mysterien ausgeschlossen; doch überzeugte er sich, daß nach einer Pilgerfahrt nach Locarno, dem allianzistischen Rom, diese jungen Bourgeois sich als Sektion der geheimen Gesellschaft konstituiert hatten. Kurz darauf (Februar 1872) wurde Cuno von der italienischen Polizei verhaftet und ausgewiesen; dank dieser Hülfe des Himmels fand die Allianz das Feld frei und disziplinierte ganz sachte die Mailändische Sektion der Internationalen.
Am 8. Oktober 1871 konstituierte sich in Turin die Arbeiterföderation; sie beantragte beim Generalrat ihre Aufnahme in die Internationale. Ihr Sekretär, Carlo Terzaghi, schrieb in jenem Briefe: "Attendiamo i vostri ordini" - wir erwarten Eure Befehle. Wie um zu zeigen, daß in Italien die Internationale von ihrem Ursprung an durch den bürokratischen Instanzenzug der Allianz passieren mußte, meldet er, daß
"der Generalrat durch Vermittlung Bakunins einen Brief der Arbeiter-Assoziation zu Ravenna erhalten werde, worin diese sich als internationale Sektion erkläre".
Am 4. Dezember zeigt Carlo Terzaghi dem Generalrat an, daß die Arbeiterföderation sich gespalten habe, da die Majorität mazzinistisch sei, und daß die Minderheit sich unter dem Namen Emanzipation des Proletariers als Sektion konstituiert habe. Er benutzt die Gelegenheit, um vom Generalrat Geld für sein Journal "Il Proletario" zu verlangen. Es war nicht die Aufgabe des Generalrats, für die Bedürfnisse der Presse zu sorgen; doch existierte in London ein Komitee, das sich bemühte, einige Gelder zur Unterstützung der internationalen Blätter zu sammeln. Das Komitee |378| war im Begriff, eine Unterstützung von 150 Franken zu senden, als das "Gazzettino Rosa" verkündete, die Turiner Sektion habe für den Jura offen Partei ergriffen und habe beschlossen, einen Delegierten zu dem von der Jura-Föderation einzuberufenden allgemeinen Kongreß zu schicken. Zwei Monate später rühmte sich Terzaghi vor Regis, daß er diesen Beschluß habe fassen lassen, nachdem er in Locarno persönlich die Instruktionen Bakunins in Empfang genommen hatte. Bei dieser feindseligen Haltung zur Internationalen schickte das Komitee kein Geld.
Obwohl Terzaghi in Turin die rechte Hand der Allianz war, so war doch der wahre päpstliche Legat daselbst ein gewisser Jacobi, angeblich polnischer Arzt. Zur Erklärung seines Hasses gegen den angeblichen Pangermanismus des Generalrats beschuldigte diesen der allianzistische Doktor
"der Nachlässigkeit und Untätigkeit im französisch-preußischen Kriege; man muß ihm den Fall der Kommune zuschreiben, da er es nicht verstanden hat, sich seiner ungeheueren Macht zu bedienen, um die Pariser Bewegung zu unterstützen; seine germanischen Tendenzen fallen in die Augen, wenn man bedenkt, daß vor den Mauern von Paris in der deutschen Armee 40.000 Internationale (!) standen und der Generalrat nicht verstanden hat, seinen Einfluß zu brauchen oder ihn nicht hat brauchen wollen, um die Fortsetzung des Krieges zu verhindern" (!! - Bericht von Regis an den Generalrat, 1. März 1872).
Er beschuldigt den Generalrat, ihn mit dem Preß-Komitee verwechselnd, "die Theorie der korrumpierenden und korrumpierten Regierungen zu befolgen", als er die 150 Franken dem Allianzisten Terzaghi verweigerte. Um zu beweisen, daß diese Klage der Allianz von Herzen kam, machte es sich Guillaume zur Pflicht, sie auf dem Haager Kongreß zu wiederholen.
Während Terzaghi in seinem Blatte vor dem Publikum die große antiautoritäre Trommel der Allianz schlug, schrieb er unter der Hand an den Generalrat, daß er seine Autorität brauchen und die Beiträge der Turiner Arbeiterföderation zurückweisen solle, und verlangte von ihm eine regelrechte Exkommunikation des Journalisten Beghèlli, der nicht einmal Mitglied der Internationalen war. Derselbe Terzaghi, "der gute Freund (ami-cone) des Turiner Polizeipräfekten, der ihn auf ein Gläschen Wermuth traktierte, wenn er ihm begegnete" (offizieller Bericht des Turiner Föderalrats vom 5. April 1872), denunzierte in einer öffentlichen Versammlung die Anwesenheit des Flüchtlings Regis, der vom Generalrat nach Turin gesandt war. Diese Anzeige trieb die Polizei sofort unmittelbar auf Regis' Fersen; es gelang diesem nur mit Hülfe der Sektion, die Grenze zu erreichen.
|379| Terzaghi beschloß in Turin folgendermaßen seine allianzistische Mission. Da schwere Anklagen sich gegen ihn erhoben hatten, so "drohte er die Bücher der Sektion zu verbrennen, wenn man ihn nicht wieder zum Sekretär wählte, wenn man sich seinem Willen, seiner Autorität zu entziehen trachtete, oder wenn man einen Tadel gegen ihn beschlösse. In allen diesen Fällen würde er sich rächen, indem er Polizeiagent (questurino) würde". (Aus dem oben zitierten Bericht des Turiner Föderalrats.) Terzaghi hatte alle Ursache, die Sektion einschüchtern zu wollen. In seiner Eigenschaft als Kassierer und Sekretär hatte er seine allianzistischen Kassendiebstähle gar zu weit getrieben. Trotz eines formellen Verbots von seiten des Rats gewährte er sich eine Schadloshaltung von 90 Franken; er trug in die Bücher unbezahlte und in der Kasse fehlende Summen als bezahlt ein; die von ihm selbst aufgestellte Rechnungsbilanz wies einen Kassenbestand von 56 Franken auf, die nicht aufzufinden waren und die er sich zu ersetzen weigerte, ebenso die 200 Beitragsmarken, welche er vom Generalrat erhalten hatte. Die Generalversammlung schaßte (scacciò) ihn einstimmig (der oben zitierte Bericht). Die Allianz, welche immer die Autonomie der Sektionen respektiert, respektierte auch diese Ausstoßung, indem sie Terzaghi unmittelbar darauf zum Ehrenmitglied der Sektion zu Florenz ernennen ließ und später zum Delegierten dieser selben Sektion für die Konferenz zu Rimini.
Wenige Tage später, in einem Brief vom 10. März, erklärt Terzaghi dem Generalrat seine Ausstoßung auf folgende Weise: er habe seine Entlassung als Mitglied und Sekretär dieser Sektion von Kanaillen und Polizeispitzeln (canaglia et mardoccheria) eingereicht, weil dieselbe "aus Agenten der Regierung und Mazzinisten zusammengesetzt sei", und weil man versucht habe, ihm ein Tadelsvotum anzuheften, "wissen Sie, warum? weil ich Krieg dem Kapital predigte!" (Diesen Krieg führte er grade gegen die Kasse der Sektion.) Der Brief hat den Zweck, dem Generalrat zu beweisen, daß er sonderbar getäuscht sei über den Charakter dieses braven Terzaghi, der nichts sehnlicher wünsche, als der untertänige Diener des Generalrats zu sein. Hatte er nicht "stets erklärt, daß man, um Internationaler zu sein, seine Beiträge an den Generalrat zahlen müsse" - im Gegensatz zu den geheimen Befehlen der Allianz?
"Wenn wir dem Jura-Kongreß beigetreten sind, so geschah es nicht, um Ihnen, meine lieben Freunde, den Krieg zu erklären, sondern man folgte einfach dem Strome; unsere Absicht war, in dem Konflikt ein Friedenswort beizutragen. Was die Zentralisation der Sektionen betrifft, so halte ich dieselbe, ohne ihnen jedoch eine gewisse eigene Autonomie entziehen zu wollen, für sehr nützlich." - "Ich hoffe, daß der große Rat die Aufnahme der mazzinistischen Arbeiterföderation verweigern wird; seien Sie |380| überzeugt, daß niemand es Ihnen für Autoritätssucht auslegen wird; ich übernehme alle Verantwortlichkeit dafür ... Ich wünsche
{3} eine ausführliche Biographie von Karl Marx; in Italien haben wir noch keine authentische und ich möchte die Ehre haben, zuerst eine solche zu liefern."Und was bedeutet diese ganze Schweifwedelei?
"Nicht meinetwegen, sondern um der Sache willen, um meinen zahlreichen Feinden nicht den Platz zu räumen, um ihnen zu zeigen, daß die Internationale feststeht, bitte ich Sie dringend, wenn es noch Zeit ist, mir die Unterstützung von 150 Franken zu bewilligen, die der große Rat beschlossen hat."
Sich der Straflosigkeit sicher wähnend, scheint Terzaghi durch neue Streiche in Florenz sich derart unmöglich gemacht zu haben, daß der Fascio Operaio |Arbeiterbund| selbst sich genötigt sah, ihn zu desavouieren. Hoffen wir, daß das Jura-Komitee verstanden hat, seine Dienste besser zu würdigen.
Wenn die Allianz in Terzaghi ihren echten Repräsentanten gefunden hat, so fand sie in der Romagna ihr richtiges Terrain. Sie bildete dort ihre Gruppe angeblich internationaler Sektionen, die als erste Verhaltungsregel hatten, sich nicht an die Allgemeinen Statuten zu kehren und dem Generalrat weder ihre Konstituierung anzuzeigen, noch Beiträge zu zahlen. Es waren wahrhaft autonome Sektionen. Sie nahmen den Namen des Fascio Operaio an und dienten verschiedenen Arbeiter-Assoziationen als Mittelpunkt. Ihr erster, zu Bologna am 17. März 1872 abgehaltener Kongreß antwortete auf die Frage:
"Soll man im allgemeinen Interesse und zur Sicherung der vollständigen Autonomie des Fascio Operaio denselben der Leitung des General-Komitees zu London oder der des Jura unterwerfen oder soll man seine Unabhängigkeit bewahren, indem man zugleich Beziehungen mit beiden Komitees unterhält?"
mit folgendem Beschluß:
"Der Kongreß erblickt in dem General-Komitee zu London und dem des Jura nichts weiter als einfache Korrespondenz- und statistische Büros und beauftragt das Konsulat des Bezirks von Bologna, sich mit beiden in Verbindung zu setzen und darüber den Sektionen zu berichten."
Der Fascio Operaio hatte einen großen Bock geschossen, indem er den Profanen die geheimnisvolle Existenz des geheimen Zentrums der Allianz enthüllte. Das Jura-Komitee sah sich genötigt, öffentlich seine geheime Existenz zu leugnen. - Was den Generalrat anlangt, so hat ihm das Konsulat von Bologna nie ein Lebenszeichen gegeben.
|381| Kaum hatte die Allianz von der Einberufung des Haager Kongresses Kenntnis, so ließ sie ihren Fascio Operaio vorrücken, der im Namen seiner autonomen Autorität oder seiner autoritären Autonomie sich den Titel italienische Föderation beilegte und zum 5. August eine Konferenz nach Rimini einberief. Von den 21 Sektionen, die dort vertreten waren, hatte eine einzige, die zu Neapel, jemals zur Internationalen gehört, während keine der wirklich zur Internationalen gehörigen Sektionen, selbst nicht die zu Mailand, dort einen Vertreter hatte. Diese Konferenz deckte den Feldzugsplan der Allianz in folgender Resolution auf:
"In Erwägung, daß die Londoner Konferenz (September 1871) es versucht hat, durch ihre Resolution IX der ganzen Internationalen Arbeiter-Assoziation eine autoritäre Lehre aufzudrängen, welche die der deutschen kommunistischen Partei ist;
in Erwägung, daß der Generalrat der Hebel und Stützpunkt dieses Versuchs ist;
in Erwägung, daß die Lehre der autoritären Kommunisten die Verneinung des revolutionären Gefühls des italienischen Proletariats ist;
in Erwägung, daß der Generalrat die unwürdigsten Mittel, wie Verleumdung und Betrug, gebraucht hat, einzig zu dem Zwecke, der ganzen internationalen Assoziation die Einheit seiner speziellen autoritär-kommunistischen Doktrin aufzuzwingen;
in Erwägung, daß der Generalrat das Maß seiner Unwürdigkeit durch sein vertrauliches Zirkular, datiert London 5. März 1872, voll gemacht hat, in welchem er, sein Werk der Verleumdung und des Betrugs fortsetzend, seine ganze Autoritätssucht enthüllt, namentlich in den beiden folgenden, beachtenswerten Stellen:
Es durfte schwer sein, Befehle auszuführen ohne 'moralische' Autorität, in 'Ermangelung jeder anderen frei zugestandenen Autorität'. (
Vertrauliches Zirkular, Seite 27.)'Der Generalrat beabsichtigt, auf dem nächsten Kongreß eine Untersuchung über jene geheime Organisation und ihre Führer in gewissen Ländern, zum Beispiel in Spanien, zu verlangen.' (
Seite 31.)In Erwägung, daß der reaktionäre Geist des Generalrats das revolutionäre Gefühl der Belgier, Franzosen, Spanier, Slawen, Italiener und eines Teiles der Schweiz empört und den Antrag auf Abschaffung des Generalrats wie auf Reform der Allgemeinen Statuten hervorgerufen hat;
in Erwägung, daß der Generalrat nicht ohne Ursache den Kongreß nach dem von allen jenen revolutionären Ländern weit entlegenen Haag berufen hat;
in Erwägung alles dessen erklärt die Konferenz feierlich vor allen Arbeitern der Welt, daß die italienische Föderation der Internationalen Arbeiter-Assoziation von diesem Augenblick an jede Solidarität zwischen sich und dem Londoner Generalrat aufhebt, zugleich jedoch ihre ökonomische Solidarität mit allen Arbeitern versichert, und alle Sektionen, welche nicht die autoritären Prinzipien des Generalrats teilen, auffordert, ihre Vertreter zum 2. September 1872 nicht nach dem Haag, sondern nach |382| Neuchâtel (Schweiz) zu senden, um an demselben Tage den antiautoritären allgemeinen Kongreß zu eröffnen.
Rimini, 6. August 1872
Für die Konferenz
Carlo Cafiero, Präsident, Andrea Costa, Sekretär."
Der Versuch, den Fascio Operaio an die Stelle des Generalrats zu setzen, scheiterte vollständig. Sogar der Spanische Föderalrat, diese einfache Filiale der Allianz, wagte es nicht, die Resolution von Rimini den spanischen Internationalen zur Abstimmung zu unterbreiten. Die Allianz versuchte also ihren Schnitzer wiedergutzumachen, und ging nach dem Haag, berief aber gleichzeitig ihren antiautoritären Kongreß nach Saint-Imier.
Italien war durch besondere günstige Umstände das gelobte Land der Allianz geworden. Der Papst Michail deckt dieses Geheimnis in seinem Briefe an Mora (Beweisstücke Nr. 3) auf:
"In Italien gibt es, was den anderen Ländern fehlt, eine glühende, energische Jugend ohne jede Stellung, ohne Karriere, ohne Ausweg (tout-à-fait déplacée, sans carrière, sans issue), die trotz ihrer Bourgeois-Herkunft nicht moralisch und intellektuell erschöpft ist wie die junge Bourgeoisie anderer Länder. Heute stürzt sie sich kopfüber (à tête perdue) in den revolutionären Sozialismus mit unserem ganzen Programm, dem Programm der Allianz. Mazzini, unser genialer
{4} und mächtiger Gegner, ist tot, die mazzinistische Partei ist vollständig desorganisiert, und Garibaldi läßt sich mehr und mehr fortreißen von jener seinen Namen führenden Jugend, die jedoch viel weiter als er geht, ja läuft."(4)Der heilige Vater hat recht. Die Allianz in Italien ist nicht ein "Arbeiter-Bund" (Fascio Operaio), sondern ein Haufen von Deklassierten {5}, der Abhub der Bourgeoisie. Alle angeblichen Sektionen der italienischen Internationalen werden geleitet von Advokaten ohne Klienten, von Ärzten ohne |383| Patienten und ohne Kenntnisse, von Studenten vom Billard, von Handlungsreisenden und sonstigen Kommis und besonders von Journalisten der kleinen Presse von mehr oder minder zweideutigem Ruf. Italien ist das einzige Land, in dem die internationale Presse - oder die sich so nennt - einen figaristischen Charakter trägt. Man braucht nur einen Blick auf die Handschrift der Sekretäre dieser angeblichen Sektionen zu werfen, um sich zu überzeugen, daß sie immer eine kaufmännische ist oder doch den gewohnheitsmäßigen Gebrauch der Feder verrät. Sich so aller offiziellen Stellungen in den Sektionen bemächtigend, zwang die Allianz die italienischen Arbeiter, sobald sie untereinander oder mit einem auswärtigen Rat der Internationalen in Verbindung treten wollten, sich der Hände jener allianzistischen degradierten Bourgeois zu bedienen, die in der Internationalen endlich eine "Karriere" und einen "Ausweg" fanden.
Fußnoten von Marx und Engels
(1) "Einer der eifrigsten Parteigänger Caporussos war der Advokat Carlo Gambuzzi, der in ihm das Muster eines Präsidenten einer internationalen Sektion {6} gefunden zu haben glaubte. Gambuzzi war es auch, der ihm die Mittel zum Besuch des Kongresses zu Basel verschaffte. Und als die Ausstoßung Caporussos in der Generalversammlung der Sektion beschlossen wurde, widersetzte er sich lebhaft der Veröffentlichung dieser Tatsache im 'Bulletin' und überredete auch seine Freunde, nicht auf die Veröffentlichung jener andern schimpflichen Tatsache, der Aneignung von 300 Franken, zu dringen." (Brief Cafieros vom 12. Juli 1871.) <=
(2) Fanelli ist bereits seit langer Zeit im italienischen Parlament. Gambuzzi, hierüber interpelliert, erklärte, daß es etwas sehr Schönes sei, Deputierter zu sein; man sei der Polizei gegenüber unverletzlich und könne umsonst auf allen italienischen Bahnen fahren. Die Allianz verbietet den Arbeitern jede politische Tätigkeit, denn vom Staate die Feststellung eines Normal-Arbeitstages für Frauen und Kinder verlangen, hieße den Staat anerkennen und sich vor dem bösen Prinzip beugen; aber die Bourgeois-Führer der Allianz haben päpstlichen Dispens, der ihnen gestattet, im Parlament zu sitzen und die ihnen von den Bourgeois-Staaten gebotenen Vorrechte zu genießen. Die atheistische und anarchistische Tätigkeit Fanellis im italienischen Parlament hat sich bisher auf eine schwülstige Lobrede auf den Autoritarier Mazzini, den Mann des "Dio e popolo" |"Gott und Volk"|, beschränkt. <=
(3) Caporusso hatte zwei Jahre später die Unverschämtheit, dieses selbe, in Neapel durchgefallene Individuum dem Generalrat durch folgende Reklame aufdrängen zu wollen: "Bürger-Präsident der Internationalen! Die große Frage von Arbeit und Kapital, welche der Arbeiterkongreß von Basel behandelte und die heute die Geister aller Klassen beschäftigt, ist jetzt gelöst. Mein Schwiegersohn, der Mann meiner Tochter, hat sich mit dem Studium des schweren Problems der sozialen Frage beschäftigt, er hat die Entscheidungen jenes Kongresses geprüft und mit Hülfe der Wissenschaft den Faden des schwierigen Knotens gefunden, um die Arbeiterfamilie mit der Bourgeoisie, jede in ihrem Rechte, in vollkommenes Gleichgewicht zu bringen" usw. (unterzeichnet Stefane Caporusso). <=
(4) Garibaldi selbst schreibt hierüber: "Mein lieber Crescio! Herzlichen Dank für den 'Avvenire Sociale', den Sie mir zugesandt haben und den ich mit Interesse lesen werde. Sie wollen in Ihrem Blatte die Lüge und die Sklaverei bekämpfen: das ist ein sehr schönes Programm. Aber ich glaube, daß die Bekämpfung des Prinzips der Autorität einer jener Fehler der Internationalen ist, der ihre Fortschritte hindert. Die Pariser Kommune ist gefallen, weil in Paris keine Autorität, sondern nur Anarchie existierte. Spanien und Frankreich leiden an demselben Übel. Ich wünsche dem 'Avvenire' gutes Gedeihen und bleibe Ihr G. Garibaldi." <=
Textvarianten
{1} Bei Cafiero: politischen Ökonomie <=
{2} In der französischen Ausgabe fehlt: diese letzteren <=
{3} In der französischen Ausgabe: Wenn es möglich wäre, möchte ich <=
{4} In der französischen Ausgabe eingefügt: (sic) <=
{5} In der französischen Ausgabe endet hier der Satz <=
{6} Bei Cafiero: einer Sektion der Internationale <=
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