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Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke. (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 18, 5. Auflage 1973, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1962, Berlin/DDR. S. 363/374.

1. Korrektur.
Erstellt am 04.03.1999


IV.
Die Allianz in Spanien

|363| Nach dem zu Bern abgehaltenen Kongreß der Friedensliga im September 1869 begab sich Fanelli, einer der Gründer der Allianz und Mitglied des italienischen Parlaments, nach Madrid. Er hatte Empfehlungen von Bakunin an den Cortes-Deputierten Garrido, welcher ihn mit einzelnen Republikanern, sowohl Bourgeois wie Arbeitern, in Verbindung setzte. Kurze Zeit darauf, im November desselben Jahres, schickte man von Genf aus Mitgliedskarten der Allianz an Morago, Córdova y López (Republikaner, Cortes-Kandidat, Redakteur des Bourgeois-Blatts "Combate") und Rubau Donadeu (durchgefallener Kandidat für Barcelona und Gründer einer pseudo-sozialistischen Partei). Die Kenntnis von der Sendung dieser Karten brachte Verwirrung in die junge internationale Sektion zu Madrid; ihr Präsident, Jalvo, zog sich zurück, da er nicht einer Assoziation angehören wolle, die in ihrer Mitte eine aus Bourgeois bestehende geheime Gesellschaft dulde und sich von ihr leiten lasse.

Bereits auf dem Kongreß zu Basel war die spanische Internationale durch zwei Allianzisten vertreten, Farga Pellicer und Sentiñon, von denen der letztere auf der offiziellen Liste als "Delegierter der Allianz" figuriert. Nach dem Kongreß der spanischen Internationalen {1} (Juni 1870) setzte sich die Allianz in Palma, Valencia, Málaga und Cádiz fest. Im Jahre 1871 wurden Sektionen zu Sevilla und Cordoba gegründet. Im Anfang des Jahres 1871 schlugen Morago und Viñas, Delegierte der Allianz zu Barcelona, den Mitgliedern des Föderalrats (Francisco Mora, Angel Mora, Anselmo Lorenzo, Borrell usw.) vor, ... eine Sektion der Allianz in Madrid zu gründen; diese jedoch widersetzten sich dem, erklärend, die Allianz sei eine gefährliche Gesellschaft, wenn sie geheim, eine unnütze, wenn sie öffentlich wäre. Zum zweiten Male genügte schon die Erwähnung dieses Namens, den |364| Keim der Uneinigkeit in den Schoß des Föderalrats zu werfen, so daß Borrell die prophetischen Worte aussprach:

"Von heute an ist jedes Vertrauen unter uns tot."

Als jedoch die Verfolgungen der Regierung die Mitglieder des Föderalrats zwangen, nach Portugal überzusiedeln, gelang es Morago, sie von dem Nutzen jener geheimen Assoziation zu überzeugen, und auf ihre Initiative wurde die Sektion der Allianz zu Madrid gegründet. In Lissabon wurden einige Portugiesen, Mitglieder der Internationalen, von Morago in die Allianz aufgenommen. Da er jedoch fand, daß diese neuen Mitglieder ihm nicht genügende Garantien boten, gründete er ohne ihr Wissen eine andere Allianzisten-Gruppe, die aus den schlechtesten, den Reihen der Freimaurer entnommenen Bourgeois- und Arbeiterelementen bestand. Diese neue Gruppe, zu der ein der Kutte entlaufener Pfaffe Bonança gehörte, wollte die Internationale in Sektionen von je zehn Mitgliedern organisieren, die unter ihrer Leitung den Plänen des Grafen von Peniche dienen sollten und die dieser politische Intrigant in einen Schwindel-Aufstand zu verwickeln verstand, dessen einziger Zweck war, ihm zur Macht zu verhelfen. Angesichts der allianzistischen Intrigen in Portugal und Spanien zogen sich die portugiesischen Internationalen von dieser geheimen Gesellschaft zurück und verlangten auf dem Haager Kongreß ihre Ausstoßung aus der Internationalen als eine Maßregel des Gemeinwohls.

Auf der Konferenz der spanischen Internationalen zu Valencia (September 1871) gaben die Delegierten der Allianzisten, wie immer auch Delegierte der Internationalen, ihrer geheimen Gesellschaft eine vollständige Organisation für die Iberische Halbinsel. Die Mehrheit derselben war des Glaubens, daß das Programm der Allianz mit dem der Internationalen identisch sei, daß jene geheime Organisation überall existiere, daß es fast Pflicht sei, in dieselbe einzutreten, und daß die Allianz danach strebe, die Internationale weiter zu entwickeln und nicht sie zu beherrschen; sie beschloß daher, alle Mitglieder des Föderalrats aufzunehmen {2}. Kaum erfuhr dies Morago, der bis dahin nicht gewagt hatte, nach Spanien zurückzukehren, so kam er eiligst nach Madrid und erhob gegen Mora die Beschuldigung, "er habe die Allianz der Internationalen unterordnen wollen", was das Gegenteil des Zwecks der Allianz sei. Und um dieser Meinung Autorität zu verleihen, gab er, im folgenden Januar, Mesa einen Brief Bakunins zu lesen, worin dieser einen machiavellistischen Plan zur Herrschaft über die Arbeiterklasse entrollte.

|365| Dieser Plan war folgender:

"Die Allianz muß zum Scheine innerhalb der Internationalen, in Wirklichkeit aber in einer gewissen Entfernung von derselben bestehen, um sie besser beobachten und lenken zu können. Aus diesem Grunde müssen die Mitglieder, welche zu dem Rat oder den Komitees der internationalen Sektionen gehören, stets in den Sektionen der Allianz in der Minderheit sein." (Erklärung von José Mesa an den Haager Kongreß, datiert 1. September 1872.)

In einer Versammlung der Allianz erhob Morago gegen Mesa die Beschuldigung, daß er diese geheime Gesellschaft durch die Aufnahme sämtlicher Mitglieder des Föderalrats verraten habe, da dieses ihnen die Mehrheit in der allianzistischen Sektion verschaffe und tatsächlich die Herrschaft der Internationalen über die Allianz begründe. Um diese Herrschaft zu verhindern, bestimmen die geheimen Instruktionen, daß nur ein oder zwei Allianzisten sich in den Rat oder die Komitees der Internationalen einschleichen sollen, um sie dann zu beherrschen unter Leitung und Hülfe der Allianz-Sektion, in welcher im voraus alle Beschlüsse gefaßt wurden, welche man der Internationalen aufdrängen wollte. Von diesem Augenblick an erklärte Morago dem Föderalrat den Krieg und gründete auch hier, wie in Portugal, eine neue allianzistische Sektion, die vor den Verdächtigen geheimgehalten wurde. Die Eingeweihten an verschiedenen Orten Spaniens unterstützten ihn und begannen den Föderalrat zu beschuldigen, daß er seine Pflichten gegen die Allianz vernachlässige, wie es ein Zirkular der Sektion der Allianz zu Valencia (30. Januar 1872) mit der Unterschrift Dämon (allianzistischer Spitzname Montoros) beweist.

Als das Zirkular von Sonvillier ankam, hütete sich die spanische Allianz wohl, Partei für den Jura zu ergreifen. Sogar die Mutter-Sektion zu Barcelona behandelt in einem offiziellen Briefe vom 14. November 1871 den Papst Michail, gegen den sie den Verdacht der persönlichen Rivalität zu Karl Marx erhob, in sehr derber und ganz und gar ketzerischer Weise.(1)

|366| Der Föderalrat stimmte übrigens diesem Briefe bei, was uns zeigt, wie geringen Einfluß damals die Schweizer Zentralbehörde in Spanien besaß. Doch bald konnte man merken, daß die Gnade in den verstockten Herzen zum Durchbruch kommen sollte. In einer Versammlung der internationalen Föderation zu Madrid (7. Januar 1872), in der man das Zirkular von Sonvillier besprach, verhinderte die neue, von Morago geleitete Gruppe die Verlesung des Gegenzirkulars der Romanischen Föderation und schnitt die Debatte ab. Am 24. Februar schrieb Rafar (allianzistische Maske für Rafael Farga)an die allianzistische Sektion zu Madrid:

"Man muß die reaktionären Einflüsse und die Autoritätsbestrebungen des Generalrats vernichten."

Dennoch konnte die Allianz nur in Palma auf Mallorca von den Internationalen eine offene Zustimmungserklärung zum Jura-Zirkular erlangen. Man sieht, daß die Kirchendisziplin den letzten Widerstand gegen die Unfehlbarkeit des Papstes zu brechen begann.

Angesichts dieser ganzen unterirdischen Arbeit begriff der Spanische Föderalrat, daß es dringend notwendig sei, sich der Allianz zu entledigen. Die Verfolgungen der Regierung boten ihm einen Vorwand. Um den Fall vorzusehen, daß die Internationale aufgelöst würde, schlug er vor, geheime Gruppen von "Verteidigern der Internationalen" zu gründen, in welche die Sektionen der Allianz unmerkbar aufgehen sollten. Die Einführung zahlreicher neuer Mitglieder mußte den Charakter dieser Sektionen notwendig modifizieren, die dann definitiv nebst jenen Gruppen an dem Tage verschwinden sollten, wo die Verfolgung aufhörte. Aber die Allianz erriet den verborgenen Zweck dieses Plans und brachte ihn zum Fall, obwohl bei Ermangelung einer Organisation, wie die vorgeschlagene, die Internationale in Spanien in Frage gestellt war, wenn die Regierung ihre Drohungen ausführte. Die Allianz im Gegenteil machte diesen Vorschlag:

|367| "Wenn man uns außer Gesetz stellt, dürfte es nützlich sein, der Internationalen eine äußere Form zu geben, die von der Regierung geduldet werden könnte, wobei dann die Lokalräte gleichsam der verborgene innere Kern wären, die unter dem Einfluß der Allianz den Sektionen eine durchaus revolutionäre Richtung geben würden." (Zirkular der Sektion der Allianz zu Sevilla, 25. Oktober 1871.)

Feig in der Tat, mutig in der Phrase - da haben wir die ganze Allianz in Spanien wie anderwärts.

Die Resolution der Londoner Konferenz über die politische Haltung der Arbeiterklasse zwang die Allianz, sich in offene Feindschaft zur Internationalen zu setzen, und gab dem Föderalrat Gelegenheit, seine vollständige Harmonie mit der großen Mehrheit der Internationalen zu konstatieren. Sie brachte ihn noch dazu auf den Gedanken, in Spanien eine große Arbeiterpartei zu bilden. Um dies zu erreichen, mußte man zunächst die Arbeiterklasse vollständig von allen Bourgeois-Parteien ablösen, vor allem von der republikanischen Partei, welche aus den Arbeitern die Masse ihrer Wähler und Kämpfer rekrutierte. Der Föderalrat empfahl Enthaltung bei allen, monarchischen wie republikanischen, Deputiertenwahlen; um dem Volke jede Illusion über das pseudo-sozialistische Phrasengedresch der Republikaner zu nehmen, richteten die Redakteure der "Emancipacion", die zugleich Mitglieder des Föderalrats waren, einen Brief an die zum Kongreß versammelten Vertreter der föderalistisch-republikanischen Partei, in welchem sie von diesem praktische Maßregeln verlangten und sie aufforderten, sich über das Programm der Internationalen zu erklären. Das hieß der republikanischen Partei einen schweren Schlag versetzen; die Allianz bemühte sich, ihn abzuschwächen, denn sie war eng mit den Republikanern verbündet. Sie gründete in Madrid ein Blatt "El Condenado", das die drei Kardinaltugenden der Allianz: Atheismus, Anarchie, Kollektivismus als Programm aufstellte, aber den Arbeitern vorpredigte, daß sie keine Verkürzung der Arbeitszeit verlangen sollten. Neben dem "Bruder" Morago schrieb an diesem Blatt auch Estévanez, eines der drei Mitglieder des leitenden Komitees der republikanischen Partei, neulich Gouverneur von Madrid und Kriegsminister. Pino in Málaga, Mitglied der Föderalkomission der Pseudo-Internationalen, und Felipe Martin in Madrid, gegenwärtig Geschäftsreisender der Allianz, dienten der republikanischen Partei als Wahlagenten. Und um auch ihren Fanelli in den spanischen Cortes zu haben, beschloß die Allianz, die Kandidatur Moragos aufzustellen.

Die Allianz hatte bereits zwei unverzeihliche Beschwerdepunkte gegen den Föderalrat: 1. daß sich dieser in der Jura-Frage neutral verhalten, 2. daß er ihren Bestand angegriffen; nach der Haltung, welche der Föderalrat |368| gegenüber der republikanischen Partei annahm und welche alle ihre Pläne zu vereiteln drohte, beschloß sie, ihn zu stürzen. Der Brief an den republikanischen Kongreß wurde von diesem als eine Kriegserklärung aufgenommen. "La Igualdad", das einflußreichste Organ der republikanischen {3} Partei, griff heftig die Redakteure der "Emancipacion" an und beschuldigte sie, sich an Sagasta verkauft zu haben. Der "Condenado" ermutigte diese Infamie durch sein hartnäckiges Schweigen. Die Allianz tat noch mehr für die republikanische Partei. Wegen dieses Briefes ließ sie die Redakteure der "Emancipacion" von der internationalen Föderation zu Madrid, in der sie vorherrschte, ausstoßen.

Trotz der Regierungsverfolgungen hatte der Föderalrat während einer sechsmonatlichen Geschäftsführung {4} die Zahl der Lokalföderationen von 13 auf 70 gebracht; an 100 anderen Orten hatte er Lokalföderationen vorbereitet, acht Gewerke hatte er als nationale Gewerksgenossenschaften organisiert; daneben bildete sich unter seiner Anregung die große Assoziation der katalonischen Fabrikarbeiter. Diese von den Mitgliedern des Föderalrats geleisteten Dienste hatten denselben einen so großen moralischen Einfluß verschafft, daß Bakunin das Bedürfnis fühlte, sie durch eine lange väterliche Ermahnung, die er unterm 5. April 1872 an Mora, den Generalsekretär des Föderalrats, sandte (siehe Beweisstücke Nr. 3), auf den Weg des Heils zu führen. Der Kongreß zu Saragossa (4.-11. April 1872) annullierte, trotz der Bemühungen der durch mindestens zwölf Delegierte vertretenen Allianz, die Ausstoßung und wählte zwei von den Ausgestoßenen, trotz ihrer wiederholten Weigerung, eine Kandidatur anzunehmen, in den neuen Föderalrat.

Auf dem Kongreß zu Saragossa wurden, wie immer, gleichzeitig die Winkelversammlungen der Allianz abgehalten. Die Mitglieder des Föderalrats beantragten {5} die Auflösung der Allianz. Der Antrag wurde, um nicht abgelehnt zu werden, umgangen. Zwei Monate darauf, am 2. Juni, schickten dieselben Männer in ihrer Eigenschaft als Direktoren der spanischen Allianz und im Namen der Madrider Sektion der Allianz ein Zirkular an die anderen Sektionen, in welchem sie ihren Antrag erneuerten und für denselben folgenden Grund angaben:

"Die Allianz ist von dem Wege abgewichen, den sie nach unserer Ansicht hätte verfolgen müssen; sie hat den Gedanken, dem sie ihre Entstehung verdankt, gefälscht, |369| und statt ein integrierender Teil unserer großen Assoziation zu sein, ein tätiges Element, welches den verschiedenen Organen der Internationalen einen fördernden Antrieb gäbe, indem es sie in ihrer Entwicklung unterstützte und begünstigte, hat sie sich vielmehr vollständig von der übrigen Assoziation losgelöst und ist dahin gelangt, eine Sonderorganisation zu bilden, die sich über jene stellt und sie zu beherrschen trachtet; hierdurch führt sie in unserer Mitte Mißtrauen, Zwietracht und Spaltung herbei ... In Saragossa hat sie, statt Ideen zur Lösung der wichtigen Aufgaben des Kongresses mitzubringen, denselben im Gegenteil nur Fesseln und Hindernisse angelegt."

Schon den Tag darauf ließ die Allianz von neuem die Unterzeichner des Zirkulars vom 2. Juni aus der internationalen Föderation zu Madrid ausstoßen.{6} Zum Vorwand nahm sie einen Artikel der "Emancipacion" vom 1. Juni, in dem eine Untersuchung verlangt wurde

"über die Quelle des Vermögens der Minister, Generale, Richter, öffentlichen Beamten, Bürgermeister usw. ... und aller politischen Personen, welche, ohne ein öffentliches Amt zu bekleiden, im Schatten der verschiedenen Regierungen lebten, denen sie ihre Unterstützung in den Cortes gewährten und deren ungerechtes Verfahren sie unter der Maske einer falschen Opposition deckten... deren Vermögens-Konfiskation die erste Maßregel am ersten Tag einer Revolution sein müßte".

Die Allianz, welche hierin einen direkten Angriff gegen ihre Freunde in der republikanischen Partei erblickte, beschuldigte die Redakteure der "Emancipacion", die Sache des Proletariats verraten zu haben, da sie durch das Verlangen der Konfiskation des Vermögens der Staatsdiebe ja das Privateigentum anerkannten. Nichts kennzeichnet besser den reaktionären Geist, der sich unter dem revolutionären Scharlatanismus der Allianz birgt und den sie der Arbeiterklasse einimpfen möchte. Und nichts beweist besser die Perfidie der Allianz, als daß sie dieselben Leute als Verteidiger des Privateigentums ausstößt, die sie gleichzeitig wegen ihrer kommunistischen Ansichten verflucht.

Diese neue Ausstoßung wurde unter Verletzung des in Kraft befindlichen Reglements vollzogen; dieses schreibt die Bildung eines Ehrengerichts vor, zu welchem der Angeklagte zwei von sieben Richtern ernennt und von deren Entscheidung er an die Generalversammlung der Sektion appellieren kann. Statt dessen ließ die Allianz, um nicht in ihrer Autonomie gestört zu werden, die Ausstoßung in derselben Sitzung beschließen, in der sie die Anklage erhob. Von 130 Mitgliedern, aus denen die Sektion bestand, hatten |370| sich nur 15 Kumpane eingefunden. Die Ausgestoßenen appellierten an den Föderalrat.

Dieser Föderalrat war, dank den Umtrieben der Allianz, nach Valencia verlegt worden. - Von den beiden auf dem Kongreß zu Saragossa wiedergewählten Mitgliedern des früheren Föderalrats hatte Mora nicht angenommen und kurz darauf legte Lorenzo sein Amt nieder. Von dem Augenblick war der Föderalrat mit Leib und Seele der Allianz ergeben. Er beantwortete auch die Berufung der Ausgestoßenen mit einer Inkompetenz-Erklärung, obwohl der Art. 7 des Reglements der Spanischen Föderation ihm die Pflicht auferlegte, vorbehaltlich der Berufung an den nächsten Kongreß jede Lokalföderation zu suspendieren, welche die Statuten verletze. Die Ausgestoßenen konstituierten sich dann als "Neue Föderation" und beantragten ihre Anerkennung beim Föderalrat, der sie kraft der Autonomie der Sektionen formell verweigerte. Die Neue Madrider Föderation wandte sich dann an den Generalrat, der sie gemäß Art. II, 7 und IV, 4 des allgemeinen Reglements zuließ. Der Haager allgemeine Kongreß billigte diesen Akt und ließ einstimmig den Delegierten |Paul Lafargue| der Neuen Madrider Föderation zu.

Die Allianz hatte die ganze Bedeutung dieser ersten rebellischen Bewegung begriffen; sie hatte begriffen, daß, wenn sie nicht im Keime erstickt würde, die bisher so gelehrige spanische Internationale ihren Händen entschlüpfen würde; sie setzte alle anständigen und unanständigen Mittel in Bewegung. Mit der Verleumdung fing sie an. Die Namen der Ausgestoßenen: Angel und Francisco Mora, José Mesa, Victor Pagés, Iglesias, Sáenz, Calleja, Pauly und Lafargue wurden mit der Bezeichnung Verräter in den Zeitungen veröffentlicht und in den Lokalen der Sektionen angeheftet. Mora, der, um seine Pflicht als Generalsekretär zu erfüllen, seine Arbeit verlassen hatte und mehrere Monate hindurch von seinem Bruder unterstützt worden war, weil kein Geld vorhanden war, um sein Gehalt zu bezahlen, wurde beschuldigt, auf Kosten der Internationalen gelebt zu haben. Mesa, der, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, ein Modejournal redigiert und einmal einen Artikel für ein illustriertes Blatt übersetzt hatte, wurde als an die Bourgeoisie verkauft behandelt. Lafargue wurde mit der Todsünde belastet, durch ein lukullisches Mahl das schwache Fleisch von Martínez und Montoro, zwei Mitgliedern des neuen allianzistischen Föderalrats, den Versuchungen des heiligen Antonius ausgesetzt zu haben, als ob sie ihr Gewissen in ihrem Wanst trügen. Wir reden hier nur von den |371| öffentlichen und gedruckten Verleumdungen. Diese Maßregeln trugen indes nicht die ersehnte Frucht; man ging also über zur Einschüchterung. In Valencia wurde Mora in einen Hinterhalt gelockt, wo die Mitglieder des Föderalrats ihn mit dem Knüppel in der Hand erwarteten. Mitglieder der Lokalföderation rissen ihn heraus; sie, die das Verfahren jener Herren kennen, versichern, daß vor eben so schlagenden Argumenten Lorenzo seine Entlassung nahm. Zu Madrid wurde kurz darauf ein ähnlicher Angriff {7} gemacht. Die allianzistische Kongregation des Index tat die "Emancipacion" allen Gläubigen gegenüber in den Bann; in Cádiz erklärte man, um eine heilsame Furcht in die Seele der Sünder zu werfen, jeden Verkäufer der "Emancipacion" als Verräter aus der Internationalen stoßen zu wollen. Die allianzistische Anarchie verwirklicht sich in der Praxis als Inquisition.

Die Allianz machte sich nun, wie gewöhnlich, an die Arbeit, dahin zu wirken, daß auf dem Haager Kongreß die ganze Vertretung der spanischen Internationalen nur aus ihren Mitgliedern bestehe. Zu diesem Zweck ließ der Föderalrat den Sektionen ein Privatzirkular zugehen, dessen Existenz er sorgfältig vor der Neuen Madrider Föderation verbarg. Er schlug darin vor, den Kongreß durch eine von sämtlichen Internationalen zu wählende Gesamt-Repräsentation zu beschicken, und zur Deckung der Vertretungskosten eine allgemeine Steuer von 25 Cent. pro Kopf zu erheben. Da die Zeit zu kurz war, um unter den lokalen Föderationen eine Verständigung über die Kandidaturen zu erlauben, war es klar, wie auch die Tatsache bewiesen hat, daß die offiziellen Kandidaten der Allianz gewählt und auf Kosten der Internationalen zum Kongreß delegiert werden würden. Dieses Zirkular kam jedoch in die Hände der Neuen Madrider Föderation und wurde an den Generalrat gesandt, der, bekannt mit der Abhängigkeit des Föderalrats von der Allianz, den Augenblick zum Handeln gekommen sah. Er schrieb also an den Spanischen Föderalrat einen Brief, in dem es heißt:

"Bürger! Wir haben die Beweise in der Hand, daß im Schöße der Internationalen, und namentlich in Spanien, eine geheime Gesellschaft besteht, die sich Allianz der sozialistischen Demokratie nennt. Diese Gesellschaft, deren Zentralbehörde in der Schweiz ist, hat die besondere Aufgabe, unsere große Assoziation im Sinne ihrer Sonderinteressen zu lenken und sie Zwecken dienstbar zu machen, welche der ungeheuren Mehrheit der Internationalen unbekannt sind. Wir wissen ferner durch die 'Razon' von Sevilla, daß mindestens drei Mitglieder Eures Rats der Allianz angehören ...

|372| War der Charakter und die Organisation dieser Gesellschaft schon damals mit dem Geist und dem Buchstaben unserer Statuten unvereinbar, als sie noch frei und öffentlich auftrat, so bildet ihre geheime Fortexistenz mitten in der Internationalen, trotz des gegebenen Worts, einen wahrhaften Verrat gegen unsere Assoziation. Die Internationale kennt nur eine Art Mitglieder mit gleichen Rechten und Pflichten für alle; die Allianz teilt sie in zwei Klassen, Eingeweihte und Profane, von denen die letzteren dazu bestimmt sind, sich vermittelst einer Organisation lenken zu lassen, deren Existenz sie nicht einmal ahnen. Die Internationale verlangt von allen, die sich ihr anschließen, daß sie Wahrheit, Gerechtigkeit und Sittlichkeit als die Regel ihres Verhaltens anerkennen: Die Allianz aber macht es ihren Eingeweihten zur ersten Pflicht, die profanen Internationalen über die Existenz der geheimen Organisation, über die Motive und selbst über die Zwecke ihrer Worte und Handlungen zu täuschen."

Der Generalrat verlangte dann von ihnen gewisse Materialien zur Untersuchung über die Allianz, die er dem Haager Kongreß vorlegen wollte, sowie eine Erklärung darüber, wie sie ihre Pflichten gegen die Internationale mit der Gegenwart von mindestens drei notorischen Mitgliedern der Allianz im Föderalrat vereinbarten.

Der Föderalrat antwortete in einem ausweichenden Briefe, worin er jedoch die Existenz der Allianz anerkannte.

Da die Ränke, von denen wir gesprochen, nicht auszureichen schienen, um den Erfolg der Wahl zu sichern, ging die Allianz in ihren Organen so weit, die offiziellen Kandidaturen von Farga, Alerini, Soriano, Marselau, Mendez, Morago aufzustellen. Das Resultat der Wahlen ergab für Marselau 3.568, für Morago 3.442, für Mendez 2.850, für Soriano 2.751 Stimmen. Von den anderen Kandidaten erhielt Lostau 2.430 Stimmen aus vier katalonischen Städten, die augenscheinlich noch nicht gut diszipliniert waren; Fuster 1.053 Stimmen zu Sans in Katalonien. Keiner der anderen Kandidaten hatte mehr als 250 Stimmen. Um die Wahl Fargas und Alerinis zu sichern, erteilte der Föderalrat der Stadt Barcelona, in welcher die Allianz dominierte, das Privileg, selbst ihre Delegierten zu wählen, die natürlich Farga und Alerini waren. - Dasselbe offizielle Zirkular konstatiert ferner, daß die vier katalonischen Städte, die Lostau und Fuster gewählt, also die offiziellen Kandidaten der Allianz verworfen hatten, 2.654 Reales (ca. 550 Mark) für die Delegationskosten aufbrachten, während die anderen spanischen Städte, in denen die Allianz bei der Ungewohntheit der Arbeiter, |373| ihre Geschäfte selbst in die Hand zu nehmen, ihre Kandidaten hatte durchbringen können, im ganzen nur 2.799 Reales (ca. 580 Mark) zahlten. Die Neue Madrider Föderation hatte also recht gehabt, als sie sagte, daß das Geld der Internationalen dazu dienen würde, die Delegierten der Allianz nach dem Haag zu senden. Übrigens zahlte der allianzistische Föderalrat nicht vollständig den vorschriftsmäßigen Beitrag an den Generalrat.

Alles dieses befriedigte die Allianz noch nicht. Sie brauchte für ihre Delegierten ein von ihr diktiertes imperatives Mandat und erlangte es auf folgende Weise. In seinem Zirkular vom 7. Juli suchte der Föderalrat um die Autorisation nach, die von den Lokalföderationen gegebenen imperativen Mandate in ein Gesamtmandat zusammenzufassen; er erhielt sie auch. Dieses Manöver, schlimmer als ein bonapartistisches Plebiszit, gestattete der Allianz, das Mandat ihrer Delegierten zu redigieren, ein Mandat, das sie dem Kongreß aufzuzwingen sich vermaß, indem sie ihren Delegierten verbot, an der Abstimmung sich zu beteiligen, wenn nicht der vom allgemeinen Reglement der Internationalen vorgeschriebene Modus der Abstimmung sofort geändert würde. Daß dieses nur eine Spiegelfechterei war, beweist der Umstand, daß auf dem Kongreß zu Saint-Imier die spanischen Delegierten, trotz ihres Mandats, sich an der Abstimmung nach Föderationen beteiligten, ein Modus der Abstimmung, wie er so sehr von Castelar gerühmt und von der Friedensliga gehandhabt wird.(2)


Fußnoten von Marx und Engels

(1) Dieser von Alerini "im Namen der Barceloneser Gruppe" der Allianz geschriebene Brief, der mit der Anrede: "Mein lieber Bastelica und liebe Freunde" beginnt, wurde abschriftlich an alle Sektionen der spanischen Allianz gesandt. Wir geben hier einige Stellen aus demselben:

"Der gegenwärtige Generalrat kann seine Stellung nicht bis über den Kongreß des nächsten Jahres behalten und seine unheilvolle Tätigkeit kann nur eine zeitweilige sein ... Ein öffentlicher Bruch würde im Gegenteil unserer Sache einen Schlag versetzen, von dem sie sich schwer erholen dürfte, wenn sie ihn überhaupt aushält. Wir können also in keiner Weise Eure separatistischen Tendenzen ermutigen ... Einige unter uns haben sich gefragt, ob nicht, abgesehen von der Prinzipienfrage, in all diesem oder neben all diesem Personenfragen mitspielen, zum Beispiel Rivalität zwischen unserem Fremde Michail und Karl Marx, zwischen den Mitgliedern der früheren A. und dem Generalrat ... Wir haben mit Schmerz in der 'Révolution Sociale' die Angriffe gegen den Generalrat und Karl Marx gelesen ... Wenn wir die Meinung unserer Freunde auf der Halbinsel, die von Einfluß in den Lokalräten sind, kennen, werden wir unsere Haltung nach der allgemeinen Entscheidung, der wir uns in jedem Punkte fügen, modifizieren usw."

Die frühere A. ist die vom Generalrat im Keime erstickte öffentliche Allianz. Das Exemplar des Briefes, aus dem wir diese Stellen ausgezogen haben, ist von Alerinis Hand geschrieben. <=

(2) Sentiñon, Doktor der Medizin zu Barcelona, ein persönlicher Freund von Bakunin und einer der Gründer der spanischen Allianz, gab lange vor dem Haager Kongreß den Internationalen den Rat, ihre Beiträge nicht an den Generalrat zu zahlen, da dieser sie zum Ankauf von Gewehren verwendete; er suchte die spanischen Internationalen davon abzuhalten, die Sache der besiegten Kommune für die ihre zu erklären; wegen Preßvergehen ins Gefängnis gesteckt, erließ er ein Manifest, in welchem er die damals verfolgte Internationale zu verleugnen den Mut hatte; aus diesem Grunde von der gesamten Arbeiterklasse in Barcelona verlassen, blieb er dennoch eines der geheimen Häupter der Allianz, denn in einem Briefe vom 14. August 1871, drei Monate nach dem Fall der Kommune, wies Montoro, Mitglied der Allianz, einen allianzistischen Korrespondenten an Sentiñon, der ihm, wie er sagte, über seinen Charakter und seine Eigenschaft als Allianzmitglied Auskunft geben würde.

Viñas, Student der Medizin, den Sentiñon in einem Briefe vom 26. Januar 1872 Liebknecht empfahl als "die Seele der Internationalen zu Barcelona", zog sich, ohne daß die Polizei sich die Mühe gab, ihn ins Gefängnis zu stecken, von der Internationalen während der Zeit ihrer Verfolgung zurück, um nicht die Interessen seiner Familie zu gefährden.

Farga-Pellicer, auch eins der Häupter der Allianz, wird in demselben Briefe Sentiñons beschuldigt, zur Zeit der Verfolgung das Weite gesucht und die gerichtliche Verantwortlichkeit für seine Artikel anderen überlassen zu haben. Der Hasenmut der Allianzisten pocht kühn, immer und überall, auf seine antiautoritäre Autonomie. Ihr Protest gegen die Autorität des Bourgeois-Staats ist die Flucht.

Soriano, ein anderer Führer, Professor der (unbekannten {8}) Wissenschaften, zog sich von der Internationalen zurück, als die Verfolgung im ärgsten Zuge war. Auf dem Kongreß zu Saragossa widersetzte er sich mit leider erfolglosem Mute der von Lafargue und anderen Delegierten verlangten öffentlichen Abhaltung des Kongresses, weil er es nicht für klug hielt, den Zorn der Autorität zu provozieren. Zuletzt, unter Amadeo, hat Soriano eine Stelle bei der Regierung angenommen.

Morago, Ladenbesitzer und Kneipenbummler, behauptet seine Autonomie als Spieler von Profession mittelst der Arbeit seiner Frau und seiner Lehrlinge. Als der Föderalrat nach Lissabon übersiedelte, verließ er seinen Platz als Mitglied des Rats und machte den Vorschlag, die Papiere der Internationalen in die See zu werfen; als Sagasta die Internationale außer Gesetz erklärte, gab er von neuem seine Stelle als Mitglied des Lokalrats zu Madrid auf und rettete sich vor dem Sturm in den Hafen der Allianz. Fehlt der Allianz auch der Christus, an Petrussen hat sie Überfluß.

Clemente Bové, wurde als Präsident der Assoziation der katalonischen Fabrikarbeiter (las tres clases de vapor) wegen seiner zu autonomen Kassenausgleichungen abgesetzt und ausgestoßen.

Dionisio Garcia Fraile - in der Nummer des allianzistischen Blattes "Federacion" vom 28. Juli 1872, in welcher er ein langes Schreiben voll Angriffen gegen die Neue Föderation zu Madrid veröffentlichte, heißt er "unser lieber Kollege" - stand im Dienste der Polizei zu San Sebastian und bestahl die Kasse der Internationalen. <=


Textvarianten

{1} In der französischen Ausgabe eingefügt: zu Barcelona <=

{2} In der französischen Ausgabe: einzuweihen <=

{3} In der französischen Ausgabe fehlt: republikanischen <=

{4} In der französischen Ausgabe eingefügt: nach der Konferenz von Valencia <=

{5} In der französischen Ausgabe eingefügt: dort <=

{6} Diesem Satz geht in der französischen Ausgabe folgender Satz voraus: Von allen Sektionen der Allianz in Spanien antwortete nur die von Cádiz, indem sie ihre Auflösung mitteilte. <=

{7} In der französischen Ausgabe eingefügt: auf Iglesias <=

{8} In der französischen Ausgabe: geheimnisvollen <=


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