Inhaltsverzeichnis Dokumente der Internationalen Arbeiter-Assoziation 1864

Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke, (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 16, 6. Auflage 1975, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1962, Berlin/DDR. S. 18-20.

1. Korrektur.
Erstellt am .

Karl Marx

An Abraham Lincoln,
Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika

Geschrieben zwischen dem 22. und 29. November 1864.


["Der Social-Demokrat" Nr. .3 vom 30. Dezember 1864]

|18| Sir,

wir wünschen dem amerikanischen Volk Glück zu Ihrer mit großer Majorität erfolgten Wiederwahl!

Wenn Widerstand gegen die Macht der Sklavenhalter die maßvolle Losung Ihrer ersten Wahl war, so ist Tod der Sklaverei! der triumphierende Schlachtruf Ihrer Wiederwahl.

Vom Anfang des amerikanischen Titanenkampfs an fühlten die Arbeiter Europas instinktmäßig, daß an dem Sternenbanner das Geschick ihrer Klasse hing. Der Kampf um die Territorien, welcher die furchtbar gewaltige Epopöe eröffnete, hatte er nicht zu entscheiden, ob der jungfräuliche Boden unermeßlicher Landstrecken der Arbeit des Einwanderers vermählt oder durch den Fuß des Sklaventreibers befleckt werden sollt?

Als die Oligarchie der 300.000 Sklavenhalter zum erstenmal in den Annalen der Welt das Wort Sklaverei auf das Banner der bewaffneten Rebellion zu schreiben wagte; als auf dem selbigen Boden, dem kaum ein Jahrhundert vorher zuerst der Gedanke einer großen demokratischen Republik entsprungen war, von dem die erste Erklärung der Menschenrechte ausging und der erste Anstoß zu der europäischen Revolution des 18. Jahrhunderts gegeben wurde; als auf diesem selbigen Boden die Kontrerevolution mit systematischer Gründlichkeit sich rühmte, "die zur Zeit des Aufbaues der alten Verfassung herrschenden Ideen" umzustoßen, und "die Sklaverei als eine heilsame Einrichtung - ja als die einzige Lösung des großen Problems der Beziehungen der Arbeit zum Kapital hinstellte" und zynisch das Eigentumsrecht auf den Menschen als den "Eckstein des neuen Gebäudes" proklamierte; da begriffen die Arbeiter Europas sofort, selbst noch ehe sie durch die fanatische Parteinahme der oberen Klassen |19| für den Konföderiertenadel gewarnt worden, daß die Rebellion der Sklavenhalter die Sturmglocke zu einem allgemeinen Kreuzzug des Eigentums gegen die Arbeit läuten würde und daß für die Männer der Arbeit außer ihren Hoffnungen auf die Zukunft auch ihre vergangnen Eroberungen in diesem Riesenkampfe jenseits des Ozeans auf dem Spiele standen. Überall trugen sie darum geduldig die Leiden, welche die Baumwollenkrisis ihnen auferlegte, widersetzten sich voll Begeisterung der Intervention zugunsten der Sklaverei, welche die höheren und "gebildeten" Klassen mit solchem Eifer herbeizuführen suchten, und entrichteten aus den meisten Teilen Europas ihre Blutsteuer für die gute Sache.

Solange die Arbeiter, die wahren Träger der politischen Macht im Norden, es erlaubten, daß die Sklaverei ihre eigene Republik besudelte; solange sie es dem Neger gegenüber, der ohne seine Zustimmung einen Herrn hatte und verkauft wurde, als das höchste Vorrecht des weißen Arbeiters rühmten, daß er selbst sich verkaufen und seinen Herrn wählen könne - solange waren sie unfähig, die wahre Freiheit der Arbeit zu er ringen oder ihre europäischen Brüder in ihrem Befreiungskampfe zu unterstützen. Dieses Hindernis des Fortschritts ist von dem roten Meere des Bürgerkrieges hinweggeschwemmt worden.

Die Arbeiter Europas sind von der Überzeugung durchdrungen, daß, wie der amerikanische Unabhängigkeitskrieg eine neue Epoche der Machtentfaltung für die Mittelklasse einweihte, so der amerikanische Krieg gegen die Sklaverei eine neue Epoche der Machtentfaltung für die Arbeiterklasse einweihen wird. Sie betrachten es als ein Wahrzeichen der kommenden Epoche, daß Abraham Lincoln, dem starksinnigen, eisernen Sohn der Arbeiterklasse, das Los zugefallen ist, sein Vaterland durch den beispiellosen Kampf für die Erlösung einer geknechteten Race und für die Umgestaltung der sozialen Welt hindurchzuführen.

Unterzeichnet im Namen der Internationalen Arbeiterassoziation vom Zentralrat:

Le Lubez, korrespondierender Sekretär für Frankreich; F. Rybczinsky (Polen); Emile Holtorp (Polen); J. B. Bocquet; H. Jung, korrespondierender Sekretär für die Schweiz; Morisot; George W. Wheeler; J. Denoual; P. Bordage; Le Roux; Tallandier; Jourdain; Dupont; R. Gray; D. Lama; C. Setacci; F. Solustri; P. Aldovrandi; D. G. Bagnagatti; G. P. Fontana, korrespondierender Sekretär für Italien; G. Lake; J. Buckley; G. Howell; J. Osborne; J. D. Stainsby; J. Grossmith; G. Eccarius; Friedrich Leßner; Wolff; K. Kaub; Heinrich Bolleter; Ludwig Otto; N. P. Hansen (Dänemark); |20| Karl Pfänder; Georg Lochner; Peter Petersen; Karl Marx, korrespondierender Sekretär für Deutschland; A. Dick; L. Wolf; J. Whitlock; J. Carter; W. Morgan; William Dell; John Weston; Peter Fox; Robert Shaw; John M. Longmaid; Robert Henry Side; William C. Worley; Blockmoor; R. Hartwell; W. Pidgeon; B. Lucraft; J. Nieass

G. Odger, Präsident des Rats
William R. Cremer
, ehrenamtlicher Generalsekretär