Inhaltsverzeichnis Artikel und Korrespondenzen 1860
Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke, (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 15, 4. Auflage 1972, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1961, Berlin/DDR. S. 73-77.
1. Korrektur
Erstellt am 18.09.1998
Geschrieben Ende Juni/Anfang August 1860.
Aus dem Englischen.
["New-York Daily Tribune" Nr. 5998 vom 16. Juli 1860]
<73> Die statistischen Berichte des Board of Trade <Handels- und Verkehrsministerium> für die fünf Monate bis zum 31. Mai 1860, die soeben in London veröffentlicht worden sind, zeigen nur eine geringfügige Veränderung im britischen Export, verglichen mit dem Export während der ersten fünf Monate von 1859. Von 52.337.268 Pfd.St. im Jahre 1859 stieg er 1860 auf 52.783.535 Pfd.St., wobei dieser kleine Überschuß einzig auf ein Anwachsen im Mai d.J. zurückzuführen ist. Was uns zuerst auffällt, wenn wir die jeweiligen Exporte während der ersten fünf Monate von 1860 und von 1859 miteinander vergleichen, ist eine beträchtliche Abnahme des britischen Exporthandels nach Britisch-Ostindien, wie aus der folgenden Aufstellung zu ersehen ist:
Die in den fünf Monaten, bis einschließlich 31. Mai,
nach Ostindien exportierten wichtigsten britischen Artikel
Mengen |
Werte |
|||
1859 |
1860 |
1859 |
1860 |
|
(in Pfd.St.) |
||||
Bier und Ale, in Barrels |
168.355 |
166.461 |
507.308 |
491.609 |
Baumwolle, in Yards |
396.022.733 |
311.163.765 |
4.884.982 |
3.977.289 |
Baumwollgarn, in Pfunden |
17.411.542 |
15.044.812 |
1.002.439 |
903.516 |
Eisen (Barren, Bolzen, Stangen), in Tonnen |
16.851 |
12.194 |
127.678 |
90.954 |
<74> Eisen (Gußeisen), in Tonnen |
12.138 |
4.108 |
132.946 |
42.912 |
Eisen (Schmiedeeisen), in Tonnen |
11.823 |
10.554 |
188.126 |
195.659 |
Eisenbleche und Schienen [in Tonnen] |
31.582 |
79.117 |
169.072 |
437.170 |
Steingut und Porzellan |
- |
- |
34.530 |
24.039 |
Posamentier- und Putzwaren |
- |
- |
83.832 |
42.126 |
Leder: Sattlerwaren und Geschirre |
- |
- |
16.780 |
15.600 |
Maschinen: Dampfmaschinen |
- |
- |
73.087 |
100.846 |
andere Maschinen |
- |
- |
165.899 |
196.928 |
Zinnplatten |
- |
- |
19.127 |
6.441 |
Insgesamt |
7.405.808 |
6.529.089 |
||
Abnahme des Exports |
976.719 |
Aus der obigen Tabelle ergibt sich, daß die Gesamtabnahme in den wichtigsten Exporten nach Ostindien sich auf etwa 1 Million Pfund Sterling beläuft, daß sie am stärksten in den führenden Artikeln (Baumwolle und Baumwollgarne) ist, und daß die einzige Ausnahme in den unmittelbar mit dem Eisenbahnbau zusammenhängenden Dingen besteht. Es sollte überdies beachtet werden, daß die Handelsnachrichten, die mit der letzten Überseepost eingingen, höchst ungünstig sind und auf eine Überfüllung der Märkte hindeuten, so daß folgerichtig der Wert der Exporte, wie er in England bekanntgegeben und geschätzt wurde auf einer Preisstufe, die weit über dem Durchschnitt liegt, in Indien keinesfalls realisiert werden wird. Jetzt kann kein Zweifel darüber bestehen, daß der indische Handel überfordert worden ist. Die künstliche Nachfrage, die durch die Regierung während des indischen Aufstandes gesteigert worden ist, der Anreiz, der der Handelstätigkeit durch die Beendigung der revolutionären Unruhen gegeben wurde, und das Schrumpfen der meisten anderen Märkte, eine Folge der generellen Krise von 1857/1858, alle diese Umstände führten dazu, daß der Umfang des indischen Handels über seine natürliche Aufnahmefähigkeit <75> hinaus aufgebläht wurde. Trotzdem hätte entsprechend aller Erfahrungen in der Vergangenheit die neuentstandene Prosperität des Marktes das Bombardement mit Baumwollwaren einige Jahre länger aushalten können, wenn nicht die neunmalkluge Einmischung der britischen Regierung gewesen wäre. Herr Wilson wurde, so scheint es, ausdrücklich nach Kalkutta gesandt, um vermittels ungeschickter fiskalischer Maßnahmen im Innern bei gleichzeitiger Erhebung lästiger Zölle auf Importe aus dem Ausland, den englisch-indischen Handel zu erschüttern. Ist jemals in der ganzen Geschichte des Handels solch ein Schauspiel beobachtet worden wie das des Vereinigten Königreichs, welches zuläßt, daß sein wichtigster Kolonialmarkt durch willkürliche Maßnahmen der eigenen Regierung gelähmt wird, während es zur gleichen Zeit vor dem französischen Kaiser katzbuckelt und dessen politische Eingriffe unter dem Vorwand einer scheinbaren Senkung der französischen Zollgebühren duldet?
Die Exporte nach dem australischen Markt weisen, obwohl sie ein gewisses Absinken in Baumwolle zeigen, im Ganzen eine Zunahme sowohl in der Menge als auch im Werte auf. Um jedoch zu einer richtigen Einschätzung des gegenwärtigen Standes des Marktes in den australischen Kolonien zu kommen, sollten wir uns von den statistischen Berichten des Board of Trade den neuesten Handelsnachrichten zuwenden. Berichte aus Adelaide bis zum 26. April klagen über die Fortdauer übermäßiger Warensendungen aus England und über ein allgemeines Überhandnehmen von Spekulationen, Betrug und Überangebot. Eine umfassende Liquidierung insolventer Firmen, heißt es, sei notwendig geworden. In Sydney, Neu-Süd-Wales, wurden schon mehrere Konkurse angemeldet, in die neun Handelshäuser mit Passiva von insgesamt 400.000 Pfd.St. eingeschlossen sind. Dreiviertel des Betrages werden als endgültig unaufbringbar angesehen, wobei der Verlust auf die Banken und die englischen Gläubiger fällt. Aus einem soeben erhaltenen Verzeichnis australischer Konkurse während der letzten 17 Jahre geht hervor, daß ihre Anzahl 1858 dreimal so groß war wie 1857 und daß 1859 ein weiterer Anstieg um 50 Prozent erfolgte; in diesem Jahre hat sich die Anzahl der Konkurse bis Mitte April erneut um etwa 7 Prozent erhöht. Die Passiva der von 1822 bis 1859 zahlungsunfähig gewordenen Firmen betrugen insgesamt 5.981.026 Pfd.St., und die in den Bilanzen verzeichneten Aktiva beliefen sich auf 3.735.613 Pfd.St.; aber von letzterem Betrage wurden nicht einmal 50 Prozent realisiert.
Die beträchtliche Abnahme des Wertes und in den meisten Fällen auch der Menge der nach den Vereinigten Staaten exportierten britischen Waren wird durch den folgenden Auszug illustriert:
Die in den fünf Monaten, bis einschließlich 31. Mai, |
|||||
Mengen |
Werte |
||||
1859 |
1860 |
1859 |
1860 |
||
(in Pfd.St.) |
|||||
Kohle, in Tonnen |
68.020 |
106.925 |
67.785 |
66.196 |
|
Baumwolle, in Yards |
88.441.112 |
84.208.598 |
1.562.918 |
1.491.721 |
|
Leinen, in Yards |
25.476.444 |
20.974.699 |
776.780 |
643.676 |
|
Roheisen, in Tonnen |
37.510 |
21.497 |
106.476 |
62.919 |
|
Barren, Bolzen, Stangen, in Tonnen |
48.063 |
37.824 |
394.426 |
293.294 |
|
Schmiedeeisen, in Tonnen |
16.024 |
16.488 |
200.576 |
189.854 |
|
Eisenbleche und Schienen, in Tonnen |
12.107 |
4.622 |
61.721 |
24.559 |
|
Ölsamen, in Gallonen |
795.808 |
511.602 |
95.154 |
57.230 |
|
Seidenwaren, in Pfund |
119.719 |
58.836 |
128.133 |
68.866 |
|
Woll- und Mischgewebe, in Yards |
22.697.619 |
18.250.639 |
892.026 |
733.000 |
|
Steingut und Porzellan |
- |
- |
234.492 |
281.532 |
|
Posamentier- und Putzwaren |
- |
- |
719.754 |
637.035 |
|
Zinnplatten |
- |
- |
524.615 |
464.630 |
Frankreich war natürlich das Land, welches das Schrumpfen der Märkte in Ostindien, in den australischen Kolonien und in den Vereinigten Staaten ausgleichen konnte. Bei genauer Prüfung ist jedoch festzustellen, daß der englische Exporthandel nach Frankreich nichts an seinem traditionell winzigen Umfang eingebüßt hat. Was Baumwolle und Baumwollgarn anbelangt, so scheint Herr Milner Gibson, der Präsident des Board of Trade, sich der traurigen Rolle, die er spielt, zu schämen und es infolgedessen für richtig gehalten haben, jene aus den Berichten ganz und gar zu streichen. Dasselbe trifft auf Leinen und Leinengarn sowie Seidenwaren zu. Der Wert der Exporte während der betreffenden Zeitabschnitte 1859 und 1860 zeigt für das laufende Jahr ein Absinken bei gezwirnter Seide von 130.260 Pfd.St. auf 88.441 Pfd.St., bei Seidentwist und -garn von 50.520 auf 29.643 Pfd.St., bei Maschinen von 98.551 Pfd.St. auf 64.107 Pfd.St. und bei Kohle von 253.008 Pfd.St. auf 206.317 Pfd.St., während eine <77> gewisse Erhöhung im Export von Eisen, Kupfer, Wolle, Woll- und Kammgarnen stattgefunden hat.
Die Einfuhr von französischem Wein ist angestiegen, aber nicht mehr als die Einfuhr aller anderen Arten von Weinen. Zum Abschluß können wir feststellen, daß die Symptome des Schrumpfens der Hauptmärkte, wenn sie im Zusammenhang mit den besorgniserregenden Aussichten für den Herbst, mit den starken Anforderungen der englischen und anderer Regierungen an den Geldmarkt und dem unsicheren politischen Zustand Europas betrachtet werden, alles andere als eine glückliche Saison für den Herbst 1860 vorauszusagen scheinen.