Inhaltsverzeichnis Aufsätze für "The New American Cyclopædia"
Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke, (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 14, 4. Auflage 1972, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1961, Berlin/DDR. S. 266-269.
1. Korrektur.
Erstellt am 22.08.1998.
Geschrieben um den 18. Februar 1858.
Aus dem Englischen.
["The New American Cyclopædia", Band IV]
<266> Lager - ein Ruheplatz für Truppen für eine Nacht oder für längere Zeit, entweder in Zelten oder im Biwak oder mit irgendeinem Schutz, der schnell aufgebaut werden kann. Truppen werden einquartiert, wenn sie über verschiedene Dörfer verteilt sind oder wenn sie nach Beendigung eines Feldzugs in Hütten untergebracht werden. Kasernen sind ständige militärische Quartiere. Zelte wurden von Napoleon für ungesund gehalten, er zog es vor, daß der Soldat im Biwak lag und mit den Füßen dem Feuer zugewandt schlief, durch leichte Schutzwände und Lauben vor dem Winde geschützt. Major Sibley von der amerikanischen Armee hat ein Zelt eingeführt, das 20 Kavalleriesoldaten mit ihrer Montur beherbergen kann, wobei alle mit den Füßen einem Feuer in seiner Mitte zugewandt schlafen. Biwakzelte sind in der französischen Armee seit 1837 eingeführt. Sie bestehen aus einem mit Kautschuk imprägnierten Baumwollgewebe und sind so wasserdicht gemacht. Jeder Mann trägt einen Teil dieses Materials, und die verschiedenen Stücke sind schnell durch Haspen zusammengefügt. Bei der Auswahl eines Lagers ist es wesentlich, daß es in angemessener Entfernung gutes Wasser gibt; auch die Nähe von Wäldern spielt eine große Rolle, da diese Feuerholz und Schutz bieten. Gute Straßen, Kanäle oder schiffbare Ströme sind wichtig, um die Truppen mit dem Lebensnotwendigen zu versehen, wenn sie für eine längere Zeit im Lager leben. Die Nähe von Sümpfen oder stehendem Wasser sollte gemieden werden. Soll ein Boden zur Verteidigung geeignet sein, so muß er Truppenbewegungen zulassen. Soweit wie möglich sollten Kavallerie und Infanterie in einer einzigen Linie untergebracht werden, erstere an den Flügeln, letztere im Zentrum. Schutzdächer oder Hütten sollten, soweit es die Bodenbeschaffenheit zuläßt, in Reihen errichtet werden, die im rechten Winkel zur Front verlaufen und sich von einem Ende des Lagers zum anderen <267> erstrecken. Für die Anlage eines Lagers können jedoch keine Universalregeln festgelegt werden, sondern der Kommandeur muß den Umständen entsprechend entscheiden, ob er seine Armee in ein oder zwei Linien untergliedern soll, und über die jeweiligen Positionen von Infanterie, Kavallerie und Artillerie. Die Lagerwachen sind: 1. die Lagerwache, die dazu dient, gute Ordnung und Disziplin aufrechtzuerhalten, Desertionen zu verhindern und Alarm zu geben; 2. Infanterie- und Kavallerie-Detachements, abkommandierte Feldwachen, die vorn und an den Flanken aufgestellt werden, um die Rekognoszierungsabteilungen des Feindes abzufangen und rechtzeitig eine feindliche Annäherung zu melden; und 3. Große Wachen oder Vorposten, das sind große Abteilungen, die in umliegenden Dörfern, in Bauernhäusern oder kleinen Feldverschanzungen postiert sind, von denen aus sie die Bewegungen des Feindes beobachten können. Sie sollten vom Lager nicht so weit entfernt sein, daß sie im Falle eines Angriffs ohne Unterstützung wären. Unmittelbar nach Ankunft auf dem Gelände wird die Anzahl der für Wachen und Feldwachen zu stellenden Männer im einzelnen festgelegt, die von ihnen zu besetzenden Posten werden bezeichnet, die Stellen für die Verteilung des Proviants genannt und im allgemeinen alle Anordnungen für den inneren und äußeren Polizei- und Lagerdienst getroffen.
Eines der ältesten in der Geschichte erwähnten Lager ist das der Israeliten bei ihrem Auszug aus Ägypten. Es bildete ein großes Viereck, das für die verschiedenen Stämme aufgeteilt war, in der Mitte befand sich das Lager der Leviten mit dem Tabernakel und es besaß ein Haupttor oder einen Eingang mit einem angrenzenden offenen Platz, der gleichzeitig Forum und Marktplatz war. Aber die Anordnung, die Dimensionen und die Verschanzungen der regulären militärischen Lager der Hebräer oder ihrer Feinde können kaum ausfindig gemacht werden.
Das Lager der Griechen vor Troja war dicht an der Meeresküste, um ihre Schiffe zu schützen, die an Land gezogen waren; es war in getrennte Quartiere für die verschiedenen Stämme geteilt und befestigt, mit Wällen, die Fronten zur Stadt und zur See hin, und mit einem äußeren hohen Erdhügel, der durch hölzerne Türme gegen die Ausfälle der Belagerten verstärkt war. Die tapfersten ihrer Anführer, wie Achilles und Ajax, waren an den äußersten Enden postiert. Das Lager der Spartaner war rund und nicht ohne Vorsichtsmaßregeln, wie Wachen und berittene Posten.
Das römische Lager variierte je nach der Jahreszeit, der Zeitdauer, für die es bezogen werden sollte, der Zahl der Legionen wie auch der Bodenbeschaffenheit und anderen Umständen. Ein Historiker aus der Zeit des <268> Imperiums <Josephus Flavius> erwähnt Lager jeder Gestalt, runde, längliche etc., aber die vornehmliche Form des römischen Lagers war viereckig. Sein Platz wurde von Auguren bestimmt und den vier Himmelsrichtungen entsprechend mit der Front gegen Sonnenaufgang; es wurde mit einem Gnomon ausgemessen; ein Viereck mit 700 Fuß Seitenlänge wurde für 20.000 Mann als ausreichend angesehen. Es wurde in einen oberen und unteren Teil geteilt, die durch einen großen offenen Raum und zwei Hauptlinien (decumana und cardo), die von Osten nach Westen und von Norden nach Süden liefen, sowie durch mehrere Straßen getrennt waren. Es hatte vier Tore, deren Haupttore das Decumen und das prätorianische waren, die bei Todesstrafe kein Soldat ohne Erlaubnis passieren durfte, und war umgeben von einer aus einem Graben und einem Erdwall bestehenden Schutzwehr, die durch einen Zwischenraum von 200 Fuß vom inneren Lager getrennt war. Alle diese Verschanzungen wurden von den Soldaten selber angelegt, die die Spitzhacke und den Spaten ebenso gewandt handhabten wie das Schwert oder die Lanze; sie ebneten den Boden, errichteten die Palisaden, die sie um die Verschanzungen herum in einer Art Zaun von unregelmäßigen Stacheln anlegten. In der Mitte der oberen Abteilung war der Pavillon des Feldherrn (Praetorium), der ein Quadrat von 200 Fuß Seitenlänge bildete; um ihr herum das auguraculum, das quaestorium oder die Quartiere des Armeeschatzmeisters, das Forum, das als eine Art Markt und als Versammlungsort diente, sowie die Zelte der legati, die der Tribunen ihren entsprechender Legionen gegenüber und die der Kommandeure der ausländischen Hilfstruppen. In der unteren Abteilung waren die Zelte der subalternen Offiziere und der Legionen, der römischen Kavallerie, der triarii, der principes, der hastati etc.; und an den Flanken, sorgfältig voneinander getrennt, die Kompanien der ausländischen Kavallerie und Infanterie. Die Zelte waren mit Fellen bedeckt, in jedem waren 10 Soldaten und ihr decanus untergebracht, die Zenturionen und Standartenträger an der Spitze ihrer Kompanien. Zwischen den beiden Abteilungen, auf dem Raum, der principia genannt wurde, war die Tribüne des Feldherrn zur Ausübung der Rechtsprechung sowie für Ansprachen, der Altar, die geheiligten Götterbilde und die nicht minder geheiligten militärischen Embleme. In Ausnahmefällen wurde das Lager mit einem steinernen Wall umgeben, und bisweilen waren sogar die Soldatenquartiere aus dem gleichen Material. Das ganze Lager bot den Anblick einer Stadt; es war die einzige Festung, welche die Römer bauten. Zu den dauerhaftesten Denkmälern der römischen Okkupation <269> Britanniens zählt die ganze oder teilweise Beibehaltung des lateinischen castra (Lager), in den Namen einer großen Anzahl von Orten, die zuerst als Militärposten von ihnen besetzt wurden, wie Doncaster, Leicester, Worcester, Chester, Winchester etc.
Die Lager der nichtrömischen Nationen der Antike waren oft von einer Befestigung aus Wagen und Karren umgeben, wie z.B. das der Cimbern bei ihrer letzten Schlacht gegen die Römer (101 v.u.Z.), welches nach ihrer Niederlage so leidenschaftlich von ihren Frauen verteidigt wurde.
Ein verschanztes Lager ist ein von Verteidigungsanlagen umgebenes Lager, das auch als Festung dient und für längere Benutzung vorgesehen ist.