Inhaltsverzeichnis Aufsätze für "The New American Cyclopædia"
Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke, (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 14, 4. Auflage 1972, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1961, Berlin/DDR. S. 236-237.
1. Korrektur.
Erstellt am 22.08.1998.
Geschrieben um den 21. Januar 1858.
Aus dem Englischen.
["The New American Cyclopædia", Band IV]
<236> Karronade - ein kurzes Geschütz aus Gußeisen, das zuerst 1779 in der Gießerei in Carron, Schottland, für die Verwendung in der britischen Marine konstruiert und zum erstenmal gegen die Vereinigten Staaten angewandt wurde. Die Karronaden haben keinen Schildzapfen, sondern ein Hemmtau in der Mitte unter dem Geschütz, wodurch sie an der Lafette befestigt werden. Das Rohr hat eine Kammer, und die Mündung ist ausgehöhlt wie eine Tasse. Die Karronaden sind sehr kurz und leicht, etwa 60 oder 70 lbs. des Geschützes entfallen auf 1 lb. Gewicht des massiven Geschosses, die Länge variiert von 7 bis 8 Kaliber. Die Ladung kann infolge dessen nur schwach sein und beträgt 1/16 bis 1/8 des Geschoßgewichts.
Karronaden fanden bei ihrer ersten Einführung in der Marine sehr günstige Aufnahme. Ihre Leichtigkeit und ihr unbedeutender Rückstoß gestatteten, eine größere Anzahl von ihnen an Bord der kleinen Kriegsschiffe jener Zeit aufzustellen. Ihre Reichweiten schienen verhältnismäßig groß; dies wurde hervorgerufen 1. durch eine Reduzierung des Spielraums der Kugel im Rohr, 2. durch ihren großen Steigungswinkel, der aus der Dicke des Metalls am Boden des Geschützes und der Kürze des Geschützrohrs entsteht. Das große Metallgewicht, das von ihnen verschossen wurde, gab ihnen bei dicht aufeinander folgendem Abschuß eine furchtbare Wirkung. Sie wurden um 1800 in das Heer der Vereinigten Staaten eingeführt. Es wurde jedoch bald festgestellt, daß diese Geschützart nicht mit längeren und schwereren Geschützen konkurrieren konnte, die ihre mit Geschosse voller Ladung und bei niedrigerer Elevation abfeuerten. So wurde ermittelt, daß die gewöhnlichen langen Kanonen des britischen Heeres bei 2° Elevation und die Bombengeschütze bei 3° die gleiche Reichweite haben wie die Karronaden entsprechenden Kalibers bei 5° (nämlich etwa 1.200 Yard). Und da mit zunehmender Elevation die Treffsicherheit abnimmt, kommt die Anwendung von Karronaden bei mehr als 1.200 Yard und einer <237> Elevation von 5° überhaupt nicht in Frage, während lange Kanonen mit erheblicher Wirkung bei Reichweiten bis zu einer Meile und sogar bis 2.000 Yard benutzt werden können. Das wurde schlagend bewiesen durch die zwei kämpfenden Geschwader auf dem Erie- und Ontario-See während des Englisch-Amerikanischen Krieges von 1812-1814. Die amerikanischen Schiffe hatten lange Kanonen, während die Briten hauptsächlich mit Karronaden bewaffnet waren. Die Amerikaner manövrierten so, daß sie sich gerade außerhalb der Reichweite der britischen Karronaden hielten, während ihre eigenen langen Kanonen die Schiffsrümpfe und Takelage ihrer Gegner schwer trafen. Infolge dieser Mängel werden Karronaden jetzt fast nicht mehr benutzt. An der Küste werden sie von den Briten hier und da an den Flanken von Bastionen und in Kasematten benutzt, wo nur eine kurze Grabenausdehnung hauptsächlich durch Kartätschenfeuer flankiert werden soll. Die französische Marine besitzt eine Karronade mit Drehzapfen (carronade à tourillons); aber das ist in Wirklichkeit ein schweres Geschütz.