Inhaltsverzeichnis Aufsätze für "The New American Cyclopædia"

Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke, (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 14, 4. Auflage 1972, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1961, Berlin/DDR. S. 213-216.

1. Korrektur.
Erstellt am 22.08.1998.

Karl Marx

Bugeaud

Geschrieben m 27. November 1857.
Aus dem Englischen.


["The New American Cyclopædia", Band IV]

<213> Bugeaud de la Piconnerie, Thomas-Robert, Herzog von Isly, Marschall von Frankreich, geboren zu Limoges im Oktober 1784, gestorben in Paris am 10. Juni 1849. Er trat 1804 als gemeiner Soldat in die französische Armee ein, wurde im Feldzug von 1805 Korporal, diente als Unterleutnant im Feldzug Preußens gegen Polen (1806/1807), war 1811 als Major bei den Belagerungen von Lérida, Tortosa und Tarragona dabei und wurde nach der Schlacht bei Ordal in Katalonien zum Oberstleutnant befördert. Nach der ersten Rückkehr der Bourbonen feierte Oberst Bugeaud die weiße Lilie in einigen Knüttelversen; aber da man über diese poetischen Ergüsse ziemlich geringschätzig hinwegging, schloß er sich während der Hundert Tage wieder der Partei Napoleons an, der ihn an der Spitze des 14. Linienregiments zur Alpenarmee sandte. Bei der zweiten Rückkehr der Bourbonen zog er sich nach Excideuil auf das Gut seines Vaters zurück. Zur Zeit der Intervention des Herzogs von Angoulème in Spanien bot er seinen Degen den Bourbonen an, aber da man das Anerbieten ablehnte, wurde er zum Liberalen und schloß sich der Bewegung an, die schließlich zur Revolution von 1830 führte.

Im Jahre 1831 wurde Bugeaud zum Mitglied der Deputiertenkammer gewählt und von Louis-Philippe zum Generalmajor befördert. 1833 zum Kommandanten der Zitadelle von Blaye ernannt, wo die Herzogin von Berry seiner Obhut anvertraut war, erntete er jedoch keine Lorbeeren aus der Art und Weise, wie er seine Mission erfüllte, und wurde danach unter dem Namen "Ex-Kerkermeister von Blaye" bekannt. Als sich bei den Debatten in der Deputiertenkammer am 16. Januar 1834 Herr Larabit über Soults Militärdiktatur beklagte, unterbrach ihn Bugeaud mit den Worten: "Gehorsam ist des Soldaten erste Pflicht", worauf ein anderer Abgeordneter, Herr Dulong, beißend fragte: "Was nun, wenn einem befohlen wird, <214> Kerkermeister zu werden?" Dieser Zwischenfall führte zu einem Duell zwischen Bugeaud und Dulong, bei dem letzterer erschossen wurde. Die dadurch ausgelöste Erbitterung der Pariser wurde noch größer durch die Mitwirkung Bugeauds an der Unterdrückung des Pariser Aufstands vom 13. und 14. April 1834. Die zur Unterdrückung dieses Aufstands bestimmten Streitkräfte waren in 3 Brigaden eingeteilt, von denen eine Bugeaud befehligte. In der Rue Transnonain wurde eine Handvoll Enthusiasten, die am Morgen des 14., als der Hauptkampf schon vorüber war, noch eine Barrikade hielt, von überlegenen militärischen Kräften grausam niedergemetzelt. Wenn auch diese Straße nicht in das Kampfgebiet von Bugeauds Brigade fiel, und er daher an dem Massaker keinen Anteil hatte, verband der Haß des Volkes seinen Namen mit dieser Schandtat und bestand trotz aller gegenteiligen Erklärungen darauf, ihn als den "Mann der Rue Transnonain" zu brandmarken.

Am 16. Juni 1836 sandte man General Bugeaud nach Algerien und betraute ihn mit einem Kommando in der Provinz Oran, einer vom Generalgouverneur fast unabhängigen Stellung. Als er den Befehl erhielt, gegen Abd el Kader vorzugehen und ihn durch die Zurschaustellung einer imposanten Armee zu unterwerfen, schloß er den Vertrag an der Tafna, wodurch er sich die Gelegenheit zu militärischen Operationen entgehen ließ und seine Armee in eine kritische Lage brachte, ehe sie zu handeln begonnen hatte. Vor diesem Vertrag schlug Bugeaud mehrere Schlachten. Ein Geheimartikel, der in den Text des Vertrages nicht aufgenommen wurde, sah vor, daß 30.000 boojoos (etwa 12.000 Dollar) an General Bugeaud gezahlt werden sollten. Nach Frankreich zurückgerufen, wurde er zum Generalleutnant befördert und zum grand officier der Ehrenlegion ernannt. Als die Geheimklausel des Vertrags an der Tafna durchsickerte, wurde Bugeaud von Louis-Philippe ermächtigt, Geld für den Bau vor bestimmten Straßen auszugeben, um so die Popularität unter seiner Wählern zu vergrößern und ihm seinen Sitz in der Deputiertenkammer zu sichern.

Zu Beginn des Jahres 1841 wurde er zum Generalgouverneur von Algerien ernannt; unter seiner Verwaltung erfuhr Frankreichs Politik in Algerien eine grundlegende Veränderung. Er war der erste Generalgouverneur, der eine ihren Aufgaben gewachsene Armee befehligte, der absolute Autorität bei den Sekondegeneralen besaß und der seinen Posten lang genug innehatte, um nach einem Plane vorzugehen, der zu seiner Durchführung Jahre benötigte. In der Schlacht von Isly (14. August 1844), in der er mit zahlenmäßig weit unterlegenen Streitkräften die Armee des Kaiser <215> von Marokko <Abd er Rahman> überwand, konnte er siegen, weil er die Muselmanen ohne vorherige Kriegserklärung überrumpelte, in einem Augenblick, als Verhandlungen vor dem Abschluß standen. Bereits am 17. Juli 1843 zur Würde eines Marschalls von Frankreich aufgestiegen, wurde Bugeaud nun zum Herzog von Isly ernannt. Da Abd el Kader nach Bugeauds Rückkehr nach Frankreich wieder eine Armee gesammelt hatte, wurde Bugeaud nach Algerien zurückgesandt, wo er sogleich den arabischen Aufstand niederschlug. Differenzen zwischen ihm und Guizot, die durch seine entgegen ministeriellen Anordnungen unternommene Expedition nach Kabylien hervorgerufen wurden, führten dazu, daß man ihn durch den Herzog von Aumale ersetzte und es ihm - nach einer Äußerung Guizots - "ermöglichte, nach Frankreich zu kommen und seinen Ruhm zu genießen".

In der Nacht vom 23. zum 24. Februar 1848 wurde er auf den geheimen Rat Guizots zu Louis-Philippe befohlen, der ihm den Oberbefehl über die gesamten Streitkräfte - sowohl Linie als Nationalgarde - übertrug. Am Morgen des 23. begab er sich, gefolgt von den Generalen Rulhière, Bedeau, Lamoricière, de Salles, Saint-Arnaud und anderen, zum Generalstab in die Tuilerien, um dort feierlich durch den Herzog von Nemours mit dem Oberbefehl betraut zu werden. Er erinnerte die anwesenden Offiziere daran, daß er, der im Begriffe sei, sie gegen die Pariser Revolutionäre zu führen, "niemals geschlagen worden wäre, weder auf dem Schlachtfelde noch in Aufständen", und versprach, auch diesmal kurzen Prozeß mit dem "rebellischen Mob" zu machen. Inzwischen trug die Nachricht von seiner Ernennung viel dazu bei, der Sache eine entscheidende Wendung zu geben. Die Nationalgarde, die noch mehr über seine Ernennung zum Oberbefehlshaber erbittert war, brach in den Ruf aus: "Nieder mit Bugeaud!" "Nieder mit dem Mann der Rue Transnonain!" und erklärte entschieden, daß sie seinen Befehlen nicht gehorchen werde. Durch diese Bekundung erschreckt, zog Louis-Philippe seinen Befehl zurück und verbrachte den 23. in vergeblichen Verhandlungen. Am 24. Februar war Bugeaud der einzige von Louis-Philippes Ratgebern, der Krieg bis aufs Messer verlangte; aber der König dachte bereits daran, den Marschall zu opfern, um selbst zum Frieden mit der Nationalgarde zu kommen. Das Kommando wurde in andere Hände gelegt und Bugeaud entlassen. Zwei Tage später stellte er, wenn auch vergebens, seinen Degen der provisorischen Regierung zur Verfügung.

Als Louis-Napoleon Präsident wurde, übertrug er den Oberbefehl über <216> die Alpenarmee Bugeaud, der auch von dem Departement Charente-Inférieure als Abgeordneter in die Nationalversammlung gewählt wurde. Bugeaud veröffentlichte mehrere literarische Erzeugnisse, die hauptsächlich Algerien betreffen. Im August 1852 wurde ihm in Algier und in seiner Vaterstadt ein Denkmal errichtet.