Inhaltsverzeichnis Aufsätze für "The New American Cyclopædia"
Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke, (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 14, 4. Auflage 1972, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1961, Berlin/DDR. S. 170-186.
1. Korrektur.
Erstellt am 22.08.1998.
Geschrieben 22. September bis 30. Oktober 1857.
Aus dem Englischen.
["The New American Cyclopædia", Band III]
<170> Blücher, Gebhard Leberecht von, Fürst von Wahlstatt, preußischer Feldmarschall, wurde am 16. Dezember 1742 in Rostock, Mecklenburg. Schwerin, geboren und starb in Krieblowitz in Schlesien am 12. September 1819. Er wurde 1754 als Knabe nach der Insel Rügen geschickt und trug sich dort heimlich in ein schwedisches Husarenregiment als Fähnrich ein, um gegen Friedrich II. von Preußen zu dienen. Im Feldzug von 1758 gefangengenommen, wurde er nach einem Jahr Gefangenschaft und nach seiner Entlassung aus dem schwedischen Dienst überredet, in die preußische Armee einzutreten. Am 3. März 1771 ernannte man ihn zum Stabsrittmeister der Kavallerie. Als im Jahre 1778 Rittmeister von Jägerfeld, ein unehelicher Sohn des Markgrafen von Schwedt, an seiner Statt auf den vakanten Posten des Majors berufen wurde, schrieb er an Friedrich II.:
"Sire, der von Jägerfeld, der kein anderes Verdienst hat, als der Sohn des Markgrafen von Schwedt zu sein, ist mir vorgezogen worden. Ich bitte Ew. Majestät um meinen Abschied."
Als Antwort befahl Friedrich II., ihn ins Gefängnis zu werfen, doch als sich Blücher trotz der aus irgendeinem Grunde hinausgezögerten Strafe weigerte, seinen Brief zurückzunehmen, bewilligte der König seine Eingabe in einer Note folgenden Inhalts: "Der Rittmeister von Blücher kann sich zum Teufel scheren." Er zog sich nun nach Polnisch-Schlesien zurück, heiratete bald darauf, wurde Landwirt, erwarb ein kleines Gut in Pommern und nach dem Tode Friedrichs II. trat er wieder in sein ehemaliges Regiment als Major ein, unter der ausdrücklichen Bedingung, daß seine Ernennung auf das Jahr 1779 zurückdatiert wurde. Einige Monate später starb seine Frau. Nachdem er an der unblutigen Invasion Hollands teilgenommen hatte, wurde er am 3. Juni 1788 zum Oberstleutnant ernannt. Am 20. August 1790 wurde er Oberst und Kommandeur des 1. Bataillons jenes Husarenregiments, in das er 1760 eingetreten war.
<171> Während der Kampagne in der Pfalz gegen das republikanische Frankreich im Jahre 1794 zeichnete er sich als Führer der leichten Kavallerie aus. Nach dem siegreichen Gefecht von Kirrweiler am 28. Mai 1794, zum Generalmajor befördert, sicherten ihm die Kämpfe von Luxemburg, Kaiserslautern, Morschheim, Weidenthal, Edesheim und Edenkoben ein steigendes Ansehen. Während er die Franzosen durch freche coups de main und erfolgreiche Unternehmungen in beständigem Alarm hielt, versäumte er niemals, das Hauptquartier mit den besten Nachrichten über die Bewegung des Feindes zu versehen. Sein während des Feldzugs geschriebenes Tagebuch, das 1796 von seinem Adjutanten Graf Goltz veröffentlicht wurde, wird trotz des ungefügen Stils als klassisches Werk über den Vorposten- und Patrouillendienst betrachtet. Nach dem Baseler Frieden heiratete Blücher wieder. Als Friedrich Wilhelm III. auf den Thron kam, ernannte er Blücher zum Generalleutnant; in dieser Eigenschaft besetzte er Erfurt, Mühlhausen und Münster und war dort als Gouverneur eingesetzt. 1805 wurde von ihm ein kleines Korps bei Bayreuth zusammengestellt, um die unmittelbaren Auswirkungen der Schlacht von Austerlitz für Preußen zu beobachten, nämlich die Besetzung des Fürstentums Ansbach durch das Korps Bernadottes.
Im Jahre 1806 führte er die preußische Avantgarde in der Schlacht bei Auerstedt. Sein Angriff wurde jedoch durch das fürchterliche Feuer der Artillerie Davouts gebrochen, und sein Rat, den Angriff mit neuen Kräften und der gesamten Kavallerie zu wiederholen, wurde vom preußischen König abgelehnt. Nach der doppelten Niederlage bei Auerstedt und Jena zog er sich elbabwärts zurück, während Napoleon den Hauptteil der preußischen Armee in einer einzigen wilden Jagd von Jena nach Stettin trieb. Auf seiner Rückzugsbewegung nahm Blücher die Reste verschiedener Korps auf, wodurch seine Armee auf ungefähr 25.000 Mann anwuchs. Sein Rückzug nach Lübeck vor den vereinigten Kräften von Soult, Bernadotte und Murat bildet eine der wenigen ehrenvollen Episoden in dieser Epoche deutscher Erniedrigung. Da Lübeck neutrales Territorium war, forderte er dadurch, daß er die Straßen dieser offenen Stadt zum Schauplatz eines erbitterten Kampfes machte und sie einer dreitägigen Plünderung durch die französische Soldateska aussetzte, zur schärfsten Verurteilung seiner Handlungsweise heraus; doch unter den bestehenden Verhältnissen war es das wichtigste, dem deutschen Volk zumindest ein Beispiel entschlossenen Widerstandes zu geben. Aus Lübeck hinausgeworfen, mußte er schließlich am 7. November 1806 in der Ebene von Ratekau kapitulieren, stellte aber die ausdrückliche Bedingung, daß schriftlich festgehalten werde, die Über- <172> gabe sei durch "Mangel an Waffen und Lebensmitteln" verursacht worden. Auf sein Ehrenwort hin freigelassen, ging er nach Hamburg, um dort in der Gesellschaft seiner Söhne die Zeit mit Kartenspielen, Rauchen und Trinken totzuschlagen. Nachdem er gegen General Victor ausgetauscht worden war, wurde er zum Generalgouverneur von Pommern ernannt; doch einer der geheimen Artikel in dem Bündnis, das am 24. Februar 1812 von Preußen mit Napoleon abgeschlossen wurde, bestimmte die Entlassung Blüchers aus dem Dienst ebenso wie die Scharnhorsts und anderer hervorragender preußischer Patrioten. Um diese offizielle Ungnade zu mildern, übereignete ihm der König heimlich das schöne Gut Kunzendorf in Schlesien.
In den Jahren, die die Periode des Übergangs vom Tilsiter Frieden zu den deutschen Freiheitskriegen kennzeichneten, wählten Scharnhorst und Gneisenau, die Leiter des Tugendbundes, die einen Volkshelden haben wollten, Blücher dafür aus. Bei der Verbreitung seines Ruhmes unter den Massen hatten sie so guten Erfolg, daß sie, als Friedrich Wilhelm III. in der Proklamation vom 17. März 1813 die Preußen zu den Waffen rief, stark genug waren, ihn dem König als Oberkommandierenden der preußischen Armee aufzuzwingen. In den wacker durchfochtenen, aber für die Verbündeten unglücklich verlaufenen Schlachten von Lützen und Bautzen kämpfte Blücher unter dem Kommando von Wittgenstein. Während des Rückzugs der verbündeten Armeen von Bautzen nach Schweidnitz lag er bei Haynau im Hinterhalt, aus dem er mit seiner Kavallerie über die vorgeschobenen französischen Garden unter Maison herfiel, der dabei 1.500 Mann und 11 Geschütze verlor. Durch diesen Überfall hob Blücher den Kampfgeist der preußischen Armee und veranlaßte Napoleon bei der Verfolgung zu größter Vorsicht.
Blüchers Kommando über eine selbständige Armee beginnt mit Ablauf des Waffenstillstandes von Trachenberg am 10. August 1813. Die verbündeten Monarchen hatten damals ihre Streitkräfte in 3 Armeen geteilt; die Nordarmee unter Bernadotte, die entlang der unteren Elbe aufgestellt war, die Hauptarmee, die durch Böhmen vorrückte; und die Schlesische Armee mit Blücher als Oberkommandierenden, von Gneisenau als Chef des Stabes und Müffling als Oberquartiermeister unterstützt. Diese beiden Männer, die ihm im gleichen Rang bis zum Frieden im Jahre 1815 beigegeben waren, lieferten alle seine strategischen Pläne. Müffling erklärt,
"daß der alte Fürst Blücher von der Kriegführung gar nichts verstand, ja so wenig, daß, wenn ihm ein Plan zur Genehmigung vorgelegt wurde, selbst wenn er eine unbedeutende Operation betraf, er sich kein klares Bild davon machen und kein Urteil darüber fällen konnte, ob er gut oder schlecht war".
<173> Wie viele der Marschälle Napoleons war er nicht imstande, eine Karte zu lesen. Die Schlesische Armee war aus drei corps d'armée zusammengesetzt: 40.000 Russen unter Graf Langeron, 16.000 Mann unter Baron von Sacken und ein preußisches Korps von 40.000 Mann unter General York. Blüchers Stellung an der Spitze dieser heterogenen Armee war äußerst schwierig. Langeron, der schon eine selbständige Befehlsgewalt ausgeübt hatte und dem es widerstrebte, unter einem ausländischen General zu dienen, war überdies bekannt, daß Blücher geheime Order erhalten hatte, sich auf die Defensive zu beschränken, aber er hatte überhaupt keine Ahnung, daß letzterer am 1. August in einer Unterredung mit Barclay de Tolly bei Reichenbach die Erlaubnis erlangt hatte, den Umständen entsprechend zu handeln. So hielt sich Langeron für berechtigt, Befehle immer dann zu mißachten, wenn der Oberkommandierende von dem vereinbarten Plan abzuweichen schien, und in dieser rebellischen Haltung wurde er von General York kräftig unterstützt.
Die aus dieser Lage der Dinge heraufziehende Gefahr wurde immer drohender, bis die Schlacht an der Katzbach Blücher jene Gewalt über seine Armee gab, die sie bis vor die Tore von Paris führte. Marschall Macdonald, von Napoleon beauftragt, die Schlesische Armee in das Innere Schlesiens zurückzutreiben, begann am 26. August die Schlacht mit einem Angriff auf Blüchers Vorposten, die von Prausnitz bis Kroitsch standen, wo die Neiße in die Katzbach fließt. Die sogenannte Schlacht an der Katzbach bestand in Wirklichkeit aus 4 verschiedenen Treffen. Das erste war die Vertreibung von ungefähr 8 französischen Bataillonen, die kaum ein Zehntel der feindlichen Kräfte ausmachten, von einem Plateau hinter einer Erhebung auf dem rechten Ufer der Neiße durch einen Bajonettangriff, und dieser führte zu Ergebnissen, die in gar keinem Verhältnis zu seiner eigentlichen Bedeutung standen, und zwar aus folgenden Gründen:
Die von dem Plateau fliehenden Truppen wurden nicht bei Niedercrayn gesammelt und hinter der Katzbach bei Kroitsch belassen - in diesem Fall hätte ihre Flucht überhaupt keinen Einfluß auf den anderen Teil der französischen Armee gehabt;
die unter Sacken und Langeron auf dem linken Ufer der Neiße stehenden Korps brachten dem Feind bis zum Einbruch der Nacht verschiedene Niederlagen bei;
Marschall Macdonald, der persönlich auf dem linken Ufer der Neiße kommandierte, hatte sich gegen Langerons Angriffe bis 7 Uhr abends nur schwach verteidigt und ließ seine Truppen sofort nach Sonnenuntergang in einem solchen Zustand der Erschöpfung nach Goldberg marschieren, <174> daß sie nicht mehr kämpfen konnten und dem Feind in die Hände fallen mußten;
und schließlich, auf Grund der Witterungsverhältnisse in dieser Jahreszeit, ließen heftige Regenfälle die sonst unbedeutenden Flüsse, die die flüchtenden Franzosen überqueren mußten - die Neiße, die Katzbach, die Deichsel und die Bober -, zu reißenden Strömen anschwellen und machten die Straßen beinahe unpassierbar. So geschah es, daß die an sich unbedeutende Schlacht an der Katzbach in den Bergen an der linken Flanke der Schlesischen Armee mit Unterstützung der Landwehr dazu führte, daß 18.000 bis 20.000 Mann gefangengenommen sowie über 200 Geschütze und mehr als 300 Munitions-, Kranken- und Bagagewagen mit Bagage etc. erbeutet wurden.
Nach der Schlacht setzte Blücher alles daran, seine Streitkräfte anzuspornen, ihre äußerste Kraft für die Verfolgung des Feindes aufzubieten, wobei er ihnen mit Recht vor Augen hielt, daß sie sich, wenn sie "tüchtig darauf losgehen, eine neue Schlacht sparen". Am 3. September überschritt er mit seiner Armee die Neiße, und am 4. marschierte er durch Bischofswerda, um sich in Bautzen zu sammeln. Durch diese Bewegung rettete er die Hauptarmee, die, am 27. August in Dresden geschlagen und zum Rückzug über das Erzgebirge gezwungen, nun aus einer gefährlichen Lage befreit worden war; Napoleon war infolgedessen gezwungen, mit Verstärkungen nach Bautzen vorzurücken, um dort die Armee aufzunehmen, die an der Katzbach geschlagen worden war, und der Schlesischen Armee eine Schlacht zu liefern. Während Blücher im Südosten Sachsens am rechten Ufer der Elbe stand, wich er stets einer Schlacht, wenn sie von Napoleon angeboten wurde, durch eine Reihe von Rückzügen und Vormärschen aus, aber kämpfte, wenn er einzelnen Detachements der französischen Armee gegenüberstand. Am 22., 23. und 24. September führte er einen Flankenmarsch rechts vom Feinde durch, wobei er in Eilmärschen zur unteren Elbe, in die Nähe der Nordarmee, vorrückte. Am 2. Oktober schlug er eine Pontonbrücke über die Elbe bei Elster und setzte am Morgen des 3. seine Armee über. Diese Bewegung, die nicht nur kühn, sondern sogar waghalsig war, da er seine Verbindungslinien vollständig aufgab, war durch höhere politische Gründe bedingt und führte schließlich zur Schlacht bei Leipzig, welche die langsame und übervorsichtige Hauptarmee nie gewagt hätte, wenn nicht Blücher gewesen wäre.
Die Nordarmee unter dem Oberbefehl Bernadottes war ungefähr 90.000 Mann stark, und es war daher von größter Bedeutung, daß sie nach Sachsen marschierte. Durch Blüchers enge Verbindung mit Bülow und <175> Wintzingerode, den Befehlshabern des preußischen und des russischen Korps, die einen Teil der Nordarmee bildeten, erhielt Blücher die überzeugendsten Beweise, daß Bernadotte mit den Franzosen liebäugelte und daß es unmöglich war, ihn zu irgendeiner Aktivität zu bewegen, solange er allein auf einem separaten Kriegsschauplatz blieb. Bülow und Wintzingerode erklärten sich bereit, auch entgegen Bernadotte zu handeln, doch verlangten sie dafür die Unterstützung von 100.000 Mann. Daher entschloß sich Blücher zu seinem Flankenmarsch, auf dem er bestand, obwohl er von den Monarchen Befehle hatte, sich nahe an ihre Linke gegen Böhmen zu halten. Er war von dieser Absicht auch durch die Hindernisse nicht abzubringen, die ihm Bernadotte systematisch in den Weg legte, selbst nachdem die Schlesische Armee die Elbe überquert hatte. Bevor Blücher Bautzen verließ, sandte er einen Offizier vertraulich zu Bernadotte, um mitteilen zu lassen, daß er, da die Nordarmee allein zu schwach wäre, um am linken Ufer der Elbe zu operieren, mit der Schlesischen Armee kommen würde und bei Elster am 3. Oktober übersetzen werde; er fordere Bernadotte deshalb auf, zur gleichen Zeit die Elbe zu überschreiten und mit ihm nach Leipzig vorzurücken. Da Bernadotte diese Botschaft nicht beachtete und der Feind Wartenburg gegenüber Elster besetzte, trieb Blücher diesen erst aus der Stadt hinaus und begann dann zum Schutz vor einem eventuellen Überfall durch Napoleons gesamte Kräfte ein befestigtes Lager von Wartenburg bis Bleddin aufzuschlagen. Dann stieß er gegen die Mulde vor.
Am 7. Oktober wurde in einer Unterredung mit Bernadotte vereinbart, daß beide Armeen nach Leipzig marschieren sollten. Am 9. Oktober, während sich die Schlesische Armee auf den Marsch vorbereitete, bestand Bernadotte, nachdem er vom Vorrücken Napoleons auf der Meißener Straße gehört hatte, auf einen Rückzug hinter die Elbe und willigte nur unter der Bedingung ein, auf ihrem linken Ufer zu bleiben, wenn sich Blücher entschlösse, mit ihm gemeinsam die Saale zu überqueren, um hinter diesem Fluß Stellung zu beziehen. Obwohl die Schlesische Armee durch diese Bewegung von neuem ihre Verbindungslinie aufgab, willigte Blücher ein, da sonst die Nordarmee für die Verbündeten effektiv verloren gewesen wäre. Am 10. Oktober stand die gesamte Schlesische Armee mit der Nordarmee vereint auf dem linken Ufer der Mulde, deren Brücken zerstört waren. Jetzt erklärte Bernadotte, daß ein Rückzug nach Bernburg nötig geworden sei, und Blücher, der nur im Auge hatte, ihn davon abzuhalten, auf das rechte Ufer der Elbe zurückzugehen, gab wieder nach unter der Bedingung, daß Bernadotte die Saale bei Wettin überqueren und dort Stellung beziehen solle. Am 11 Oktober, als seine Kolonnen gerade die <176> Chaussee von Magdeburg nach Halle passierten, erhielt Blücher die Nachricht, daß Bernadotte trotz seines eindeutigen Versprechens bei Wettin keine Brücke gebaut hätte, sondern entschlossen wäre, diese Chaussee in Eilmärschen entlangzuziehen.
Napoleon sah, daß die Nordarmee und die Schlesische Armee einer Schlacht auswichen, die er ihnen durch eine Konzentration bei Düben angeboten hatte, und wußte, daß das ohne einen Rückzug über die Elbe nicht zu vermeiden war; er wußte aber gleichzeitig auch, daß er bis zu einem Zusammentreffen mit der Hauptarmee nur noch 4 Tage Zeit hatte und dann zwischen zwei Feuer geraten würde; deshalb unternahm er einen Marsch auf das rechte Elbufer nach Wittenberg zu, um durch dieses Täuschungsmanöver die Nordarmee und die Schlesische Armee über die Elbe zu ziehen und dann einen schnellen Schlag gegen die Hauptarmee zu führen. Bernadotte, der um seine Verbindungslinien mit Schweden besorgt war, gab auch wirklich seiner Armee den Befehl, über eine bei Aken gebaute Brücke ohne Verzug auf das rechte Ufer der Elbe zu setzen, und am gleichen Tage, dem 13. Oktober, informierte er Blücher, daß der Zar Alexander ihn (Blücher) aus gewissen wichtigen Gründen unter seinen Befehl gestellt habe. Dementsprechend forderte er ihn auf, seinen Bewegungen auf das rechte Ufer der Elbe zu folgen. Hätte Blücher bei dieser Gelegenheit weniger Entschlußkraft gezeigt und wäre er der Nordarmee gefolgt, so wäre der Feldzug verloren gewesen, denn dann wären die Schlesische und die Nordarmee, zusammen ungefähr 200.000 Mann, in der Schlacht bei Leipzig nicht dabei gewesen. Er schrieb Bernadotte als Antwort, daß Napoleon nach all seinen Informationen gar nicht daran denke, den Schauplatz des Krieges auf das rechte Elbufer zu verlegen, sondern sie irreführen wolle. Zugleich beschwor er Bernadotte, seine beabsichtigte Bewegung über die Elbe aufzugeben. Nachdem Blücher inzwischen immer wieder und wieder die Hauptarmee aufgefordert hatte, nach Leipzig vorzustoßen, und vorgeschlagen hatte, dort mit ihr zusammenzutreffen, erhielt er endlich am 15. Oktober die langerwartete Zustimmung. Er rückte sofort nach Leipzig vor, während sich Bernadotte nach Petersberg zurückzog. Auf seinem Marsch von Halle nach Leipzig am 16. Oktober schlug Blücher bei Möckern das 6. französische Armeekorps unter Marmont in einer heißen Schlacht, in der er 54 Geschütze erbeutete. Er sandte Bernadotte, der am ersten Tag der Schlacht bei Leipzig nicht zugegen war, unverzüglich einen Bericht über den Ausgang des Kampfes. Am zweiten Kampftage, dem 17. Oktober, vertrieb Blücher den Feind vom rechten Ufer der Parthe mit Ausnahme einiger Häuser und Verschanzungen nahe dem Halleschen Tor. Am 18. hatte er <177> bei Tagesanbruch mit Bernadotte bei Breitenfeld eine Konferenz, und dieser erklärte, auf dem linken Ufer der Parthe nicht angreifen zu können, wenn Blücher ihm nicht für diesen Tag 30.000 Mann der Schlesischen Armee gäbe. Blücher, der nur das Gesamtinteresse im Auge hatte, stimmte ohne Zögern zu, doch unter der Bedingung, daß er selbst bei diesen 30.000 Mann bleiben und damit ihr kraftvolles Zusammenwirken bei dem Angriff sichern könne.
Nach dem endgültigen Sieg am 19. Oktober und während des ganzen Rückzuges Napoleons von Leipzig zum Rhein wurde dieser nur von Blücher ernsthaft verfolgt. Während sich die kommandierenden Generale am 19. Oktober mit den Monarchen auf dem Leipziger Marktplatz trafen und wertvolle Zeit mit gegenseitigen Komplimenten verschwendeten, war seine Schlesische Armee bereits auf dem Marsch nach Lützen, um den Feind zu verfolgen. Auf dem Marsch von Lützen nach Weißenfels holte ihn Prinz Wilhelm von Preußen ein, um ihm die Ernennung zum preußischen Feldmarschall zu überbringen. Die verbündeten Monarchen hatten es Napoleon ermöglicht, einen Vorsprung zu gewinnen, der nie wieder eingeholt werden konnte, denn von Eisenach an sah sich Blücher jeweils nachmittags an der Stelle, die Napoleon am Morgen verlassen hatte. Als er gerade nach Köln marschieren wollte, um dort den Rhein zu überschreiten, wurde er zurückgerufen, um Mainz auf dem linken Ufer einzuschließen; seine schnelle Verfolgung bis zum Rhein hatte den Rheinbund auseinandergerissen und dessen Truppen von den französischen Divisionen gelöst, in deren Reihen sie noch immer standen. Während das Hauptquartier der Schlesischen Armee bei Höchst aufgeschlagen wurde, marschierte die Hauptarmee den Oberrhein entlang. So endete der Feldzug von 1813, dessen Erfolg lediglich Blüchers kühnem Unternehmungsgeist und seiner eisernen Energie zuzuschreiben ist.
Die Verbündeten waren sich über den jetzt zu befolgenden Operationsplan uneinig; die einen schlugen vor, am Rhein zu bleiben und dort eine Defensivstellung einzunehmen; die anderen wollten über den Rhein gehen und nach Paris marschieren. Nach vielem Hin und Her auf seiten der Monarchen setzten sich Blücher und seine Freunde durch, und es wurde beschlossen, in einer konzentrischen Bewegung auf Paris zu marschieren; die Hauptarmee sollte von der Schweiz aus vorrücken, Bülow von Holland aus und Blücher mit der Schlesischen Armee vom Mittelrhein. Für den neuen Feldzug erhielt Blücher 3 zusätzliche Korps, nämlich das von Kleist, das des Kurfürsten von Hessen und das des Herzogs von Sachsen-Coburg. Nachdem er einen Teil des Korps von Langeron zur Einschließung von <178> Mainz zurückgelassen und veranlaßt hatte, daß die neuen Verstärkungen als zweite Division folgten, überschritt Blücher am 1. Januar 1814 den Rhein an drei Stellen: bei Mannheim, Caub und Koblenz, trieb Marmont hinter die Vogesen und die Saar in das Moseltal, stellte das Yorksche Korps zwischen die Moselfestungen und rückte mit einer Streitmacht von 28.000 Mann, die aus dem Korps Sackens und einer Division des Korps Langerons bestand, über Vaucouleurs und Joinville nach Brienne vor, um sich mit der Hauptarmee zu seiner Linken zu vereinigen. Er wurde am 29. Januar von Napoleon, dessen Kräfte 40.000 Mann umfaßten, bei Brienne angegriffen; Yorks Korps war noch von der Schlesischen Armee detachiert, und die Hauptarmee, 110.000 Mann stark, hatte erst Chaumont erreicht. Demzufolge sah sich Blücher den weit überlegenen Kräften Napoleons gegenüber, aber dieser griff ihn weder mit dem üblichen Nachdruck an, noch hinderte er Blücher am Rückzug nach Trannes, von einigen Kavalleriescharmützeln abgesehen. Nachdem Napoleon Brienne erobert, einen Teil seiner Truppen in der Umgebung gelassen und Dienville, La Rothière und Chaumênil mit 3 verschiedenen Korps genommen hatte, wäre er am 30. Januar in der Lage gewesen, mit zahlenmäßiger Überlegenheit über Blücher herzufallen, da dieser immer noch auf seine Verstärkung wartete. Napoleon blieb jedoch passiv, während sich die Hauptarmee bei Bar-sur-Aube konzentrierte und einige Detachements Blüchers rechte Flanke stärkten. Die Inaktivität des Kaisers erklärt sich aus seinen Hoffnungen auf die Verhandlungen des Friedenskongresses von Châtillon, den er zustande gebracht hatte und durch den er Zeit zu gewinnen hoffte. Nachdem sich die Schlesische Armee mit der Hauptarmee vereinigt hatte, bestanden die Anhänger diplomatischer Verhandlungen tatsächlich darauf, daß während der Verhandlungen auf der Friedenskonferenz der Krieg nur zum Schein geführt werden sollte. Fürst Schwarzenberg sandte einen Offizier zu Blücher um dessen Einwilligung zu erwirken; doch Blücher entließ ihn mit der Antwort:
"Wir müssen nach Paris. Napoleon hat allen Hauptstädten Europas seinen Besuch abgestattet; sollten wir weniger höflich sein? Kurz, er muß dem Thron entsagen, und bis er nicht heruntergeworfen ist, werden wir keine Ruhe haben."
Er wies nachdrücklich auf die großen Vorteile eines Angriffs der Verbündeten auf Napoleon bei Brienne hin, bevor dieser den Rest seiner Truppen heranbringen konnte, und bot sich selbst für diesen Angriff an, wenn er nur während der Abwesenheit Yorks Verstärkung erhalten könne. Die Erwägung, daß die Armee in dem öden Tal der Aube nicht bestehen <179> könne und, wenn sie nicht angreife, zurückweichen müsse, hatte zur Folge, daß sich sein Rat durchsetzte. Man entschied sich für die Schlacht, aber Fürst Schwarzenberg stellte Blücher nur das Korps des Kronprinzen von Württemberg (40.000 Mann), das von Gyulay (12.000) und das von Wrede (12.000) zur Verfügung, anstatt die vorhandenen vereinten Kräfte auf den Feind zu werfen. Napoleon seinerseits wußte nichts von dem Eintreffen der Hauptarmee, noch vermutete er etwas. Als ihm am 1. Februar gegen 1 Uhr mittags gemeldet wurde, daß Blücher vorrücke, wollte er es nicht glauben. Nachdem er sich dessen vergewissert hatte, bestieg er sein Pferd mit dem Gedanken, einer Schlacht auszuweichen, und gab Berthier entsprechende Befehle. Als er jedoch zwischen dem alten Brienne und La Rothière zu der jungen Garde kam, die, als sich der Kampflärm näherte, zu den Waffen gegriffen hatte, wurde er mit solchem Enthusiasmus empfangen, daß er sich in der Lage glaubte, die Gelegenheit wahrzunehmen, und ausrief: "L'artillerie en avant!" <"Artillerie vorwärts!"> So begann sich gegen 4 Uhr die Affäre von La Rothière ernsthaft zu entwickeln. Nach dem ersten Rückschlag nahm Napoleon jedoch persönlich keinen Anteil mehr an der Schlacht. Da sich seine Infanterie in dem Dorf La Rothière festgesetzt hatte, war der Kampf lang und hartnäckig, und Blücher mußte sogar seine Reserven heranholen. Die Franzosen wurden nicht vor 11 Uhr nachts aus dem Dorf getrieben, als Napoleon den Rückzug seiner Armee befahl, die einen Verlust von 4.000 bis 5.000 Toten und Verwundeten, 2.500 Gefangenen und 53 Geschützen erlitten hatte. Wenn die Verbündeten, die damals nur einen Sechstagemarsch von Paris entfernt waren, kräftig vorgestoßen wären, hätte Napoleon ihrer gewaltigen zahlenmäßigen Überlegenheit erliegen müssen; doch die Monarchen, immer noch ängstlich alles vermeidend, was Napoleon von einem Friedensschluß auf dem Kongreß von Châtillon abhalten könnte, ließen es zu, daß Fürst Schwarzenberg, der Oberbefehlshaber der Hauptarmee, jeden Vorwand benutzte, um einem entscheidenden Kampf aus dem Wege zu gehen.
Während Napoleon Marmont befahl, auf dem rechten Ufer der Aube nach Ramerupt zurückzugehen, und er sich selbst durch einen Flankenmarsch nach Troyes zurückzog, teilte sich die Armee der Verbündeten in zwei Armeen. Die Hauptarmee rückte langsam nach Troyes vor, und die Schlesische Armee marschierte zur Marne, wo Blücher sicher war, auf York und einen Teil der unter dem Befehl von Langeron und Kleist stehenden Korps zu stoßen, so daß seine Gesamtkräfte auf 50.000 Mann ansteigen <180> würden. Sein Plan bestand darin, Marschall Macdonald, der inzwischen an der unteren Marne erschienen war, bis Paris zu verfolgen, während Schwarzenberg den Hauptteil der französischen Armee an der Seine in Schach halten sollte. Napoleon aber, der sah, daß die Verbündeten ihren Sieg nicht zu nutzen wußten, und der sicher war, die Seine zu erreichen, bevor die Hauptarmee in Richtung Paris weit gekommen sein konnte, beschloß, über die schwächere Schlesische Armee herzufallen. Demzufolge ließ er 20.000 Mann unter Victor und Oudinot gegenüber den 100.000 Mann der Hauptarmee zurück, rückte mit 40.000 Mann, den Korps von Mortier und Ney, in Richtung auf die Marne vor, nahm Marmonts Korps bei Nogent auf und kam am 9, Februar mit diesen vereinigten Kräften in Sézanne an. Inzwischen war Blücher über St. Ouen und Sommepuis auf der kleinen Straße, die nach Paris führt, vorgedrungen und schlug am 9. Februar bei dem Städtchen Vertus sein Hauptquartier auf. Die Verteilung seiner Kräfte war folgende: ungefähr 10.000 Mann bei seinem Hauptquartier; 18.000 Mann unter York, zwischen Dormans und Château-Thierry aufgestellt, um Macdonald zu verfolgen, der bereits auf der großen Poststraße von Épernay nach Paris war; 30 000 Mann unter Sacken zwischen Montmirail und La-Ferté-sous-Jouarre, die die geplante Vereinigung von Sébastianis Kavallerie mit Macdonald verhindern und letzterem bei La-Ferté-sous-Jouarre den Weg abschneiden sollten; der russische General Olssufjew mit 5.000 Mann wurde in Champaubert einquartiert. Diese fehlerhafte Verteilung, durch die die Schlesische Armee sehr weit en échelon auseinandergezogen wurde, resultierte aus den widerstreitenden Motiven, die Blücher beeinflußten. Einerseits wollte er Macdonald den Weg verlegen und dessen Vereinigung mit Sébastianis Kavallerie verhindern; andererseits wollte er die Korps von Kleist und Kapzewitsch aufnehmen, die von Châlons aus vorrückten und am 9. oder 10. erwartet wurden, um sich mit ihm vereinigen. Das eine Motiv hielt ihn zurück, das andere trieb ihn vorwärts. Am 9. Februar fiel Napoleon bei Champaubert über Olsufjew her und schlug ihn. Blücher rückte mit Kleist und Kapzewitsch, die inzwischen eingetroffen waren, jedoch ohne den größeren Teil ihrer Kavallerie, gegen Marmont vor, der von Napoleon detachiert worden war, und folgte ihm auf seinem Rückzug nach La Fère-Champenoise, aber als Blücher von der Niederlage Olsufjews erfuhr, kehrte er in derselben Nacht mit 2 Korps nach Bergères zurück, um die Straße nach Châlons zu decken. Sacken hatte nach einem erfolgreichen Kampf Macdonald bei Trilport am 10. über die Marne getrieben, doch als er am Abend desselben Tages von Napoleons Marsch nach Champaubert hörte, eilte er am 11. nach Montmirail zurück. Bevor <181> er es erreicht hatte, mußte er sich bei Vieux Maisons Kaiser Napoleon stellen, der von Montmirail aus gegen ihn vorstieß. Sacken wurde mit großen Verlusten geschlagen, ehe sich York mit ihm vereinigen konnte; erst danach vollzogen die beiden Generale bei Viffort ihren Zusammenschluß und zogen sich am 12. Februar nach Château-Thierry zurück. Dort mußte York ein sehr verlustreiches Nachhutgefecht bestehen und ging dann nach Oulchy-la-Ville zurück.
Napoleon hatte Mortier befohlen, York und Sacken auf der Straße nach Fismes zu verfolgen, und blieb am 13. in Château-Thierry. Ungewiß darüber, wo York und Sacken waren und welche Erfolge ihre Kämpfe hatten, beobachtete Blücher von Bergères aus am 11. und 12. ruhig, wie sich Marmont ihm gegenüber bei Etoges aufstellte. Am 13. von der Niederlage seiner Generale benachrichtigt und in der Annahme, daß sich Napoleon auf die Suche nach der Hauptarmee gemacht habe, gab er der Versuchung nach, einen Todesstreich gegen Marmont zu führen, den er für Napoleons Nachhut hielt. Nach Champaubert vorrückend, drängte er Marmont nach Montmirail, wo sich dieser am 14. mit Napoleon vereinigte, der sich nun seinerseits gegen Blücher wandte. Napoleon stieß mit 20.000 Mann, aber fast ohne Kavallerie, mittags bei Vauchamps auf Blücher, griff ihn an, umging dessen Kolonnen mit der Kavallerie und warf ihn mit großen Verlusten nach Champaubert zurück. Auf ihrem Rückzug aus diesem Ort hätte die Schlesische Armee vor Einbruch der Dunkelheit ohne beträchtliche Verluste Etoges erreichen können, wenn Blücher nicht an der bedachtsamen Langsamkeit der Rückzugsbewegung Gefallen gefunden hätte. Er wurde daher auf seinem Marsch ständig angegriffen, und ein Detachement seiner Truppen, die Division des Prinzen August von Preußen, wurde auf ihrem Marsch durch Etoges aus den Seitenstraßen dieser Stadt erneut bedrängt. Blücher erreichte sein Lager bei Bergères ungefähr um Mitternacht, brach nach einigen Stunden Rast nach Châlons auf, traf dort am 15. Februar mittags ein und vereinigte sich am 16. und 17. mit den Truppen von York und Sacken. Die verschiedenen Gefechte bei Champaubert, Montmirail, Château-Thierry, Vauchamps und Etoges hatten Blücher 15.000 Mann und 27 Geschütze gekostet, wobei Gneisenau und Müffling allein für die strategischen Fehler verantwortlich sind, die zu diesen Niederlagen führten.
Napoleon und Ney überließen es Marmont und Mortier, Blücher zu stellen, und kehrten in Eilmärschen zur Seine zurück, wo Schwarzenberg Victor und Oudinot zurückgetrieben hatte, die sich über den Yères zurückgezogen und dort 12.000 Mann unter Macdonald sowie einige Verstärkungen aus Spanien aufgenommen hatten. Am 16. wurden sie durch die plötz- <182> liche Ankunft Napoleons überrascht, dem am 17. seine Truppen folgten. Nach seiner Vereinigung mit den Marschällen eilte Napoleon Schwarzenberg entgegen, den er auf einem ausgedehnten Dreieck zwischen Nogent, Montereau und Sens aufgestellt fand. Als die unter Schwarzenbergs Kommando stehenden Generale Wittgenstein, Wrede und der Kronprinz von Württemberg nacheinander von Napoleon angegriffen und geschlagen worden waren, gab Fürst Schwarzenberg Fersengeld, zog sich nach Troyes zurück und benachrichtigte Blücher, zu ihm zu stoßen, damit sie gemeinsam an der Seine eine Schlacht liefern könnten. Blücher, der inzwischen neue Verstärkungen erhalten hatte, folgte diesem Ruf sofort, traf an 21. Februar in Méry ein und wartete dort am 22. einen ganzen Tag auf die Dispositionen für die versprochene Schlacht. Am Abend erfuhr er, daß Napoleon durch den Fürsten von Liechtenstein ein Waffenstillstand angeboten worden war und Napoleon darauf mit einer glatten Ablehnung geantwortet hatte. Blücher schickte sofort einen Offizier vertraulich nach Troyes und beschwor Fürst Schwarzenberg, die Schlacht zu liefern, und bot sich sogar an, dies allein zu tun, die Hauptarmee müsse nur eine Reserve bilden. Aber Schwarzenberg war durch die Nachricht, daß Augereau General Bubna bis in die Schweiz zurückgetrieben hatte, noch mehr erschrocken und hatte bereits den Rückzug nach Langres befohlen.
Blücher begriff sofort, daß ein Rückzug auf Langres zu einem Rückzug hinter den Rhein führen würde, und um Napoleon von der Verfolgung der entmutigten Hauptarmee abzuziehen, beschloß er, erneut in gerader Richtung auf Paris gegen die Marne zu marschieren. Er konnte jetzt damit rechnen, dort eine Armee von 100.000 Mann zusammenzubringen; denn Wintzingerode hatte mit ungefähr 25.000 Mann die Gegend von Reims erreicht und Bülow mit 16.000 Mann Laon, der Rest des Kleistschen Korps aus Erfurt und der Rest von Langerons Korps unter Saint-Priest aus Mainz wurden noch erwartet.
Diese zweite Trennung Blüchers von der Hauptarmee war es, die das Blatt gegen Napoleon wendete. Wenn dieser der zurückweichenden Hauptarmee gefolgt wäre statt der vorrückenden Schlesischen, dann wäre der Feldzug für die Verbündeten verloren gewesen. Den einzigen schwierigen Punkt bei Blüchers Vormarsch, die Aube zu überschreiten, ehe ihm Napoleon gefolgt war, überwand er durch eine Pontonbrücke bei Anglure am 24. Februar. Napoleon befahl Oudinot und Macdonald, mit ungefähr 25.000 Man der Hauptarmee zu folgen, und verließ Herbisse mit Ney und Victor zusammen am 26. zur Verfolgung der Schlesischen Armee. Auf Blüchers Mitteilung hin, daß die Hauptarmee nur noch 2 Marschälle vor sich habe, <183> beendete Schwarzenberg seinen Rückzug, faßte Mut, wandte sich gegen Oudinot und Macdonald und schlug sie am 27. und 28. Februar. Blücher beabsichtigte, seine Armee an einem Punkt möglichst nahe bei Paris zu konzentrieren. Marmont stand mit seinen Truppen noch immer bei Sézanne, Mortier bei Château-Thierry. Während Blüchers Vormarsch zog sich Marmont zurück und vereinigte sich am 26. mit Mortier bei La-Ferté-sous-Jouarre, um von dort mit Mortier nach Meaux zurückzugehen. Da Blüchers Versuch, in 2 Tagen den Ourcq zu überqueren und mit einer stark vorgeschobenen Front die beiden Marschälle zur Schlacht zu zwingen, fehlgeschlagen war, mußte er jetzt auf dem rechten Ufer des Ourcq marschieren. Er erreichte Oulchy-le-Château am 2. März, hörte am Morgen des 3. von der Kapitulation von Seissons, die Bülow und Wintzingerode erreicht hatten, überschritt im Laufe desselben Tages die Aisne und konzentrierte seine gesamte Armee bei Soissons. Napoleon, der die Marne bei La-Ferté-sous-Jouarre zwei Eilmärsche hinter Blücher überschritten hatte, rückte in Richtung auf Château-Thierry und Fismes vor, nachdem er die Vesle passiert hatte, und überquerte die Aisne bei Berry-au-Bac am 6. März nach der Wiedereroberung von Reims durch ein Detachement seiner Armee. Blücher hatte ursprünglich beabsichtigt, Napoleon bei dessen Übergang über die Aisne hinter dem Fluß anzugreifen, und seine Truppen für diesen Zweck zusammengezogen. Als er merkte, daß Napoleon die Richtung Fismes und Berry-au-Bac nahm, um links an der Schlesischen Armee vorbeizugehen, entschied er sich, Napoleon von Craonne aus in der Flanke anzugreifen, so bald dieser aus Berry-au-Bac herauskäme, so daß Napoleon gezwungen gewesen wäre, mit einem Defilee im Rücken zu kämpfen. Nachdem Blücher seine Kräfte bereits aufgestellt hatte, den rechten Flügel an der Aisne, den linken an der Lette, auf halbem Wege zwischen Soissons und Craonne, gab er diesen ausgezeichneten Plan wieder auf, denn er hatte erfahren, daß Wintzingerode es zugelassen hatte, daß Napoleon am 6. Berry-au-Bac unbehelligt passieren und sogar ein Detachement auf der Straße nach Laon vorschieben konnte. Blücher hielt es jetzt für notwendig, an keiner anderen Stelle als bei Laon eine entscheidende Schlacht anzunehmen.
Um Napoleon aufzuhalten, der über Corbeny auf der Chaussee von Reims Laon ebenso schnell erreichen konnte wie die Schlesische Armee von Craonne aus, stellte Blücher das Korps Woronzows zwischen der Aisne und der Lette auf dem starken Plateau von Craonne auf, während er 10.000 Reiter unter Wintzingerode aussandte, die über Festieux nach Corbeny vorstoßen und Napoleon in die Flanke und in den Rücken fallen sollten, sobald Napoleon Woronzow angreifen würde. Da Wintzingerode das <184> ihm befohlene Manöver nicht ausführte, vertrieb Napoleon Woronzow am 7. von dem Plateau, verlor aber selbst 8.000 Mann, während Woronzow mit einem Verlust von 4.700 Mann entkommen konnte und in der Lage war, sich geordnet zurückzuziehen.
Am 8. hatte Blücher seine Truppen bei Laon konzentriert, wo die Schlacht das Schicksal beider Armeen entscheiden mußte. Abgesehen von Blüchers zahlenmäßiger Überlegenheit, konnten sich die 20.000 Reiter der Schlesischen Armee auf der weiten Ebene von Laon besonders gut entfalten. Laon selbst liegt auf dem Plateau eines einzelnen Berges, der auf jeder Seite einen Abhang von 12,16, 20 bis 30 Grad hat und an dessen Fuß 4 Dörfer liegen, und bot sowohl für die Verteidigung als auch für den Angriff große Vorteile. An diesem Tage wurde der von Napoleon angeführte linke französische Flügel zurückgeschlagen, während der rechte Flügel unter Marmont in den Biwaks bei Einbruch der Nacht überfallen und so vernichtend geschlagen wurde, daß der Marschall seine Truppen erst bei Fismes zum Halten bringen konnte. Napoleon, der mit seinem nur 35.000 Mann zählenden Flügel völlig isoliert und in einer schlechten Stellung eingepfercht war, hätte vor der weit größeren Zahl siegesbewußter Truppen zurückweichen müssen. Doch am folgenden Morgen erkrankte Blücher an einem Fieberanfall und einer Augenentzündung, und Napoleon blieb in provokatorischer Haltung weiterhin in derselben Stellung. Dadurch wurden die Männer, die jetzt die Operationen leiteten, so eingeschüchtert, daß sie nicht nur den bereits begonnenen Vormarsch ihrer eigenen Truppen stoppten, sondern Napoleon auch ermöglichten, sich bei Nachteinbruch ruhig nach Soissons zurückzuziehen.
Die Schlacht bei Laon hatte jedoch seine Kräfte physisch und moralisch gebrochen. Er versuchte vergeblich, durch die plötzliche Eroberung von Reims am 13. März, das in die Hände von Saint-Priest gefallen war, sein Ansehen wiederherzustellen. Seine Situation war jetzt so klar, daß selbst Schwarzenberg ihm standzuhalten wagte, als Napoleon am 17. und 18 auf Arcis-sur-Aube gegen die Hauptarmee vorrückte, obwohl er Napoleons 25 000 Mann nur 80.000 entgegenstellen konnte, und die Schlacht annahm, die vom 20. bis zum 21. dauerte. Als Napoleon sie abbrach, folgt ihm die Hauptarmee bis Vitry und vereinigte sich in seinem Rücken mit de Schlesischen Armee. In seiner Verzweiflung nahm Napoleon zu einem Rückzug nach St. Dizier seine letzte Zuflucht, er glaubte, mit seiner Handvoll Leute die gewaltige Armee der Verbündeten gefährden zu können, indem er ihre Hauptverbindungslinie abschneiden und ihnen den Rückzug zwischen Langres und Chaumont verlegen wollte. Diese Bewegung wurde von <185> den Verbündeten mit ihrem Vormarsch nach Paris beantwortet. Am 30. März fand die Schlacht vor Paris statt, in der die Schlesische Armee den Montmartre stürmte.
Obwohl Blücher seit der Schlacht von Laon noch nicht wiederhergestellt war, erschien er zu Pferde, mit einem Schirm über den Augen, für kurze Zeit auf dem Schlachtfeld. Doch nach der Kapitulation von Paris legte er sein Kommando unter dem Vorwand seiner Krankheit nieder; der wirkliche Grund war jedoch sein offen ausgesprochener Franzosenhaß, der mit der diplomatischen Haltung im Widerspruch stand, die die verbündeten Herrscher glaubten an den Tag legen zu müssen. So betrat er am 31. März Paris als Privatmann. Während des gesamten Feldzugs von 181 4 repräsentierte er allein in der Armee der Verbündeten das Prinzip der Offensive. Durch die Schlacht von La Rothière beschämte er die Châtillon-Friedensstifter; durch seine Entschlossenheit bei Méry rettete er die Verbündeten vor einem verderblichen Rückzug, und durch die Schlacht von Laon entschied er die erste Kapitulation von Paris,
Nach dem ersten Frieden von Paris begleitete er Zar Alexander und König Friedrich Wilhelm von Preußen bei deren Besuch nach England, wo er als der Held des Tages gefeiert wurde. Er wurde mit allen militärischen Orden Europas überschüttet; der König von Preußen stiftete für ihn den Orden des Eisernen Kreuzes, der Prinzregent von England <Georg> gab ihm sein Porträt, und die Oxford-Universität verlieh ihm den akademischen Grad eines Doktors der Rechte.
Im Jahre 1815 wiederum entschied er den letzten Feldzug gegen Napoleon. Obwohl jetzt 73 Jahre alt, bestand er nach der unglücklichen Schlacht bei Ligny am 16. Juni darauf, seine in die Flucht geschlagene Armee neu zu formieren und dem Sieger auf den Fersen zu bleiben; dadurch war Blücher in der Lage, am Abend des 18. Juni auf dem Schlachtfeld von Waterloo zu erscheinen, eine Heldentat, wie sie in der Kriegsgeschichte noch nicht dagewesen war. Seine Verfolgung der fliehenden Franzosen nach dieser Schlacht von Waterloo nach Paris hat nur in Napoleons außergewöhnlicher Verfolgung der Preußen von Jena nach Stettin eine Parallele. Blücher betrat jetzt Paris an der Spitze seiner Armee und verfehlte auch nicht, Müffling, seinen Oberquartiermeister, als militärischen Generalgouverneur von Paris einzusetzen. Er bestand darauf, daß Napoleon erschossen und die Jenaer Brücke gesprengt werde sowie die Schätze, die von den Franzosen in <186> den verschiedenen Hauptstädten geraubt worden waren, den ursprünglichen Eigentümern zurückgegeben werden. Seine erste Forderung wurde von Wellington zunichte gemacht und die zweite von den verbündeten Monarchen, lediglich die letzte wurde realisiert. Drei Monate blieb Blücher in Paris, wo er die Spieltische für rouge-et-noir sehr ausgiebig besuchte. Am Jahrestag der Schlacht an der Katzbach stattete er seiner Geburtsstadt Rostock einen Besuch ab, wo sich die Einwohner zusammenfanden, um ihm zu Ehren ein Denkmal zu errichten. Bei seinem Tode hatte die gesamte preußische Armee 8 Tage Trauer.
"Le vieux diable" <"Der alte Teufel">, wie er von Napoleon genannt wurde, "Marschall Vorwärts", wie er bei den Russen in der Schlesischen Armee hieß, war vor allem ein Kavalleriegeneral. Auf diesem Gebiet zeichnete er sich aus, da es nur taktische Anforderungen stellte, aber kein strategisches Wissen verlangte. Er teilte im höchsten Grade den allgemeinen Haß gegen Napoleon und gegen die Franzosen und war beim Volk wegen seiner plebejischen Passionen, wegen seines urwüchsigen gesunden Menschenverstandes, wegen seiner groben Manieren und seiner rauhen Redeweise beliebt, die allerdings bei passender Gelegenheit einen Anflug glühender Beredsamkeit erhielt. Er war das Muster eines Soldaten. Da er ein Beispiel an Tapferkeit in der Schlacht und an Unermüdlichkeit bei Anstrengungen gab; da er einen faszinierenden Einfluß auf den einfachen Soldaten ausübte; da sich mit seiner tollkühnen Bravour sein Scharfblick auf dem Terrain, seine Raschheit des Entschlusses in schwierigen Situationen, seine Zähigkeit in der Verteidigung, die seiner Energie im Angriff gleichkam, verbanden und da er klug genug war, bei einfacheren Kombinationen selbst den richtigen Weg zu finden und sich bei schwierigeren auf Gneisenau zu verlassen, war er der rechte General für die militärischen Operationen von 1813 bis 1815, die teils den Charakter eines regulären und teils den eines Insurrektionkrieges trugen.