Inhaltsverzeichnis Aufsätze für "The New American Cyclopædia"
Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke, (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 14, 4. Auflage 1972, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1961, Berlin/DDR. S. 144-145.
1. Korrektur.
Erstellt am 22.08.1998.
Geschrieben um den 5. Oktober 1857.
Aus dem Englischen.
["The New American Cyclopædia", Band III]
<144> Bombardement - die Beschießung einer Stadt oder Festung mit Bomben oder Granaten, um sie in Brand zu setzen. Ein Bombardement erfolgt entweder unsystematisch, wenn Schiffe, Feldbatterien oder eine verhältnismäßig geringe Zahl von Belagerungsbatterien Granaten auf einen Ort abfeuern, um die Einwohner und die Garnison einzuschüchtern und zu einer schnellen Übergabe zu veranlassen, sowie zu anderen Zwecken; oder das Bombardement erfolgt systematisch und stellt dann eine der Methoden der Vorbereitung eines Angriffs auf einen befestigten Ort dar. Der Angriff durch systematisches Bombardement wurde zum ersten Mal von den Preußen 1815, nach der Schlacht bei Waterloo, bei der Belagerung der Festungen in Nordfrankreich eingeführt. Da die französische Armee und die Anhänger Bonapartes damals sehr entmutigt waren und die übrige Bevölkerung sich nach Frieden sehnte, glaubte man, in diesem Falle auf die Formalitäten des alten methodischen Angriffs verzichten und statt dessen ein kurzes und schweres Bombardement durchführen zu können, das Brände und Explosionen von Magazinen verursachen und allen Einwohnern des Ortes die Nachtruhe rauben würde. Dadurch hoffte man in kurzer Zeit eine Übergabe zu erzwingen, und zwar entweder durch den moralischen Druck der Einwohner auf den Kommandanten oder durch das tatsächliche Ausmaß der verursachten Zerstörungen sowie durch Erschöpfung der Garnison. Der systematische Angriff durch direktes Feuer auf die Verteidigungsanlagen wurde zwar weiterhin angewandt, doch war er nun im Vergleich zu Vertikalfeuer und Beschuß aus schweren Haubitzen zu einem zweitrangigen Mittel geworden. In einigen Fällen war ein unsystematisches Bombardement ausreichend, in anderen jedoch mußte man zu einem systematischen Bombardement übergehen; aber in beiden Fällen wurde das Ziel erreicht. Heutzutage ist es eine Maxime in der Belagerungstheorie, daß es ebenso wichtig ist (wenn nicht wichtiger), durch Vertikalfeuer die Ressourcen <145> vernichten und Unsicherheit im Innern einer Festung hervorzurufen, wie die äußeren Verteidigungsanlagen durch direkten Beschuß und Rikoschettfeuer zu zerstören. Den größten Effekt wird ein Bombardement auf eine Festung mittlerer Größe mit zahlreicher Zivilbevölkerung haben, da die moralische Wirkung auf diese Menschen eines der Mittel ist, um den Kommandanten zur Übergabe zu zwingen. Für die Bombardierung einer großen Festung sind riesige Materialmengen erforderlich. Das beste Beispiel dafür ist die Belagerung von Sewastopol, bei der bis dahin ungekannte Mengen von Granaten benötigt wurden. Derselbe Krieg liefert das beste Beispiel eines unsystematischen Bombardements in dem Angriff auf Sweaborg durch die englisch-französischen Mörserboote, wobei über 5.000 Granaten und ebensoviel massive Geschosse auf die Festung abgefeuert wurden.