Inhaltsverzeichnis Aufsätze für "The New American Cyclopædia"

Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke, (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 14, 4. Auflage 1972, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1961, Berlin/DDR. S. 141-142.

1. Korrektur.
Erstellt am 22.08.1998.

Friedrich Engels

Bombe

Geschrieben um den 5. Oktober 1857.
Aus dem Englischen.


["The New American Cyclopædia", Band III]

<141> Bombe oder Granate - hohles Eisengeschoß für schwere Kanonen und Mörser, das mit Pulver gefüllt ist und in beträchtliche Höhe geschossen wird mit der Absicht, durch die Kraft seines Falls und seiner Explosion zu wirken. Sie sind im allgemeinen die größten von allen Geschossen, da ein Mörser, der kürzer ist als jede andere Geschützklasse, um so größer in Durchmesser und Rohrmündung sein kann. Heute werden in der Regel Bomben von 10, 11 und 13 Zoll verwandt; die Franzosen benutzten 1832 bei der Belagerung von Antwerpen einen Mörser und Granaten mit einem Kaliber von 24 Zoll, die in Belgien gegossen wurden. Das in einer Bombe enthaltene Pulver wird durch einen Zünder - eine Zündröhre, die mit einer langsam brennenden Mischung gefüllt ist, welche beim Abfeuern des Mörsers Feuer fängt - zur Explosion gebracht. Diese Zünder sind so beschaffen, daß das Geschoß in so kurzer Zeit wie nur möglich nach Erreichen seines Ziels explodiert, manchmal unmittelbar bevor es den Boden erreicht. Außer Pulver enthält die Granate manchmal einige Brandsätze einer Valenciennes-Mischung, um brennbare Objekte anzuzünden; es wird jedoch behauptet, diese Brandsätze seien nutzlos, da sie bei der Explosion in winzige Teilchen zerspringen, und die Brandwirkung von Granaten ohne solchen Zusatz sei um nichts geringer. Bomben werden in Winkeln von 15° bis 45°, in der Regel jedoch von 30° bis 45°, geschleudert, wobei die größeren Geschosse mit kleineren Ladungen die verhältnismäßig größte Schußweite bei etwa 45° haben, während kleinere Geschosse mit größeren Ladungen bei etwa 30° ihre größte Weite erreichen. Die Ladung ist in allen Fällen verhältnismäßig klein: eine 13zöllige Bombe, die 200 lbs., wiegt und aus einem Mörser mit einer Elevation von 45° geschleudert wird, erreicht bei einer Ladung von 31/2 lbs. Pulver eine Schußweite von 1.000 Yard, bei einer Ladung von 20 lbs., d.h. 1/10 ihres Gewichts, 4.200 Yard. Die Wirkung einer solchen Bombe, die aus einer enormen Höhe herunter- <142> kommt, ist beträchtlich, wenn sie auf zerstörbare Objekte fällt. Sie durchschlägt alle Etagen eines Hauses und Gewölbedecken von beträchtlicher Stärke; obwohl eine 13zöllige Granate nur etwa 7 lbs. Pulver enthält, gleicht ihre Explosivwirkung der einer Mine, und die Splitter fliegen, wenn sie auf keine Hindernisse stoßen, 800 bis 1.000 Yard weit. Wenn sie aber auf weichen Boden fällt, gräbt sie sich bis zu einer Tiefe von 8 bis 12 Fuß in die Erde und erstickt oder explodiert, ohne Schaden zu verursachen. Bomben werden daher oft als kleine Minen oder fougasses benutzt, die an solchen Stellen, wo der Feind passieren muß, etwa einen Fuß tief in die Erde eingebettet werden; um sie zu entzünden, benutzt man eine langsam brennende Lunte oder Zündschnur. In dieser Gestalt tauchen sie zum ersten Mal in der Geschichte auf: Die Chinesen verwandten nach ihren Chroniken mehrere Jahrhunderte vor unserer Zeit mit berstenden Mischungen und kleinen Metallstücken gefüllte Metallkugeln, die mit Hilfe einer langsam brennenden Lunte entzündet wurden. Man benutzte sie zur Verteidigung von Defileen, indem man sie dort bei Annäherung des Feindes niederlegte. 1232, bei der Belagerung von Kai-fang-fu, ließen die Chinesen während eines Angriffs von den Brustwehren Bomben auf die anstürmend Mongolen hinunterrollen. Machmud-Schah von Gudscherat schleuderte bei der Belagerung von Champaneer im Jahre 1484 Bomben in die Stadt. In Europa schossen zu Beginn des 14. Jahrhunderts - nicht zu erwähnen frühere Fälle zweifelhafteren Charakters - die Araber in Spanien und nach ihnen die Spanier Granaten und Brandgeschosse aus Geschützen; aber die Kostspieligkeit und die Schwierigkeit, Hohlgeschosse herzustellen, verhinderten lange ihre breitere Verwendung. Erst seit der Mitte des 17. Jahrhunderts sind sie ein wichtiger Bestandteil der Belagerungsartillerie geworden.