Inhaltsverzeichnis Artikel und Korrespondenzen von Januar bis Dezember 1859

Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke, (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 13, 7. Auflage 1971, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1961, Berlin/DDR. S. 496-499.

1. Korrektur.
Erstellt am 04.08.1998

Karl Marx

Industrie und Handel

Aus dem Englischen.


["New-York Daily Tribune" Nr. 5747 vom 23. September 1859]

<496> London, 5. September 1859

Nachdem wir in einem früheren Artikel die Bewegung der Bevölkerung des Königreichs betrachtet haben, wenden wir uns nun der Bewegung der Produktion zu. In den folgenden Statistiken sind die Exporte für jedes Jahr seit 1844 angegeben, während Zahlen, die sich auf die Importe beziehen, mit dem Jahre 1854 beginnen, eine Anomalie, die dem Umstand zuzuschreiben ist, daß der errechnete wirkliche Wert der Importe vor 1854 nicht offiziell ermittelt wurde.

A. Exporte

Deklarierter wirklicher Wert der aus dem Vereinigten Königreich ausgeführten britischen und irischen Produkte

Jahre

Pfd.St.

Jahre

Pfd.St.

1844

58.534.705

1852

  78.076.854

1845

60.111.082

1853

  98.933.781

1846

57.786.876

1854

  97.184.726

1847

58.842.377

1855

  95.688.085

1848

52.849.445

1856

115.826.948

1849

63.596.025

1857

122.066.107

1850

71.367.885

1858

116.614.330

1851

74.448.722

B. Import

Errechneter wirklicher Wert der in das Vereinigte Königreich eingeführten Waren

Jahre

Pfd.St.

Jahre

Pfd.St.

1854

152.389.055

1857

187.844.441

1855

143.542.850

1858

163.795.803

1856

172.544.154

<497> Aus der ersten Tabelle ist zu ersehen, daß die Exporte und folglich die Produktion sich in der Periode von 1844 bis 1857 mehr als verdoppelt haben, während die Bevölkerung, wie die in meinem früheren Artikel angeführten Zahlen bestätigen, sich während desselben Zeitraums kaum um 18 Prozent erhöht hat. Das ist eine treffende Entgegnung auf die Doktrin des Pfaffen und Pfründners Malthus. Tabelle A illustriert überdies ein Gesetz der Produktion, das mit mathematischer Genauigkeit bewiesen werden kann, indem die Berichte über die britischen Exporte seit 1797 miteinander verglichen werden. Das Gesetz besagt: Wenn durch Überproduktion und Überspekulation eine Krise herbeigeführt worden ist, so haben sich doch die Produktivkräfte der Nation und die Aufnahmefähigkeit des Weltmarkts in der Zwischenzeit so sehr ausgedehnt, daß sie nur zeitweilig von dem höchsten erreichten Punkt zurückgehen und daß nach einigen Schwankungen, die sich über Jahre erstrecken, die Produktionsstufe, die das Maximum der Prosperität in einer Periode des industriellen Zyklus bezeichnet, zum Ausgangspunkt der nächstfolgenden Periode wird. So weist das Jahr 1845 den höchsten Stand der Produktivkräfte während des industriellen Zyklus von 1837 bis 1847 auf. 1846 beginnt die rückläufige Bewegung, 1847 gibt es eine Katastrophe, deren Folgen sich erst 1848 vollständig offenbaren, als der Exportumfang sogar unter den des Jahres 1844 fällt. 1849 erfolgt jedoch nicht nur eine Erholung, sondern der Stand von 1845, dem Jahr der höchsten Prosperität während des letzten Zyklus, ist bereits um 3 Millionen übertroffen, und die Exporte sinken während des neuen Zyklus nicht mehr auf das Niveau dieses Jahres herab. Das Maximum wird wieder 1857 erreicht, dem Jahr der Krise, dessen Agonien in den verringerten Exporten von 1858 zu registrieren sind. Aber schon 1859 wird das Maximum der Periode von 1847 bis 1857 zum Ausgangspunkt eines neuen wirtschaftlichen Zyklus - ein Punkt, auf den die Produktivkräfte wahrscheinlich nicht wieder zurückgeben werden.

Wenn man die Tabellen A und B vergleicht, ist zu ersehen, daß die britischen Exporte bedeutend kleiner sind als die britischen Importe und daß diese Disproportion ebenso regelmäßig wächst wie der Umfang der Exporte. Dieses Phänomen ist nun von einigen englischen Autoren dahingehend interpretiert worden, als ob die unglücklichen Briten bei anderen Nationen in Schulden geraten oder billig verkaufen und teuer einkaufen und so einen Teil der Ergebnisse ihres Fleißes dem Ausland zum Geschenk machen. Die einfache Tatsache ist, daß Großbritannien in Gestalt von Importen von anderen Nationen etwas erhält, wofür es keinerlei Äquivalent geliefert hat. Das ist der Fall bei den indischen Tributen, die in verschiedenen Formen <498> erhoben werden, und bei anderen Lieferungen für Zinsen auf Kapital, das in früheren Perioden ausgeliehen wurde. Die wachsende Disproportion zwischen britischen Importen und Exporten beweist daher nur, daß England auf dem Weltmarkt seine Funktion als Geldverleiher noch rascher entwickelt als seine Funktion als Fabrikant und Kaufmann.

Von den Importartikeln beanspruchen vier einige Aufmerksamkeit, nämlich: Edelmetalle, Getreide, Baumwolle und Wolle. Die Bewegungen in den britischen Importen und Exporten von Edelmetallen wurden von der "New-York [Daily] Tribune" bei früheren Gelegenheiten erklärt; sie bewies zur Zeit der letzten industriellen Krise anhand der offiziellen Zahlen, daß der Betrag der in Umlauf befindlichen Noten der Bank von England sich eher verringert als vermehrt hatte, seit die neuen Goldfelder eine Rolle spielen. Wir werden daher auf diesen Gegenstand nicht eingehen, sondern uns darauf beschränken, eine Tatsache darzulegen, die nach unserer Kenntnis von englischen Verfassern noch nicht erwähnt worden ist: Der Betrag des in ein Nation zirkulierenden Metallgeldes kann ungefähr aus den Operationen der Staatsmünze gefolgert werden. Um daher die Bewegung des Metallgeldes in Großbritannien während der Einwirkung der kalifornischen und australischen Goldminen festzustellen, geben wir die folgende Tabelle, die den Betrag des von der Königlichen Münze geprägten Metalls ausweist:

Betrag des Gold-, Silber- und Kupfergeldes, das in der Königlichen Münze geprägt wurde
(in Pfund Sterling)

Jahre

Gold

Silber

Kupfer

Insgesamt

1844

356.3949

626.670

7.246

4.197.865

1845

424.4608

647.658

6.944

4.899.210

1846

433.4911

559.548

6.496

4.900.955

1847

515.8440

125.730

8.969

5.293.130

1848

245.1999

35.442

2.633

2.490.129

1849

2.177.955

119.592

1.792

2.299.339

1850

1.491.836

129.096

448

1.621.380

1851

4.400.411

87.868

3.584

4.491.863

1852

8.742.270

189.596

4.312

8.936.178

1853

11.952.591

701.544

10.190

12.664.325

1854

4.152.183

140.480

61.538

4.354.201

1855

9.008.663

195.510

41.091

9.245.264

1856

6.002.114

462.528

11.413

6.476.060

1857

4.859.860

373.230

6.720

5.239.810

1858

1.231.023

445.896

13.440

1.690.359

<499> Wir werden die Gesamtbeträge vergleichen, da die Silber- und Kupfermünzen lediglich als Ersatzmünzen für die Goldmünze anzusehen sind, so daß für die Beurteilung der gesamten Bewegung des Metallgeldes ganz gleichgültig ist, ob die Goldmünze selbst in Umlauf gebracht worden ist oder ob ihre Bruchteile durch Ersatzmünzen repräsentiert werden.

Die fünfzehn Jahre, über die sich die obige Tabelle erstreckt, können zwei fast gleiche Perioden eingeteilt werden, von denen die eine der Einwirkung der neuen Goldländer auf Großbritannien vorausgeht, während die andere durch das rasche Einfließen von Gold aus neuen Quellen charakterisiert ist. Die erste Periode datieren wir von 1844 bis 1850, die zweite von 1851 bis 1858, wobei das Jahr 1851 bemerkenswert ist wegen der beginnenden Wirksamkeit der Minen von Neusüdwales und Victoria sowie durch das ungeheure Ansteigen des kalifornischen Goldangebots, das von 11.700 Pfd.St. im Jahre 1848, 1.600.000 Pfd.St. im Jahre 1849, 5.000.000 Pfd.St. im Jahre 1850 auf 8.250.300 Pfd.St. im Jahre 1851 angewachsen war. Wenn man die Gesamtbeträge des gemünzten Metalls in der Periode von 1844 bis 1850 einerseits und in der Periode von 1851 bis 1858 andererseits addiert und dann den Jahresdurchschnitt jeder Periode errechnet, wird man feststellen, daß der Jahresdurchschnitt an Münzen sich in den ersten sieben Jahren auf 3.643.144 Pfd.St. belief, während er für die letzten acht Jahre die Summe von 7.137.782 Pfd.St. erreichte. Das Metallgeld in Großbritannien hat sich folglich während der Periode, in der die neuen Goldzufuhren einwirkten, um beinahe 100 Prozent erhöht. Das beweist sicherlich den Einfluß, den Kalifornien und Australien auf die Entwicklung des britischen Binnenhandels ausgeübt haben, aber es wäre ganz falsch zu folgern, daß der Metallgeldumlauf durch den Zufluß von neuem Gold unmittelbar gesteigert wurde. Ein Vergleich der einzelnen Jahre der beiden Perioden vor und nach den Goldfunden zeigt das Gegenteil. Im Jahre 1854 zum Beispiel fällt das Metallgeld unter den Stand von 1845 und 1846, und 1858 sinkt es weit unter das Niveau von 1844. Die Goldmenge, die in Gestalt von Münzen in Umlauf kommt, wird also nicht durch den Import von Goldbarren bestimmt; aber während der zweiten Periode wurde von den Goldimporten im Durchschnitt ein größerer Teil durch den inneren Geldumlauf absorbiert, weil Handel und Industrie sich allgemein ausgedehnt hatten; diese Ausdehnung kann jedoch in großem Maße auf die Wirkung der neuen Goldländer zurückgeführt worden.