Inhaltsverzeichnis Artikel und Korrespondenzen von Januar bis Dezember 1859

Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke, (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 13, 7. Auflage 1971, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1961, Berlin/DDR. S. 478-481.

1. Korrektur.
Erstellt am 04.08.1998

Karl Marx

Britischer Handel

Geschrieben um den 5. August 1859.
Aus dem Englischen.


["New-York Daily Tribune" Nr. 5717 vom 19. August 1859, Leitartikel]

<478> Das britische Handelsministerium hat gerade eine Aufstellung über die Exporte in den ersten sechs Monaten dieses Jahres veröffentlicht, seine Tabelle von den deklarierten Werten der Importe umfaßt dagegen nur die fünf Monate bis zum 31. Mai. Bei einem Vergleich der entsprechenden Perioden von 1858 und 1859 ist festzustellen, daß mit einigen geringen Ausnahmen, die der Erwähnung nicht wert sind, die britischen Import aus den Vereinigten Staaten im allgemeinen zurückgegangen sind, zumindest im Wert, während die britischen Exporte nach diesem Land sowohl mengenmäßig wie wertmäßig zugenommen haben. Um diese Tatsache zu illustrieren, haben wir die folgenden Tabellen aus den offiziellen Berichten herausgezogen:

Britische Exporte nach den Vereinigten Staaten
in den sechs Monaten bis zum 30. Juni

Artikel

Menge

deklarierter Wert
in Pfd.St.

1858

1859

1858

1859

Baumwollgewebe,Yards

60.150.771

110.360.198

1.031.724

1.924.951

Eisen- u. Stahlwaren, Ztr.

35.849

78.432

242.914

534.101

Leinen, Yards

7.379.691

31.170.751

515.416

961.956

Roheisen, t

22.745

39.370

68.640

111.319

Barren, Bolzen, Stangen

21.463

56.026

175.944

457.384

Schmiedeeisen

9.153

19.368

113.436

238.903

Bleche und Nägel, Ztr.

5.293

15.522

28.709

77.840

Blei, t

1.214

1.980

27.754

44.626

Öl(samen), Gallonen

411.769

930.784

50.950

111.103

<479> Seidenfabrikate, lbs

47.101

134.470

51.277

144.413

Wolltuche, Stücke

76.311

81.686

273.409

421.006

Wollgewebe, verschiedene, Yards

13.897.331

30.893.901

562.749

1.183.859

do. Kammgarnstoffe, Stücke

185.129

489.171

229.981

758.914

Steingut u. Porzellan

-

-

168.927

279.407

Kurz- u. Putzwaren

-

-

456.364

861.921

Blechwaren

-

-

397.027

607.011

Britische Importe aus den Vereinigten Staaten
in den fünf Monaten bis zum 31. Mai

Artikel

1858

1859

Weizen

371.452 Pfd.St.

7.013 Pfd.St.

Weizen- und Maismehl

693.847 Pfd.St.

14.666 Pfd.St.

Baumwolle (roh)

11.631.523 Pfd.St.

10.486.418 Pfd.St.

Die Berichte über die britischen Exporte zeigen im allgemeinen eine Erhöhung nicht nur gegenüber 1858, sondern auch gegenüber 1857, wie aus der folgenden Aufstellung ersichtlich ist:

Britische Exporte in den sechs Monaten bis zum 30. Juni

Deklarierter Wert

1857

1858

1859

60.826.381 Pfd.St.

53.467.804 Pfd.St.

63.003.159 Pfd.St.

Bei näherer Prüfung zeigt sich jedoch, daß nicht nur die Gesamtzunahme des Wertes der Exporte von 1859 gegenüber denen von 1857 auf die Ausdehnung des Handels mit Indien zurückzuführen ist, sondern daß der gesamte britische Exporthandel 1859 - verglichen mit 1857 - um mehr als 2.000.000 Pfd.St. zurückgegangen wäre, wenn nicht Indien das Defizit mehr als ausgeglichen hätte. Auf dem Weltmarkt sind demzufolge noch nicht alle Spuren der Krise von 1857 verschwunden. Das wichtigste und überraschendste Merkmal des Berichts des Handelsministeriums ist zweifellos die rapide Entwicklung des britischen Exporthandels nach Ostindien. Lassen Sie uns die Tatsache zuerst durch offizielle Zahlen illustrieren:

<480>

Exporte nach Britisch-Ostindien in den 6 Monaten bis zum 30. Juni

(in Pfund Sterling)

1856

1857

1858

1859

Bier und Ale

210.431

130.213

474.438

569.398

Baumwollgewebe, Druckstoffe usw.

2.554.976

3.116.869

4.523.849

6.094.433

Baumwollgarn

579.807

540.576

967.332

1.280.435

Steingut und Porzellan

30.374

23.521

43.975

43.195

Kurz- und Putzwaren

39.854

70.502

77.319

105.723

Eisen- und Stahlwaren

84.758

101.083

139.813

153.423

Sattelzeug und Geschirr

12.339

15.587

35.947

19.498

Maschinerie -

Dampfmaschinen

[37.503

54.074

59.104

100.803]

andere Sorten

156.028

313.461

170.959

179.255

Eisen - Barren, Bolzen, Stangen (ausgenommen Eisenbahnschienen)

506201

228.838

166.321

172.725

Eisenbahnschienen

-

272.812

475.413

578.749

Schmiedeeisen (ausgenommen Eisenbahnschienen)

266.355

217.484

192.711

242.213

Kupfer - unbearbeitet

62.928

34.139

9.018

51.690

Bleche und Nägel

144.218

228.325

318.301

203.213

Salz

23.995

31.119

21.849

4.468

Schreib und Papierwaren

60.495

79.968

88.425

89.711

Wolltuche

96.045

166.509

202.076

174.826

Insgesamt:

4.872.307

5.625.080

7.966.930

10.065.767

Eingedenk der Tatsache, daß etwa 16 Jahre lang - von 1840 bis 1856 - der britische Exporthandel nach Indien im allgemeinen konstant war, obwohl es bisweilen ein kleines Ansteigen über, bisweilen aber auch ein wahrnehmbares Absinken unter den durchschnittlichen Betrag von 8.000.000 Pfd.St. gab, ist man ziemlich überrascht, daß sich dieser konstante Handel in dem kurzen Zeitraum von zwei Jahren verdoppeln konnte und daß dieser plötzliche Anstieg noch dazu in der Zeit eines furchtbaren Aufstandes der Geknechteten stattfand. Die Frage, ob diese Ausdehnung des Handels nur auf zeitweilige Umstände oder auf eine bona fide Erweiterung der indischen Nachfrage zurückzuführen ist, gewinnt besonderes Interesse durch den gegenwärtigen Zustand der indischen Finanzen, der die britische Regierung zwingt, das Parlament zu ersuchen, eine neue Indien-Anleihe in London zu bewilligen, und der gleichzeitig die Londoner "Times" veranlaßt, sogar die Frage zu erörtern, ob es nach alledem nicht besser wäre, <481> wenn sich England mit den drei alten Provinzen begnügen und den anderen Teil der Halbinsel ihren einheimischen Herrschern zurückgeben würde.

Die spärlichen Materialien, die uns vorliegen, machen es unmöglich, zu einer endgültigen Beurteilung des wirklichen Charakters der plötzlichen Ausdehnung des britischen Exporthandels nach Indien zu gelangen, aber auf Grund aller bekannten Tatsachen neigen wir zu der Ansicht, daß vorübergehende Umstände diesen Handel sozusagen über seine organischen Ausmaße haben anschwellen lassen. Erstens können wir keinen besonderen Aufschwung bei den britischen Importen aus Indien entdecken, der zur Erhöhung der Exporte nach diesem Land hätte führen können. Es hat wohl bei einigen Artikeln eine Erhöhung stattgefunden, aber diese ist durch ein Absinken bei anderen Artikeln beinahe wettgemacht; und alles in allem sind die Schwankungen der indischen Exporte zu gering, um auf die eine oder andere Weise die plötzlichen Veränderungen bei den Importen Indiens verursachen zu können. Der Kampf gegen die Aufständischen mag den Engländern jedoch geholfen haben, bisher wenig bekannte Provinzen zu erforschen, und der Soldat kann so dem Kaufmann den Weg gebahnt haben. Außerdem gab es in den letzten Jahren in Indien übermäßige Importe und Akkumulation von Silber, und selbst der Hindu, irgendwie belebt durch die soeben überstandenen Aufregungen, kann seine Leidenschaft zum Horten zurückgedrängt haben und bis zu einem gewissen Grade dazu übergegangen sein, Silber auszugeben, statt es zu vergraben. Wir dürfen jedoch nicht zu großes Gewicht auf solche Hypothesen legen, da andererseits vor allem die feststehende Tatsache außergewöhnlicher Regierungsaufwendungen von etwa 14.000.000 Pfd.St. im Jahr so offensichtlich ist. Dieser Stand der Dinge, der zwar das plötzliche Anwachsen des englischen Exporthandels nach Indien hinreichend erklärt, kann jedoch schwerlich als Vorzeichen eines langen Anhaltens dieser neuen Bewegung betrachtet werden. Die dauerhafteste Auswirkung wird wahrscheinlich die vollständige Zerstörung der einheimischen Industrie Indiens sein, da, wie der Leser aus der letzten statistischen Aufstellung gesehen haben wird, die Erhöhung der britischen Exporte nach Indien hauptsächlich auf das Eindringen britischer Baumwollgewebe und -garne zurückzuführen ist. Übermäßige Warensendungen seitens Manchester können zu einem gewissen Grade auch dazu beigetragen haben, die Zahlen der britischen Exportstatistik aufzublähen.