Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 11, S. 529
Dietz Verlag, Berlin/DDR 1961

Karl Marx

Begräbnis O'Connors


["Neue Oder-Zeitung" Nr. 430 vom 15. September 1855]

<529> London, 11. September. Gestern, nachmittags, fand das Begräbnis des verstorbenen Chartistenchefs O'Connor statt. Eine Prozession von 20.000 Personen, fast ausschließlich der Arbeiterklasse angehörig, bewegte sich von Finsbury Square und Smithfield nach Notting Hill, wo der Sarg abgenommen und nach dem Kensal-Green-Kirchhof (einem der prächtigsten Begräbnisplätze Londons) geleitet wurde.

Vierspännige Trauerwagen, nach englischer Weise mit ungeheuren Federbüschen geziert, nahmen die Front des Zuges ein. Dicht auf dem Fuß folgten ihnen Fahnen- und Standartenträger. Auf den schwarzen Fahnen befand sich in weißen Buchstaben die Inschrift "He lived and died for us" (Er lebte und starb für uns). Auf einer riesenhaften roten Fahne prangte die Inschrift "Alliance des peuples". Auf dem Kopfe der Hauptstandarte schwankte eine rote Freiheitsmütze. Nach Vollendung des Gottesdienstes in der auf dem Kirchhofe befindlichen schönen, mit Säulengängen gezierten Kapelle hielt William Jones eine Leichenrede am Grabe des Verewigten. Die Absingung einer Hymne schloß die Zeremonie. Alles Material einer großen Demonstration war vorhanden; die Pointe fehlte, weil Ernest Jones durch die tödliche Krankheit seiner Frau am Erscheinen und Sprechen verhindert war. Als der Zug nach der Stadt zurückkehrte gegen halb sechs Uhr abends, hatte er die ironische Genugtuung, fünf heranmarschierenden Konstabler-Detachements zu begegnen, die mit einem "too late" (zu spät) der Reihe nach bewillkommnet wurden. Da O'Connor im eigentlichen Sinne des Wortes als Pauper starb, fand die Beerdigung auf Kosten der Londoner Arbeiterklasse statt.