Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 9, S. 419-427
Dietz Verlag, Berlin/DDR 1960

Karl Marx

Die Kriegsfrage -
Finanzangelegenheiten -
Streiks

Aus dem Englischen.


["New-York Daily Tribune" Nr. 3904 vom 21. Oktober 1853]

<419> London, Freitag, 7. Oktober 1853

Vergangenen Freitag übermittelte der "Morning Chronicle" in seiner vierten Ausgabe eine telegraphische Depesche, wonach der Sultan <Abdulmeschid> Rußland den Krieg erklärt haben soll. Die Pariser "Patrie" von gestern abend gibt in einer halbamtlichen Erklärung bekannt, daß die aus dem Osten erhaltenen Nachrichten die Behauptung des "Morning Chronicle" nicht bestätigen. Nach einem anderen Regierungsblatt dem "Constitutionnel", war es auf die wiederholten Vorstellungen des österreichischen Internuntius, Herrn von Bruck, zurückzuführen, daß der Diwan am 25. September zusammenkam, um über die Wiener Note zu beraten, und bei dieser Gelegenheit erklärte, er würde auf der letzten Note von Reschid Pascha beharren. Am folgenden Tage wurde der Große Rat einberufen. Dieser Rat, aus 120 der wichtigsten Minister, Wesire, Paschas und religiösen Würdenträgern bestehend, kam zu dem Beschluß,

"es sei der Würde und der hohen Autorität des Sultans abträglich, wenn er die Wiener Note ohne die vom Diwan gemachten Modifikationen unterzeichne. Insbesondere, weil der Zar diese Modifikationen für völlig unannehmbar erklärt und es abgelehnt habe, seine Forderung nach einer für das Ottomanische Reich verderblichen Verpflichtung fallenzulassen, bleibe dem Rat nur noch übrig, dem Sultan den Vorschlag zu unterbreiten, sofort die Maßnahmen zu ergreifen, welche für die Erhaltung seines Reiches notwendig sind, und seine Gebiete von dem Eindringling zu befreien."

Was die offizielle Kriegserklärung angeht, so ist sie bisher von keiner authentischen Depesche bestätigt worden. Diesmal hat jedenfalls die Pforte <420> die westlichen Diplomaten überrumpelt. Die englische und die französische Regierung, welche nicht wagten, ihre Flotten abzuziehen, die ihre lächerliche Stellung in der Besikabai nicht länger zu halten vermochten und nicht bereit waren, die Meerengen zu passieren und damit den Zaren offen herauszufordern, verlangten von der Pforte, daß sie ihre Schiffe aus der Besikabai unter dem Vorwand herbeirufen solle, den Christen Konstantinopels drohe während des Bairamfestes <Opferfest des Islam> Gefahr. Die Pforte lehnte ab und erklärte, es drohe keine Gefahr; wenn jedoch Gefahr bestehen sollte, würde sie die Christen auch ohne ausländische Hilfe zu schützen wissen; sie wünsche nicht, die Schiffe vor Ende der Feiertage herbeizurufen. Aber kaum hatte die Vorhut der vereinigten Flotten die Meerengen passiert, als die Pforte, nachdem sie nun ihre schwankenden und verräterischen Verbündeten in eine Klemme gebracht hatte, den Krieg erklärte. Was den Krieg anbetrifft, so hatte er in Wirklichkeit schon drei Monate früher begonnen, als die russischen Truppen den Pruth überschritten hatten. Die erste Kampagne war im wesentlichen mit der Ankunft der russischen Legionen an den Ufern der Donau abgeschlossen. Die einzige Änderung, die jetzt erfolgen kann, wird die sein, daß der Krieg nun nicht mehr nur von einer Seite geführt werden wird.

Außer dem Bei von Tunis <Sidi Achmed> stellte auch der Schah von Persien <Nasr-ed-din>, trotz der Intrigen Rußlands, dem Sultan ein Korps von 60.000 Mann seiner besten Truppen zur Verfügung. Man kann wohl mit Recht sagen, daß die türkische Armee ein Aufgebot aller verfügbaren Kräfte des Islams in Europa, Afrika und Vorderasien darstellt. Die Heere der beiden Religionen - der griechisch-orthodoxen und der islamischen -, die lange um die Vorherrschaft im Osten gekämpft haben, stehen sich jetzt gegenüber; die Heere der einen aufgeboten durch den despotischen Willen eines einzelnen Mannes - die Heere der andern durch die verhängnisvolle Macht von Umständen, entsprechend ihrem jeweiligen Glauben: während die griechisch-orthodoxe Kirche das Dogma der Prädestination ablehnt, steht im Mittelpunkt des Islam der Fatalismus.

Zwei Versammlungen werden heute in London abgehalten: die eine in der Downing-Street, die andere in der London Tavern; die eine wird von den Ministern veranstaltet - die andere richtet sich gegen sie; die eine ist für den Zaren - die andere für den Sultan. Falls über die Absichten der Koalition irgendein Zweifel bestünde, so könnten wir aus den Leitartikeln der "Times" und des "Morning Chronicle" folgern, daß sie ihr möglichstes tun wird, einen Krieg zu verhindern, erneut Verhandlungen aufzunehmen, Zeit zu gewinnen, <421> die Armee des Sultans zu lähmen und den Zaren in den Donaufürstentümern zu unterstützen.

"Der Zar hat sich für den Frieden erklärt", gibt die "Times" befriedigt aus unbezweifelter Autorität bekannt. Der Zar habe "in Olmütz mit eigenem Mund friedliche Gesinnungen" geäußert. Er will die Abänderungsvorschläge der Pforte nicht annehmen; er will sich an die ursprüngliche Wiener Note halten, doch will er der Wiener Konferenz zugestehen, die Note in einem übertragenen Sinne auszulegen, der im Widerspruch zu der von seinem eigenen Minister Nesselrode gegebenen Deutung steht. Er will den westlichen Mächten gestatten, Konferenzen abzuhalten, vorausgesetzt, sie gestatten ihm, inzwischen die Donaufürstentümer zu besetzen.

Die "Times" vergleicht in ihrem Anfall von Friedensliebe die beiden Kaiser, den von Rußland und den von Österreich, mit einem Paar wilder Häuptlinge im Innern Afrikas, um zu der Schlußfolgerung zu gelangen:

"Was kümmert es die Welt schließlich, daß der Kaiser von Rußland auf Grund seiner politischen Fehler einen Krieg beginnen soll?"

Die Banken von Turin, Paris, Berlin und Warschau haben ihre Diskontorate erhöht. In den Bankausweisen der vergangenen Woche wurde festgestellt, daß die Metallreserve der Bank von England um weitere 181.615 Pfd.St. abgenommen hat und ihr Gesamtbetrag jetzt nur 15.680.783 Pfd.St. beträgt. Der aktive Notenumlauf hat um fast 500.000 Pfd.St. abgenommen, während das Diskontieren von Wechseln um 400.000 Pfd.St. zugenommen hat, ein Zusammentreffen, welches meine Behauptung in dem Artikel über Peels Bank Act bestätigt, und zwar, daß die Menge der zirkulierenden Banknoten nicht im Verhältnis zum Umfang der laufenden Bankgeschäfte zu- oder abnimmt.

Herr Dornbush beschließt sein monatliches Handelszirkular folgendermaßen:

"Die politischen Ereignisse während der vergangenen Woche haben sehr zu den Kursschwankungen im Getreidehandel beigetragen, die von in zunehmendem Maße eingehenden Berichten über eine unzureichende Weizenernte, über eine weitere Verbreitung der Kartoffelkrankheit und über die Knappheit an Schiffsladeraum hervorgerufen worden war. Londoner Mehl stieg auf 70 sh. für 280 Pfund, neuer Weizen auf 80 sh., bei einem Diskontsatz, der sich 5% nähert. Große Erregung herrscht jetzt im Getreidehandel. Die Wahrscheinlichkeit eines Krieges im Osten, das Verbot der Getreideausfuhr aus Ägypten, die bestätigte Unzulänglichkeit der englischen Weizenernte, die Ausbreitung der Kartoffelkrankheit, das Nachlassen ausländischer Importe <422> (besonders aus Südeuropa) und die fortgesetzte Nachfrage aus Frankreich, Belgien und Holland - das waren die Hauptursachen der Kursschwankungen im Getreidehandel, welche wiederum die Preise für Weizen auf den führenden Provinzmärkten in der vergangenen Woche unterschiedlich um einen sh. bis auf sechs sh. je Quarter in die Höhe trieben ... Im allgemeinen haben die Preise kurz nach der Ernte und bis Weihnachten eine fallende Tendenz. Dieses Jahr war die Bewegung umgekehrt ... Die Preise sind seit einigen Monaten gestiegen. Gegenwärtig besteht nirgends in diesem Teil der Erde ausgesprochener Mangel an Getreide; viele Kornspeicher, Scheunen und Schoberplätze sind überfüllt, und in einigen Seehäfen fehlt es an Speicherraum. Die Ursache für den kürzlichen Anstieg der Preise ist daher nicht ein gegenwärtiger, sondern ein künftiger Getreidemangel auf Grund der vermutlich unzulänglichen Ernten, deren Folgen man zu spüren erwartet, wenn die Jahreszeit weiter vorgeschritten ist. Im kommenden Winter wird es wahrscheinlich viel Elend und Not geben ... Es herrscht immer noch die Meinung vor, daß die Preise weiter steigen werden; und solange die Masse der Spekulanten fortfährt zu kaufen und einzulagern, bleibt die Tendenz voraussichtlich bis zum nächsten Frühjahr steigend ... Die wahrscheinlich hohe Preislage während des kommenden Winters wird voraussichtlich im Frühjahr einen großen Anreiz für den Import von Getreide aus fernen Gegenden bieten, welche in normalen Zeiten infolge der Entfernung und der hohen Transportkosten nicht in Frage kommen; im kommenden Frühjahr ist eine Masse von Eingängen aus allen erreichbaren Gegenden der Welt zu erwarten; und die gleiche Ursache, die jetzt durch das Zurückhalten von Vorräten zum Preisanstieg beiträgt, wird mit Beginn des Preisrückgangs bewirken, daß der Wert des Getreides gedrückt wird, im gleichen Maße wie der Eifer der Kaufleute zunimmt, ihre Vorräte zu veräußern. Jetzt gilt der Wahlspruch: kaufen - doch dann wird die Losung sein: verkaufen! Das kommende Jahr kann sich als ebenso gefahrvoll und verheerend wie das Jahr 1847 erweisen."

Die allgemeine Depression auf dem Markt von Manchester hält an. Je nachdem wie die Nachrichten aus Australien und China sowie die über die Komplikationen im Osten einen schwärzeren Charakter annehmen, werden die Baumwollspinnereibesitzer, die Fabrikanten und Kaufleute unruhiger werden. Der Preisrückgang beträgt seit dem Höchststand vor zwei Monaten für einfache Qualität und Garnstärken 7/8 bis 1 d. pro Pfund, das ist fast doppelt soviel wie der Rückgang bei der entsprechenden Baumwollqualität, welcher nur 1/2 bis 5/8 d. beträgt. Aber sogar bei der höchsten Herabsetzung um einen Penny fällt es den Leuten schwer, etwas zu verkaufen, und die Vorräte, der Alpdruck unserer empfindsamen Schule der Ökonomen, wachsen weiter an. Selbstverständlich darf nicht erwartet werden, daß diese Anhäufung von Vorräten sehr rapide zunehmen wird; augenblicklich haben sowohl die Kaufleute als auch die Fabrikanten noch den Ausweg, ihre Waren konsigniert auf andere Märkte zu senden, wenn sie verschiedene überfüllt vorfinden, und sie machen von dieser Möglichkeit gerade jetzt besonders großen Gebrauch. <423> Doch wenn die gesamten exportierbaren Güter der britischen Industrie, die ausreichen, die ganze Welt in regelmäßigen Abständen zu überschwemmen, auf einige mehr oder weniger beschränkte Märkte geworfen werden, schaffen sie notgedrungen denselben Zustand der Überfüllung und den daraus folgenden plötzlichen Umschwung auf solchen Märkten, die bis jetzt für gesund gehalten wurden. So kommt es, daß die Nachrichten über eine gewisse Verbesserung der Lage in Indien - die jedoch noch immer keine Aussicht auf profitablen Export nach diesem Land zulassen, sondern lediglich die Möglichkeit, die Verluste bei neuen Exporten zu verringern - eine ziemlich bedeutende Geschäftszunahme mit diesem Lande veranlaßt haben, teils von seiten der Firmen, die ständig mit Indien Handel treiben, teils auf Rechnung der Spinnereibesitzer und Fabrikanten aus Manchester selbst. Letztere ziehen es vor, jede geringfügige Möglichkeit eines günstigeren Verkaufs, die sich durch spekulativen Export nach Indien bieten kann, auszunützen, anstatt sich mit Verlusten abzufinden, die sich bei Verkäufen während abnehmender Nachfrage ergeben. An dieser Stelle möchte ich hinzufügen, daß es seit 1847 ständig Brauch bei den Spinnereibesitzern und Fabrikanten Manchesters geworden ist, auf eigene Rechnung große Lieferungen nach Indien usw. zu senden und für den Erlös koloniale Produkte zu kaufen, um diese ebenfalls auf eigene Rechnung entweder in Britisch-Nordamerika oder in europäischen Häfen zu verkaufen. Diese Spekulationen gehören gewiß nicht in die legitime Sphäre der Unternehmertätigkeit des Fabrikanten, der erklärlicherweise über die Marktlage nicht halb so gut informiert sein kann wie der Überseekaufmann; doch finden sie bei dem britischen Spinnereibesitzer Gefallen, der, während er solche Operationen in fernen Ländern durchführt, seine Lieblingsillusionen verwirklicht glaubt, wonach er sich der oberste Lenker, sozusagen der herrschende Geist des Welthandels und der kommerziellen Geschicke zu sein dünkt. Und gäbe es nicht diese Spekulationen, die für die Dauer eines Jahres oder für 18 Monate einen beträchtlichen Teil des überschüssigen industriellen Kapitals binden, so würde zweifellos das Anwachsen der Zahl der Fabriken in England während der letzten fünf Jahre noch bedeutend schneller vor sich gegangen sein.

Auf dem Textilienmarkt leiden die einheimischen Artikel unter schwerster Depression; die Vorräte häufen sich weiter an, obwohl eine große Anzahl Webstühle stillgelegt wurde. Auch kann nicht behauptet werden, daß es bei der anderen Waren besser ist.

Eine ähnliche Stagnation herrscht in Leeds und Bradford, in Leicester und Nottingham vor. In Nottingham sind die Arbeitsstunden in der Spitzenmanufaktur auf zehn und sogar auf acht Stunden täglich herabgesetzt worden; die <424> Strumpffabrikation lag seit Juni darnieder, als die Produktion in Nottingham gleich um ein Drittel ihres Umfangs gedrosselt wurde. Das einzige Gewerbe, welches heute noch eine ununterbrochene Prosperität zu genießen scheint, ist das Eisenwarengewerbe von Birmingham und Umgebung.

In London beginnen die Bankrotte unter den Kleingewerbetreibenden um sich zu greifen.

In meinem Artikel vom 12. August berichtete ich, daß die Spinnereibesitzer und Fabrikanten darangegangen sind, eine "Assoziation zum Zwecke der Unterstützung der Industrie bei der Regulierung der Bewegung unter den Arbeitern im Distrikt von Manchester" zu gründen, und daß die Assoziation aus lokalen Organisationen mit einem zentralen Komitee bestehen soll und beabsichtige, "sich allen von vereinigten Gruppen der Fabrikarbeiter gestellten Forderungen zu widersetzen", und das Monopol des Kapitals durch das Monopol auf Zusammenschluß zu stärken und ihre Bedingungen als eine vereinigte Gruppe zu diktieren.

Ist es aber nicht sehr merkwürdig, daß dieser Plan, von dem ich Ihnen bereits vor zwei Monaten berichtete, bis heute noch nicht ein einziges Mal von der Londoner Presse erwähnt wurde, obwohl er inzwischen in aller Stille verwirklicht wurde und in Preston, Bolton und Manchester bereits wirksam ist? Es hat den Anschein, als ob die Londoner Presse ängstlich bemüht war, den Augen der Welt die Tatsache vorzuenthalten, daß die Fabriklords systematisch ihre Klasse zum Krieg gegen die Arbeiterklasse aufgeboten haben und daß die sukzessiv von ihnen ergriffenen Maßnahmen keineswegs das spontane Ergebnis zufälliger Umstände sind, sondern die vorbedachten Auswirkungen einer von der Anti-Arbeiter-Liga organisierten umfassenden Verschwörung! Diese englische Kapitalistenliga des 19. Jahrhunderts muß noch ihren Historiker finden, wie ihn die französische Katholische Liga in den Autoren der "Satire Ménippée" am Ende des sechzehnten Jahrhunderts gefunden hatte.

Um ihre Forderungen erfolgreich durchzusetzen, müssen die Arbeiter selbstverständlich versuchen, einen Teil von ihnen in Arbeit zu halten, bis der andere seinen Streik erfolgreich durchgeführt hat. Doch wo die Arbeiter zu dieser Methode greifen, schließen die Fabrikanten nach gegenseitiger Vereinbarung alle ihre Fabriken, um die Arbeiter dadurch in größtes Elend zu treiben. Wie Sie wissen, sollten die Prestoner Fabrikanten das Spiel beginnen. Fabriken wurden bereits geschlossen, und Ende nächster Woche sollen alle Fabriken zugemacht und mehr als 24.000 Arbeiter auf die Straße <425> geworfen werden. Die Weber haben eine Denkschrift an die Fabrikanten gerichtet, in welcher sie um eine Unterredung baten oder anboten, die strittigen Fragen einem Schiedsgericht vorzulegen, doch wurde ihr Gesuch abgelehnt. Da die Weber von Preston durch Penny-Sammlungen unter den Arbeitern der umliegenden Distrikte, von Stalybridge, Oldham, Stockport, Bury, Withnell, Blackburn, Church-Parish, Acton, Irwell-Vale, Enfield, Burnley, Colne, Bacup usw., unterstützt werden, haben sie entdeckt, daß der Zusammenschluß der einzige Weg für sie ist, um dem übermäßigen Druck des Kapitals Widerstand zu leisten. Die Fabrikbarone aus Preston haben ihrerseits geheime Emissäre ausgeschickt, um die Unterstützungsmöglichkeiten für die Streikenden zu untergraben und die Spinnereibesitzer von Burnley, Colne, Bacup usw. zu veranlassen, ihre Betriebe zu schließen und eine allgemeine Arbeitseinstellung hervorzurufen. In bestimmten Orten, wie in Enfield, wurden die Aufseher veranlaßt, ihren Herren zu melden, wer an der Förderung der Bewegung teilgenommen hat, und eine Anzahl Geldsammler wurde daraufhin entlassen. Während die Arbeiter von Preston von den Arbeitern der umliegenden Distrikte aufgefordert wurden, standhaft und einig zu bleiben, finden die Fabrikherren von Preston ungeheuren Beifall bei den anderen Fabrikanten und werden als die wahren Helden unserer Zeit gepriesen.

In Bury nehmen die Dinge einen ähnlichen Verlauf wie in Preston. In Bolton, wo die Steppdeckenmacher auslosten, wer in Streik treten solle, haben alle Unternehmer in diesem Industriezweig sofort ihre Fabriken geschlossen.

Neben der gleichzeitigen Schließung der Fabriken haben die Fabrikanten noch andere gemeinsame Maßnahmen ergriffen. So streikten zum Beispiel die Weber des Herrn Lund in Keighley für eine Aufbesserung ihres Lohnes. Der Hauptgrund ihrer Arbeitsniederlegung war, daß sie weniger Lohn bekamen als die Weber des Herrn Anderton in Bingley. Einer Abordnung der Weber, die um eine Unterredung mit Herrn Lund ansuchte und sich zu seiner Wohnung begab, wurde die Tür höflich vor der Nase zugeschlagen. Doch eine Woche später wurden die Arbeiter des Herrn Anderton durch Anschlag informiert, daß die Löhne seiner Weber um drei Pence je Stück und die seiner Wollkämmer um einen Farthing je Pfund gekürzt werden. Herr Lund und Herr Anderton hatten inzwischen ein gegenseitiges Offensiv- und Defensivbündnis geschlossen, mit dem Ziel, die Weber des einen durch Lohndruck auf die Weber des andern zu bekämpfen. Man nimmt wohl an, daß auf diese Weise die Weber des Herrn Lund zum Nachgeben gezwungen oder die Weber des Herrn Anderton zum Streik veranlaßt werden und, wenn dann die zusätzliche Belastung einer Weiteren Arbeitsniederlegung jede Möglichkeit einer <426> Unterstützung ausschließt, sich beide Gruppen einer allgemeinen Lohnkürzung beugen werden.

In anderen Fällen versuchen die Unternehmer, die Ladenbesitzer gegen die Arbeiter aufzubieten. So ging Herr Horsfall, der Kohlenkönig, Besitzer des größten Schachtes in Derby, als seine Arbeiter wegen Kürzung der Löhne streikten, zu allen Fleischern, Bäckern und Krämern der Nachbarschaft, bei denen die Bergarbeiter kaufen, um sie zu veranlassen, seinen Arbeitern nichts auf Kredit zu verkaufen.

In allen Ortschaften, wo es die Assoziation zur "Regulierung der Bewegung unter den Arbeitern" gibt, haben sich die Unternehmer, die der Vereinigung beigetreten sind, verpflichtet, hohe Strafen zu zahlen, wenn eines ihrer Mitglieder das Statut der Vereinigung verletzt oder den Forderungen seiner Arbeiter nachgibt. Diese Strafen betragen in Manchester bis 5.000 Pfd.St., in Preston bis 3.000 Pfd.St., in Bolton 2.000 Pfd.St. usw.

Es gibt ein Merkmal, durch das sich der gegenwärtige Konflikt von vergangenen Konflikten besonders unterscheidet. Früher, wie z.B. 1832, 1839, 1840 und 1842 - war ein sogenannter general holiday <allgemeiner Feiertag>, d.h. eine allgemeine und gleichzeitige Arbeitseinstellung im ganzen Königreich, eine Lieblingsidee der Fabrikarbeiter und das große Ziel, welches sie anstrebten. Heute ist es das Kapital, welches mit einer allgemeinen Aussperrung droht. Diesmal sind es die Fabrikanten, die eine allgemeine Schließung ihrer Betriebe beabsichtigen. Glauben Sie nicht, daß dieses Experiment, falls es erfolgreich sein sollte, sich als sehr gefährlich erweisen kann? Wollen sie das englische Volk in eine Juni- Insurrektion treiben, um seinen wachsenden Mut zu brechen und es für eine Reihe von Jahren ohnmächtig zu machen?

Auf alle Fälle können wir die Symptome eines in England heranreifenden Bürgerkrieges nicht scharf genug beobachten, insbesondere, da die Londoner Presse absichtlich ihre Augen vor bedeutsamen Tatsachen verschließt, während sie ihre Leser mit Beschreibungen solcher Nebensächlichkeiten ablenkt, wie das Bankett, welches Herr Titus Salt, einer der Fabrikfürsten von Yorkshire, bei der Eröffnung seines Fabrikpalastes gab, bei der nicht nur die örtliche Aristokratie, sondern auch seine Arbeiter bewirtet wurden. "Wohlstand, Gesundheit und Glück für die Arbeiterklasse" soll der Trinkspruch gelautet haben, den er, wie dem Publikum von der Presse der Hauptstadt berichtet wird, ausgebracht hatte. Doch es wird ihm verschwiegen, daß wenige Tage später den Moiréwebern eine weitere Herabsetzung ihrer Löhne von 2 sh. 3 d. auf 2 sh. l d. angekündigt wurde. "Wenn das etwa Gesundheit oder Wohlstand <427> für die Moiréweber bedeutet", schreibt eines der Opfer an "The People's Paper", "so verzichte ich für meinen Teil darauf."

Sie werden vielleicht aus der "Times ersehen haben, daß eine Frau Macdonnell aus Knoydart in Glen Garry, in Nachahmung der Herzogin von Sutherland, dabei ist, ihre Besitzungen zu säubern, um die Menschen durch Schafe zu ersetzen. Von einem Korrespondenten an Ort und Stelle informiert, gibt "The People's Paper" folgende anschauliche Beschreibung über diese Malthussche Operation:

"Diese Lady hatte eine Reihe Häusler auf ihren Domänen, von denen viele nicht in der Lage waren, ihre Pacht zu bezahlen - einige hatten beträchtliche Rückstände, wie man uns erzählt. Sie jagte sie deshalb fort und zwang sie, in den Wäldern und in Höhlen Unterschlupf zu suchen, wo sie seitdem hausen oder richtiger gesagt, umkommen, während Frau Macdonnells Pferde in festen und bequemen Unterkünften warm untergebracht sind. Gleichzeitig bot sie ihnen freie Überfahrt nach Kanada an, da die Reisekosten billiger sind als die Armenunterstützung, und sie gestattet ihnen, 'ihren kleinen Besitz' zu veräußern, obwohl ihr Besitz aus den Kleidern besteht, die sie anhaben, aus einem zerbrochenen Tisch oder einer rheumatischen Katze. Schließlich erließ sie ihnen ihre Rückstände - die sie sowieso nicht eintreiben konnte. Dies nennt man 'edle Großmut'."

Solche Vertreibungen scheinen wieder überall auf dem Hochland an der Tagesordnung zu sein. Wenigstens werden wir in diesem Sinne von Sir Charles Forbes, einem Hochland-Laird <Adelstitel in Schottland> informiert, der in der "Times" schreibt,

"daß Schafzucht jetzt so einträglich geworden daß es sich für unsere englischen Schafzüchter jederzeit lohne, mehr Schafe zu halten und für die Ausweisung all derer, welche ihnen im Wege sind, zu bezahlen".

Karl Marx