Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 9, S. 212-219
Dietz Verlag, Berlin/DDR 1960

Karl Marx

Die Kriegsfrage -
Parlamentsränke -
Indien

Aus dem Englischen.


["New-York Daily Tribune" Nr. 3838 vom 5. August 1853]

<212> London, Dienstag, 19. Juli 1853

Der Zar hat nicht nur schon angefangen, Krieg zu führen, nein, er hat sogar seine erste Kampagne schon beendigt. Die Operationslinie befindet sich nicht mehr hinter dem Pruth, sondern längs der Donau. Was treiben nun inzwischen die Westmächte? Sie beraten, d.h., sie zwingen den Sultan, den Krieg als Frieden zu betrachten. Sie beantworten die Taten des Autokraten nicht mit Kanonen, sondern mit Noten. Der Zar wird bestürmt, aber nicht von den zwei Flotten, sondern mit nicht weniger als vier Vorschlägen zu Unterhandlungen. Einer geht vom englischen, der andere vom französischen Kabinett aus, den dritten präsentiert ihm Österreich, und der vierte wird ihm vom "Schwager" in Potsdam <Friedrich Wilhelm IV.> vorgetragen. Man hofft, daß der Zar aus diesem embarras de richesse <Verlegenheit wegen zu großer Auswahl> sich gnädigst das für seine Zwecke am besten Passende heraussuchen wird. Die (zweite) Antwort des Herrn Drouyn de Lhuys auf die (zweite) Note des Grafen Nesselrode gibt sich unendliche Mühe, zu beweisen, "daß es nicht England und Frankreich waren, die die erste Demonstration machten". Wie man den Hunden Knochen zuwirft, so wirft Rußland den westlichen Diplomaten wohl nur deshalb so viele Noten zu, damit sie eine unschuldige Unterhaltung haben, während es den Vorteil genießt, dadurch mehr Zeit zu gewinnen. England und Frankreich beißen natürlich auf den Köder an. Und als ob der bloße Empfang einer solchen Note nicht schon eine genügende Erniedrigung bedeutete, so wird sie auch noch im "Journal de l'Empire" mit einem recht versöhnlichen Kommentar versehen in einem Artikel, den zwar Herr de la Guéronnière gezeichnet, der Kaiser aber inspiriert und redigiert hat. Dieser Artikel überläßt es Rußlands <213> Laune, "nicht vom linken, sondern vorn rechten Ufer des Pruth aus zu verhandeln". Die zweite Note des Grafen Nesselrode wird darin tatsächlich in einen "Versöhnungsversuch" umgewandelt. Und zwar wird dies folgendermaßen stilisiert:

"Graf Nesselrode spricht jetzt nur von moralischen Garantien und kündigt an, daß diese nur provisorisch durch materielle Garantien ersetzt werden sollen; er verlangt also direkt Unterhandlungen. Solange das der Fall sei, könne man unmöglich die diplomatische Aktion als erschöpft betrachten."

Die "Assemblée nationale", der russische "Moniteur" in Paris, gratuliert dem "Journal de l'Empire" ironisch zu seiner wenn auch sehr verspäteten Entdeckung und bedauert nur, daß soviel Lärm um nichts gemacht worden sei.

Die englische Presse hat die Fassung vollständig verloren.

"Der Zar begreift gar nicht wie artig ihm die Westmächte eigentlich entgegengekommen sind ... Er ist eines höflichen Betragens in seinen Verhandlungen mit den anderen Mächten gar nicht fähig",

sagt der "Morning Advertiser". Und die "Morning Post" ist außer sich, weil der Zar sich so wenig um die inneren Schwierigkeiten seiner Widersacher kümmere:

"Es sei eine beinahe unglaubliche Indiskretion gewesen, nur aus leichtfertiger Unverschämtheit Forderungen zu stellen, die durchaus nicht dringlicher Natur seien, und dabei ganz außer acht zu lassen, wie entzündbar die Gemüter in Europa seien."

Der Schreiber der Finanzartikel im "Economist" hat herausgefunden,

"daß die Menschheit jetzt zu ihrem eigenen Schaden entdecke, wie nachteilig es sei, wenn die geheimsten Angelegenheiten der Welt" (d.h. die der Börse) "von den tollen Einfällen eines einzigen Menschen abhingen".

Und doch konnte man 1848 und 1849 die Büste des russischen Kaisers dicht neben dem goldenen Kalb selber sehen.

Mittlerweile wird die Lage des Sultans <Abdulmeschid> von Stunde zu Stunde schwieriger und verwickelter. Seine finanziellen Verlegenheiten nehmen um so mehr zu, als er alle Lasten des Krieges trägt, ohne irgend etwas von dessen Vorteilen einzuheimsen. Die allgemeine Volksgunst wendet sich gegen den Sultan, da er das Volk nicht zum Kampf gegen den Zaren aufruft. Der Fanatismus der Muselmanen bedroht ihn mit Palastrevolutionen, während ihn der Fanatismus der Griechisch-Orthodoxen mit Volkserhebungen bedroht. Die heutigen <214> Zeitungen enthalten Berichte von einer Verschwörung, die muselmanische Studenten von der alttürkischen Partei gegen das Leben des Sultans anzettelten, da sie lieber Abdulasis auf dem Thron haben wollen.

Gestern forderten die Lords Beaumont und Malmesbury im Oberhaus von Lord Clarendon, daß er sich jetzt über seine Absichten äußern solle, nachdem der französische Kaiser nicht gezögert habe, die seinigen kundzutun. Lord Clarendon gab jedoch nur die kurze Erklärung ab, daß England die Note des Herrn Drouyn de Lhuys billige, und verschanzte sich im übrigen hinter dem Versprechen, daß er dem Hause bald weitgehende Informationen geben wolle. Auf die Frage, ob es wahr sei, daß die Russen sich auch der Zivilverwaltung und der Postanstalten in den von ihnen militärisch okkupierten Donaufürstentümern bemächtigt hätten, blieb Lord Clarendon natürlich "stumm". "Er könne dies nicht glauben nach der Proklamation des Fürsten Gortschakow". Lord Beaumont antwortete, Lord Clarendon scheine ihm ein großer Optimist zu sein.

Sir J. Walmsley erkundigte sich im Unterhaus nach den letzten Unruhen in Smyrna <Siehe Seite 196>. Lord John Russell antwortete, er habe allerdings von der gewaltsamen Entführung eines ungarischen Flüchtlings durch den österreichischen Konsul gehört; aber davon, daß Österreich die Auslieferung aller ungarischen und italienischen Flüchtlinge verlangt hätte, sei ihm jedoch absolut nichts bekannt. Lord John behandelt Interpellationen auf eine amüsante Art und so, wie es ihm am bequemsten ist. Offizielle Informationen bekommt er niemals, und niemals liest er in den Zeitungen das, was er sollte oder was man von ihm erwarten könnte.

Die "Kölnische Zeitung" bringt in einem aus Wien vom 11. Juli datierten Schreiben folgenden Bericht über die Smyrnaer Affäre:

"Schekib Efendi wurde nach Smyrna abgesandt, um die Untersuchung gegen die an den Auftritten Beteiligten einzuleiten, bei denen Baron Hackelberg umkam. Schekib hatte auch Order bekommen, an Österreich die Flüchtlinge österreichischer oder toskanischer Nationalität auszuliefern. Der Geschäftsträger der Vereinigten Staaten, Herr Brown, hat mit Reschid Pascha Unterredungen gehabt, deren Resultat noch nicht bekannt geworden ist. Nur soviel verlautet, daß der Mörder des Herrn von Hackelberg von dem amerikanischen Konsul in Smyrna einen Paß erhalten hat, der ihn außerhalb des Bereichs der türkischen Behörden setzt. Diese Tatsache beweist, daß die Vereinigten Staaten beabsichtigen, in die europäischen Händel sich einzumischen. Auch weiß man bestimmt, daß drei amerikanische Kriegsschiffe sich inmitten der türkischen Flotte im Bosporus befinden und daß die amerikanische Fregatte 'Cumberland' der türkischen Regierung 80 Millionen Piaster überbrachte."

<215> Was immer an diesen oder ähnlichen Gerüchten wahr sein mag, eines beweisen sie doch, daß man nämlich überall die Einmischung Amerikas erwartet und daß sie sogar von einem Teil des englischen Publikums mit günstigen Blicken betrachtet wird. Das Verhalten des amerikanischen Kapitäns <Ingraham> und des Konsuls wird in öffentlichen Versammlungen mit großem Beifall begrüßt, und im "Advertiser" von gestern beschwört ein "Engländer" <A. Richards> das Sternenbanner, im Mittelmeer zu erscheinen und "den beschmutzten alten Union Jack" so zu beschämen, daß er sich zu irgendeiner Tat aufraffe.

Fassen wir also die orientalische Frage kurz zusammen: Der Zar, unzufrieden und ärgerlich darüber, daß sein ganzes ungeheures Reich auf einen einzigen Exporthafen angewiesen ist, der noch dazu an einem Meer liegt, das während einer Hälfte des Jahres nicht schiffbar und während der anderen Hälfte von den Engländern angegriffen werden kann, verfolgt den Plan seiner Vorfahren, Zutritt zum Mittelmeer zu bekommen. Nacheinander trennt er die entferntesten Teile des Ottomanischen Reiches vom Körper ab, bis endlich Konstantinopel, das Herz, zu schlagen aufhören muß. Sooft er seine Absichten auf die Türkei durch die scheinbare Konsolidierung der türkischen Regierung oder durch die noch gefährlicheren Symptome der Selbstbefreiung unter den Slawen gefährdet sieht, wiederholt er seine periodischen Einfälle. Auf die Feigheit und Furchtsamkeit der Westmächte zählend, schüchtert er Europa ein und schraubt seine Forderungen so hoch wie möglich, um nachher edelmütig zu erscheinen, wenn er sich mit dem zufriedengibt, was er eigentlich unmittelbar erreichen wollte.

Die Westmächte andererseits, unbeständig, kleinmütig, sich stets gegenseitig mißtrauend, ermutigen am Anfang stets den Sultan, sich dem Zaren, dessen Übergriffe sie fürchten, zu widersetzen, um ihn am Ende zum Nachgeben zu zwingen, aus Furcht vor einem allgemeinen Kriege, der zu einer allgemeinen Revolution führen könnte. Zu schwach und zu feig, den Wiederaufbau des Ottomanischen Reiches durch die Errichtung eines griechischen Reichs oder durch eine föderative Republik der slawischen Staaten zu unternehmen, ist ihr ganzes Bestreben nur auf die Aufrechterhaltung des Status quo gerichtet, d.h. jenes Stadiums der Fäulnis, das dem Sultan verbietet, sich vom Zaren, und den Slawen verbietet, sich vom Sultan zu emanzipieren.

Die revolutionäre Partei kann sich zu diesem Stand der Dinge nur gratulieren. Die Demütigung der reaktionären westlichen Regierungen und ihre offenbare Unfähigkeit, die Interessen der europäischen Zivilisation gegen russische Übergriffe zu schützen, müssen unbedingt einen heilsamen <216> Unwillen in den Völkern erzeugen, die seit 1849 der Herrschaft der Konterrevolution unterworfen sind. Auch die nahende industrielle Krise wird durch diese halb orientalischen Wirren ebensosehr beeinflußt und beschleunigt wie durch die ganz orientalischen Wirren in China. Während die Kornpreise steigen, stocken die Geschäfte im allgemeinen, gleichzeitig wird der Wechselkurs für England ungünstig, und das Gold beginnt nach dem Kontinent abzufließen. Zwischen dem 9. Juni und dem 14. Juli ist der Goldvorrat in der Bank von England um 2.220.000 Pfd.St. gefallen, also um mehr, als die ganze Zunahme während der letzten drei Monate betrug.

Der Fortgang der Verhandlungen über die Indienbill durch den Ausschuß hat wenig Interesse. Es ist bezeichnend, daß alle Amendements nun von der mit den Tories verbundenen Koalition gegen ihre eigenen Verbündeten von der Manchesterschule abgelehnt worden sind.

Die gegenwärtige Lage Indiens kann durch einige Tatsachen erläutert werden. Der in England befindliche Teil der Verwaltung schluckt 3% der Nettoeinnahmen. Indiens, und die jährlichen Zinsen für innere Anleihen und die Dividenden an die Aktionäre der Kompanie betragen 14% - insgesamt 17%. Wenn wir diese jährlichen Rimessen von Indien nach England abziehen, so belaufen sich die militärischen Lasten auf ungefähr zwei Drittel der gesamten für Indien verfügbaren Ausgaben oder auf 66%, während die Lasten für öffentliche Arbeiten sich auf nicht mehr als 23/4% der allgemeinen Einnahmen belaufen oder für Bengalen 1 %, Agra 73/4%, Pandschab 1/8%, Madras 1/2% und Bombay 1% ihrer betreffenden Einnahmen. Das sind die offiziellen Zahlen der Kompanie.

Andererseits stammen nahezu drei Fünftel der gesamten Nettoeinnahmen aus dem Grund und Boden, ungefähr ein Siebentel aus dem Opium und mehr als ein Neuntel aus dem Salz. Diese Einnahmequellen ergeben zusammen 85% aller Einnahmen.

Was die kleineren Einnahme- und Ausgabeposten anbetrifft, mag es genügen, festzustellen, daß die Moturpha-Steuern, die in der Präsidentschaft Madras noch aufrechterhalten sind und auf Läden, Webstühle, Schafe, Rinder, verschiedene Berufe usw. erhoben werden, ungefähr 50.000 Pfd.St. ausmachen, während die jährlichen Dinners des East India House ungefähr dasselbe kosten.

Die große Masse der Einnahmen stammt vom Lande her. Da die verschiedenen Arten des indischen Landbesitzes kürzlich an so vielen Stellen und dazu in gemeinverständlicher Weise beschrieben worden sind, möchte ich meine Ausführungen zu dieser Sache auf einige allgemeine Bemerkungen über die Samindari- und Raiatwari-Systeme beschränken.

<217> Das Samindari und das Raiatwari waren beide agrarische Revolutionen, die durch britische Ukase zustande kamen und die ihrem Charakter nach entgegengesetzt sind: das eine aristokratisch, das andere demokratisch; das eine eine Karikatur des englischen großen Grundeigentums, das andere eine Karikatur des französischen Parzelleneigentums; beide verderblich, da beide große innere Widersprüche verbinden - beide sind nicht für das Volk, das den Boden bebaut, geschaffen, noch für den Besitzer, dem er gehört, sondern für die Regierung, die sich an den Steuern bereichert.

Durch das Samindari wurde die Bevölkerung der Präsidentschaft Bengalen auf einmal ihrer ererbten Ansprüche auf den Boden zugunsten der einheimischen Steuereinnehmer, der sogenannten Samindare, enteignet. Durch das in den Präsidentschaften Madras und Bombay eingeführte Raiatwari-System wurde der einheimische Adel trotz seiner Bodenanrechte - der Mirasi und der Dschagire usw. - auf die gleiche Stufe wie das einfache Volk hinabgestoßen, auf den Besitz winziger Felder, die sie zum Nutzen des Collectors der Ostindischen Kompanie bestellten. Aber eine merkwürdige Art von englischem Grundherrn war der Samindar, der nur ein Zehntel der Pacht erhielt, während er neun Zehntel davon der Regierung zu überweisen hatte. Eine merkwürdige Art von französischem Bauer war der Raiat ohne irgendeinen dauernden Rechtsanspruch auf den Boden und mit einer Besteuerung, die jedes Jahr im Verhältnis zu seiner Ernte wechselte. Die ursprüngliche Klasse der Samindare schmolz trotz ihrer erschrecklichen und uneingeschränkten Habgier gegenüber der besitzlosen Masse der ehemaligen erblichen Grundbesitzer bald unter dem Druck der Kompanie dahin, um durch Handelsspekulanten ersetzt zu werden, die nun den ganzen Landbesitz von Bengalen mit Ausnahme der Besitzungen, die unter die direkte Verwaltung der Regierung zurückkamen, in der Hand hatten. Diese Spekulanten führten eine Abart des Samindar-Grundbesitzes, Patni genannt, ein. Da sie nicht damit zufrieden waren, der britischen Regierung gegenüber die Stellung als Zwischenpächter einzunehmen, schufen sie ihrerseits eine Klasse von "erblichen Zwischenpächtern, die Patnidare, die wiederum ihre Unter-Patnidare usw. schufen, so daß eine vollkommene Stufenleiter in der Hierarchie der Zwischenpächter entstand, die mit ihrer ganzen Macht auf den unglücklichen Bauern drückt. Was die Raiats in Madras und Bombay anbetrifft, so entartete das System bald in einen Raubbau am Boden, und das Land verlor seinen ganzen Wert.

"Der Collector", sagt Herr Campbell, "könnte, wie in Bengalen, das Land verkaufen, um Steuenrückstände zu beseitigen, aber das geschieht im allgemeinen aus einem sehr einfachen Grunde nicht, weil nämlich niemand es kaufen will."

<218> So haben wir in Bengalen eine Vereinigung von englischem Landlordismus, von irischem Zwischenpächtersystem, dem österreichischen System, das den Grundbesitzer in den Steuereinnehmer verwandelt, und dem asiatischen System, das den Staat zum tatsächlichen Grundbesitzer macht. In Madras und Bombay haben wir einen französischen Parzelleneigentümer, der gleichzeitig Höriger und Metayer <Halbpächter> des Staates ist. Die Nachteile aller dieser verschiedenen Systeme häufen sich auf ihn, ohne daß er sich einer ihrer mildernden Züge erfreut. Der Raiat ist wie der französische Bauer der Erpressung des privaten Wucherers unterworfen; aber er hat keinen erblichen, keinen dauernden Anspruch auf sein Land wie der französische Bauer. Wie der Leibeigene ist er zur Bebauung gezwungen, aber er ist nicht gegen Not gesichert wie der Leibeigene. Wie der Metayer muß er seinen Ertrag mit dem Staat teilen, aber der Staat ist nicht verpflichtet, ihm die Mittel zur Bewirtschaftung vorzuschießen, wozu er hinsichtlich des Metayers verpflichtet ist. In Bengalen wie in Madras und Bombay, unter dem Samindari-System wie unter dem Raiatwari-System, sind die Raiats - und sie machen elf Zwölftel der gesamten indischen Bevölkerung aus - einer fürchterlichen Verelendung unterworfen; und wenn sie, moralisch gesehen, nicht so tief wie die irischen Häusler gesunken sind, so danken sie es ihrem Klima, da die Menschen im Süden weniger Bedürfnisse und mehr Phantasie als die Menschen im Norden besitzen.

Verbunden mit der Landsteuer müssen wir die Salzsteuer betrachten. Bekanntlich behält die Kompanie das Monopol auf jenen Artikel, den sie zum Dreifachen seines Handelswertes verkauft - und das in einem Lande, wo es vom Meer, von den Seen, von den Bergen und dem Boden selbst geliefert wird. Die tatsächliche Wirkung dieses Monopols wurde von dem Earl von Albemarle mit folgenden Worten beschrieben:

"Ein großer Teil des Salzes für den Inlandsverbrauch wird im ganzen Lande von der Kompanie durch zahlreiche Großhändler zu weniger als vier Rupien pro Maund <ostindisches Gewicht von 12 wechselnd bis 40 kg> gekauft; diese mischen einen bestimmten Anteil Sand, der hauptsächlich einige Meilen südwestlich von Dacca geholt wird, hinein und senden die Mischung an einen zweiten oder, wenn man die Regierung als den ersten zählt, an einen dritten Monopolisten zu ungefähr fünf oder sechs Rupien. Dieser Händler fügt noch mehr Erde oder Asche hinzu, und so geht es durch mehrere Hände, von den großen Städten zu den Dörfern, und der Preis steigt noch mehr von acht bis zu zehn Rupien und der Anteil der Verfälschung von 25 auf 40%. Es ergibt sich nun, daß die Bevölkerung von 21 Pfd.St. 17 sh. 2 d. bis zu 27 Pfd.St. 6 sh. 2 d. für ihr Salz zahlt oder, in anderen Worten, 30 bis 36mal soviel wie die wohlhabende Bevölkerung von Großbritannien."

<219> Als ein Zeichen englischer bürgerlicher Moral möchte ich anführen, daß Herr Campbell das Opiummonopol verteidigt, weil es die Chinesen davor bewahrt, zu viel von dem Gift zu verbrauchen, und daß er das Branntweinmonopol verteidigt (Konzessionen für Branntweinverkauf in Indien), weil es wunderbar den Verbrauch von Branntwein in Indien gefördert hat.

Der Samindar-Grundbesitz, das Raiatwari und die Salzsteuer, dazu das indische Klima, das waren die Brutstätten der Cholera - die von Indien aus die westliche Welt verheert -, ein treffendes und schreckliches Beispiel, wie menschliches Leid und Unrecht miteinander verbunden sind.

Karl Marx