Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 9, S. 204-211
Dietz Verlag, Berlin/DDR 1960
Aus dem Englischen.
["New-York Daily Tribune" Nr. 3833 vom 30. Juli 1853]
<204> London, Freitag, 15. Juli 1853
Mit der letzten Überlandpost aus Indien wurde die Nachricht überbracht, daß die birmanischen Abgesandten das von General Godwin gemachte Angebot abgelehnt haben. Der General gab ihnen nochmals 24 Stunden Zeit zum Überlegen, doch die Birmanen reisten bereits innerhalb von 10 Stunden ab. Eine dritte Auflage des endlosen birmanischen Krieges scheint unvermeidlich zu sein.
Von allen kriegerischen Expeditionen der Briten im Osten wurde nie eine mit weniger Rechtfertigung unternommen als die gegen Birma. Von dieser Seite bestand keinerlei Gefahr einer Invasion, wie etwa vom Nordwesten, da Bengalen durch eine Bergkette von Birma getrennt ist, die nicht von Truppen überquert werden kann. Um mit Birma Krieg zu führen, muß die britische Regierung Indiens von der See her vorgehen. Von Angriffen der Birmanen von der See her zu sprechen, ist ebenso lächerlich, wie der Gedanke unsinnig ist, daß die birmanischen Küstendschunken die Kriegsdampfer der Ostindischen Kompanie herausfordern könnten. Der Vorwand, die Yankees hätten starke Annexionsabsichten auf Pegu, wird durch keinerlei Tatsachen bewiesen. Es bleibt daher kein anderes Argument übrig, als der Mangel an Beschäftigung für die müßige Aristokratie, als die Notwendigkeit, wie ein englischer Schriftsteller sagt, "ein regelrechtes Arbeitshaus für Standespersonen oder einen Hampton-Court des Ostens" zu begründen. Der erste birmanische Krieg (1824-1826), welcher unter der Don Ouichottischen Verwaltung von Lord Amherst angezettelt wurde, vermehrte, obwohl er nur etwas mehr als zwei Jahre dauerte, die indischen Schulden um 13 Millionen Pfd.St. Die Unterhaltung der östlichen Niederlassungen in Singapur, auf der Insel <205> Penang und in Malakka verursacht, abgesehen von der Löhnung für die Truppen, ein jährliches Überschreiten der Ausgaben über die Einnahmen bis zu 100.000 Pfd.St. Das Gebiet, welches den Birmanen 1826 genommen wurde, kostet die gleiche Summe. Die Ausgaben für das Gebiet von Pegu sind noch ruinierender. Doch woher kommt es, daß England vor dem heute so notwendigen Krieg in Europa - dem Krieg gegen Rußland - zurückschreckt, während es sich in Asien Jahr für Jahr in die sinnlosesten Kriege einläßt? Die Staatsschuld macht England in Europa zum Zitterer <Spottname für Quäker, hier: Pazifist> - während es die Kosten für die Kriege in Asien den Indern aufbürdet. Aber wir können annehmen, daß die bevorstehende Aufhebung der Opiumsteuer in Bengalen zusammen mit den Kosten für einen neuen Krieg in Birma eine solche Krise in den indischen Finanzen hervorrufen werden, daß dadurch eine durchgreifendere Reform des indischen Reiches erfolgen wird als durch alle Reden und Abhandlungen der Parlamentsreformer in England.
Gestern fragte Herr Disraeli im Unterhaus die Minister, ob es nicht angebracht sei, daß Herr Layard jetzt, nach der letzten Zirkularnote des russischen Kabinetts, seinen Antrag stelle. Lord John Russell antwortete, es erscheine ihm als das beste, Herrn Layard gegenwärtig nicht anzuhören, da es seit der Veröffentlichung der Note wichtiger denn je sei, zu verhandeln. "Die Annahme des ehrenwerten Abgeordneten, daß die Verhandlungen jetzt auf dem toten Punkt angelangt seien, war eine irrtümliche Vorstellung." Während Lord John in Wirklichkeit sein Aberdeensches Kredo ablegte, suchte er mit folgenden Worten das Ansehen der civis Romanus sum Partei wiederherzustellen:
"Selbstverständlich nahm ich an, daß ein Mann mit der Erfahrung und dem Scharfsinn des Grafen Nesselrode nie seine Unterschrift unter ein Dokument setzen würde, in welchem die russische Regierung vor aller Welt den Abzug der vereinigten Flotten zur Bedingung für die Räumung der Donaufürstentümer machen würde."
In der nachfolgenden Indien-Debatte beantragte Herr Bright, daß in der neunten Klausel, welche vorsieht, "daß sechs der Direktoren, welche nicht von der Krone ernannt werden, Personen sein sollen, die zehn Jahre lang in Indien im Dienste der Krone oder der Kompanie gestanden haben", die Worte "im Dienste der Krone oder der Kompanie" gestrichen werden sollen. Dem Amendement wurde zugestimmt. Bezeichnend ist, daß während der ganzen Indiendebatte das Ministerium keinem der Amendements zustimmte und folglich auch das Haus keine, außer die von Herrn Bright beantragten, annahm. Das Friedensministerium tut im Augenblick alles, um seine Entente <206> cordiale mit der Friedenspartei, der Manchesterschule, zu sichern, welche gegen jede Art von Krieg, außer mit Baumwollballen und Preislisten, ist.
Herr Drouyn de Lhuys, der französische Minister für Auswärtige Angelegenheiten, einst Obersekretär im Außenministerium unter Herrn Guizot und damals von seinem Chef für kaum befähigt zur Bekleidung dieses Postens bezeichnet, geht jetzt ausgiebig dem Vergnügen nach, mit Graf Nesselrode Noten und Zirkularschreiben auszutauschen. Der gestrige "Moniteur" gibt seine Antwort auf die letzte (2.) Zirkularnote des russischen Ministers wieder. Diese Antwort schließt mit folgenden Sätzen:
"Die Mäßigung, wovon Frankreich Beweise gegeben hat, gibt ihm, während sie jede Verantwortlichkeit von ihm abwendet, zugleich das Recht, zu hoffen, daß die Opfer, welche es für die Aufrechterhaltung der Ruhe im Orient gebracht hat, nicht verloren sein werden und daß die russische Regierung endlich ein Mittel aufzufinden wissen wird, ihre Forderungen mit den Vorrechten der Souveränität des Sultans zu versöhnen und anders als durch Gewalt eine Differenz zu erledigen, von deren Lösung soviele Interessen abhängig sind."
In einem früheren Artikel erwähnte ich die Vorschläge, die Herr de Villèle seinerzeit Rußland gemacht hatte, um die Integrität des Ottomanischen Reichs durch ein Garantieabkommen zwischen allen Großmächten zu wahren. Diese Vorschläge veranlaßten Graf Pozzo di Borgo zu folgender Erwiderung:
"Eine allgemeine Bürgschaft für das Ottomanische Reich, abgesehen davon, daß sie ungewöhnlich und überraschend ist, würde die Rechte, welche Rußland erworben hat und die Prinzipien, auf welchen sie beruhen, verletzen."
Dennoch erklärte sich Rußland im Jahre 1841 bereit, Partner eines solch ungewöhnlichen Abkommens zu werden, und Nesselrode bezieht sich in seiner Note vom 20. Juni (2. Juli) selbst auf jenes Abkommen. Warum stimmte ihm Rußland im Gegensatz zu seiner traditionellen Politik zu? Weil jenes Abkommen weniger "eine Garantie gegenüber dem Ottomanischen Reich" als vielmehr eine Waffe war gegen seinen einzigen lebenswichtigen Bestandteil, nämlich gegen Ägypten unter der Herrschaft Mechmed Alis -, weil es, zumindest ursprünglich, als eine Koalition gegen Frankreich gedacht war.
Die Pariser Zeitung "La Presse" bringt in ihrer heutigen Ausgabe, welche ich gerade erhalten habe, eine bisher noch nicht veröffentlichte Korrespondenz zwischen dem verstorbenen General Sébastiani, der bisher Botschafter in London war, und Madame Adelaide, der Schwester Louis-Philippes; eine Korrespondenz, die ein bezeichnendes Licht auf die diplo- <207> matischen Verhandlungen jener Zeit wirft. Sie enthält eindeutige Beweise, daß das Abkommen von 1841 keineswegs, wie Nesselrode in seiner Note behauptet, von Rußland ausgegangen ist, sondern im Gegenteil von Frankreich und England gegen Rußland entworfen worden war und erst nachträglich von Rußland in eine Waffe gegen Frankreich verwandelt wurde. Soweit mir die knappe Zeit erlaubt, übersetze ich aus dieser wichtigen Korrespondenz.
I
"London, 12. Juni 1835
Heute hatte ich eine Konferenz von zweistündiger Dauer mit Lord Palmerston. Ich war mit ihm sehr zufrieden. Ich hatte mich nicht getäuscht, als ich Ihnen versicherte, daß er ein Freund König Leopolds und vor allem ein großer Verfechter der Allianz mit Frankreich ist. Lord Palmerston unterhielt sich mit mir besonders über die orientalischen Angelegenheiten. Er glaubt, daß der Pascha von Ägypten seine Entscheidung, welchen Kurs er verfolgen wird, getroffen hat. Er hat den Wunsch, daß Frankreich und England, unterstützt durch die Anwesenheit ihrer Flotten, neue Anstrengungen machen sollten, um Mechmed Ali einzuschüchtern, und daß gleichzeitig unsere Botschafter in Konstantinopel den Sultan darüber informieren sollten, daß sie von ihren Höfen Anweisung bekommen hätten, ihn ihrer Unterstützung gegenüber allen Anschlägen des Paschas von Ägypten unter der Bedingung zu versichern, daß nicht er mit den Feindseligkeiten beginne. Ich halte dies für einen klugen Kurs und für ratsam, daß er von Frankreich und England befolgt wird. Wir müssen die Pforte unterstützen und dürfen nicht zulassen, daß Ägypten, Syrien und Kölesyrien von ihr losgelöst werden. Rußland wartet nur auf den Augenblick, seine Hilfstruppen beim Sultan aufmarschieren zu lassen, und diese Hilfe wäre das Ende des Ottomanischen Reichs".
II
"London, 21. April 1836
In England sind sich alle Parteien einig, daß es notwendig ist, Rußland genau zu beobachten, und ich glaube, daß, zumindest scheint es so, die Tory-Partei noch entschiedener dafür ist als die Whigs, da sie keine Rücksicht auf Amtsinteressen nehmen muß."
III
"London, 6. Juli 1838
Die Leute glauben hier, es herrsche in Europa in der orientalischen Frage allgemeines Einverständnis. Ungeduldig wartet man auf die Antwort aus Paris. Ich glaube, daß ich die Verhaltensweise, wie sie mir vom König in verschiedenen Unterhaltungen vorgezeichnet wurde, nicht überschritten habe. Sobald das Einvernehmen im Prinzip hergestellt ist, wird die Handlungsweise und Position, welche jede der Mächte einnehmen wird, von Fall zu Fall geregelt werden. Die Rolle, die Rußland gemeinsam mit England und Frankreich zu spielen hat, muß selbstverständlich eine maritime sein; <208> und um jede Gefahr, die sich aus einer Aktion der Flotte im Schwarzen Meer ergeben kann, zu verhindern, muß Rußland zu der Einsicht gebracht werden, daß sein für die vereinigten Flotten bestimmtes Geschwader aus der Ostsee abzuziehen ist."
IV
"London, 3. Oktober 1839
England hat die russischen Vorschläge nicht angenommen, und Lord Palmerston informierte mich im Namen der Regierung, diese habe deshalb abgelehnt, um ihrem Bündnis mit Frankreich treu zu bleiben. Von dem gleichen Gefühl veranlaßt, stimme sie zu, daß Mechmed Ali Ägypten und jenen Teil Syriens als Erbgut erhalte, welcher innerhalb einer noch festzusetzenden Grenze liegt und von Saint-Jean-d'Acre bis zum See von Tiberias verläuft. Nicht ohne Schwierigkeiten haben wir die Zustimmung der englischen Regierung zu diesen Vorschlägen erhalten. Ich glaube nicht, daß eine derartige Lösung von Frankreich oder von Mechmed Ali abgelehnt wird. Die orientalische Frage wird dadurch vereinfacht; sie wird durch das Zusammengehen der Mächte und durch die Garantie der Integrität des Ottomanischen Reichs aus der Welt geschafft. Alle Prinzipien werden gewahrt. Die Hohe Pforte wird in das europäische Völkerrecht einbezogen. Das ausschließliche Protektorat Rußlands ist vernichtet. Ich habe mich gefragt, weshalb die republikanische Partei in Frankreich sich Mechmed Ali gegenüber so wohlwollend gesinnt zeigte und warum sie seine Sache so warm unterstützte. Ich konnte keinen anderen Grund finden, als daß sie dem revolutionären Prinzip entsprechend versucht, alles zu unterstützen und zu ermutigen, was darauf gerichtet ist, die bestehenden Regierungen zu stürzen. Nie dürfen wir uns, meiner Meinung nach, in eine solche Falle locken lassen."
V
"London, 30. November 1839
Wie ich aus authentischer Quelle erfahre, hat Lord Palmerston auf der letzten Sitzung des Kabinetts, als er über den Stand der orientalischen Angelegenheiten und über die bestehenden Differenzen zwischen der englischen und der französischen Politik berichtete, mit solcher Mäßigung und solcher Rücksichtnahme auf die Allianz beider Länder gesprochen, daß er unseren Dank verdient. Er lenkte sogar die Aufmerksamkeit seiner Kollegen auf ein ähnliches System, wie das von mir erwähnte. Zum Schluß gab er in Formfragen nach und erklärte sich gegen eine Politik entschlossener Handlungen und unvermeidlicher Komplikationen."
VI
"London, 12. Dezember 1839
Ich war bei Lord Palmerston, da ich begierig war zu erfahren, ob er mir bezüglich der mir vor kurzem gemachten Mitteilung weitere Informationen geben könne. Er las mir den Brief Herrn von Nesselrodes an den russischen Geschäftsträger vor, welcher <209> genau mit dem übereinstimmte, was er mir kürzlich mitgeteilt hatte. Die Ankunft des Herrn von Brunnow wird uns die geheimsten Gedanken des Kabinetts von St. Petersburg offenbaren. Lord Palmerston war reizend, sowohl in seinem Benehmen als auch in den von ihm vorgebrachten Gedanken. Mit Vergnügen sieht er der Wiederherstellung freundschaftlicher Beziehungen zwischen dem französischen und englischen Kabinett und dem Fortbestehen der Allianz entgegen. Glauben Sie mir, daß ich hierin nicht übertreibe. Ich erzählte ihm offen und ehrlich, daß die neue Lage ganz so sei, wie Frankreich sie sich seit jeher gewünscht hat. Er war selbst gezwungen, das anzuerkennen. Fürst Esterhazy hat an seinen Geschäftsträger geschrieben, daß er mit dem Marschall <Soult, Premierminister Frankreichs 1839-1840> äußerst zufrieden gewesen sei und daß er augenblicklich den Versuch mache, das französische Kabinett wieder zu einer Entente mit Österreich zu bewegen, doch sei der König unbeugsam gewesen. Das mag ich wohl glauben. Der König befaßt sich nicht mit solchen undurchführbaren Abschweifungen. Dies schreibe ich nur für Sie. In der Tat glaube ich, wie Ihre Königliche Hoheit, daß Rußland in seinen eigenen Netzen gefangen werden wird."
VII
"London, 18. Dezember 1839
Heute morgen erhielt ich eine mehr als befremdende Depesche vom Marschall. Es war eine Antwort auf den Brief, in welchem ich ihm berichtet habe, was ich Lord Palmerston von dem Eindruck mitgeteilt hatte, den die Bekanntmachung über die neue Mission Herrn von Brunnows und ihr Ziel in Paris hervorgerufen hat. Ich habe Lord Palmerston textuellement <wörtlich> den Abschnitt aus der mir vom Marschall übersandten Depesche verlesen. Aber in dem Bericht, den ich ihm darüber gesandt hatte, benutzte ich Worte, die, ohne mit dem Wortlaut der Äußerungen des Marschalls identisch zu sein, doch die gleichen Gedanken wiedergaben. Jetzt ist der Marschall so freundlich, mir zu versichern, daß zwischen meinen Worten und seiner eigenen Ausdrucksweise kein Unterschied bestehe; doch empfiehlt er mir, meine Umsicht zu verdoppeln und mich zu bemühen, bei unseren Verhandlungen wieder auf die wörtliche Bedeutung seiner eigenen Depeschen zurückzugreifen. Ich müßte mich sehr irren, wenn dies nicht eine querelle allernande <eigentlich deutscher Krakeel, hier: Streit um nichtige Ursachen>, eine Spitzfindigkeit, wert eines Grec du Bas-Empire <Grieche aus dem oströmischen Reich, Byzantiner> ist ...
Der Marschall ist in der diplomatischen Karriere ein Neuling, und ich befürchte, er hält Finesse für die Grundlage diplomatischen Geschicks. Doch wird er dieses nur durch Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit erlangen."
VIII
"London, 3. Januar 1840
Gestern dinierte Lord Palmerston bei mir, gemeinsam mit dem gesamten Corps Diplomatique ... Er erzählte mir, daß Minister einen Zusatzantrag für ihre Kriegsflotte einbringen würden, aber er erklärte, er wolle seinen Kollegen vorschlagen, dies <210> nicht mit der Verstärkung der französischen Flotte zu motivieren, um zu vermeiden, einen Verbündeten auch nur durch die geringsten Anspielungen zu verletzen. Lord Holland und Lord John Russell sind in ihren Bemühungen, die Allianz aufrechtzuerhalten, bewundernswert."
IX
"London, 20. Januar 1840
Lord Palmerston übermittelte mir das Projekt einer Konvention, das den Großmächten und der Pforte unterbreitet werden soll ... Es handelt sich nicht um eine Konvention der fünf Großmächte untereinander, sondern um eine Konvention zwischen diesen Mächten und der Pforte ... Herr von Brunnow beanstandet diese Form" (siehe Nesselrodes Note vom 2. Juli 1853 über die russische Initiative!) "... Diese Konvention besteht aus einer Präambel und aus acht Artikeln: in der Präambel wird in positiver Weise und fast wörtlich erklärt, da die Integrität des Ottomanischen Reichs für die Erhaltung des Friedens in Europa unumgänglich erforderlich sei, wären die fünf Mächte gewillt, ihm die notwendige Unterstützung zu gewähren und es in das Vertrauen der Völker Europas einzubeziehen. Die Artikel legen diese Unterstützung fest ...
P.S. Ich erfahre gerade, daß Brunnow und Neumann äußerst unzufrieden über Lord Palmerstons Konvention sind."
X
"London, 21. Januar 1840
Wie mir scheint, ist das von Lord Palmerston entworfene Projekt der Konvention von den russischen und österreichischen Unterhändlern verworfen worden. Herr Neumann zeichnete sich durch die Heftigkeit und, wie ich mir zu sagen erlauben möchte, durch die Dummheit seiner Beschwerden aus. Er enthüllt die Politik seines Hofs. Fürst Metternich, der beabsichtigte, in seinen Händen das europäische Gleichgewicht zu halten, bekennt öffentlich seinen Haß gegen Rußland. Er gab sich der irrigen Hoffnung hin, daß die Vorschläge Brunnows ohne Einschränkungen angenommen würden, und beide waren enttäuscht, in Lord Palmerston einen Minister zu finden, der ehrlich ein Bündnis mit Frankreich will und der bemüht ist, eng mit Frankreich zusammenzuarbeiten."
XI
"London, 24. Januar 1840
Heute hatte ich eine lange Unterredung mit Lord Melbourne, welcher ein starker Parteigänger für ein Bündnis mit unserem König ist. Er hat mich verschiedentlich gebeten, ihm ein Mittel zu zeigen, wie eine Kombination der französischen und der englischen Vorschläge bewerkstelligt werden könne.
Er beurteilt die Absichten Rußlands in demselben Lichte wie wir, und er sagte mir auf einer Konferenz in bezug auf das Wiener Kabinett, daß diesem nicht zu trauen sei, da es sich in letzter Instanz immer als ergebener Parteigänger Rußlands erweise."
XII
"London, 27. Januar 1840
Die Wendung, welche die orientalischen Angelegenheiten jetzt nehmen, ist für mich beunruhigend ... Es besteht kein Zweifel, daß Rußland zum Krieg drängt und daß Österreich es mit allen seinen Kräften unterstützt ... Es gelang ihnen, England mit den 'Absichten Frankreichs im Mittelländischen Meer' zu schrecken. Algier und Mechmed Ali - das sind die beiden Mittel, deren sie sich bedienen ... Ich mache alle mir möglichen Anstrengungen, um eine Ablehnung der Vorschlage Brunnows zu erreichen; und dies war mir beinahe gelungen, als sie davon hörten, und nun unterbreitet Österreich die Brunnowschen Vorschläge als seine eigenen. Das ist offensichtlich Gaunerei. Aber das Kabinett wurde einberufen, um die österreichischen Vorschläge zu erörtern. Das Kabinett ist geteilter Meinung. Auf der einen Seite stehen Lord Melbourne, Lord Holland und Herr Labouchère; und auf der anderen Lord Palmerston, Lord J. Russell und Lord Minto. Die anderen Mitglieder schwanken zwischen beiden Meinungen."
XIII
"London, 28. Januar 1840
Das Kabinett hat bis jetzt nur über einen Abschnitt aus dem Projekt Lord Palmerstons debattiert. Es hat entschieden, daß die Konvention von sechs und nicht von fünf" (Mächten) "abgeschlossen werden soll, wie Herr von Brunnow vorschlug, dem es nicht an Eifer für seine Sonderinteressen mangelte" (Sorge um das Ottomanische Reich). "Die Pforte würde keiner Konvention zustimmen, welche ohne ihre Mitwirkung verabschiedet und festgelegt wurde. Durch die Unterzeichnung eines Vertrages mit den fünf Großmächten würde sie schon durch diese Tatsache allein unter das europäische Völkerrecht fallen."
XIV
"London, 28. Januar 1840
Sollen die Politik und die Interessen des Königs der Kaprizen eines Herrn Thiers und seiner Zeitung wegen geopfert werden? Das System, welches mit soviel Mühe und so großen Anstrengungen gegründet und trotz noch so vieler Schwierigkeiten seit mehr als zehn Jahren aufrechterhalten wurde, ist dem Untergang geweiht."
Karl Marx