Die Debatte über den Jakobyschen Antrag | Inhalt | Der preußische Preßgesetzentwurf

Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 5, S. 238-239
Dietz Verlag, Berlin/DDR 1971


Die Unterdrückung der Klubs in Stuttgart und Heidelberg

["Neue Rheinische Zeitung" Nr. 50 vom 20. Juli 1848]

<238> **Köln, 19. Juli.

Mein Deutschland trank sich einen Zopf,
Und du, du glaubtest den Toasten!
Du glaubtest jedem Pfeifenkopf
Und seinen schwarz-rot-goldnen Quasten!

Und dies, biederer Deutscher, ist in der Tat abermals dein Schicksal gewesen. Du glaubst eine Revolution gemacht zu haben? Täuschung! - Du glaubst mit dem Polizeistaat fertig geworden zu sein? Täuschung! - Du glaubst das Recht der freien Vereinigung zu besitzen, Preßfreiheit, Volksbewaffnung und andere schöne Worte, die man dir über die Märzbarrikaden hinüberrief? Täuschung, nichts als Täuschung!

Doch als der holde Rausch entwich,
Mein teurer Freund, du standst betroffen!
<H. Heine, "An Georg Herwegh>

Betroffen über deine indirekt gewählten sog. Nationalversammlungen, betroffen über die erneuerten Ausweisungen deutscher Bürger aus deutschen Städten, betroffen über die Säbeltyrannei in Mainz, Trier, Aachen, Mannheim, Ulm, Prag, betroffen über die Verhaftungen und politischen Prozesse in Berlin, Köln, Düsseldorf, Breslau usw.

Aber eins blieb dir, biederer Deutscher - die Klubs! Du konntest in die Klubs gehen und dich vor dem Publikum beschweren über die politischen Prellereien der letzten Monate; du konntest dein beschwertes Herz vor Gleichgesinnten ausschütten und Trost finden in den Worten gleichgesinnter, gleichgedrückter Patrioten!

Jetzt aber hat auch das ein Ende. Die Klubs sind unvereinbar mit dem Bestehen der "Ordnung". Damit "das Vertrauen wiederkehre", ist es dringend nötig, daß dem wühlerischen Treiben der Klubs ein Ziel gesetzt werde.

<239> Wir haben gestern erzählt, wie die württembergische Regierung den demokratischen Kreisverein in Stuttgart durch königl[iche] Ordonnanz geradezu verboten hat. Man gibt sich nicht mehr die Mühe, die Klubführer vor Gericht zu stellen, man kommt auf die alten Polizeimaßregeln zurück. Ja, die Herren Harpprecht, Duvernoy und Maucler, welche diese Ordonnanz kontrasigniert haben, gehen noch weiter - sie schreiben außergesetzliche Strafen gegen die Übertreter des Verbots vor, Strafen, die bis zu einem Jahr Gefängnis gehen; sie machen Strafgesetze, und noch dazu exzeptionelle Strafgesetze ohne die Kammern, bloß "kraft des § 89 der Verfassung"!

Nicht besser in Baden. Wir erzählen heute das Verbot des demokratischen Studentenvereins in Heidelberg. Hier wird das Assoziationsrecht im allgemeinen nicht so offen bestritten, man bestreitet es nur den Studenten, kraft der alten, längst abgeschafften Ausnahmsgesetze des Bundestags, man bedroht sie mit den in diesen ungültigen Gesetzen vorgeschriebenen Strafen.

Wir haben nun wohl zu erwarten, daß nächstens auch bei uns die Klubs unterdrückt werden.

Damit die Regierungen aber dergleichen Maßregeln mit vollständiger Sicherheit treffen können, ohne der öffentlichen Meinung gehässig zu werden - dafür haben wir eine Nationalversammlung in Frankfurt. Diese Versammlung wird natürlich über dergleichen Polizeimaßregeln ebenso leichten Schritts zur Tagesordnung übergehen, wie über die Mainzer Revolution <siehe "Die Frankfurter Versammlung">.

Also nicht um irgend etwas bei der Versammlung durchzusetzen, sondern bloß um die Majorität der Versammlung noch einmal zu zwingen, ihren Bund mit der Reaktion vor ganz Deutschland zu proklamieren - deswegen fordern wir die Deputierten der äußersten Linken in Frankfurt auf, zu beantragen:

Daß die Urheber dieser Maßregeln, und namentlich die Herren Harpprecht, Duvernoy, Maucler und Mathy wegen Verletzung der "Grundrechte des deutschen Volkes" in Anklagezustand gesetzt werden.

Geschrieben von Friedrich Engels.