Beitrag zur Deutschen Kulturgeschichte
Gegen Karl Heinzen von Karl Marx (1)
["Deutsche-Brüsseler-Zeitung" Nr. 86 vom 28. Oktober 1847]
<331> Kurz vor und während der Reformationszeit bildete sich unter den Deutschen eine Art von Literatur, deren bloßer Namen frappiert - die grobianische. Heutzutage gehen wir einer dem 16. Jahrhundert analogen Umwälzungsepoche entgegen. Kein Wunder, daß unter den Deutschen die grobianische Literatur wieder auftaucht. Das Interesse an der geschichtlichen Entwicklung überwindet leicht den ästhetischen Ekel, den diese Sorte von Schriftstellerei selbst einem wenig gebildeten Geschmack erregt und schon im fünfzehnten und sechzehnten Jahrhundert erregte.
Platt, großprahlend, bramarbasierend, thrasonisch, prätentiös-derb im Angriff, gegen fremde Derbheit hysterisch empfindsam; das Schwert mit ungeheurer Kraftvergeudung schwingend und weit ausholend, um es flach niederfallen zu lassen; beständig Sitte predigend, beständig die Sitte verletzend; pathetisch und gemein in komischster Verstrickung; nur um die Sache bekümmert, stets an der Sache vorbeistreifend; dem Volksverstand kleinbürgerliche, gelehrte Halbbildung, der Wissenschaft sogenannten "gesunden Menschenverstand" mit gleichem Dünkel entgegenhaltend; inhaltlose Breite mit einer gewissen selbstgefälligen Leichtigkeit sich ergießend; plebejische Form für spießbürgerlichen Inhalt; ringend mit der Schriftsprache, um ihr einen sozusagen rein körperlichen Charakter zu geben; gern im Hintergrund auf den Leib des Schriftstellers deutend, den es in allen Fingern juckt, einige Kraftproben zu geben, seine breiten Schultern zu zeigen, seine Gliedmaßen öffentlich zu recken; gesunden Verstand in gesundem <332> Körper proklamierend; bewußtlos angesteckt von den subtilsten Zänkereien und dem körperlichen Fieber des sechzehnten Jahrhunderts; ebenso in dogmatische bornierte Begriffe festgebannt, als allem Begreifen gegenüber appellierend an eine kleinliche Praxis; tobend gegen die Reaktion, reagierend gegen den Fortschritt; in der Unfähigkeit, den Gegner lächerlich zu schildern, ihn lächerlich scheltend durch eine ganze Stufenleiter von Tönen hindurch; Salomo und Marcolph, Don Quijote und Sancho Pansa, Schwärmer und Pfahlbürger in einer Person; rüpelhafte Form der Empörung, Form des empörten Rüpels; über dem Ganzen das ehrliche Bewußtsein des selbstzufriednen Biedermanns als Atmosphäre schwebend - so war die grobianische Literatur des sechzehnten Jahrhunderts. Wenn unser Gedächtnis nicht täuscht, hat der deutsche Volkswitz ihr ein lyrisches Denkmal gesetzt in dem Lied von "Heinecke, dem starken Knecht". Herr Heinzen hat das Verdienst, einer der Wiederhersteller der grobianischen Literatur, und nach dieser Seite hin eine der deutschen Schwalben des herannahenden Völkerfrühlings zu sein.
Heinzens Manifest in Nr. 84 der "Deutschen-Brüsseler-Zeitung" gegen die Kommunisten gibt uns nächsten Anlaß zum Studium jener Abart der Literatur, deren historisch interessante Seite für Deutschland wir angedeutet haben. Wir werden die literarische Spezies, die Herr Heinzen repräsentiert, ebenso auf Grundlage seines Manifestes darstellen, wie Literarhistoriker nach den hinterlassenen Schriften des 16. Jahrhunderts die Schriftsteller des 16. Jahrhunderts charakterisieren, z.B. den "Gänseprediger".
["Deutsche-Brüsseler-Zeitung" Nr. 87 vom 3l. Oktober 1847]
Biron. Verbirg Dein Haupt, Achilles. Hier erscheint Hektor in Waffen.
König. Hektor war nur ein Trojaner gegen diesen.
Boyet. Ist das wirklich Hektor?
Dumain. Ich denke, Hektor war nicht so dünn gezimmert.
Biron. Unmöglich kann dies Hektor sein.
Dumain. Er ist ein Gott oder ein Maler, denn er macht Gesichter.
(2)Daß Herr Heinzen aber wirklich Hektor ist, daran kein Zweifel.
"Schon lange", gesteht er uns, "plagte mich eine Ahnung, daß ich durch die Hand eines kommunistischen Achilles fallen würde. Jetzt, nachdem mich ein Thersites attackiert, macht die Abwendung der Gefahr mich wieder dreist etc."
Nur ein Hektor darf ahnen, daß er durch die Hand eines Achilles fallen wird.
<333> Oder hätte Herr Heinzen seine Anschauung des Achilles und des Thersites nicht aus Homer, sondern aus der Schlegelschen Übersetzung Shakespeares geschöpft?
In diesem Falle teilt er sich die Rolle des Ajax zu.
Betrachten wir uns den Ajax des Shakespeare.
Ajax.
Ich will Dich zu einer hübschen Figur Prügeln.Thersites. Ich könnte Dich leichter zu einem Witzigen lästern; aber Dein Hengst hält eher eine Rede aus dem Kopf, als Du ein Gebet auswendig sprichst. Du kannst schlagen, nicht? Das kannst Du? Die Pferdeseuche über Deine Gaulmanieren!
Ajax. Giftpilz! Erzähle mir, was hat man ausgerufen?
Thersites. Man hat Dich als Narren ausgerufen, denk' ich.
Ajax. Du verdammter Köter!
Thersites. So recht!
Ajax. Du Hexenstuhl!
Thersites. Recht so! Recht so! Du schäbiger, tapferer Esel! Du bist hierher geschickt, um auf die Trojaner zu dreschen, und unter Leuten von etwas Witz bist Du verraten und verkauft, wie ein afrikanischer Sklav' ... Euch steckt auch der Verstand größtenteils in den Sehnen, oder die Welt lügt.
..............................
Thersites. Ein Wunder!
Achilles. Was?
Thersites. Ajax geht das Feld auf und ab, und sucht nach sich selbst.
Achilles. Wieso?
Thersites. Morgen soll er seinen Zweikampf bestehen, und er ist so prophetisch stolz auf ein heroenmäßiges Abprügeln, daß er, ohne ein Wort zu reden, rast.
Achilles. Wie das?
Thersites. Ei nun, er stolziert auf und ab wie ein Pfau; ein Schritt und dann ein Halt; murmelt wie eine Wirtin, die keine Rechentafel hat als ihren Kopf, um die Zeche richtig zu machen; beißt sich in die Lippe mit einem staatsklugen Blicke, als wollt' er sagen: in diesem Haupt steckt Witz, wenn er nur heraus könnte ... Wär' ich doch lieber eine Laus in Schafswolle, als solch' tapfre Dummheit. (3)
Unter welcher Charaktermaske Herr Heinzen nun immerhin erscheine, Hektor oder Ajax - kaum hat er den Kampfplatz betreten, so verkündet er den Zuschauern mit gewaltiger Stimme, daß sein Gegner ihm nicht den "Garaus" gemacht habe. Mit der ganzen Unbefangenheit und epischen Breite eines althomerischen Helden entwickelt er die Gründe seiner Rettung. "Einem Naturfehler", erzählt er uns, "verdanke ich meine Rettung." Die Natur" hat mich nicht dem Niveau des Gegners "angepaßt". Er überragt ihn um zweier Köpfe Länge, und darum konnten die zwei "langgezogenen Hiebe" <334> seines "kleinen Scharfrichters" seinen "literarischen Hals" nicht treffen. Herr Engels, dies wird mit besonderem Nachdruck wiederholt hervorgehoben, Herr Engels ist "klein", ein "kleiner Scharfrichter", eine "kleine Person". Und dann heißt es mit einer jener Wendungen, wie wir ihnen nur in den alten Heldenliedern begegnen, oder im Puppenspiel vom großen Goliath und dem kleinen David: "Wenn Sie so hoch" - am Laternenpfahl - "hingen, würde ja kein Mensch Sie wiederfinden." Es ist dies der Humor des Riesen, launig und Grausen erregend zugleich.
Nicht nur seinen "Hals", seine ganze "Natur", seinen ganzen Körper hat Herr Heinzen so "literarisch" eingeführt. Seinen "kleinen" Gegner hat er neben sich gestellt, um durch den Kontrast der eignen Leibesvollkommenheit das gebührende Relief zu geben. Der "kleine" Ungestalt trägt ein Scharfrichterbeil unter dem Ärmchen, vielleicht eine der kleinen Guillotinen, die man 1794 den Kindern als Spielzeug schenkte. Er, der furchtbare Recke dagegen, führt in grollend-schmunzelndem Übermut keine andre Waffe als - die "Zuchtrute", die, wie er uns zu verstehen gibt, seit langer Zeit diente, die "Ungezogenheiten" der bösen "Jungen", der Kommunisten, zu "züchtigen". Der Riese bescheidet sich, als Pädagog dem "Insekten-kleinen Feindchen" gegenüberzutreten, statt das tollkühne Kerlchen totzutreten. Er bescheidet sich, als Kinderfreund mit ihm zu sprechen, ihm eine moralische Lektion zu geben und ihm die bösen Laster, namentlich das "Lügen", das "alberne, knabenhafte Lügen", die "Insolenz", den "jungenhaften Ton", die Respektlosigkeit und andere Gebrechen des jugendlichen Alters aufs strengste zu verweisen. Wenn dabei die Rute des schulmeisternden Recken zuweilen unsanft um die Ohren des Zöglings schwirrt, wenn von Zeit zu Zeit ein überderbes Wort seine Sittensprüche unterbricht, und selbst ihre Wirkung teilweise vereitelt, so darf man keinen Augenblick vergessen, daß ein Recke nicht in derselben Weise Moralunterricht erteilen kann wie gewöhnliche Schulmeister, z.B. ein Quintus Fixlein, und daß die Natur zum Fenster wieder hereinkommt, wenn man sie zur Türe hinausjagt. Überdem bedenke man wohl, daß, was in dem Mund eines Wichtelmännchens, wie Engels, als Unflätigkeit uns anwidern würde, aus dem Mund eines Kolosses, wie Heinzen, in der großartigen Weise der Naturlaute an das Ohr und an das Herz anschlägt. Und dürfen wir die Heroen-Sprache an dem engen Maßstab der bürgerlichen Sprache messen? So wenig, wie wir glauben dürfen, daß Homer z.B. in die grobianische Literatur hinabsinkt, wenn er einen seiner Lieblingshelden, den Ajax, "halsstarrig wie einen Esel" nennt.
Der Riese hatte es so brav gemeint, als er in Nr. 77 der "Deutschen-Brüsseler-Zeitung" den Kommunisten seine Zuchtrute zeigte. Und der <335> "kleine" Unhold, den er nicht einmal aufgefordert hat, das Wort zu ergreifen - mehrmals äußert er sein reckenhaftes Staunen über diese unbegreifliche Unbescheidenheit des Knirpses - hat ihm das so schlecht vergolten. "Es war nicht aufs Ratgeben abgesehen", klagt er. "Herr Engels will mich töten, will mich umbringen, der böse Mann."
Und Er? Er hatte, wie der preußischen Regierung gegenüber, so hier "mit Begeisterung einen Kampf begonnen, in welchem er die Friedensvorschläge, das Herz der humanen Versöhnung zwischen den Gegensätzen der Zeit, unter dem kriegerischen Rocke trug" (4). Aber: "Man hat die Begeisterung mit dem ätzenden Wasser der Tücke begossen." (5)
Isegrim
zeigte sich wild und grimmig, reckte die Tatzen;["Deutsche-Brüsseler-Zeitung" Nr. 90 vom 11. November 1847]
"Ich bin Republikaner gewesen, Herr Engels, so lang ich mich mit Politik beschäftigte, und meine Überzeugungen haben sich nicht unstet und haltlos gedreht, wie die Köpfe so mancher Kommunisten."
(7)"Revolutionär
bin ich allerdings erst geworden. Es gehört zur Taktik der Kommunisten, daß sie, im Bewußtsein ihrer eignen Unverbesserlichkeit, ihren Gegnern Vorwürfe machen, sobald sie sich bessern." (8)Herr Heinzen ist niemals Republikaner geworden, er ist es seit seiner politischen Geburt gewesen. Auf seiner Seite also die Unveränderlichkeit, die unbewegte Fertigkeit, die Konsequenz. Auf Seite seiner Gegner die Unstäte, die Haltlosigkeit, das Drehen. Herr Heinzen ist nicht immer Revolutionär gewesen, er ist es geworden. Diesmal ist nun allerdings das Drehen auf der Seite des Herrn Heinzen, aber dafür hat das Drehen auch seinen unmoralischen <336> Charakter umgedreht, und es heißt nunmehr: "Sich bessern". Auf Seite der Kommunisten dagegen hat die Unveränderlichkeit ihren hochmoralischen Charakter verloren. Was ist aus ihr geworden? Die "Unverbesserlichkeit".
Stehen oder Drehen, beides ist moralisch, beides ist unmoralisch; moralisch auf der Seite des Biedermannes, unmoralisch auf Seite seines Gegners. Die Kunst des kritisierenden Biedermannes besteht eben darin, rouge und noir <rot und schwarz (wie am Spieltisch)> zur rechten Zeit auszurufen, zur rechten Zeit das rechte Wort.
Die Unwissenheit gilt im allgemeinen als ein Mangel. Man ist gewohnt, sie als eine negative Größe zu betrachten. Sehen wir, wie die Zauberrute der biedermännischen Kritik ein Minus der Intelligenz zu einem Plus der Moral umschlägt.
Herr Heinzen berichtet u.a., daß er in der Philosophie noch eben so unwissend ist wie im Jahre 1844. Hegels "Sprache" ist ihm "noch immer unverdaulich geblieben".
Bis hierher der Tatbestand. Nun die moralische Zubereitung.
Weil für Herrn Heinzen Hegels Sprache von jeher "unverdaulich" war, ist er nicht wie "Engels und andere" der unmoralischen Anmaßung verfallen, sich jemals viel zu gut zu tun auf diese selbige Hegelsche Sprache, so wenig, wie bisher verlautet hat, daß westfälische Bauern sich auf die Sanskritsprache "viel zu gut" tun. Das wahre moralische Verhalten besteht aber darin, den Anlaß zum unmoralischen Verhalten zu vermeiden, und wie kann man sich besser vor dem unmoralischen "zu gut tun" auf eine Sprache sichern, als indem man so vorsichtig ist, diese Sprache nicht zu verstehen!
Herr Heinzen, der nichts von der Philosophie weiß, ist darum seiner Meinung nach auch nicht bei den Philosophen in die "Schule" gegangen. Seine Schule war der "gesunde Menschenverstand" und das "volle Leben".
"Zugleich bin ich", ruft er mit dem bescheidnen Stolz des Gerechten aus, "dadurch vor der Gefahr sicher geblieben, meine Schule zu verleugnen."
Gegen die sittliche Gefahr, eine Schule zu verleugnen, gibt es kein probateres Mittel, als nicht in die Schule zu gehn!
Jede Entwicklung, welches ihr Inhalt sei, läßt sich darstellen als eine Reihe von verschiednen Entwicklungsstufen, die so zusammenhängen, daß die eine die Verneinung der andern bildet. Entwickelt sich z.B. ein Volk von der absoluten Monarchie zur konstitutionellen Monarchie fort, so verneint es sein früheres politisches Dasein. Auf keinem Gebiet kann man eine Entwicklung durchlaufen, ohne seine frühere Existenzweise zu verneinen. Verneinen in die Sprache der Moral übersetzt, heißt: Verleugnen.
<337> Verleugnen! Mit diesem Stichwort kann der kritisierende Biedermann jede Entwicklung brandmarken, ohne sie zu verstehen; er kann seine entwicklungslose Unentwickeltheit feiernd als moralische Unbeflecktheit gegenüberstellen. So hat die religiöse Phantasie der Völker die Geschichte im großen und ganzen gebrandmarkt, indem sie das Zeitalter der Unschuld, das goldne Zeitalter, in die Vorgeschichte verlegt, in die Zeit, da noch überhaupt keine geschichtliche Entwicklung stattfand, und darum kein Verneinen, kein Verleugnen. So erscheinen in geräuschvollen Umwälzungsepochen, in Zeiten starker, leidenschaftlicher Verneinung und Verleugnung, wie im 18. Jahrhundert, brave, wohlmeinende Männer, wohlerzogene, anständige Satyre, wie Geßner, die der geschichtlichen Verderbnis den entwicklungslosen Zustand der Idylle entgegenhalten. Zum Lob dieser Idyllendichter, auch einer Art kritisierender Moralisten und moralisierender Kritiker, sei immerhin bemerkt, daß sie gewissenhaft schwanken, wem die Palme der Moralität zuzuerkennen, dem Schäfer oder dem Schaf.
Doch lassen wir den Biedermann sich ungestört an seiner eigenen Tüchtigkeit weiden! Folgen wir ihm dahin, wo er sich auf die "Sache" einzulassen wähnt. Wir werden dieselbe Methode überall wiederfinden.
"Ich kann nicht dafür, daß Herr Engels und andre Kommunisten zu blind sind, um einzusehen, daß die Gewalt auch das Eigentum beherrscht und die Ungerechtigkeit in den Eigentumsverhältnissen nur durch die Gewalt aufrechterhalten wird. - Einen Toren und einen Feigling nenne ich jeden, der einen Bourgeois wegen seines Gelderwerbs anfeindet, und einen König wegen seines Gewalterwerbs in Ruhe läßt."
(9)"Die Gewalt beherrscht auch das Eigentum!"
Das Eigentum ist jedenfalls auch eine Art von Gewalt. Die Ökonomen nennen das Kapital z.B. "die Gewalt über fremde Arbeit".
Zwei Arten von Gewalt haben wir also vor uns, einerseits die Gewalt des Eigentums, d.h. der Eigentümer, andererseits die politische Gewalt, die Staatsmacht. "Die Gewalt beherrscht auch das Eigentum" heißt: das Eigentum hat nicht die politische Gewalt in Händen, sondern wird vielmehr von ihr vexiert, z.B. durch willkürliche Steuern, durch Konfiskationen, durch Privilegien, durch störende Einmischung der Bürokratie in Industrie und Handel u. dgl.
In andern Worten: die Bourgeoisie ist noch nicht als Klasse politisch konstituiert. Die Staatsmacht ist noch nicht ihre eigene Macht. In Ländern, wo die Bourgeoisie die politische Gewalt schon erobert hat, und die politische Herrschaft nichts anders ist als die Herrschaft, nicht des einzelnen Bourgeois <338> über seine Arbeiter, sondern der Bourgeoisklasse über die gesamte Gesellschaft, hat der Satz des Herrn Heinzen seinen Sinn verloren. Die Eigentumslosen werden natürlich von der politischen Herrschaft, soweit sie sich unmittelbar auf das Eigentum bezieht, nicht berührt.
Während Herr Heinzen also eine ebenso ewige als originelle Wahrheit auszusprechen wähnte, hat er nur die Tatsache ausgesprochen, daß die deutsche Bourgeoisie die politische Gewalt erobern muß, d.h., er sagt, was Engels sagt, nur bewußtlos, nur in der braven Meinung, das Gegenteil zu sagen. Er spricht nur pathetisch ein vorübergehendes Verhältnis der deutschen Bourgeoisie zur deutschen Staatsmacht als eine ewige Wahrheit aus, und zeigt so, wie man aus einer "Bewegung" einen "festen Kern" macht.
"Die Ungerechtigkeit in den Eigentumsverhältnissen", fährt Herr Heinzen fort, "wird nur durch die Gewalt aufrechterhalten."
Entweder versteht Herr Heinzen hier unter "der Ungerechtigkeit in den Eigentumsverhältnissen" den obenerwähnten Druck, den die deutsche Bourgeoisie selbst noch in ihren "heiligsten" Interessen von der absoluten Monarchie erleidet, und dann wiederholt er nur das Ebengesagte - oder er versteht unter "der Ungerechtigkeit in den Eigentumsverhältnissen" die ökonomischen Verhältnisse der Arbeiter, und dann hat seine Offenbarung folgenden Sinn:
Die jetzigen bürgerlichen Eigentumsverhältnisse werden "aufrechterhalten" durch die Staatsmacht, welche die Bourgeoisie zum Schutz ihrer Eigentumsverhältnisse organisiert hat. Die Proletarier müssen also die politische Gewalt, wo sie schon in den Händen der Bourgeoisie ist, stürzen. Sie müssen selbst zur Gewalt, zunächst zur revolutionären Gewalt werden.
Herr Heinzen sagt bewußtlos wieder dasselbe, was Engels sagt, aber wieder in der treuherzigen Überzeugung, das Gegenteil zu sagen. Was er sagt, meint er nicht, und was er meint, sagt er nicht.
Wenn übrigens die Bourgeoisie politisch, d.h. durch ihre Staatsmacht "die Ungerechtigkeit in den Eigentumsverhältnissen aufrechterhält", so schafft sie dieselbe nicht. Die durch die moderne Teilung der Arbeit, die moderne Form des Austausches, die Konkurrenz, die Konzentration usw. bedingte "Ungerechtigkeit in den Eigentumsverhältnissen" geht keineswegs aus der politischen Herrschaft der Bourgeoisklasse hervor, sondern umgekehrt, die politische Herrschaft der Bourgeoisklasse geht aus diesen modernen, von den bürgerlichen Ökonomen als notwendige, ewige Gesetze proklamierten Produktionsverhältnissen hervor. Stürzt daher das Proletariat die politische Herrschaft der Bourgeoisie, so wird sein Sieg nur vorübergehend, nur ein Moment im Dienst der bürgerlichen Revolution selbst sein, wie Anno 1794, <339> solang im Lauf der Geschichte, in ihrer "Bewegung", die materiellen Bedingungen noch nicht geschaffen sind, die die Abschaffung der bürgerlichen Produktionsweise und darum auch den definitiven Sturz der politischen Bourgeoisherrschaft notwendig machen. Die Schreckensherrschaft mußte daher in Frankreich nur dazu dienen, durch ihre gewaltigen Hammerschläge die feudalen Ruinen wie vom französischen Boden wegzuzaubern. Die ängstlich-rücksichtsvolle Bourgeoisie wäre in Dezennien nicht mit dieser Arbeit fertig geworden. Die blutige Aktion des Volkes bereitete ihr also nur die Wege. Ebenso würde der Sturz der absoluten Monarchie bloß momentan sein, wären die ökonomischen Bedingungen zur Herrschaft der Bourgeoisklasse noch nicht zur Reife gediehen. Die Menschen bauen sich eine neue Welt, nicht aus den "Erdengütern", wie der grobianische Aberglauben wähnt, sondern aus den geschichtlichen Errungenschaften ihrer untergehenden Welt. Sie müssen im Lauf ihrer Entwicklung die materiellen Bedingungen einer neuen Gesellschaft selber erst produzieren, und keine Kraftanstrengung der Gesinnung oder des Willens kann sie von diesem Schicksal befreien.
Es bezeichnet den ganzen Grobianismus des "gesunden Menschenverstandes", der aus dem "vollen Leben" schöpft und durch keine philosophischen und sonstigen Studien sich seine Natur-Anlagen verkrüppelt, daß er da, wo es ihm gelingt, den Unterschied zu sehen, die Einheit nicht sieht, und daß er da, wo er die Einheit sieht, den Unterschied nicht sieht. Stellt er unterschiedne Bestimmungen auf, so versteinern sie sich ihm sofort unter der Hand, und er erblickt die verwerflichste Sophistik darin, diese Begriffs-Klötze so zusammenzuschlagen, daß sie ins Brennen geraten.
Indem Herr Heinzen z.B. sagt, daß Geld und Gewalt, Eigentum und Herrschaft, Gelderwerb und Gewalterwerb nicht dasselbe seien, spricht er eine Tautologie aus, die schon in den bloßen Worten liegt, und diese bloße Wortunterscheidung gilt ihm als eine Heldentat, die mit dem ganzen Bewußtsein des Hellsehers den Kommunisten gegenüber geltend gemacht wird, die so "blind" sind, nicht bei dieser kindlichen ersten Wahrnehmung stehenzubleiben.
Wie der "Gelderwerb" zum "Gewalterwerb", wie das "Eigentum" zur "politischen Herrschaft" umschlägt, also statt des festen Unterschiedes, den Herr Heinzen als Dogma sanktioniert, vielmehr Beziehungen beider Gewalten bis zur Vereinigung derselben stattfinden, davon kann er sich rasch überzeugen, wenn er sieht, wie die Leibeignen ihre Freiheit erkauften, wie die Kommunen sich ihre Munizipalrechte erkauften, wie die Bürger durch Handel und Industrie einerseits den Feudalherrn das Geld aus der Tasche lockten, und ihr Grundeigentum in Wechsel verflüchtigten, andrerseits der <340> absoluten Monarchie über die so unterminierten großen Feudalen zum Sieg verhalfen und ihr Privilegien abkauften; wie sie später die Finanzkrisen der absoluten Monarchie selbst exploitierten, etc. etc.; wie die absolutesten Monarchien durch das Staatsschuldensystem - ein Produkt der modernen Industrie und des modernen Handels - von den Börsenbaronen abhängig werden; wie in den internationalen Beziehungen der Völker das industrielle Monopol unmittelbar in politische Herrschaft umschlägt, so z.B. die Fürsten der heiligen Allianz in dem "deutschen Befreiungskrieg" nur die besoldeten Landsknechte von England waren usw., usw.
Indem aber der dünkelhafte Grobianismus des "gesunden Menschenverstandes" solche Unterschiede wie den von Gelderwerb und Gewalterwerb als ewige Wahrheiten, mit denen es "ausgemachtermaßen" sich "so und so" verhält, als unerschütterliche Dogmen befestigt, schafft er sich die erwünschte Situation, seine moralische Entrüstung über die "Blindheit", "Torheit" oder "Schlechtigkeit" der Widersacher solcher Glaubensartikel auszuschütten -, ein Selbstgenuß, der in seinen polternden Expektorationen zugleich den rhetorischen Brei hergeben muß, worin die paar dürftigen, knöchernen Wahrheiten schwimmen.
Herr Heinzen wird es erleben, daß die Gewalt des Eigentums es selbst in Preußen zur mariage forcé <erzwungenen Ehe> mit der politischen Gewalt bringt. Hören wir weiter:
"Ihr wollt den Akzent der Zeit auf die sozialen Fragen legen, und ihr seht nicht ein, daß es keine wichtigere soziale Frage gibt als die nach Königtum oder Republik."
(10)Soeben sah Herr Heinzen nur den Unterschied zwischen der Geldmacht und der politischen Macht; jetzt sieht er nur die Einheit zwischen politischer Frage und sozialer Frage. Daneben sieht er allerdings noch die "lächerliche Blindheit" und "feige Verächtlichkeit" seiner Antipoden.
Die politischen Beziehungen der Menschen sind natürlich auch soziale, gesellschaftliche Beziehungen, wie alle Verhältnisse, worin sich Menschen zu Menschen befinden. Alle Fragen, die sich auf Verhältnisse der Menschen zueinander beziehen, sind daher auch soziale Fragen.
Mit dieser Einsicht, wie sie in einen Katechismus für Kinder von 8 Jahren gehört, glaubt die grobianische Naivität nicht nur etwas gesagt, sondern ein Gewicht in die Waagschale der modernen Kollisionen gelegt zu haben.
Es findet sich zufällig, daß die "sozialen Fragen", die man "in unserer <341> Zeit abgehandelt" hat, in dem Maße an Wichtigkeit zunehmen, als wir aus dem Bereich der absoluten Monarchie heraustreten. Der Sozialismus und Kommunismus ging nicht von Deutschland aus, sondern von England, Frankreich und Nordamerika.
Die erste Erscheinung einer wirklich agierenden kommunistischen Partei findet sich innerhalb der bürgerlichen Revolution, in dem Augenblicke, wo die konstitutionelle Monarchie beseitigt ist. Die konsequentesten Republikaner, in England die Niveller, in Frankreich Babeuf, Buonarroti usw., sind die ersten, die diese "sozialen Fragen" proklamiert haben. Die "Verschwörung des Babeuf", von seinem Freunde und Parteigenossen Buonarroti geschrieben, zeigt, wie diese Republikaner aus der geschichtlichen "Bewegung" die Einsicht schöpften, daß mit Beseitigung der sozialen Frage von Fürstentum und Republik auch noch keine einzige "soziale Frage" im Sinne des Proletariats gelöst sei.
Die Eigentumsfrage, wie sie in "unserer Zeit" gestellt wurde, ist keineswegs auch nur als Frage formuliert in der Heinzenschen Form wiederzuerkennen: "ob es recht sei, daß der eine Mensch alles und der andere nichts besitze, ob der einzelne Mensch überhaupt etwas besitzen dürfe" und dergleichen simplen Gewissensfragen und Rechtsphrasen.
Die Frage des Eigentums ist eine sehr verschiedene, je nach der verschiedenen Entwicklungsstufe der Industrie im allgemeinen und nach der besondern Entwicklungsstufe derselben in den verschiedenen Ländern.
Für den galizischen Bauern z.B. reduziert sich die Eigentumsfrage auf die Verwandlung von feudalem Grundeigentum in kleines bürgerliches Grundeigentum. Sie hat für ihn denselben Sinn, den sie für den französischen Bauern vor 1789 hatte, der englische Landbautagelöhner steht dagegen in gar keinem Verhältnis zum Grundeigentümer. Er steht bloß in einem Verhältnis zum Pächter, d.h. zum industriellen Kapitalisten, der die Agrikultur fabrikmäßig betreibt. Dieser industrielle Kapitalist seinerseits, der dem Grundeigentümer eine Rente zahlt, steht dagegen in einem direkten Verhältnis zum Grundeigentümer. Die Abschaffung des Grundeigentums ist daher die wichtigste Eigentumsfrage, wie sie für die englische industrielle Bourgeoisie besteht, und ihr Kampf gegen die Korngesetze hatte keinen andern Sinn. Die Abschaffung des Kapitals dagegen ist die Eigentumsfrage im Sinne des englischen Landbautagelöhners so gut wie des englischen Fabrikarbeiters.
In der englischen sowohl wie in der französischen Revolution stellte sich die Eigentumsfrage so dar, daß es sich um die Geltendmachung der freien Konkurrenz handelte und die Abschaffung aller feudalen Eigentumsverhältnisse, wie Gutsherrlichkeit, Zünfte, Monopole usw., die für die vom 16. bis <342> zum 18. Jahrhundert entwickelte Industrie sich in Fesseln verwandelt hatten.
In "unserer Zeit" endlich hat die Eigentumsfrage den Sinn, daß es sich um die Aufhebung der Kollisionen handelt, die aus der großen Industrie, der Entwicklung des Weltmarkts und der freien Konkurrenz hervorgegangen sind.
Die Eigentumsfrage, je nach der verschiedenen Entwicklungsstufe der Industrie, war immer die Lebensfrage einer bestimmten Klasse. Im 17. und 18. Jahrhundert, wo es sich um die Abschaffung der feudalen Eigentumsverhältnisse handelte, war die Eigentumsfrage die Lebensfrage der bürgerlichen Klasse. Im 19. Jahrhundert, wo es sich darum handelt, die bürgerlichen Eigentumsverhältnisse abzuschaffen, ist die Eigentumsfrage eine Lebensfrage der Arbeiterklasse.
Die Eigentumsfrage, die in "unserer Zeit" weltgeschichtliche Frage ist, hat also nur in der modernen bürgerlichen Gesellschaft einen Sinn. Je entwickelter diese Gesellschaft ist, je mehr die Bourgeoisie sich also in einem Land ökonomisch entwickelt und darum auch die Staatsmacht einen bürgerlichen Ausdruck angenommen hat, desto greller tritt die soziale Frage hervor, in Frankreich greller als in Deutschland, in England greller als in Frankreich, in der konstitutionellen Monarchie greller als in der absoluten, in der Republik greller als in der konstitutionellen Monarchie. So z.B. sind die Kollisionen des Kreditwesens, der Spekulation usw. nirgends akuter als in Nordamerika. Nirgends tritt auch die soziale Ungleichheit schroffer hervor als in den Oststaaten von Nordamerika, weil sie nirgends weniger von der politischen Ungleichheit übertüncht ist. Wenn der Pauperismus sich hier noch nicht so weit entwickelt hat, wie in England, so ist das durch ökonomische Verhältnisse begründet, die hier nicht weiter auseinanderzusetzen. Indessen macht der Pauperismus die erfreulichsten Fortschritte.
"In diesem Land, wo es keine privilegierten Stande gibt, wo alle Klassen der Gesellschaft gleiche Rechte haben" (die Schwierigkeit liegt aber in dem Dasein der Klassen) "und wo unsere Bevölkerung fern davon ist, auf die Subsistenzmittel zu drücken, ist es in der Tat alarmierend, den Pauperismus mit solcher Rapidität anwachsen zu sehen." (Bericht des Herrn Meredith an den pennsylvanischen Kongreß.)
"Es ist bewiesen, daß der Pauperismus in Massachusetts um 60 Proz[ent] in 25 Jahren gewachsen ist." (Aus Niles - eines Amerikaners - Register.)
Einer der berühmtesten nordamerikanischen Nationalökonomen, zugleich ein Radikaler, Thomas Cooper, schlägt vor:
1. Den Besitzlosen das Heiraten zu verbieten.
2. Das allgemeine Wahlrecht abzuschaffen,
<343> denn, ruft er aus:
"die Gesellschaft ist errichtet zur Protektion des Eigentums. Welchen vernünftigen Anspruch können die, die nach ewigen ökonomischen Gesetzen ewig eigentumslos sein werden, darauf machen, Gesetze zu geben über das Eigentum der andern? Welches gemeinsame Motiv und Interesse gibt es zwischen diesen zwei Klassen von Einwohnern?
Entweder ist die arbeitende Klasse nicht revolutionär, dann vertritt sie die Interessen der Arbeitgeber, wovon ihre Existenz abhängt. So, bei den letzten Wahlen in Neu-England, hatten die Fabrikherren, um sich Stimmen zu sichern, den Namen des Kandidaten auf Kaliko gedruckt, und jeder ihrer Arbeiter trug ein solches Stück Kaliko am Hosenlatz.
Oder die arbeitende Klasse wird revolutionär infolge des gemeinsamen Zusammenlebens usw., und dann wird die politische Macht des Landes früher oder später in ihre Hände kommen; und kein Eigentum wird mehr unter diesem System sicher sein."
(11)Wie in England die Arbeiter unter dem Namen der Chartisten, so bilden in Nordamerika die Arbeiter unter dem Namen Nationalreformer eine politische Partei, und ihr Kampfruf ist keineswegs Fürstentum oder Republik, sondern Herrschaft der Arbeiterklasse oder Herrschaft der Bourgeoisklasse.
Da also gerade in der modernen bürgerlichen Gesellschaft mit ihren entsprechenden Staatsformen des konstitutionellen oder des republikanischen Repräsentativstaats "die Eigentumsfrage" zur wichtigsten "sozialen Frage" geworden ist, so ist es durchaus das bornierte Bedürfnis des deutschen Bürgermanns, das dazwischen ruft: die Frage der Monarchie sei die wichtigste "soziale Frage der Zeit". Ganz in ähnlicher Weise spricht Dr. List in der Vorrede zur "Nationalökonomie" seinen naivsten Ärger darüber aus, daß man den Pauperismus und nicht die Schutzzölle für die wichtigste soziale Frage unserer Zeit "versehen".
["Deutsche-Brüsseler-Zeitung" Nr. 92 vom 18. November 1847]
Der Unterschied zwischen Geld und Gewalt war zugleich eine persönliche Unterscheidung der beiden Kampfer.
Der "Kleine" erscheint als eine Art von Beutelschneider, der bloß mit Feinden zu tun hat, die "Geld" besitzen. Der abenteuerlich starke Mann kämpft dagegen mit den "Gewaltigen" dieser Erde.
Indosso la corazza, e l'elmo in testa.
(12)<344> Und, murmelt er,
"dabei steht sich übrigens Ihre Person besser als die meinige".
(13)Am besten aber stehen sich die "Gewaltigen" der Erde, die sichtbar aufatmen, während Herr Heinzen seinen Zögling anfährt:
"Jetzt sind Sie, wie alle Kommunisten, unfähig geworden, den Zusammenhang der Politik mit den sozialen Zuständen zu erkennen."
(14)Wir haben soeben einer Morallektion beigewohnt, worin der große Mann überraschend einfach den Zusammenhang zwischen der Politik und den sozialen Zuständen im allgemeinen enthüllte. Am Fürstentum gibt er nunmehr seinem Zögling eine handgreifliche Nutzanwendung.
Die Fürsten oder das Fürstentum, erzählt er, sind "die Haupturheber alles Elends und aller Not". Wo das Fürstentum abgeschafft ist, ist natürlich auch diese Erklärungsweise abgeschafft, und die Sklavenwirtschaft, an der die antiken Republiken zugrunde gingen, die Sklavenwirtschaft, die zu den furchtbarsten Kollisionen in den südlichen Staaten des republikanischen Nordamerikas führen wird (15), die Sklavenwirtschaft kann ausrufen, wie Hans Falstaff: "Daß doch Gründe so wohlfeil wären, wie Brombeeren!"
Und vor allem wer oder was hat die Fürsten und das Fürstentum gemacht?
Es gab einmal eine Zeit, wo das Volk die hervorragendsten Persönlichkeiten der allgemeinen Angelegenheiten halber an die Spitze stellen mußte. Später erbte sich dieser Posten in Familien fort usw. Und schließlich hat die Dummheit und Verworfenheit der Menschen diesen Mißbrauch jahrhundertelang geduldet.
Beriefe man einen Kongreß sämtlicher naturwüchsigen Kannengießer Europas, sie könnten nicht anders antworten. Und schlüge man sämtliche Werke des Herrn Heinzen auf, sie gäben keine andere Antwort
Der kernhafte "gesunde Menschenverstand" glaubt das Fürstentum zu erklären, indem er sich für seinen Gegner erklärt. Die Schwierigkeit bestände für diesen Normalverstand aber darin, darzutun, wie der Gegner des gesunden Menschenverstandes und der moralischen Menschenwürde geboren wurde, und sein merkwürdig zähes Leben Jahrhunderte fortschleppte. Nichts einfacher. Jahrhunderte entbehrten des gesunden Menschenverstandes und <345> der moralischen Menschenwürde. In andern Worten, der Verstand und die Moral von Jahrhunderten entsprachen dem Fürstentum, statt ihm zu widersprechen. Und eben diesen Verstand und diese Moral vergangener Jahrhunderte versteht der "gesunde Menschenverstand" von heute nicht. Er begreift ihn nicht, aber dafür verachtet er ihn. Aus der Geschichte flüchtet er in die Moral, und nun kann er das sämtliche schwere Geschütz seiner sittlichen Entrüstung spielen lassen.
In derselben Weise, wie sich hier der politische "gesunde Menschenverstand" die Entstehung und den Fortbestand des Fürstentums als Werk des Unverstandes erklärt, in derselben Weise erklärt der religiöse "gesunde Menschenverstand" die Ketzerei und den Unglauben als Werke des Teufels. In derselben Weise erklärt der irreligiöse "gesunde Menschenverstand" die Religion als Werk der Teufel, der Pfaffen.
Hat Herr Heinzen aber nur einmal die Entstehung des Fürstentums vermittelst moralischer Gemeinplätze begründet, so ergibt sich ganz natürlich der "Zusammenhang des Fürstentums mit den sozialen Zuständen". Hört:
"Ein einzelner Mensch nimmt den Staat für sich in Beschlag, opfert ein ganzes Volk, nicht bloß materiell, sondern auch moralisch seiner Person und deren Anhang mehr oder weniger auf; stuft gradweise die Erniedrigung in ihm ab, teilt es wie mageres und fetteres in Stände unterschieden ab, und macht im Grunde bloß seiner einzelnen Person zulieb jedes Mitglied der Staatsgesellschaft offiziell zum Feind des andern."
(16)Herr Heinzen erblickt die Fürsten auf dem Gipfel des sozialen Gebäudes in Deutschland. Er zweifelt keinen Augenblick daran, daß sie ihre gesellschaftliche Unterlage gemacht haben und täglich von neuem machen. Wie einfacher den Zusammenhang der Monarchie mit den gesellschaftlichen Zuständen, deren offizieller politischer Ausdruck sie ist, erklären, als indem man die Fürsten diesen Zusammenhang machen läßt! Wie hängen die Repräsentationskammern mit der modernen bürgerlichen Gesellschaft, die sie vertreten, zusammen? Sie haben sie gemacht. Das politische Göttertum mit seinem Apparat und seinen Abstufungen hat so die profane Welt gemacht, deren Allerheiligstes es ist. So wird das religiöse Göttertum die weltlichen Zustände gemacht haben, die sich in ihm phantastisch und verhimmelt abspiegeln.
Der Grobianismus, der solche hausbackne Weisheit mit gebührendem Pathos debitiert, muß natürlich ebenso verwundert als sittlich empört sein über den Gegner, der ihm nachzuweisen sich abmüht, daß der Apfel nicht den Apfelbaum gemacht habe.
<346> Die moderne Geschichtsschreibung hat nachgewiesen, wie die absolute Monarchie in den Übergangsperioden erscheint, wo die alten Feudalstände untergehen und der mittelalterliche Bürgerstand zur modernen Bourgeoisklasse sich heranbildet, ohne daß noch eine der streitenden Parteien mit der andern fertig geworden wäre. Die Elemente, auf denen sich die absolute Monarchie aufbaut, sind also keineswegs ihr Produkt; sie bilden vielmehr ihre soziale Voraussetzung, deren geschichtliche Entstehung zu bekannt ist, um sie hier zu wiederholen. Daß in Deutschland die absolute Monarchie sich später ausbildete, länger währt, erklärt sich nur aus dem verkrüppelten Entwicklungsgang der deutschen Bürgerklasse. Die Rätsel dieses Entwicklungsgangs findet man gelöst in der Geschichte des Handels und der Industrie.
Der Untergang der spießbürgerlichen deutschen freien Städte, die Vernichtung des Ritterstandes, die Niederlage der Bauern - die daraus hervorgehende Landeshoheit der Fürsten - der Verfall der deutschen Industrie und des deutschen Handels, die ganz auf mittelalterlichen Zuständen beruhten, in demselben Augenblick, wo der moderne Weltmarkt sich eröffnet und die große Manufaktur aufkömmt - die Entvölkerung und der barbarische Zustand, den der 30jährige Krieg zurückgelassen hatte - der Charakter der wieder sich erhebenden nationalen Industriezweige, wie der kleinen Leinenindustrie, welchen patriarchalische Zustände und Verhältnisse entsprechen -, der Charakter der Ausfuhrartikel, die größtenteils der Agrikultur angehörten, und darum fast nur die materiellen Lebensquellen des Landadels und darum seine relative Macht den Bürgern gegenüber vermehrten -, die gedrückte Stellung Deutschlands auf dem Weltmarkt im allgemeinen, wodurch die den Fürsten von Fremden gezahlten Subsidien eine Hauptquelle des Nationaleinkommens wurden, die daher erfolgende Abhängigkeit der Bürger vom Hof - usw., usw., alle diese Verhältnisse, worin sich die Gestalt der deutschen Gesellschaft und eine ihr entsprechende politische Organisation ausbildeten, verwandeln sich dem Grobianismus des gesunden Menschenverstandes in einige Kernsprüche, deren Kern aber darin besteht, daß das "deutsche Fürstentum" die "deutsche Gesellschaft" gemacht hat und täglich von neuem "macht".
Die optische Täuschung, die den gesunden Menschenverstand befähigt, im Fürstentum den Springquell der deutschen Gesellschaft, statt in der deutschen Gesellschaft den Springquell des Fürstentums zu "erkennen", ist leicht erklärlich.
Er nimmt auf den ersten Blick wahr - und es gilt ihm sein erster Blick stets als Scharfblick -, daß die deutschen Fürsten den alten deutschen gesellschaftlichen Zustand, womit ihre politische Existenz steht und fällt, erhalten und festhalten und gegen die auflösenden Elemente gewaltsam reagieren.
<347> Er siebt andrerseits ebensosehr die auflösenden Elemente mit der fürstlichen Gewalt ringen. Die gesunden fünf Sinne bezeugen also alle auf einmal, daß das Fürstentum die Grundlage der alten Gesellschaft, ihrer Abstufungen, ihrer Vorurteile und ihrer Gegensätze ist.
Genauer betrachtet widerlegt aber diese Erscheinung nur die biderbe Meinung, zu der sie den unschuldigen Anlaß bietet.
Die gewaltsam reaktionäre Rolle, in der das Fürstentum auftritt, beweist nur, daß in den Poren der alten Gesellschaft eine neue Gesellschaft sich herangebildet hat, welche auch die politische Hülse - die naturgemäße Decke der alten Gesellschaft - als eine naturwidrige Fessel empfinden und in die Luft sprengen muß. Je unentwickelter diese neuen auflösenden Gesellschaftselemente, desto konservativer erscheint selbst die heftigste Reaktion der alten politischen Gewalt. Je entwickelter die neuen auflösenden Gesellschaftselemente, desto reaktionärer erscheint selbst der harmloseste Konservationsversuch der alten politischen Gewalt. Die Reaktion des Fürstentums, statt zu beweisen, daß es die alte Gesellschaft macht, beweist vielmehr, daß es abgemacht ist, sobald die materiellen Bedingungen der alten Gesellschaft sich überlebt haben. Seine Reaktion ist zugleich die Reaktion der alten Gesellschaft, die noch die offizielle Gesellschaft, und darum auch noch im offiziellen Besitz der Gewalt oder im Besitz der offiziellen Gewalt ist.
Haben sich die materiellen Lebensbedingungen der Gesellschaft so weit entwickelt, daß die Umwandlung ihrer offiziellen politischen Gestalt eine Lebensnotwendigkeit für sie geworden ist, so verwandelt sich die ganze Physiognomie der alten politischen Gewalt. So versucht die absolute Monarchie nun, statt zu zentralisieren, worin ihre eigentliche zivilisierende Tätigkeit bestand, zu dezentralisieren. Aus der Niederlage der feudalen Stände hervorgegangen, und selbst den tätigsten Anteil an ihrer Zerstörung nehmend, sucht sie jetzt wenigstens den Schein der feudalen Unterschiede festzuhalten. Den Handel und die Industrie und gleichzeitig damit das Aufkommen der Bürgerklasse früher begünstigend als notwendige Bedingungen sowohl der nationalen Macht als des eignen Glanzes, tritt die absolute Monarchie jetzt dem Handel und der Industrie, die immer gefährlichere Waffen in den Händen einer schon mächtigen Bourgeoisie geworden sind, überall in den Weg. Von der Stadt, der Geburtsstätte ihrer Erhebung, wirft sie den ängstlichen und stumpf gewordenen Blick auf das Land, das mit den Leichen ihrer alten, reckenhaften Gegner gedüngt ist.
Aber Herr Heinzen versteht unter dem "Zusammenhang der Politik mit den sozialen Zuständen" eigentlich nur den Zusammenhang des deutschen Fürstentums mit der deutschen Not und dem deutschen Elend.
<348> Die Monarchie, wie jede andre Staatsform, belastet nach der materiellen Seite hin die arbeitende Klasse direkt nur in der Form von Steuern. Die Steuern sind das Dasein des Staats, ökonomisch ausgedrückt. Beamten und Pfaffen, Soldaten und Ballettänzerinnen, Schulmeister und Polizeischergen, griechische Museen und gotische Türme, Zivilliste und Rangliste - der gemeinschaftliche Samen, worin alle diese fabelhaften Existenzen embryonisch schlummern, sind die - Steuern.
Und welcher räsonierende Bürger hätte nicht das verhungernde Volk auf die Steuern, auf das Sündengeld der Fürsten, als die Quelle seines Elends verwiesen?
Die deutschen Fürsten und die deutsche Not! In andern Worten: Die Steuern, von denen die Fürsten prassen und die das Volk mit seinem Blutschweiß bezahlt!
Welch unerschöpflicher Stoff für deklamierende Menschenretter!
Die Monarchie verursacht viele Kosten. Kein Zweifel. Seht nur den nordamerikanischen Staatshaushalt an und vergleicht, was unsere 38 Duodezvaterländer bezahlen müssen, um verwaltet und gemaßregelt zu werden! Den polternden Ausbrüchen dieser eingebildeten Demagogie antworten nicht die Kommunisten, nein, die bürgerlichen Ökonomen, wie Ricardo, Senior usw., mit zwei Worten.
Das ökonomische Dasein des Staats sind die Steuern.
Das ökonomische Dasein des Arbeiters ist der Arbeitslohn.
Zu bestimmen: Das Verhältnis zwischen Steuern und Arbeitslohn.
Der durchschnittliche Arbeitslohn wird durch die Konkurrenz notwendig auf das Minimum reduziert, d.h. auf einen Lohn, der den Arbeitern erlaubt, ihre Existenz und die Existenz ihrer race notdürftig zu fristen. Die Steuern bilden einen Teil dieses Minimums, denn der politische Beruf der Arbeiter besteht eben darin, Steuern zu zahlen. Würden sämtliche Steuern, die auf der Arbeiterklasse ruhen, radikal abgeschafft, so wäre die notwendige Folge, daß der Arbeitslohn um den ganzen Steuerbetrag, der heutzutage in ihn eingeht, vermindert wurde. Entweder würde dadurch der Profit der Arbeitgeber unmittelbar in demselben Maß steigen, oder es hätte nur eine Veränderung in der Form der Steuererhebung stattgefunden. Statt daß der Kapitalist im Arbeitslohn heute zugleich die Steuern vorschießt, die der Arbeiter zahlen muß, wurde er sie nicht mehr auf diesem Umweg, sondern direkt an den Staat zahlen.
Wenn in Nordamerika der Arbeitslohn höher steht als in Europa, so ist das keineswegs die Folge seiner geringern Steuern. Es ist die Folge seiner territorialen, kommerziellen und industriellen Lage. Die Nachfrage nach <349> Arbeitern ist im Verhältnis zum Angebot von Arbeitern bedeutend größer als in Europa. Und diese Wahrheit kennt jeder Schüler schon aus Adam Smith.
Für die Bourgeoisie ist dagegen sowohl die Art der Steuerverteilung und Erhebung, als die Verwendung der Steuern eine Lebensfrage, sowohl wegen ihres Einflusses auf Handel und Industrie, als weil die Steuern das goldene Band sind, womit man die absolute Monarchie erdrosselt.
Nachdem Herr Heinzen solch tiefe Aufschlüsse über den "Zusammenhang der Politik mit den gesellschaftlichen Zuständen" und der "Klassenverhältnisse" mit der Staatsgewalt gegeben, ruft er triumphierend aus:
"Der 'kommunistischen Borniertheit', die Menschen bloß 'klassenweise' anzureden oder je nach dem 'Handwerk' aufeinander zu hetzen, habe ich mich bei meiner revolutionären Propaganda freilich nicht schuldig gemacht, weil ich der 'Möglichkeit' Raum lasse, daß das 'Menschentum' nicht immer durch die 'Klasse' oder das 'Maß des Geldbeutels' bestimmt werde."
Der "grobianische" Menschenverstand verwandelt den Klassenunterschied in den "Längenunterschied des Geldbeutels" und den Klassengegensatz in "Handwerkshader". Das Maß des Geldbeutels ist ein rein quantitativer Unterschied, wodurch je zwei Individuen derselben Klasse beliebig aufeinander gehetzt werden können. Daß "je nach dem Handwerk" die mittelalterlichen Zünfte einander gegenüberstanden, ist bekannt. Ebenso bekannt ist aber, daß der moderne Klassenunterschied keineswegs auf dem "Handwerk" beruht, vielmehr die Teilung der Arbeit innerhalb derselben Klasse sehr verschiedne Arbeitsweisen hervorbringt.
Und diese seine eigne, ganz aus dem eigensten "vollen Leben" und dem eigensten "gesunden Menschenverstand" geschöpfte "Borniertheit" nennt Herr Heinzen scherzend eine "kommunistische Borniertheit".
Nehmen wir aber einen Augenblick an, Herr Heinzen wisse, wovon er spreche, er spreche also nicht vom "Längenunterschied" der Geldbeutel und dem "Handwerkshader".
Es ist sehr "möglich", daß einzelne Individuen nicht "immer" durch die Klasse bestimmt werden, der sie angehören, was ebensowenig für den Klassenkampf entscheidet, als der Übertritt einiger Adligen zum tiers-état <dritten Stand> für die französische Revolution entschied. Und dann traten diese Adligen wenigstens einer Klasse bei, der revolutionären Klasse, der Bourgeoisie. Aber Herr Heinzen läßt alle Klassen schwinden vor der feierlichen Idee des "Menschentums".
<350> Wenn Herr Heinzen aber glaubt, daß ganze Klassen, die auf ökonomischen, von ihrem Willen unabhängigen Bedingungen beruhen und durch diese Bedingungen in den feindlichsten Gegensatz gestellt sind, vermittelst der allen Menschen anhaftenden Eigenschaft des "Menschentums" aus ihren wirklichen Verhältnissen herausspringen können, wie leicht muß es einem Fürsten sein, sich über sein "Fürstentum", über sein "fürstliches Handwerk" durch das "Menschentum" zu erheben? Warum verdenkt er es denn dem Engels, wenn dieser im Hintergrund seiner revolutionären Phrasen einen "braven Kaiser Joseph" erblickt?
Vertilgt Herr Heinzen aber einerseits, indem er sich unbestimmt an das "Menschentum" der Deutschen richtet, alle Unterschiede, so daß er auch die Fürsten in seine Ermahnungen einschließen müßte, so sieht er sich doch auf der andern Seite gezwungen, einen Unterschied unter den deutschen Menschen festzustellen, denn ohne Unterschied kein Gegensatz, und ohne Gegensatz kein Stoff zu politischen Kapuzinerpredigten.
Also unterscheidet Herr Heinzen die deutschen Menschen in Fürsten und Untertanen. Diesen Gegensatz zu sehen und auszusprechen ist seinerseits eine moralische Kraftäußerung, ein Beweis individueller Kühnheit, politischen Verstandes, empörten menschlichen Gefühls, ernster Scharfsichtigkeit, achtungswerter Tapferkeit. Und es zeugte von intellektueller Blindheit, von polizeigemäßer Gesinnung, darauf aufmerksam zu machen, daß es privilegierte und nicht privilegierte Untertanen gibt; daß erstere in der politischen Hierarchie keineswegs eine entwürdigende Abstufung erblicken, sondern eine erhebende aufsteigende Linie; daß endlich unter den Untertanen, für welche das Untertanenverhältnis als Fessel gilt, es wieder in sehr verschiedner Weise als Fessel gilt.
Kommen nun die "bornierten" Kommunisten und sehen nicht nur den politischen Unterschied von Fürst und Untertan, sondern auch den gesellschaftlichen Unterschied der Klassen.
Während die moralische Größe des Herrn Heinzen soeben darin bestand, den Unterschied einzusehen und auszusprechen, besteht seine Größe jetzt vielmehr darin, ihn zu übersehen, von ihm abzusehen und ihn zu verheimlichen. Das Aussprechen des Gegensatzes wird aus der Sprache der Revolution zur Sprache der Reaktion und zum böswilligen "Hetzen" im Menschentum vereinter Brüder gegeneinander.
Es ist bekannt, daß kurz nach der Julirevolution die siegreiche Bourgeoisie in den Septembergesetzen das "Aufhetzen der verschiednen Volksklassen gegeneinander", wahrscheinlich auch aus "Menschentum", zu einem großen politischen Vergehen machte, worauf Gefängnis, Geldbuße usw. stehen. Es ist <351> ferner bekannt, daß die englischen Bourgeoisiejouruale die Chartistenführer und Chartistenschriftsteller nicht besser zu denunzieren wissen, als indem sie ihnen das Aufhetzen verschiedener Volksklassen gegeneinander vorwerfen. Es ist sogar bekannt, daß deutsche Schriftsteller wegen dieses Aufhetzens verschiedner Volksklassen gegeneinander in Festungen vergraben sind.
Spricht Herr Heinzen diesmal nicht die Sprache der französischen Septembergesetze, der englischen Bourgeoisblätter und des preußischen Strafgesetzbuchs?
Aber nein. Der wohlmeinende Herr Heinzen fürchtet nur, die Kommunisten "suchten den Fürsten eine revolutionäre Fontanelle zu sichern".
So versichern die belgischen Liberalen, die Radikalen seien im geheimen mit den Katholiken einverstanden; die französischen Liberalen versichern, die Demokraten seien mit den Legitimisten einverstanden; die englischen Freihandelsmänner versichern, die Chartisten seien mit den Tories einverstanden. Und der liberale Herr Heinzen versichert, die Kommunisten seien mit den Fürsten einverstanden.
Deutschland hat, wie ich dies schon in den "Deutsch-Französischen Jahrbüchern" auseinandergesetzt habe, ein eigenes christlich-germanisches Pech. Seine Bourgeoisie hat sich so sehr verspätet, daß sie in dem Augenblick ihren Kampf mit der absoluten Monarchie beginnt und ihre politische Macht zu begründen sucht, wo in allen entwickelten Ländern die Bourgeoisie schon im heftigsten Kampf mit der Arbeiterklasse begriffen ist und wo ihre politischen Illusionen bereits im europäischen Bewußtsein überlebt sind. In diesem Land, wo die politische Misère der absoluten Monarchie noch besteht mit einem ganzen Anhang verkommener halbfeudaler Stände und Verhältnisse, existieren anderseits partiell auch schon infolge der industriellen Entwicklung und Deutschlands Abhängigkeit vom Weltmarkt die modernen Gegensätze zwischen Bourgeoisie und Arbeiterklasse und der daraus hervorgehende Kampf - Beispiele die Arbeiteraufstände in Schlesien und Böhmen. Die deutsche Bourgeoisie befindet sich also schon im Gegensatz zum Proletariat, ehe sie noch als Klasse sich politisch konstituiert hat. Der Kampf zwischen den "Untertanen" ist ausgebrochen, ehe noch Fürsten und Adel zum Land hinausgejagt sind, allen Hambacher Liedern zum Trotz.
Herr Heinzen weiß sich diese widerspruchsvollen Zustände, die sich natürlich auch in der deutschen Literatur abspiegeln, nicht anders zu erklären, als indem er sie seinen Gegnern aufs Gewissen schiebt und als Folge des konterrevolutionären Treibens der Kommunisten auslegt.
<352> Die deutschen Arbeiter unterdessen wissen sehr wohl, daß die absolute Monarchie keinen Augenblick schwankt oder schwanken kann, sie im Dienst der Bourgeoisie mit Kanonenkugeln und Peitschenhieben zu begrüßen. Warum sollten sie also die brutale Plackerei der absoluten Regierung mit ihrem halbfeudalen Gefolg der direkten Bourgeoisherrschaft vorziehen? Die Arbeiter wissen sehr wohl, daß die Bourgeoisie nicht nur politisch ihnen breitere Konzessionen machen muß als die absolute Monarchie, sondern daß sie im Dienst ihres Handels und ihrer Industrie wider ihren Willen die Bedingungen zur Vereinigung der Arbeiterklasse hervorruft, und die Vereinigung der Arbeiter ist das erste Erfordernis ihres Siegs. Die Arbeiter wissen, daß die Abschaffung der bürgerlichen Eigentumsverhältnisse nicht herbeigeführt wird durch Erhaltung der feudalen. Sie wissen, daß durch die revolutionäre Bewegung der Bourgeoisie gegen die feudalen Stände und die absolute Monarchie ihre eigne revolutionäre Bewegung nur beschleunigt werden kann. Sie wissen, daß ihr eigner Kampf mit der Bourgeoisie erst anbrechen kann an dem Tag, wo die Bourgeoisie gesiegt hat. Trotz alledem teilen sie die bürgerlichen Illusionen des Herrn Heinzen nicht. Sie können und müssen die bürgerliche Revolution als eine Bedingung der Arbeiterrevolution mitnehmen. Sie können sie aber keinen Augenblick als ihren Endzweck betrachten.
Daß die Arbeiter wirklich in dieser Weise sich verhalten, davon haben die englischen Chartisten in dieser jüngsten Anti-Corn-Law-League-Bewegung ein glänzendes Beispiel gegeben. Keinen Augenblick haben sie die Lügen und Einbildungen der bürgerlichen Radikalen geglaubt, keinen Augenblick ihren Kampf gegen sie aufgegeben, aber sie haben mit vollem Bewußtsein ihren Feinden zum Sieg über die Tories verholfen, und den Tag nach der Abschaffung der Korngesetze standen sich auf dem Wahlplatz entgegen, nicht mehr Tories und Freetrader, sondern Freetrader und Chartisten. Und sie haben Sitze im Parlament, diesen bürgerlichen Radikalen gegenüber, erobert.
Ebensowenig wie Herr Heinzen die Arbeiter versteht, ebensowenig versteht er die bürgerlichen Liberalen, sosehr er bewußtlos in ihrem Dienst arbeitet. Er glaubt, es sei nötig, ihnen gegenüber die alten Redensarten gegen "deutsche Gemütlichkeit und Demut" zu wiederholen. Er, der Biedermann, nimmt im vollen Ernst, was ein Camphausen oder Hansemann an servilen Redensarten debitierte. Die Herren Bourgeois wurden lächeln über diese Naivität. Sie wissen besser, wo sie der Schuh drückt. Sie wissen, daß der Pöbel in Revolutionen frech wird und zugreift. Die Herren Bourgeois suchen daher soviel als möglich ohne Revolution auf gütlichem Weg das absolute Königtum in bürgerliches zu verwandeln.
<353> Aber das absolute Königtum in Preußen, wie früher in England und Frankreich, läßt sich nicht gütlich in bürgerliches verwandeln. Es dankt nicht gütlich ab. Außer durch persönliche Vorurteile sind den Fürsten die Hände gebunden durch eine ganze Zivil-, Militär- und Pfaffenbürokratie - Bestandteile der absoluten Monarchie, die ihre herrschende Stellung keineswegs mit einer dienenden gegen die Bourgeoisie vertauschen wollen. Andrerseits halten die feudalen Stände zurück, bei denen es sich um Sein oder Nichtsein, d.h. um Eigentum oder Expropriation handelt. Es ist klar, daß der absolute Monarch trotz aller servilen Huldigungen der Bourgeoisie sein wahres Interesse auf seiten dieser Stände erblickt.
Sowenig daher die süßen Redensarten eines Lally-Tollendal, eines Mounier, eines Malouet, eines Mirabeau einen Louis XVI. beschwatzen konnten, entschieden der Bourgeoisie sich anzuschließen, im Gegensatz zu den Feudalen und den Überbleibseln der absoluten Monarchie, sowenig werden die Sirenengesänge eines Camphausen oder Hansemann Friedrich Wilhelm IV. überzeugen.
Aber Herr Heinzen hat es weder mit der Bourgeoisie noch mit dem Proletariat in Deutschland zu tun. Seine Partei ist die "Partei der Menschen", d.h. der biedern und hochherzigen Schwärmer, die unter der Form von "menschlichen" Zwecken "bürgerliche" Interessen verfechten, ohne sich indes klar über den Zusammenhang der idealistischen Phrase mit ihrem realistischen Kern zu sein.
["Deutsche-Brüsseler-Zeitung" Nr. 94 vom 25. November 1847]
Seiner Partei, der Partei der Menschen, oder dem in Deutschland hausenden Menschentum, bietet der Staatenstifter Karl Heinzen die "beste Republik" an, die von ihm selbst ausgeheckte beste Republik, die "Föderativrepublik mit sozialen Institutionen". Rousseau entwarf einst den Polen und Mably den Korsikanern eine beste politische Welt. Der große Genfer Bürger hat einen noch größeren Nachfolger gefunden.
"Ich bescheide mich" - welche Bescheidenheit! - "wie eine Blume nur aus Blumenblättern, so eine Republik nur aus republikanischen Elementen zusammensetzen zu können."
(17)Ein Mann, der es versteht, aus Blumenblättern eine Blume, und wäre es auch nur ein Gänseblümchen, zusammenzusetzen, dem kann auch die Komposition der "besten Republik" - nicht fehlschlagen, die böse Welt mag davon halten, was sie will.
<354> Allen Lästerzungen zum Trotz, nimmt sich der brave Staatengründer z.B. die Charten des republikanischen Nordamerikas. Was ihm anstößig scheint, wischt er aus mit seinem grobianischen Pinsel. So bringt er eine emendierte Ausgabe zustande - in usum Delphini < zum Gebrauch des Dauphins (So wurde in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts die für den französischen Thronfolger bestimmte Ausgabe lateinischer Werke bezeichnet, aus denen "Anstößiges" entfernt worden war.) >, d.h. zum Nutz und Frommen des "deutschen Menschen". Und nachdem er so "das Bild der Republik und zwar einer bestimmten Republik entworfen" hat, zieht er seinen "kleinen", respektwidrigen Zögling "an den kommunistischen Ohren" in die Höhe, und schmettert ihn nieder mit der Frage, ob auch er eine Welt "machen" könne, und zwar eine "beste Welt"? Und er läßt nicht nach, den "Kleinen" in die "Höhe" zu ziehn an seinen "kommunistischen Ohren", bis er ihn mit der "Nase" auf das Riesenbild der "neuen" Welt, der besten Republik "gestoßen" hat. Das kolossale Bild seiner von ihm entworfenen Welt hat er nämlich höchsteigenhändig aufgehangen am höchsten Gipfel der Schweizer Alpen.
"Cacatum non est pictum" <"gekackt ist nicht gemalt">, zischt die Stimme der "kleinen", unbußfertigen Schlange.
Und entsetzt läßt der republikanische Ajax den kommunistischen Thersites zu Boden fallen und stößt aus zottiger Hochbrust die - furchtbaren Worte aus:
"Sie treiben die Lächerlichkeit auf die Spitze, Herr Engels!"
Und wirklich, Herr Engels! Glauben Sie nicht, "daß das amerikanische Föderativsystem" die "beste politische Form" ist, "welche die bisherige Staatskunst ausgemittelt?" Sie schütteln mit dem Köpfchen? Was? Sie leugnen überhaupt, daß das "amerikanische Föderativsystem" von der "Staatskunst" ausgemittelt worden ist? Und daß es "beste politische Gesellschaftsformen" in abstracto <rein begrifflich> gebe? Aber da hört ja alles auf!
Sie sind zugleich so "schamlos und gewissenlos", uns anzudeuten, daß der biderbe Deutsche, der die nordamerikanische Konstitution - dazu noch verschönert und ausgebessert - seinem treuen Vaterland zugut kommen lassen will, jenem idiotischen Kaufmann gleicht, der die Kaufmannsbücher seines reichen Rivalen kopierte, und nun mit dem Besitz dieser Kopie auch in den Besitz des beneideten Reichtums getreten zu sein vermeinte!
Und Sie drohen uns mit dem "Scharfrichterbeil" unter dem Ärmchen, mit der kleinen Guillotine, die man Ihnen 1794 als Spielzeug schenkte? Barbaroux, murmeln Sie, und andre stark in die Höhe und Breite ge- <355> schossene Leute wurden damals, als wir Guillotine spielten, um einen ganzen Kopf kleiner gemacht, weil sie zufällig "das amerikanische Föderativsystem" für die "beste politische Form" ausschrien. Und so wird es allen andern Goliathen ergehen, die bei irgendeiner demokratischen Revolution in Europa, und namentlich in dem noch ganz feudal zerrissenen Deutschland, an die Stelle der Einen unteilbaren Republik und ihrer nivellierenden Zentralisation das "amerikanische Föderativsystem" setzen zu wollen sich einfallen lassen.
Aber mein Gott! Die Männer vom Comité de salut public und die Bluthunde von Jakobinern hinter ihnen waren Unmenschen, und die "beste" Heinzensche "Republik" ist von der "bisherigen Staatskunst" als die "beste politische Form" für "Menschen", für gute Menschen, für menschentümliche Menschen "ausgemittelt" worden!
Wirklich! "Sie treiben die Lächerlichkeit auf die Spitze, Herr Engels!"
Der Staaten gründende Herkules kopiert ja zudem die nordamerikanische "Föderativrepublik" nicht mit Haut und Haar. Er schmückt sie mit "sozialen Institutionen" aus, er wird "die Eigentumsverhältnisse nach vernünftigen Grundsätzen regeln", und die sieben großen "Maßregeln", womit er die "Mißstände" der alten bürgerlichen Gesellschaft beseitigte, sind keineswegs dünner, ärmlicher Abfall, zusammengebettelt aus modernen - verwerflichen sozialistischen und kommunistischen Garküchen. Den "Inka's" und "Campe's Kinderschriften" verdankt der große Karl Heinzen seine Rezepte zur "Humanisierung der Gesellschaft", ganz wie er letztre tiefsinnige Phrase nicht dem Philosophen und Pommeraner Ruge verdankt, sondern vielmehr einem in Weisheit ergrauten "Peruaner". Und Herr Engels nennt das ganz willkürlich ausgetüftelte, spießbürgerliche Weltverbesserungs-Schwärmereien!
Wir leben allerdings in einer Zeit, wo "mehr und mehr die Bessern schwinden" und die "Besten" gar nicht einmal verstanden werden.
Nehmt z.B. irgendeinen wohlmeinenden Bürger und fragt ihn auf sein Gewissen, woran die jetzigen "Eigentumsverhältnisse" laborieren? Und der brave Mann wird seinen Zeigefinger an seine Nasenspitze legen, zweimal tiefen Gedankenatem schöpfen, und sich dann "unmaßgeblich" dahin verlauten lassen, daß es eine Schande ist, daß viele "Nichts", nicht das Notdürftigste besitzen, und daß andere, nicht nur zum Schaden der besitzlosen Lumpen, sondern auch ehrbarer Bürgersleute, aristokratisch unverschämte Millionen auftürmen! Aurea mediocritas! Goldene Mittelmäßigkeit! wird das brave Mitglied der Mittelklasse ausrufen! Daß nur die Extreme zu vermeiden wären! Welche vernünftige Staatsverfassung wäre mit diesen Extremen vereinbar, mit diesen Extremen, diesen höchst verwerflichen Extremen!
<356> Und nun werft einen Blick auf die Heinzensche "Föderativrepublik" mit "sozialen Institutionen" und sieben Maßregeln zur "Humanisierung der Gesellschaft". Da ist jedem Bürger ein "Minimum" des Vermögens gesichert, unter das er nicht herabfallen kann, und ein Maximum des Vermögens vorgeschrieben, das er nicht übersteigen darf.
Hat Herr Heinzen denn nicht alle Schwierigkeiten gelöst, indem er den frommen Wunsch aller braven Bürgersleute, daß keiner zuwenig und keiner gar zuviel haben sollte, unter der Form von Staatsdekreten wiederholt und eben dadurch verwirklicht hat?
Und in derselben ebenso einfachen als großartigen Weise hat Herr Heinzen sämtliche ökonomischen Kollisionen gelöst. Nach vernünftigen, der biedermännischen Billigkeit entsprechenden Grundsätzen hat er das Eigentum geregelt. Und werft ihm ja nicht ein, daß die "vernünftigen Regeln" des Eigentums eben die "ökonomischen Gesetze" sind, an deren kaltblütiger Notwendigkeit sämtliche billigen "Maßregeln", seien sie auch durch Inka's und Campe's Kinderschriften empfohlen und von den kräftigsten Patrioten warm gehalten, scheitern müssen!
Wie unrecht, ökonomische Bedenken gegen einen Mann geltend zu machen, der nicht wie andre "mit nationalökonomischen Studien prahlt", aus Bescheidenheit sich vielmehr bisher in seinen sämtlichen Werken den jungfräulichen Schein zu bewahren gewußt hat, als habe er noch die ersten national-ökonomischen Studien zu machen! Eben der primitiven Bildung des Mannes muß man es hoch anrechnen, daß er seinem kommunistischen Feindchen gegenüber sämtliche Bedenken mit gewichtiger Miene vorträgt, die vermittelst der Augsburger "Allgemeinen Zeitung" ins volle deutsche Leben schon seit 1842 eingedrungen waren, wie vom "erworbenen" Eigentum, von der "persönlichen Freiheit und Individualität" u. dergl. Es zeugt wirklich von einer großen Demoralisation kommunistischer Schriftsteller, daß sie sich Gegner aussuchen, die ökonomisch und philosophisch gebildet sind, und dagegen keine Antwort geben den "unmaßgeblichen" Einfällen des grobianischen gesunden Menschenverstandes, dem sie erst elementarischen Unterricht über die ökonomischen Verhältnisse der bestehenden bürgerlichen Gesellschaft erteilen müßten, um sie später mit ihm diskutieren zu können.
Da z.B. das Privateigentum nicht ein einfaches Verhältnis oder gar ein abstrakter Begriff, ein Prinzip ist, sondern in der Gesamtheit der bürgerlichen Produktionsverhältnisse besteht - es handelt sich nämlich nicht vom untergeordneten, untergegangenen, sondern vom bestehenden bürgerlichen Privateigentum -, da diese sämtlichen bürgerlichen Produktionsverhältnisse Klassenverhältnisse sind, eine Einsicht, die jeder Schüler aus seinem Adam <357> Smith oder Ricardo sich angeeignet haben muß -, so kann die Veränderung oder gar Abschaffung dieser Verhältnisse natürlich nur aus einer Veränderung dieser Klassen und ihrer wechselseitigen Beziehung hervorgehen, und die Veränderung in der Beziehung von Klassen ist - eine geschichtliche Veränderung, ein Produkt der gesamten gesellschaftlichen Tätigkeit, mit einem Wort, das Produkt einer bestimmten "geschichtlichen Bewegung". Einer geschichtlichen Bewegung kann der Schriftsteller wohl als Organ dienen, aber er kann sie natürlich nicht machen.
Zum Beispiel um die Abschaffung der feudalen Eigentumsverhältnisse zu erklären, haben die modernen Geschichtschreiber die Bewegung darstellen müssen, in der sich die Bourgeoisie bis zu dem Punkt heranbildete, wo sie ihre Lebensbedingungen weit genug entwickelt hatte, um sämtliche feudalen Stände und ihre eigene feudale Existenzweise abschaffen zu können, und daher die feudalen Produktionsverhältnisse, innerhalb deren diese feudalen Stände produzierten. Die Abschaffung der feudalen Eigentumsverhältnisse und die Stiftung der modernen bürgerlichen Gesellschaft war also keineswegs das Resultat einer gewissen Doktrin, die von einem bestimmten theoretischen Prinzip als Kern ausging und daraus weitere Konsequenzen zog. Vielmehr waren die Prinzipien und Theorien, welche die Schriftsteller der Bourgeoisie während ihres Kampfes mit dem Feudalismus aufstellten, nichts als der theoretische Ausdruck der praktischen Bewegung, und zwar kann man genau verfolgen, wie dieser Ausdruck mehr oder minder utopistisch, dogmatisch, doktrinär war, je nachdem er einer weniger oder mehr entwickelten Phase der wirklichen Bewegung angehörte.
Und in diesem Sinne war Engels so unvorsichtig, seinem schrecklichen Gegner, dem Staaten gründenden Herkules, vom Kommunismus, soweit er Theorie ist, als dem theoretischen Ausdruck einer "Bewegung" zu sprechen.
Aber, ruft der gewaltsame Mann in biderber Entrüstung aus: "Ich wollte die praktischen Konsequenzen urgieren, ich wollte die 'Repräsentanten' des Kommunismus dahin bringen, jene Konsequenzen anzuerkennen", nämlich jene unsinnigen Konsequenzen, die für einen Mann, der nichts als phantastische Vorstellungen vom bürgerlichen Privateigentum hat, notwendig mit der Abschaffung desselben verbunden sind. Er wollte den Engels so zwingen, "allen den Unsinn zu vertreten", den er nach dem braven Plan des Herrn Heinzen "würde zutage gefördert haben". Und Reineke Engels hat den biedern Isegrimm so bitter enttäuscht, daß er im Kommunismus selbst nicht einmal mehr einen "Kern" zum "Beißen" findet und sich daher verwundert fragt, "wie man diese Erscheinung zubereite, um sie essen zu können"!
<358> Und vergebens sucht sich der brave Mann durch geistreiche Wendungen zu beruhigen, z.B. indem er fragt, ob eine geschichtliche Bewegung eine "Gemütsbewegung" sei usw., und selbst den Geist des großen "Ruge" heraufbeschwört, ihm dies Rätsel der Natur zu deuten!
"Nach dem Geschehenen", ruft der enttäuschte Mann aus, "schlägt mir das Herz in sibirischen Weisen, nach dem Geschehenen wittre ich nur Verrat und träume von Tücke." (18)
Und wirklich erklärt er sich die Sache in letzter Instanz dadurch, daß Engels "seine Schule verleugnet", einen ebenso "feigen als lächerlichen Rückzug antritt", das "ganze Menschengeschlecht kompromittiert, um nur für seine Person nicht kompromittiert zu werden", die "Partei im entscheidenden Augenblick verleugnet oder im Stich läßt" und was dergleichen moralisierende Wutausbrüche mehr sind. Ebenso Engels' Unterscheidungen zwischen "wahrem Sozialismus" und "Kommunismus", zwischen den utopistischen kommunistischen Systemen und dem kritischen Kommunismus - nichts als "Verrat und Tücke". Ja lauter jesuitische "nachträgliche" Unterscheidungen, weil sie Herrn Heinzen wenigstens bis dato noch nicht vorgetragen, noch von dem Sturmwind des vollen Lebens zugeblasen worden zu sein scheinen!
Und wie geistreich weiß sich Herr Heinzen diese Gegensätze" soweit sie einen literarischen Ausdruck gewonnen haben, zu deuten!
"Da ist Weitling, der gescheiter ist als Sie, und doch gewiß für einen Kommunisten gelten kann."
Oder aber:
"Wie nun, wenn Herr Grün Kommunist sein wollte und Herrn Engels ausschlösse?"
Auf diesem Punkt angelangt, versteht es sich, daß der biedre Mann, der sich nicht "so weit emanzipieren konnte, daß er Treu und Glauben, wie alten Stils sie auch seien, unter vernünftigen Wesen für überflüssig hält" - die absurdesten Lügen auftischt, z.B. Engels habe auch eine "soziale Bewegung in Belgien und Frankreich" schreiben wollen. Da sei K[arl] Grün ihm "zuvorgekommen". Da habe er "für seine langweilige Repetition keinen Verleger finden können", und was dergleichen von Herrn Heinzen aus einem "gewissen Prinzip" als "Konsequenzen" abgeleitete Erfindungen mehr sind.
Daß die moralisierende Kritik einen so kläglichen Ausgang nimmt, liegt in ihrer "Art" und ist keineswegs als ein persönliches Gebrechen des Telamonier Ajax zu betrachten. Bei allen Dummheiten und Gemeinheiten hat <359> der S[ank]t Grobianist die sittliche Genugtuung, daß er mit Überzeugung dumm und gemein, also ein Kerl von ganzem Zeug ist.
Was aber auch die "Tatsachen" machen mögen, die selbst der große Karl Heinzen ruhig "ihren Lauf vollenden" läßt: "Ich", ruft er aus, indem er sich dreimal an die biedre Brust schlägt, "ich trage unterdessen mein Prinzip ohne Scheu mit mir herum und werfe es nicht hinter die Hecke, wenn mich jemand danach fragt."
Heinrich LXXII. von Reuß-Schleitz-Ebersdorf reitet nun auch an die 20 Jahre auf seinem "Prinzip" herum.
NB. Wir empfehlen den Lesern der "Deutschen-Brüsseler-Zeitung" die Kritik von Stephan <Stephan Born>: "Der Heinzen'sche Staat." Der Verfasser hat natürlich nur an Herrn Heinzen den Anlaß genommen, er hätte sich ebensogut an jeden andern literarischen Strohwisch Deutschlands halten können, um dem räsonierenden, schimpfenden Kleinbürger gegenüber den Standpunkt des wirklich revolutionären Arbeiters geltend zu machen. Herr Heinzen weiß Stephan nicht anders zu antworten, als indem er zunächst beteuert, seine Schrift sei ein Machwerk; soweit die sachliche Kritik. Da er die Person Stephans nicht kennt, so hilft er sich damit, ihn kurzweg Gamin und Kommis-Voyageur <Straßenjunge und Handlungsreisender> zu schimpfen. Aber sein Gegner ist noch nicht schlecht genug, er verwandelt ihn zuletzt noch in einen Polizeidiener. Man sehe übrigens, wie gerecht diese letzte Anklage ist, da die französische Polizei, wahrscheinlich im Einverständnisse mit Herrn Heinzen, 100 Exemplare der Stephanschen Broschüre konfisziert hat.
Nachdem Herr Heinzen in der angegebenen Weise dem Arbeiter Stephan eine praktische moralische Lektion gegeben, apostrophiert er ihn mit folgender biedermännischer Wendung:
"Ich meinerseits, wie gern ich auch mit einem Arbeiter mich in Erörterungen eingelassen hätte, kann in der Insolenz kein Mittel erkennen, die Kompetenz zu ersetzen."
Die deutschen Arbeiter werden sich gehoben fühlen durch die Aussicht, daß der Demokrat Karl Heinzen sich mit ihnen in Erörterungen einläßt, sobald sie hübsch bescheiden dem großen Mann gegenübertreten. Herr Heinzen sucht seine Inkompetenz gegenüber Herrn Stephan durch die Insolenz seines Ausfalls zu decken.
K. M.
Amerkungen von Marx
(1) Ich antworte Herrn Heinzen nicht, um auf den Angriff gegen Engels zu replizieren. Der Artikel des Herrn Heinzen macht keine Replik nötig. Ich antworte, weil das Heinzensche Manifest der Analyse belustigenden Stoff darbietet. K. M. <=
(2) Shakespeare, "Liebes Leid und Lust" [5. Aufzug, 1 Szene]. <=
(3) Shakespeare, "Troilus und Cressida" [2. Aufzug, l Szene und 3. Aufzug, 3. Szene]. <=
(4) Karl Heinzen, "[Ein] Steckbrief". <=
(6) Goethe, "Reineke Fuchs" [Zwölfter Gesang]. <=
(7) Das Heinzensche Manifest, Nr. 84 der "Deutschen-Brüsseler-Zeitung". <=
(9) D[as] Heinzensche Manifest, Nr. 84 d[er] "D[eutschen]-B[rüsseler]-Z[eitung]". <=
(10) Das Heinzensche Manifest, Nr. 84 [der "Deutschen-Brüsseler-Zeitung"]. <=
(11) Thomas Cooper, "Lectures on [the Elements of Political economy" ["Vorträge über die Grundlagen der politischen Ökonomie"]. Columbia. p. 361 et 365. <=
(12) Ariost[o, "L']Orlando Furioso" [Der rasende Roland]: Den Panzer auf dem Rücken und den Helm auf dem Haupt. [1 Gesang, XI.] <=
(13) Das Heinzensche Manifest, Nr .84 der "Deutschen-Brüsseler-Zeitung". <=
(15) Vgl. darüber die Memoiren von Jefferson, der einer der Mitbegründer der amerikanischen Republik und wiederholt ihr Präsident war. <=
(16) Das Heinzensche Manifest l.c. <=
(17) Das Heinzensche Manifest, Nr. 84 der "Deutschen-Brüsseler-Zeitung". <=