["Deutsche-Brüsseler-Zeitung" Nr. 79 vom 3. Oktober 1847]
[Erster Artikel]
<309> Brüssel, den 26. September. Die heutige Nummer der "D[eutschen]Br[üsseler]-Z[ei]t[un]g" enthält einen Artikel von Heinzen, in welchem dieser, unter dem Vorwande, sich gegen eine unbedeutende Anschuldigung der Redaktion zu verteidigen, eine lange Polemik gegen die Kommunisten eröffnet.
Die Redaktion rät beiden Seiten, die Polemik fallenzulassen. Sie durfte dann aber auch von dem Heinzenschen Artikel nur den Teil geben, worin sich Heinzen wirklich gegen die Anschuldigung verteidigt, als habe er die Kommunisten zuerst angegriffen. Wenn auch "Heinzen kein Blatt zu seiner Disposition besitzt", so ist das kein Grund, ihm ein Blatt zur Disposition zu stellen zur Veröffentlichung von Angriffen, die die Redaktion des Blattes selbst für abgeschmackt hält.
Es konnte übrigens den Kommunisten kein besserer Dienst geleistet werden, als durch die Veröffentlichung dieses Artikels geschehen ist. Albernere und borniertere Vorwürfe, als Heinzen hier den Kommunisten macht, sind nie einer Partei gemacht worden. Der Artikel ist die glänzendste Rechtfertigung der Kommunisten. Er beweist, daß, wenn sie Heinzen noch nicht angegriffen hätten, sie es sofort tun müßten.
Herr Heinzen stellt sich gleich von vornherein als den Repräsentanten sämtlicher deutschen nichtkommunistischen Radikalen hin, er will mit den Kommunisten von Partei zu Partei diskutieren. Er "hat das Recht zu verlangen", er erklärt mit der größten Bestimmtheit, was den Kommunisten "zugetraut werden muß", was "man ihnen zumuten muß", was "Pflicht der wirklichen Kommunisten ist". Er identifiziert seine Trennung von den <310> Kommunisten geradezu mit derjenigen der "deutschen Republikaner und Demokraten" von ihnen und spricht per "Wir" im Namen dieser Republikaner.
Wer ist denn Herr Heinzen und was repräsentiert er?
Herr Heinzen ist ein ehemaliger liberaler Unterbeamter, der noch im Jahre 1844 für den gesetzlichen Fortschritt und die deutsch-konstitutionelle Misere schwärmte und der höchstens im Vertrauen leise gestand, daß, allerdings in sehr ferner Zukunft, eine Republik wünschenswert und möglich sein dürfte. Herr Heinzen täuschte sich aber über die Möglichkeit des gesetzlichen Widerstandes in Preußen. Er mußte flüchten wegen seines schlechten Buches über die Bürokratie (selbst Jakobus Venedey hat vor längeren Jahren ein bei weitem besseres Buch über Preußen geschrieben). Jetzt ging ihm ein Licht auf. Er erklärte den gesetzlichen Widerstand für unmöglich, wurde Revolutionär und natürlich auch Republikaner. In der Schweiz wurde er mit dem Savant sérieux <ernsten Wissenschaftler> Ruge bekannt, der ihm sein bißchen Philosophie beibrachte, bestehend aus einem konfusen Durcheinander von Feuerbachschem Atheismus und Menschentum, Hegelschen Reminiszenzen und Stirnerschen Redeblumen. Also ausgerüstet, hielt sich Herr Heinzen für reif und eröffnete, gestützt rechts auf Ruge, links auf Freiligrath, seine Revolutionspropaganda.
Wir werfen Herrn Heinzen ganz gewiß seinen Übergang vom Liberalismus zum blutdürstigen Radikalismus nicht vor. Aber wir behaupten allerdings, daß er diesen Übergang gemacht hat infolge von bloß persönlichen Verhältnissen. Solange Herr Heinzen gesetzlichen Widerstand machen konnte, solange griff er alle diejenigen an, die die Notwendigkeit einer Revolution einsahen. Kaum wurde ihm der gesetzliche Widerstand unmöglich gemacht, so erklärte er ihn überhaupt für unmöglich, ohne zu beachten, daß der deutschen Bourgeoisie dieser Widerstand einstweilen noch sehr möglich ist, daß sie fortwährend einen höchst gesetzlichen Widerstand leistet. Kaum war ihm die Rückkehr abgeschnitten, so erklärte er die Notwendigkeit einer sofortigen Revolution. Statt die deutschen Zustände zu studieren, im Überblick zu erfassen und daraus abzuleiten, welche Fortschritte, welche Entwicklung, welche Maßregeln nötig und möglich seien, statt sich über die verwickelte Stellung der einzelnen Klassen in Deutschland einander und [der] Regierung gegenüber ins klare zu setzen und daraus die zu verfolgende Politik zu folgern, statt sich, mit einem Wort, nach der Entwicklung Deutschlands zu richten, verlangt Herr Heinzen ganz ungeniert, die Entwicklung Deutschlands solle sich nach ihm richten.
<311> Herr Heinzen war ein heftiger Gegner der Philosophie, solange sie noch progressiv war. Kaum wurde sie reaktionär, kaum wurde sie die Zuflucht aller Unentschiedenen, Invaliden und literarischer Industriellen, so mußte dem Herrn Heinzen das Unglück passieren, daß er sich ihr anschloß. Ja, noch schlimmer, es mußte ihm passieren, daß Herr Ruge, der sein ganzes Leben lang immer selbst ein bloßer Proselyt gewesen war, seinen einzigen Proselyten an Herrn Heinzen machte. Herr Heinzen muß somit dem Herrn Ruge zu dem Troste dienen, daß wenigstens ein Mensch seine Satzbildungen zu ergründen glaubte.
Wofür agiert denn Herr Heinzen eigentlich? Für eine sofort zu errichtende deutsche Republik, die aus amerikanischen und 1793er Traditionen, und einigen den Kommunisten entlehnten Maßregeln zusammengesetzt ist und sehr schwarzrotgolden aussieht. Deutschland hat infolge seiner industriellen Trägheit eine so erbärmliche Stellung in Europa, daß es nie eine Initiative ergreifen, nie zuerst eine große Revolution proklamieren, nie auf eigne Faust ohne Frankreich und England eine Republik errichten kann. Jede deutsche Republik, die unabhängig von der Bewegung der zivilisierten Länder hergestellt, jede deutsche Revolution, die auf eigne Faust gemacht werden soll und, wie bei Herrn Heinzen geschieht, die wirkliche Bewegung der Klassen in Deutschland gänzlich unberücksichtigt läßt, jede solche Republik und Revolution ist pure schwarzrotgoldne Schwärmerei. Und um diese glorreiche deutsche Republik noch glorreicher zu machen, verbrämt Herr Heinzen sie mit Feuerbachschem, rugifiziertem Menschentum und proklamiert sie als das Reich "des Menschen", das nahe herbeigekommen ist. Und alle diese sich überstürzenden Schwärmereien sollen die Deutschen realisieren?
Wie aber propagiert der große "Agitator" Herr Heinzen? Er erklärt die Fürsten für die Haupturheber alles Elends und aller Not. Diese Behauptung ist nicht nur lächerlich, sondern im höchsten Grade schädlich. Herr Heinzen könnte den deutschen Fürsten, diesen impotenten und schwachsinnigen Drahtpuppen, gar nicht stärker schmeicheln, als indem er ihnen eine phantastische, überirdische, dämonische Allmacht zuschreibt. Behauptet Herr Heinzen, daß die Fürsten soviel Unheil anrichten können, so gesteht er ihnen damit auch die Macht zu, ebensoviel Wohltaten erweisen zu können. Der Schluß daraus ist nicht die Notwendigkeit einer Revolution, sondern der fromme Wunsch nach einem braven Fürsten, nach einem guten Kaiser Joseph. Übrigens weiß das Volk viel besser als Herr Heinzen, wer es unterdrückt. Herr Heinzen wird nie den Haß auf die Fürsten herüberwälzen, den der Fronbauer gegen den Gutsherrn, der Arbeiter gegen seinen Arbeitgeber <312> hegt. Herr Heinzen arbeitet aber allerdings im Interesse der Gutsherrn und Kapitalisten, wenn er für die Exploitation des Volks durch diese beiden Klassen nicht ihnen, sondern den Fürsten schuld gibt; und die Exploitation durch Gutsherrn und Kapitalisten produziert doch wohl neunzehn Zwanzigstel alles deutschen Elends.
Herr Heinzen fordert zu einem sofortigen Aufstande auf. Er läßt Flugblätter in diesem Sinne drucken und sucht sie in Deutschland zu verbreiten. Wir fragen, ob eine so unsinnige, blindlings losfahrende Propaganda nicht den Interessen der deutschen Demokratie im höchsten Grade schädlich ist? Wir fragen, ob nicht die Erfahrung bewiesen hat, wie nutzlos sie ist? Ob nicht zu einer ganz anders aufgeregten Zeit, in den dreißiger Jahren, Hunderttausende solcher Flugblätter, Broschüren etc. in Deutschland verbreitet wurden und ob ein einziges irgendwelchen Erfolg hatte? Wir fragen, ob jemand, der irgendwie bei gesundem Verstande ist, sich einbilden kann, das Volk werde dergleichen politischen Moralpredigten und Ermahnungen irgendwelche Aufmerksamkeit schenken? Wir fragen, ob Herr Heinzen in seinen Flugblättern jemals etwas andres getan hat als ermahnen und predigen? Wir fragen, ob es nicht geradezu lächerlich ist, so ohne allen Sinn und Verstand, ohne Kenntnis und Berücksichtigung der Verhältnisse Aufforderungen zur Revolution in die Welt hinauszubrüllen?
Was hat die Presse einer Partei zu tun? Zu diskutieren vor allen Dingen, die Forderungen der Partei zu begründen, zu entwickeln, zu verteidigen, die Ansprüche und Behauptungen der Gegenpartei zurückzuweisen und zu widerlegen. Was hat die deutsche demokratische Presse zu tun? Die Notwendigkeit der Demokratie nachzuweisen aus der Nichtswürdigkeit der bestehenden Regierung, die mehr oder weniger den Adel repräsentiert, aus der Unzulänglichkeit des konstitutionellen Systems, das die Bourgeoisie ans Ruder bringt, aus der Unmöglichkeit für das Volk, sich zu helfen, solange es nicht die politische Gewalt hat. Sie hat also die Unterdrückung der Proletarier, Kleinbauern und kleinen Bürger, denn diese bilden in Deutschland das "Volk", durch die Bürokratie, den Adel, die Bourgeoisie auseinanderzusetzen; wodurch nicht nur die politische, sondern vor allem die gesellschaftliche Unterdrückung entstanden ist, und durch welche Mittel sie beseitigt werden kann; sie hat nachzuweisen, daß die Eroberung der politischen Gewalt durch die Proletarier, Kleinbauern und kleinen Bürger die erste Bedingung der Ausführung dieser Mittel ist. Sie hat ferner zu untersuchen, inwieweit auf baldige Durchsetzung der Demokratie zu rechnen ist, welche Mittel der Partei zu Gebote stehen und welchen andern Parteien sie sich anschließen muß, solange sie zu schwach ist, allein zu handeln. - Nun, und von allem diesem <313> hat Herr Heinzen auch nur eins getan? Nein. Er hat sich nicht diese Mühe gegeben. Er hat dem Volke, d.h. den Proletariern, kleinen Bauern und kleinen Bürgern, gar nichts auseinandergesetzt. Er hat nie die Stellung der Klassen und Parteien untersucht. Er hat nichts getan als Variationen gespielt auf das eine Thema: Schlagt drein, schlagt drein, schlagt drein!
Und an wen richtet Herr Heinzen seine revolutionären Moralpredigten? Vor allem an die kleinen Bauern, an diejenige Klasse, welche in unserer Zeit am allerwenigsten fähig ist, eine revolutionäre Initiative zu ergreifen. Seit 600 Jahren geht alle progressive Bewegung so sehr von den Städten aus, daß die selbständigen demokratischen Bewegungen der Landbewohner (Wat Tyler, Jack Cade, Jacquerie, Bauernkrieg) erstens jedesmal reaktionär auftraten und zweitens jedesmal unterdrückt wurden. Das industrielle Proletariat der Städte ist die Krone aller modernen Demokratie geworden; die kleinen Bürger und noch mehr die Bauern hängen von seiner Initiative vollständig ab. Die Französische Revolution von 1789 und die neueste Geschichte von England, Frankreich und den Oststaaten von Amerika beweisen das. Und Herr Heinzen hofft auf das Dreinschlagen der Bauern, jetzt im neunzehnten Jahrhundert?
Aber Herr Heinzen verspricht auch soziale Reformen. Allerdings, die Gleichgültigkeit des Volkes gegen seine Aufrufe hat ihn allmählich dazu genötigt. Und was sind das für Reformen? Es sind solche, wie die Kommunisten sie selbst vorschlagen als Vorbereitung zur Abschaffung des Privateigentums. Das einzige, was bei Heinzen anzuerkennen wäre, hat er von den Kommunisten, den so heftig angegriffenen Kommunisten entlehnt, und auch das wird unter seinen Händen zu barem Unsinn und purer Schwärmerei. Alle Maßregeln zur Beschränkung der Konkurrenz, der Anhäufung großer Kapitalien in den Händen einzelner, alle Beschränkung oder Aufhebung des Erbrechts, alle Organisation der Arbeit von Staats wegen etc., alle diese Maßregeln sind als revolutionäre Maßregeln nicht nur möglich, sondern sogar nötig. Sie sind möglich, weil das ganze insurgierte Proletariat hinter ihnen steht und sie mit bewaffneter Hand aufrechterhält. Sie sind möglich, trotz aller von den Ökonomen gegen sie geltend gemachten Schwierigkeiten und Übelstände, weil eben diese Schwierigkeiten und Übelstände das Proletariat zwingen werden, immer weiter und weiter zu gehen bis zur gänzlichen Aufhebung des Privateigentums, um nicht auch das wieder zu verlieren, was es schon gewonnen hat. Sie sind möglich als Vorbereitungen, vorübergehende Zwischenstufen für die Abschaffung des Privateigentums, aber auch nicht anders.
Herr Heinzen will aber alle diese Maßregeln als feste, letzte Maßregeln. <314> Sie sollen nichts vorbereiten, sie sollen definitiv sein. Sie sind ihm nicht Mittel, sondern Zweck. Sie sind nicht auf einen revolutionären, sondern auf einen ruhigen, bürgerlichen Zustand berechnet. Dadurch werden sie aber unmöglich und zugleich reaktionär. Die Ökonomen der Bourgeoisie haben gegen Herrn Heinzen vollkommen recht, wenn sie diese Maßregeln als reaktionär gegenüber der freien Konkurrenz darstellen. Die freie Konkurrenz ist die letzte, höchste, entwickeltste Existenzform des Privateigentums. Alle Maßregeln also, die von der Basis des Privateigentums ausgehen und doch gegen die freie Konkurrenz gerichtet sind, sind reaktionär, suchen niedrigere Entwicklungsstufen des Eigentums herzustellen, sie müssen daher auch schließlich der Konkurrenz wieder unterliegen und die Herstellung des jetzigen Zustandes zur Folge haben. Diese Einwürfe des Bourgeois, die alle Kraft verlieren, sobald man die obigen sozialen Reformen als pure mesures de salut public <reine Maßnahmen des öffentlichen Wohls>, als revolutionäre und vorübergehende Maßregeln ansieht, diese Einwurfe sind für Herrn Heinzens agrarisch-sozialistisch-schwarzrotgoldene Republik vernichtend.
Herr Heinzen bildet sich freilich ein, man könne die Eigentumsverhältnisse, das Erbrecht usw. nach Belieben ändern und zurechtstutzen. Herr Heinzen - einer der unwissendsten Menschen dieses Jahrhunderts - kann freilich nicht wissen, daß die Eigentumsverhältnisse einer jeden Zeit notwendige Resultate der Produktions- und Verkehrsweise dieser Zeit sind. Herr Heinzen kann nicht wissen, daß man das große Grundeigentum nicht in kleines verwandeln kann, ohne daß die ganze Weise der Agrikultur sich verwandelt und daß sonst das große Grundeigentum sich sehr rasch wiederherstellen wird. Herr Heinzen kann nicht wissen, welch ein inniger Zusammenhang existiert zwischen der heutigen großen Industrie, der Konzentration der Kapitalien und Erzeugung des Proletariats. Herr Heinzen kann nicht wissen, daß ein industriell so abhängiges und unterjochtes Land wie Deutschland sich nie unterfangen kann, auf eigene Faust eine andere Umgestaltung seiner Eigentumsverhältnisse vorzunehmen als eine solche, die im Interesse der Bourgeoisie und der freien Konkurrenz ist.
Kurz: Bei den Kommunisten haben diese Maßregeln Sinn und Verstand, weil sie nicht als willkürliche Maßregeln aufgefaßt werden, sondern als Resultate, die sich aus der Entwickelung der Industrie, des Ackerbaues, des Handels, der Kommunikationen, aus der Entwickelung des hiervon abhängigen Klassenkampfes zwischen Bourgeoisie und Proletariat von selbst notwendig ergeben werden; die sich ergeben werden nicht als definitive Maß- <315> regeln, sondern als vorübergehende, aus dem vorübergehenden Kampfe der Klassen selbst entspringende mesures de salut public.
Bei Herrn Heinzen haben sie weder Sinn noch Verstand, weil sie als ganz willkürlich ausgetüftelte, spießbürgerliche Weltverbesserungsschwärmereien auftreten; weil von einem Zusammenhang dieser Maßregeln mit der geschichtlichen Entwickelung gar keine Rede ist; weil Herr Heinzen sich um die materielle Möglichkeit seiner Vorschläge nicht im mindesten kümmert; weil er nicht die industriellen Notwendigkeiten formulieren, sondern sie im Gegenteil durch Dekrete umstoßen will.
Derselbe Herr Heinzen, der die Forderungen der Kommunisten erst adoptieren kann, nachdem er sie so grausam verwirrt und in reine Phantasien verwandelt hat, derselbe Herr Heinzen wirft den Kommunisten vor, sie "verwirrten die Köpfe der Ungebildeten", sie "machten auf Phantasien Jagd" und "verlören den wirklichen Boden (!) unter den Füßen"!
Das ist Herr Heinzen in seiner ganzen agitatorischen Tätigkeit, und wir erklären rundheraus, daß wir sie für durchaus nachteilig und blamabel für die ganze deutsche radikale Partei halten. Zu einem Parteischriftsteller gehören ganz andere Eigenschaften, als Herr Heinzen sie besitzt, der, wie gesagt, einer der unwissendsten Menschen unseres Jahrhunderts ist. Herr Heinzen mag den besten Willen von der Welt haben, er mag der gesinnungstüchtigste Mann von ganz Europa sein. Wir wissen auch, daß er persönlich ein Ehrenmann ist und Mut und Ausdauer besitzt. Aber das alles macht noch keinen Parteischriftsteller. Dazu gehört mehr als Gesinnung, guter Wille und eine Stentorstimme, dazu gehört etwas mehr Verstand, etwas mehr Klarheit, ein besserer Stil und mehr Kenntnisse, als Herr Heinzen besitzt und, wie die langjährige Erfahrung bewiesen hat, als er imstande ist, sich anzueignen.
Herr Heinzen ist durch seine Flucht in die Notwendigkeit versetzt worden, dennoch ein Parteischriftsteller zu werden. Er war genötigt zu versuchen, sich eine Partei unter den Radikalen zu bilden. Er kam so in eine Stellung, der er nicht gewachsen ist, in der er sich durch erfolglose Bemühungen, diese Stellung auszufüllen, nur lächerlich macht. Er würde damit die deutschen Radikalen ebenfalls lächerlich machen, wenn sie ihm den Schein ließen, als verträte er sie, als mache er sich in ihrem Namen lächerlich.
Aber Herr Heinzen repräsentiert die deutschen Radikalen nicht. Diese haben ganz andere Repräsentanten, z.B. Jacoby und andere. Herr Heinzen repräsentiert niemanden und ist von niemandem als Repräsentant anerkannt, außer etwa einigen wenigen deutschen Bourgeois, die ihm Geld zur Agitation schickten. Doch wir irren uns: Eine Klasse in Deutschland erkennt ihn als Repräsentanten an, schwärmt für ihn, lärmt für ihn, überschreit für ihn <316> ganze Wirtstafeln (gerade wie nach Herrn Heinzen die Kommunisten "die ganze literarische Opposition überschrien"). Diese Klasse ist die zahlreiche, aufgeklärte, gesinnungsvolle und einflußreiche Klasse der Commis-Voyageurs <Handlungsreisende>.
Und dieser Herr Heinzen verlangt von den Kommunisten, sie sollen ihn als Repräsentanten der radikalen Bourgeois anerkennen, mit ihm als solchem diskutieren?
Das sind einstweilen Gründe genug, um die Polemik der Kommunisten gegen Herrn Heinzen zu rechtfertigen. In der nächsten Nummer werden wir auf die Vorwürfe eingehen, welche Herr Heinzen in Nr. 77 d[er] Z[ei]t[un]g den Kommunisten macht.
Wären wir nicht vollständig überzeugt, daß Herr Heinzen zu einem Parteischriftsteller total unfähig ist, so würden wir ihm raten, Marx' "Misère de la philosophie" einem genauen Studium zu unterwerfen. So aber können wir ihm, in Erwiderung auf seinen Rat für uns, Fröbels "Neue Politik" zu lesen, nur den andern Rat geben, sich ganz stille zu halten und ruhig zu warten, bis es "losgeht". Wir sind überzeugt, daß Herr Heinzen ein ebenso guter Bataillonschef sein wird, wie er ein schlechter Schriftsteller ist.
Damit Herr Heinzen sich nicht über anonyme Angriffe beklagen kann, unterzeichnen wir diesen Artikel.
F. Engels
["Deutsche-Brüsseler-Zeitung" Nr. 80 vom 7. Oktober 1847]
[Zweiter Artikel]
Die Kommunisten - das setzten wir im ersten Artikel auseinander - greifen Heinzen nicht deshalb an, weil er kein Kommunist, sondern weil er ein schlechter demokratischer Parteischriftsteller ist. Sie greifen ihn an nicht in ihrer Eigenschaft als Kommunisten, sondern in Eigenschaft als Demokraten. Es ist nur zufällig, daß gerade die Kommunisten die Polemik gegen ihn eröffnet haben; wenn auch gar keine Kommunisten in der Welt wären, so müßten die Demokraten doch gegen Heinzen auftreten. Es handelt sich in dieser ganzen Streitfrage nur darum: 1. Ob Herr Heinzen als Parteischriftsteller und Agitator imstande ist, der deutschen Demokratie zu nützen, was wir leugnen; 2. ob die Agitationsweise des Herrn Heinzen eine richtige, ob sie nur eine tolerable ist, was wir ebenfalls leugnen. Es handelt sich also weder um Kom- <317> munismus noch um Demokratie, sondern nur um die Person und die persönlichen Schrullen des Herrn Heinzen.
Die Kommunisten, weit entfernt, unter den gegenwärtigen Verhältnissen mit den Demokraten nutzlose Streitigkeiten anzufangen, treten vielmehr für den Augenblick in allen praktischen Parteifragen selbst als Demokraten auf. Die Demokratie hat in allen zivilisierten Ländern die politische Herrschaft des Proletariats zur notwendigen Folge, und die politische Herrschaft des Proletariats ist die erste Voraussetzung aller kommunistischen Maßregeln. Solange die Demokratie noch nicht erkämpft ist, solange kämpfen Kommunisten und Demokraten also zusammen, solange sind die Interessen der Demokraten zugleich die der Kommunisten. Bis dahin sind die Differenzen zwischen beiden Parteien rein theoretischer Natur und können theoretisch ganz gut diskutiert werden, ohne daß dadurch die gemeinschaftliche Aktion irgendwie gestört wird. Man wird sich sogar über manche Maßregeln verständigen können, welche sofort nach Erringung der Demokratie im Interesse der bisher unterdrückten Klassen vorzunehmen sind, z.B. Betrieb der großen Industrie, der Eisenbahnen durch den Staat, Erziehung aller Kinder auf Staatskosten etc.
Nun zu Herrn Heinzen.
Herr Heinzen erklärt, die Kommunisten hätten mit ihm, nicht er mit ihnen Streit angefangen. Also das bekannte Eckensteher-Argument, das wir ihm gern schenken wollen. Er nennt seinen Konflikt mit den Kommunisten: "die unsinnige Spaltung, welche die Kommunisten im Lager der deutschen Radikalen hervorgerufen haben". Er sagt, er sei schon vor drei Jahren bestrebt gewesen, die herannahende Spaltung nach Kräften und Gelegenheit zu verhüten. Diesen fruchtlosen Bemühungen seien Angriffe der Kommunisten gegen ihn gefolgt.
Herr Heinzen war, wie man sehr wohl weiß, vor drei Jahren noch gar nicht im Lager der Radikalen. Herr Heinzen war damals gesetzlich-fortschreitend und liberal. Eine Spaltung mit ihm war also keinesfalls eine Spaltung im Lager der Radikalen.
Herr Heinzen kam Anfang 1845 hier in Brüssel mit Kommunisten zusammen. Diese, weit entfernt, Herrn Heinzen wegen seines angeblichen politischen Radikalismus anzugreifen, gaben sich vielmehr die größte Mühe, den damals liberalen Herrn Heinzen zu eben diesem Radikalismus zu bringen. Aber vergebens. Herr Heinzen wurde erst in der Schweiz Demokrat. "Später überzeugte ich mich immer mehr (!) von der Notwendigkeit eines energischen Kampfes gegen die Kommunisten" - also von der Notwendigkeit einer unsinnigen Spaltung im Lager der Radikalen! Wir fragen die <318> deutschen Demokraten, ob jemand zum Parteischriftsteller tauglich ist, der sich selbst so lächerlich widerspricht?
Wer sind aber die Kommunisten, von denen Herr Heinzen behauptet, angegriffen worden zu sein? Die obigen Andeutungen und namentlich die darauf folgenden Vorwürfe gegen die Kommunisten zeigen dies deutlich. Die Kommunisten, heißt es,
"überschrieen das ganze Lager der literarischen Opposition, sie verwirrten die Köpfe der Ungebildeten, sie setzten auch die radikalsten Männer auf das rücksichtsloseste herab, ... sie waren beflissen, den politischen Kampf nach Möglichkeit zu paralysieren,... ja, sie vereinigten sich sogar endlich geradezu mit der Reaktion. Überdies sanken sie, augenscheinlich infolge ihrer Doktrin, im praktischen Leben oft zu gemeinen und falschen Intriganten herab ..."
Aus der nebligen Unbestimmtheit dieser Vorwürfe taucht eine sehr kenntliche Gestalt hervor: die des literarischen Industriellen Herrn Karl Grün. Herr Grün hat vor drei Jahren mit Herrn Heinzen persönliche Angelegenheiten gehabt, Herr Grün hat darauf Herrn Heinzen in der "Trier'schen Zeitung" angegriffen, Herr Grün hat versucht, das ganze Lager der literarischen Opposition zu überschreien, Herr Grün hat sich beflissen, den politischen Kampf nach Möglichkeit zu paralysieren usw.
Seit wann aber ist Herr Grün ein Repräsentant des Kommunismus? Wenn er sich vor drei Jahren an die Kommunisten herandrängte, so ist er nie als Kommunist anerkannt worden, hat sich nie offen für einen Kommunisten erklärt und hat es seit länger als einem Jahre für gut befunden, gegen die Kommunisten loszuziehen.
Zum Überfluß hat Marx, Herrn Heinzen gegenüber, schon damals Herrn Grün desavouiert, wie er ihn später bei der ersten Gelegenheit öffentlich in seiner wahren Gestalt dargestellt hat.
Was nun die schließliche "gemeine und falsche" Insinuation des Herrn Heinzen gegen die Kommunisten angeht, so liegt dieser ein Faktum zugrunde, welches zwischen Herrn Grün und Herrn Heinzen vorgefallen ist, und weiter nichts. Dies Faktum geht die genannten beiden Herren an und keineswegs die Kommunisten. Wir kennen dies Faktum nicht einmal so genau, daß wir darüber urteilen können. Gesetzt aber, Herr Heinzen habe recht. Wenn er dann, nachdem Marx und andere Kommunisten den Beteiligten desavouiert haben, nachdem es sich sonnenklar herausgestellt hat, daß der Beteiligte nie ein Kommunist war, wenn Herr Heinzen dann noch dies Faktum als eine notwendige Konsequenz der kommunistischen Doktrin hinstellt, so ist das eine grenzenlose Perfidie.
Wenn übrigens Herr Heinzen mit seinen obigen Vorwürfen noch andre <319> Leute meint als Herrn Grün, so meint er nur jene wahren Sozialisten, deren allerdings reaktionäre Theorien von den Kommunisten längst desavouiert worden sind. Alle entwicklungsfähigen Leute dieser jetzt gänzlich aufgelösten Richtung sind zu den Kommunisten herübergekommen und greifen jetzt selbst den wahren Sozialismus an, wo er sich noch produziert. Herr Heinzen spricht also wieder mit seiner gewohnten krassen Ignoranz, wenn er diese verjährten Schwärmereien wieder ausgräbt, um sie den Kommunisten in die Schuhe zu schieben. Während Herr Heinzen hier den wahren Sozialisten, die er mit den Kommunisten verwechselt, Vorwürfe macht, wirft er nachher den Kommunisten denselben Unsinn vor, den die wahren Sozialisten ihnen vorgeworfen haben. Er hat also gar nicht einmal das Recht, die wahren Sozialisten anzugreifen, er gehört, nach einer Seite hin, selbst zu ihnen. Und während die Kommunisten scharfe Angriffe gegen diese Sozialisten schrieben, saß derselbe Herr Heinzen in Zürich und ließ sich durch Herrn Ruge in diejenigen Fragmente des wahren Sozialismus einweihen, welche in dem konfusen Haupte des letzteren ein Plätzchen gefunden hatten. In der Tat, Herr Ruge hat einen seiner würdigen Schüler gefunden!
Aber wo bleiben denn die wirklichen Kommunisten? Herr Heinzen spricht von ehrenwerten Ausnahmen und talentvollen Männern, von denen er voraussieht, daß sie die kommunistische Solidarität (!) ablehnen. Die Kommunisten haben die Solidarität für die Schriften und Taten der wahren Sozialisten schon abgelehnt. Von allen obigen Vorwürfen paßt kein einziger auf die Kommunisten, es sei denn der Schluß des ganzen Passus, welcher folgendermaßen lautet:
"Die Kommunisten ... verlachten im Hochmut ihrer eingebildeten Superiorität alles, was allein die Grundlage einer Vereinigung ehrbarer Leute bilden kann."
Herr Heinzen scheint hiermit darauf anspielen zu wollen, daß Kommunisten sich über sein hochmoralisches Auftreten lustig gemacht und alle jene heiligen und erhabenen Ideen, Tugend, Gerechtigkeit, Moral usw. verspottet haben, von denen Herr Heinzen sich einbildet, daß sie die Grundlage aller Gesellschaft ausmachen. Diesen Vorwurf akzeptieren wir. Die Kommunisten werden sich durch des ehrbaren Mannes Herrn Heinzen moralische Empörung nicht abhalten lassen, diese ewigen Wahrheiten zu verspotten. Die Kommunisten behaupten übrigens, jene ewigen Wahrheiten seien keineswegs die Grundlage, sondern umgekehrt das Produkt der Gesellschaft, in der sie figurieren.
Wenn Herr Heinzen übrigens voraussah, daß die Kommunisten die Solidarität für die Leute ablehnen würden, welche es ihm beliebt, ihnen zuzu- <320> schieben - was sollen da alle seine abgeschmackten Vorwürfe und perfiden Insinuationen? Wenn Herr Heinzen die Kommunisten bloß vom Hörensagen kennt, wie es fast scheint, wenn er so wenig weiß, wer sie sind, daß er von ihnen verlangt, sie sollen sich selbst näher bezeichnen, sie sollen sich ihm sozusagen stellen, welche Unverschämtheit gehört dann dazu, gegen sie zu polemisieren?
"Eine Bezeichnung derer, welche eigentlich den Kommunismus repräsentieren oder ihn in seiner Reinheit darstellen, würde wahrscheinlich die Hauptmasse derer, welche sich auf den Kommunismus stützen und für ihn benutzt werden, gänzlich ausschließen müssen, und es wären schwerlich die Leute der 'Trier'schen Zeitung' allein, welche gegen eine solche Vindikation protestieren würden."
Und einige Zeilen später
"Denjenigen, welche nun wirklich Kommunisten sind, muß die Konsequenz und Ehrlichkeit zugetraut werden" (o Biedermann!), "mit ihrer Doktrin unumwunden hervorzutreten und sich von denjenigen loszusagen, die nicht Kommunisten sind. Man muß ihnen zumuten" (was das alles für biedermännische Wendungen sind), "daß sie nicht gewissenlos (!) die Verwirrung unterhalten, welche in den Köpfen von tausend Leidenden und Ungebildeten durch die als Möglichkeit geträumte oder vorgespiegelte Unmöglichkeit (!!) hervorgebracht wird, von dem Boden der wirklichen Verhältnisse einen Weg bis zur Verwirklichung jener Doktrin zu finden (!). Es ist Pflicht" (abermals der Biedermann) "der wirklichen Kommunisten, alle Unklaren, welche zu ihnen halten, entweder völlig ins klare zu bringen und sie einem bestimmten Ziel entgegenzuführen, oder aber sich von ihnen zu trennen, sie nicht zu benutzen."
Hätte Herr Ruge diese drei letzten Perioden zustande gebracht, er könnte sich glücklich schätzen. Den biedermännischen Zumutungen entspricht ganz die biedermännische Konfusion der Gedanken, der es nur auf die Sache ankommt und nicht auf die Form und die ebendeshalb gerade das Gegenteil von dem sagt, was sie sagen will. Herr Heinzen verlangt, die wirklichen Kommunisten sollen sich von den bloß scheinbaren trennen. Sie sollen der Verwirrung ein Ende machen, die (so will er sagen) aus der Verwechselung zweier verschiedener Richtungen entsteht. Aber sowie die beiden Worte "Kommunisten" und "Verwirrung" in seinem Kopfe zusammenstoßen, entsteht dort selbst eine Verwirrung. Herr Heinzen verliert den Faden; seine stehende Formel, daß die Kommunisten überhaupt die Köpfe der Ungebildeten verwirren, läuft ihm zwischen die Beine, er vergißt wirkliche Kommunisten und unwirkliche Kommunisten, er stolpert in komischer Unbeholfenheit über allerhand als Möglichkeiten geträumte und vorgespiegelte Unmöglichkeiten und fällt endlich, der Länge nach, auf den Boden der wirklichen Verhältnisse hin, auf dem er wieder zur Besinnung kommt. Jetzt fällt ihm wieder ein, daß <321> er von ganz etwas anderem sprechen wollte, daß die Rede nicht davon war, ob dies oder jenes möglich sei. Er kommt wieder auf seinen Gegenstand zurück, ist aber noch so betäubt, daß er den herrlichen Satz, in dem er den eben beschriebenen Purzelbaum ausführt, gar nicht einmal ausstreicht.
Soweit der Stil. Was die Sache angeht, so wiederholen wir, daß Herr Heinzen als rechtschaffener Deutscher mit seinen Zumutungen zu spät kommt und daß die Kommunisten jene wahren Sozialisten längst desavouiert haben. Dann aber ersehen wir hier abermals, daß die Anwendung leisetreterischer Insinuationen durchaus nicht unverträglich ist mit dem Charakter eines Biedermannes. Herr Heinzen gibt nämlich klar genug zu verstehen, daß die kommunistischen Schriftsteller die kommunistischen Arbeiter nur benutzen. Er sagt ziemlich rundheraus, ein offenes Hervortreten dieser Schriftsteller mit ihren Absichten werde die Hauptmasse derer, die für den Kommunismus benutzt würden, gänzlich ausschließen. Er sieht die kommunistischen Schriftsteller für Propheten, Priester oder Pfaffen an, die eine geheime Weisheit für sich besitzen, sie aber den Ungebildeten vorenthalten, um sie am Gängelbande zu leiten. Alle seine biedermännischen Zumutungen, daß man alle Unklaren ins klare bringen und sie nicht benutzen müsse, gehen augenscheinlich von der Voraussetzung aus, als hätten die literarischen Repräsentanten des Kommunismus ein Interesse daran, die Arbeiter im unklaren zu halten, als benutzten sie sie bloß, wie die Illuminaten auch im vorigen Jahrhundert das Volk benutzen wollten. Diese läppische Vorstellung ist auch die Veranlassung, daß Herr Heinzen mit seiner Verwirrung in den Köpfen der Ungebildeten überall am unrechten Orte losfährt und zur Strafe dafür, daß er nicht gerade herausspricht, stilistische Purzelhäume schlagen muß.
Wir konstatieren diese Insinuationen bloß, wir diskutieren sie nicht. Wir überlassen es den kommunistischen Arbeitern, selbst darüber zu urteilen.
Endlich, nach allen diesen Präliminarien, Abschweifungen, Zumutungen, Insinuationen und Purzelbäumen des Herrn Heinzen kommen wir zu seinen theoretischen Angriffen und Bedenken gegen die Kommunisten.
Herr Heinzen
"erblickt den Kern der kommunistischen Doktrin kurzweg in der Aufhebung des Privateigentums (auch des durch Arbeit erworbenen) und dem Prinzip der unumgänglich aus jener Aufhebung folgenden gemeinsamen Benutzung der Erdengüter".
Herr Heinzen bildet sich ein, der Kommunismus sei eine gewisse Doktrin, die von einem bestimmten theoretischen Prinzip als Kern ausgehe und daraus weitere Konsequenzen ziehe. Herr Heinzen irrt sich sehr. Der Kommunismus ist keine Doktrin, sondern eine Bewegung; er geht nicht von Prinzipien, sondern von Tatsachen aus. Die Kommunisten haben nicht diese oder jene <322> Philosophie, sondern die ganze bisherige Geschichte und speziell ihre gegenwärtigen tatsächlichen Resultate in den zivilisierten Ländern zur Voraussetzung. Der Kommunismus ist hervorgegangen aus der großen Industrie und ihren Folgen, aus der Herstellung des Weltmarkts, aus der damit gegebenen ungehemmten Konkurrenz, aus den immer gewaltsameren und allgemeineren Handelskrisen, die schon jetzt zu vollständigen Weltmarktskrisen geworden sind, aus der Erzeugung des Proletariats und der Konzentration des Kapitals, aus dem daraus folgenden Klassenkampfe zwischen Proletariat und Bourgeoisie. Der Kommunismus, soweit er theoretisch ist, ist der theoretische Ausdruck der Stellung des Proletariats in diesem Kampfe und die theoretische Zusammenfassung der Bedingungen der Befreiung des Proletariats.
Herr Heinzen wird nun wohl einsehen, daß er bei der Beurteilung des Kommunismus etwas mehr zu tun hat, als seinen Kern kurzweg in der Aufhebung des Privateigentums zu erblicken; daß er besser täte, gewisse national-ökonomische Studien zu machen, als ins Blaue hinein über die Aufhebung des Privateigentums zu schwatzen; daß er von den Folgen der Aufhebung des Privateigentums nicht das mindeste wissen kann, wenn er nicht auch ihre Bedingungen kennt.
Über diese ist Herr Heinzen aber in einer so groben Unwissenheit befangen, daß er sogar meint, die "gemeinsame Benutzung der Erdengüter" (auch ein schöner Ausdruck) sei die Folge der Abschaffung des Privateigentums. Gerade das Gegenteil ist der Fall. Weil die große Industrie, die Entwickelung der Maschinerie, der Kommunikationen, des Welthandels so riesenhafte Dimensionen annimmt, daß ihre Ausbeutung durch vereinzelte Kapitalisten täglich unmöglicher wird; weil die steigenden Weltmarktskrisen der schlagendste Beweis davon sind; weil die Produktionskräfte und Verkehrsmittel der jetzigen Weise der Produktion und des Verkehrs, dem individuellen Austausch und dem Privateigentum täglich mehr über den Kopf wachsen: weil, mit einem Worte, der Zeitpunkt herannaht, wo der gemeinsame Betrieb der Industrie, des Ackerbaues, des Austausches eine materielle Notwendigkeit für die Industrie, den Ackerbau und den Austausch selbst wird, deswegen wird das Privateigentum abgeschafft werden.
Wenn also Herr Heinzen die Aufhebung des Privateigentums, die allerdings Bedingung der Befreiung des Proletariats ist, wenn er sie losreißt von ihren eigenen Bedingungen, wenn er sie außer allem Zusammenhange mit der wirklichen Welt als eine bloße Stubenhocker-Marotte betrachtet, so wird sie eine reine Phrase, über die er nur platte Faseleien sagen kann. Dies tut er folgendermaßen:
"Durch die erwähnte Abstreifung alles Privateigentums hebt der Kommunismus notwendig auch die Einzelexistenz auf." (Herr Heinzen wirft uns also vor, wir wollten die Menschen zu siamesischen Zwillingen machen.) "Die Folge davon ist wieder die Einrangierung jedes einzelnen in eine etwa (!!) gemeindeweise einzurichtende Kasernenwirtschaft." (Der Leser wolle gütigst bemerken, daß dies eingestandenermaßen nur die Folge der eigenen Faseleien des Herrn Heinzen über die Einzelexistenz ist.) "Hierdurch zerstört der Kommunismus die Individualität ... die Unabhängigkeit ... die Freiheit." (Altes Gewäsch der wahren Sozialisten und der Bourgeois. Als ob an den jetzigen, durch die Teilung der Arbeit wider Willen zu Schustern, Fabrikarbeitern, Bourgeois, Juristen, Bauern, d.h. zu Knechten einer bestimmten Arbeit und der dieser Arbeit entsprechenden Sitten, Lebensweise, Vorurteile, Borniertheiten etc. gemachten Individuen irgendeine Individualität zu zerstören wäre!) "Er opfert die Einzelperson mit ihrem notwendigen Attribut oder Fundament" (das "oder" ist vortrefflich) "von erworbenem Privateigentum dem 'Phantom der Gemeinschaft oder Gesellschaft'" (Stirner auch hier?), "während die Gemeinschaft nicht Zweck, sondern nur Mittel für jede Einzelperson sein kann und soll" (soll!!).Herr Heinzen setzt besondere Wichtigkeit in das erworbene Privateigentum und beweist dadurch abermals seine krasse Unbekanntschaft mit dem Gegenstande, von dem er spricht. Die biedermännische Billigkeit des Herrn Heinzen, die jedem gibt, was er verdient hat, wird leider vereitelt durch die große Industrie. Solange die große Industrie nicht so weit entwickelt ist, daß sie sich gänzlich von den Fesseln des Privateigentums befreit, solange läßt sie keine andere Teilung ihrer Produkte zu als die jetzt stattfindende, solange wird der Kapitalist seinen Profit einstecken und der Arbeiter mehr und mehr praktisch kennenlernen, was das Minimum des Lohns für ein Ding ist. Herr Proudhon hat das erworbene Eigentum systematisch entwickeln und in Zusammenhang mit den bestehenden Verhältnissen bringen wollen und ist bekanntlich eklatant gescheitert. Herr Heinzen wird zwar nie einen ähnlichen Versuch wagen, dazu müßte er Studien machen, und das wird er nicht. Aber das Exempel des Herrn Proudhon möge ihn lehren, sein erworbenes Eigentum weniger der Öffentlichkeit preiszugeben.
Wenn nun Herr Heinzen den Kommunisten vorwirft, sie machten auf Phantasien Jagd und verlören den wirklichen Boden unter den Füßen - wen trifft dieser Vorwurf?
Herr Heinzen meint ferner noch mehres, worauf wir nicht mehr einzugehen brauchen. Wir bemerken nur, daß seine Sätze immer schlechter werden, je weiter er kommt. Die Unbehülflichkeit seiner Sprache, die nie das rechte Wort finden kann, wäre allein hinreichend, jede Partei zu kompromittieren, die ihn als ihren literarischen Repräsentanten anerkennen würde. Die Kernhaftigkeit seiner Gesinnung bringt ihn stets dazu, ganz etwas anderes zu <324> sagen, als er sagen will. In jedem seiner Sätze ist so ein doppelter Unsinn: erstens der Unsinn, den er sagen will, und zweitens der, den er nicht sagen will, aber doch sagt. Wir haben oben ein Beispiel davon gegeben. Wir bemerken nur noch, daß Herr Heinzen seinen alten Aberglauben von der Macht der Fürsten wiederholt, indem er sagt, daß die Gewalt, die zu stürzen sei und die keine andere ist als die Staatsgewalt, die Gründerin und Erhalterin alles Unrechts sei und stets gewesen sei und daß er einen wirklichen Rechtsstaat (!) errichten und innerhalb dieses Phantasiengebäudes "alle diejenigen sozialen Reformen vornehmen will, welche aus der allgemeinen Entwickelung (!) als theoretisch richtig (!) und praktisch möglich (!) hervorgegangen sind"!!!
Die Absichten sind ebenso gut, wie der Stil schlecht ist, das ist nun einmal das Los der Rechtschaffenheit dieser schlechten Welt.
Durch Verführtsein von dem Zeitgeist,
Waldursprünglich Sansculotte,
Sehr schlecht tanzend, doch Gesinnung
Tragend in der zott'gen Hochbrust;
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Kein Talent, doch ein Charakter.
Herr Heinzen wird durch unsere Artikel in die gerechte Entrüstung des gekränkten Biedermannes versetzt werden, aber darum weder seine Schreibart, noch seine kompromittierende und nutzlose Agitationsweise aufgeben. Seine Drohung mit der Laterne am Tage des Handelns und der Entscheidung hat uns viel Vergnügen verursacht.
Kurz: Mit den deutschen Radikalen müssen und wollen die Kommunisten zusammenwirken. Aber sie behalten sich vor, jeden Schriftsteller anzugreifen, der die gesamte Partei kompromittiert. In diesem Sinne und in keinem andern haben wir Heinzen angegriffen.
Brüssel, den 3. Oktober 1847
F. Engels
NB. Soeben erhalten wir eine von einem Arbeiter geschriebene Broschüre: "Der Heinzen'sche Staat, eine Kritik von Stephan." Bern, Rätzer. Wenn Herr Heinzen halb so gut schriebe wie dieser Arbeiter, so könnte er sich freuen. Herr Heinzen kann aus dieser Broschüre unter andern Dingen klar genug ersehen, warum die Arbeiter von seiner agrarischen Republik nichts wissen wollen. - Wir bemerken noch, daß diese Broschüre die erste von einem Arbeiter geschriebene ist, welche nicht moralisch auftritt, sondern die politischen Kämpfe der Gegenwart auf den Kampf der verschiedenen Klassen der Gesellschaft gegeneinander zurückzuführen versucht.