Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 2, S. 562 - 563
Dietz Verlag, Berlin/DDR 1972

Friedrich Engels

Victorias Besuch - Die "Königshäuser" im Streit - Krach zwischen Vic und der deutschen Bourgeoisie - Verurteilung der Pariser Zimmerleute

Aus dem Englischen

["The Northern Star" Nr. 410 vom 20. September 1845]

<562> Ihre kleine Königin hat mit ihrem Besuch bei den Preußen eine schöne Verwirrung angerichtet. Sie behandelte den König mit solcher Mißachtung, daß er froh war, sie loszuwerden, und dies nach ihrer Abreise sehr offen zeigte. Das Bürgertum ist ebenfalls sehr erregt über die verächtliche Art und Weise in der sie die Töchter der "haute bourgeoisie" von Köln behandelte. Die Tochter des Kölner Bürgermeisters mußte "Ihrer Majestät" eine Tasse Tee servieren, und Vic nahm die Tasse nicht, weil sie von einer Nicht-Adligen (!) berührt worden war. Sie nahm nur den Löffel und trank damit den Tee in kleinen Schlückchen, während sie gleichzeitig den Kopf abwandte und das Mädchen mit betonter Verachtung behandelte. Das arme Mädchen stand am ganzen Leibe zitternd da und wußte nicht, ob es stehenbleiben oder weggehen sollte. Geschah ihm recht; diese geldstolzen Bourgeois sind mit all ihrer Schlauheit, mit ihrer Anbetung der Könige und Königinnen am Ende nichts weiter als Einfaltspinsel und verdienen es, als solche behandelt zu werden. Ihre Königin trieb die Verachtung so weit, daß das bißchen Charakterstärke, das diese Bourgeois besitzen, geweckt wurde und sie dazu veranlaßte, sich in gewissem Maße zu widersetzen. Sie hatte 3 500 Taler (£ 500) für den Baufonds des Kölner Doms gestiftet, und die beleidigten Bürger Kölns beriefen eine Versammlung ein, um darüber zu diskutieren, ob es angehe, ihr das Geld zurückzugeben! Die Versammlung wurde von Polizei und Militär aufgelöst. Wie ich jedoch höre, hegen sie die Absicht, das Geld durch eigene Subskription aufzubringen und es nach England oder Irland als Spende für Ihre verhungernden Armen zu schicken. Ich hoffe, sie werden es tun. John Bull mußte ganz schön für die blutsaugenden deutschen Fürsten bluten, und es ist nur gerecht, daß die deutsche Bourgeoisie etwas von dem zurückgibt, was dem armen John so schändlich entzogen wurde. Wie ich höre, entsprang die betonte Verachtung, mit der Ihre Königin unseren herrlichen König und seinen Hof behandelte, der Tatsache, daß die hinkende Königin von Preußen <563> den Arm des Prinzen Albert ausschlug und den des Erzherzogs Friedrich von Österreich vorzog, weil dieser von höherer Abstammung ist. Es ist sehr komisch, diese Fürsten untereinander und die Bourgeoisie mit den Fürsten im Streit zu sehen, während sie die ganze Zeit hindurch nicht die Bewegung bemerken, die in den untersten Schichten um sie herum entsteht -, nicht eher die Gefahr sehen. bis es zu spät ist.

Sie haben im "Star" niemals das Urteil des Pariser Tribunals gegen die streikenden Zimmerleute bekanntgegeben, die wegen Assoziation angeklagt wurden - Vincent, der Anführer, wurde, ich glaube, zu drei Jahren, andere zu je einem Jahr, weitere zu sechs Monaten (Gefängnis) verurteilt. Jedenfalls hält man zumindest jene draußen, deren Meister nicht nachgeben wollen. Zwei Drittel der Meister haben die Forderungen der Arbeiter bewilligt, und infolge des obigen Urteils sind die Brettschneider (scieur-à-long) und andere mit dem Bau verbundene Gewerbe ebenfalls in den Ausstand treten. Diese Angelegenheit wird sich ungemein günstig auswirken.