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Gedruckt nachzulesen in: Wladimir Iljitsch Lenin - Werke. Herausgegeben vom Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED. Band 22, 3. Auflage, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1960, Berlin/DDR. S. 142/143.

1. Korrektur.
Erstellt am 20.02.1999.

Wladimir Iljitsch Lenin

Wilhelm Kolb und Georgi Plechanow 


["Sozial-Demokrat" Nr. 51, 29. Februar 1916]

|142| Die Broschüre des offenherzigen deutschen Opportunisten Wilhelm Kolb "Die Sozialdemokratie am Scheidewege" (Karlsruhe 1915) erschien gerade zur rechten Zeit nach dem Plechanowschen Sammelband "Der Krieg". Der Kaurtkyaner Rudolf Hilferding antwortet Kolb in der "Neuen Zeit" recht lendenlahm, er verschweigt das Wichtigste und jammert über die wahrheitsgemäße Erklärung Kolbs, daß die Einheit der deutschen Sozialdemokraten nur noch eine "rein formelle" sei.

Denjenigen, die sich über die Bedeutung des Zusammenbruchs der II. Internationale ernstlich klarwerden wollen, sei empfohlen, Kolbs und Plechanows ideologischen Standpunkt zu vergleichen. Beide (wie auch Kautsky) sind sich in der Hauptsache einig in der Ablehnung und Verhöhnung des Gedankens revolutionärer Aktionen in Verbindung mit dem jetzigen Krieg; beide werfen den revolutionären Sozialdemokraten, das beliebte Schlagwort der Plechanowleute gebrauchend, "Defätismus" vor. Plechanow, der den Gedanken der Revolution in Verbindung mit diesem Krieg als ein "Mittelding zwischen Traum und Farce" bezeichnet, geifert gegen die "revolutionäre Phraseologie". Kolb verdammt am laufenden Band die "revolutionäre Phrase", die "revolutionäre Phantasterei", die "Radikalinskis", die "Hysteriker", das "Sektierertum" usw. Kolb und Plechanow stimmen in der Hauptsache überein, sie sind beide gegen die Revolution. Und der Umstand, daß Kolb im allgemeinen gegen die Revolution ist, während Plechanow und Kautsky "im allgemeinen dafür" sind, ist nur ein Unterschied in den Nuancen, in den Worten: in Wirklichkeit sind Plechanow und Kautsky Helfershelfer Kolbs.

Kolb ist ehrlicher, nicht im persönlichen, sondern im politischen Sinne, |143| d.h., dank seiner konsequenten Haltung braucht er nicht zu heucheln. Deshalb scheut er nicht davor zurück, die Wahrheit zu bekennen, daß die gesamte Internationale, von seinem Standpunkt aus, am "Geist der revolutionären Phantasterei" gekrankt habe und hinsichtlich des Krieges mit "Drohungen" aufgetreten sei (mit Drohungen der Revolution, meine Herren Plechanow und Kolb!). Kolb hat recht, wenn er sagt, es sei sinnlos, die kapitalistische Gesellschaft "prinzipiell zu negieren", nachdem die sozialdemokratischen Parteien Europas für ihre Verteidigung in dem Augenblick eingetreten waren, als der kapitalistische Staat in allen Fugen krachte, als "seine Existenz in Frage gestellt war". Diese Anerkennung der objektiv revolutionären Situation ist zutreffend.

"Die Folge" (der Taktik der Anhänger Liebknechts), schreibt Kolb, "wäre ein bis zur Siedehitze gesteigerter innerer Kampf unter der deutschen Nation und damit eine militärische und politische Schwächung derselben gewesen" ... zum Vorteil und zum Siege des "Imperialismus des Dreiverbandes"! Da haben wir den Kern des opportunistischen Geschreis gegen den "Defätismus"!!

Das ist tatsächlich der Kern der ganzen Frage. Der "bis zur Siedehitze gesteigerte innere Kampf" ist eben der Bürgerkrieg. Kolb hat recht, die Taktik der Linken führt dazu; er hat recht, sie bedeutet die "militärische Schwächung" Deutschlands; d.h. den Wusch nach seiner Niederlage und die Mitwirkung dabei, bedeutet Defätismus. Kolb hat nur - nur! - darin unrecht, daß er den internationalen Charakter einer solchen Taktik der Linken nicht sehen will. In allen kriegführenden Ländern ist "ein bis zur Siedehitze gesteigerter innerer Kampf", die "militärische Schwächung" der imperialistischen Bourgeoisie und (kraft dessen, in Verbindung damit, mittels dessen) die Umwandlung des imperialistischen Krieges in den Bürgerkrieg möglich. Das ist der Kern der Frage. Wir danken Kolb für seine nützlichen Wünsche, Bekenntnisse und Betrachtungen: wenn all dies vom konsequentesten, ehrlichsten, offenherzigsten Feind der Revolution kommt, so ist es besonders dienlich, um die niederträchtige Heuchelei und die schmähliche Charakterlosigkeit der Plechanow und Kautsky in den Augen der Arbeiter zu entlarven.

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