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August Bebel - "Die Frau und der Sozialismus" - 62. Auflage, Berlin/DDR, 1973, S. 185-206.

1. Korrektur.
Erstellt am 31.1.1999.

Elftes Kapitel
Die Chancen der Ehe

1. Das Zahlenverhältnis der Geschlechter

|185| Der Rat an die Frau, in der Ehe, als ihrem eigentlichen Beruf, ihr Heil zu suchen, ein Rat, der von der Mehrzahl der Männer gedankenlos applaudiert wird, klingt aber wie der bitterste Hohn, wenn Ratgeber wie Beifallklatscher das Gegenteil tun. Schopenhauer, der Philosoph, hat für die Frau und ihre Stellung nur das Verständnis des Spießbürgers. Er sagt: "Das Weib ist nicht zu großen Arbeiten berufen. Sein Charakteristikon ist nicht das Tun, sondern das Leiden. Es bezahlt die Lebensschuld durch die Wehen der Geburt, Sorge für das Kind, Unterwürfigkeit unter den Mann. Die heftigsten Äußerungen der Lebenskraft und Empfindung sind ihm versagt. Sein Leben soll stiller und unbedeutsamer sein als das des Mannes. Zur Pflegerin und Erzieherin der Kindheit ist das Weib berufen, weil es, selbst kindisch, zeitlebens ein großes Kind bleibt, eine Art Mittelstufe zwischen Kind und Mann, welcher der eigentliche Mensch ist ... Zur Häuslichkeit und Unterwürfigkeit sollen die Mädchen erzogen werden ... Die Weiber sind die gründlichsten und unheilbarsten Philister."

Im Geiste Schopenhauers ist auch das Werk von Lombroso und Ferrero gehalten, "Das Weib als Verbrecherin und Prostituierte" (1). Wir haben kein wissenschaftliches Werk von solchem Umfang kennengelernt - es umfaßt 590 Seiten -, das über das darin abgehandelte Thema ein so wenig beweiskräftiges Material enthält. Das statistische Material, aus dem die kühnsten Schlüsse gezogen werden, ist meist sehr dürftig. Oft genügt den Verfassern ein Dutzend Fälle, um die schwerwiegendsten Konsequenzen daraus zu ziehen. Das Material, das als das brauchbarste in dem Werk gelten kann, ist charakteristischerweise von einer Frau - Frau Dr. Tarnowskaja - beschafft worden. Der Einfluß der sozialen Verhältnisse, der kulturellen Entwicklung wird fast gänzlich beiseite gelassen, alles wird vom einseitig |186| physiologisch-psychologischen Standpunkt beurteilt, und werden eine große Zahl ethnographischer Mitteilungen von den verschiedensten Völkerschaften in die Beweisführung verwebt, ohne daß man die Natur dieser Mitteilungen tiefer untersuchte. Nach den Verfassern ist, ganz wie bei Schopenhauer, das Weib ein großes Kind, eine Lügnerin par excellence, urteilsschwach, in der Liebe wankelmütig, keiner eigentlich heroischen Tat fähig. Die Inferiorität des Weibes gegenüber dem Mann sei durch eine große Zahl körperlicher Unterscheidungen und Eigenschaften erwiesen. "Die Liebe des Weibes ist im Grunde nichts als sekundärer Charakter der Mutterschaft; all die Gefühle der Zuneigung, welche die Frau an den Mann fesseln, entstehen nicht aus sexuellen Impulsen, sondern aus den durch Anpassung erworbenen Instinkten der Unterwerfung und Hingabe."(2) Wie diese "Instinkte" erworben wurden und sich anpaßten, unterlassen die Verfasser zu untersuchen; sie würden alsdann die soziale Stellung der Frau im Laufe der Jahrtausende zu untersuchen gehabt haben, welche sie zu dem gemacht hat, was sie ist. Die Verfasser schildern zwar die Sklaverei- und Abhängigkeitszustände der Frau unter den verschiedensten Völkern und Kulturperioden, aber als Darwinianer, die Scheuklappen an den Augen haben, leiten sie das alles aus physiologischen und nicht aus gesellschaftlichen und ökonomischen Ursachen ab, welche die physiologische und psychologische Entwicklung der Frau aufs allerstärkste beeinflussen.

Die Verfasser kommen auch auf die Eitelkeit der Frau zu sprechen und stellen die Ansicht auf, bei Völkern niedrigerer Kulturstufe seien die Männer das eitle Geschlecht, das sehe man zum Beispiel noch heute auf den Neuen Hebriden, auf Madagaskar, bei den Orinokovölkern, auf vielen Inseln des polynesischen Archipels und bei einer Anzahl afrikanischer und Südseevölker. Dagegen seien bei Völkern höherer Kulturstufe die Frauen das eitle Geschlecht. Aber warum und woher? Die Antwort liegt sehr nahe. Bei den Völkern auf niedrigerer Kulturstufe herrschen mutterrechtliche Zustände, oder dieselben sind noch nicht lange überwunden. Die Rolle, die bei solchen die Frau spielt, überhebt diese der Notwendigkeit, sich um den Mann zu bewerben, der Mann wirbt um sie, und zu diesem Zwecke schmückt er sich, er wird eitel. Bei den Völkern auf höherer Kulturstufe, und namentlich bei allen Kulturvölkern, wirbt mit wenig Ausnahmen nicht der Mann |187| um die Frau, sondern die Frau um den Mann, wenn es auch selten vorkommt, daß die Frau die Initiative ergreift und sich dem Mann anbietet. Das verbietet ihr der sogenannte Anstand; tatsächlich aber geschieht das Anbieten durch die Art ihren Auftretens, durch die Kleiderpracht, den Luxus, den sie entfaltet, die Art, wie sie sich schmückt und gesellschaftlich präsentiert und kokettiert. Ihre Überzahl und die soziale Notwendigkeit, die Ehe als Versorgungsanstalt zu betrachten oder als eine Institution, durch die allein sie ihren Geschlechtstrieb befriedigen kann und gesellschaftlich etwas gilt, zwingt dieses Verhalten ihr auf. Es sind also auch hier wieder rein ökonomische und soziale Ursachen, die eine Eigenschaft, bald bei dem Mann, bald bei der Frau hervorrufen, die man als gänzlich unabhängig von sozialen und ökonomischen Ursachen anzusehen gewohnt ist. Daraus darf man weiter schließen, daß, sobald die Gesellschaft in soziale Zustände kommt, unter denen jede Abhängigkeit des einen Geschlechtes vom anderen aufhört und beide gleich frei sind, die Eitelkeit und die Modetorheiten ebenso verschwinden werden wie viele andere Untugenden, die wir heute für unausrottbar halten, weil angeblich sie den Menschen angeboren sind.

Was speziell Schopenhauer betrifft, so beurteilt er als Philosoph die Frau ebenso einseitig wie die meisten unserer Anthropologen und Mediziner, die in ihr nur das Geschlechtswesen, nie das Gesellschaftswesen sehen. Schopenhauer war auch nie verheiratet, er hat also für sein Teil nicht dazu beigetragen, daß eine Frau mehr die von ihm denselben zugeschriebene Lebensschuld erfüllte. Und hier kommen wir zu der anderen Seite der Medaille, die keineswegs die schönere ist.

Viele Frauen heiraten nicht, weil sie nicht heiraten können, das weiß jeder. Die Sitte verbietet der Frau, sich anzubieten; sie muß sich freien, das heißt wählen lassen, sie selbst darf nicht freien. Findet sich kein Freier, so tritt sie zu der großen Armee jener Armen, die ihren Lebenszweck verfehlten und bei dem Mangel eines sicheren materiellen Bodens meist der Not und dem Elend verfallen und oft genug auch dem Spotte preisgegeben sind. Wodurch entsteht aber das Mißverhältnis der Geschlechter? Viele sind rasch mit der Antwort zur Hand: Es werden zu viel Mädchen geboren. Die das behaupten, sind falsch unterrichtet, wie sich zeigen wird. Andere schließen aus der Tatsache, daß, wenn die Frauen in der Mehrzahl der Kulturstaaten zahlreicher sind als die Männer, wohl oder übel Polygamie (Vielweiberei) zu- |188| gelassen werden müsse. Die Polygamie widerspricht aber nicht nur unseren Sitten, sie ist auch für die Frau eine Herabwürdigung, was allerdings Schopenhauer bei seiner Geringschätzung und Verachtung der Frau nicht abhält, zu erklären: "Für das weibliche Geschlecht im ganzen ist Polygamie eine Wohltat."

Viele Männer heiraten nicht, weil sie der Ansicht sind, eine Frau und die etwa nachfolgenden Kinder nicht standesgemäß erhalten zu können. Zwei Frauen zu erhalten ist aber nur einer kleinen Minderheit möglich, und unter dieser sind viele, die zwei und mehr Frauen besitzen, eine legitime und eine oder mehrere illegitime. Diese durch Reichtum Privilegierten lassen sich durch nichts abhalten, zu tun, was sie gelüstet.

Auch im Orient, in dem die Polygamie nach Sitte und Gesetz seit Jahrtausenden besteht, besitzen vergleichsweise wenige Männer mehr als eine Frau. Man spricht von dem entsittlichenden Einfluß des türkischen Haremlebens. Aber man übersieht, daß dieses nur einem winzigen Bruchteil der Männer, und zwar in der herrschenden Klasse, möglich ist, während die Masse der Männer in Einehe lebt. In der Stadt Algier waren Ende der sechziger Jahre unter 18.282 Ehen nicht weniger als 17.319 mit nur einer Frau, in 888 Ehen waren zwei Frauen und nur in 75 mehr als zwei Frauen. Konstantinopel, die Hauptstadt des türkischen Reiches, dürfte kein wesentlich anderes Resultat aufweisen. Unter der Landbevölkerung im Orient ist das Verhältnis zugunsten der Einehe noch auffälliger. Im Orient kommen wie bei uns auch die materiellen Verhältnisse in Betracht, welche die meisten Männer zur Beschränkung auf eine Frau nötigen.(3) Wären aber diese für alle Männer gleich günstig, die Polygamie wäre dennoch nicht durchführbar, weil es an Frauen fehlte. Die unter normalen Verhältnissen fast gleiche Kopfzahl der beiden Geschlechter weist überall auf die Einehe hin. Wir lassen zum Beweis hierfür die Zusammenstellung folgen, welche Bücher in einem Aufsatz im "Allgemeinen Statistischen Archiv" veröffentlichte.(4)

|189|

männliche Personen

weibliche Personen

Bevölkerung überhaupt

Auf je 1.000 männ-
liche Personen kommen weibliche

Europa

170.818.561

174.914.119

345.732.680

1024

Amerika

41.643.389

40.540.386

82.183.775

973

Asien

177.648.044

170.269.179

347.917.223

958

Australien

2.197.799

1.871.821

4.069.620

852

Afrika

6.994.064

6.771.360

13.765.424

968

399.301.857

394.366.865

793.668.722

988

Das Resultat dieser Zusammenstellung dürfte für viele ein überraschendes sein. Mit Ausnahme von Europa, in dem durchschnittlich auf 1.000 männliche 1.024 weibliche Einwohner kommen, ist in allen übrigen Erdteilen das Gegenteil Tatsache. Nimmt man auch an, daß in den fremden Weltteilen, auch dort, wo Zählungen stattfanden, dieselben in bezug auf das weibliche Geschlecht besonders mangelhaft ausgefallen sind - das ist zum Beispiel anzunehmen von allen Ländern mit mohammedanischer Bevölkerung, in denen die Zahl der weiblichen Einwohner niedriger angegeben sein dürfte, als sie in Wirklichkeit ist -, so steht doch fest, daß, abgesehen von einzelnen europäischen Ländern, nirgends die Kopfzahl des weiblichen Geschlechts die des männlichen erheblich übertrifft.

Inzwischen hat das Kaiserliche Statistische Amt in Berlin in seiner Bearbeitung der Volkszählungsergebnisse von 1900 eine neue Zusammenstellung für europäische und außereuropäische Staaten gegeben, welche sich auf 838 Millionen Menschen erstreckt. "Berücksichtigt man hierzu weiter das darunter nicht begriffene Ergebnis der Volkszählungen in Italien, Bosnien und Herzegowina, Costarica, Argentinien, Transvaal, Oranjestaat, Cypern, Formosa und Pescadores, so steigt der Betrag der gezählten Erdbevölkerung auf 882 Millionen mit einem Gesamtdurchschnittsverhältnis von 991 weiblichen Personen auf 1000 männliche ... Für die gezählte Erdbevölkerung wird man hiernach eine nahezu ganz gleiche Vertretung beider Geschlechter - wahrscheinlich mit einem ganz minimalen Männerüberschuß - annehmen dürfen."(5)

|190| Anders liegen die Verhältnisse in Europa, das uns vorzugsweise interessiert. Hier ist mit Ausnahme der südosteuropäischen Länder Bosnien und Herzegowina, Serbien, Bulgarien, Rumänien und Griechenland überall die weibliche Bevölkerung stärker vertreten als die männliche. Von den Großstaaten ist dieses Verhältnis am günstigsten in Ungarn und Italien: auf 1.000 männliche kommen 1.009 bzw. 1.010 weibliche Einwohner; nächstdem in Belgien, in dem auf 1.000 männliche 1.013 weibliche Einwohner entfallen. Dagegen weisen Portugal (1.093) und Norwegen (1.082) das ungünstigste Verhältnis auf. Diesen zunächst steht Großbritannien mit Irland: auf 1.000 männliche 1.063 weibliche Einwohner. Frankreich, Deutschland, Österreich und Rußland liegen in der Mitte, es kommen auf 1.000 männliche 1.033 bzw. 1.032, 1.035 und 1.029 weibliche Einwohner.(6)

In Deutschland hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten das Verhältnis zwischen der weiblichen und männlichen Bevölkerung mit jeder Volkszählung günstiger gestaltet. Am 1. Dezember 1885 war die weibliche Bevölkerung um 988.376 Köpfe zahlreicher als die männliche, bei der Volkszählung am 1. Dezember 1890 betrug dieser Überschuß noch 966.806 Köpfe, 1895: 957.401, 1900: 892.684, und er war bei der Volkszählung am 1. Dezember 1905 auf 871.916 Köpfe gesunken (1.029 weibliche auf 1.000 männliche Einwohner). Eine Hauptursache dieser Abnahme der Differenz bildet die starke Verminderung der Auswanderung, bei der ganz überwiegend das männliche Geschlecht beteiligt ist. Das zeigt sich deutlich an dem Verhältnis der Geschlechter in der nordamerikanischen Union, nach welcher der Hauptstrom der Auswanderer geht, die einen fast ebenso großen Mangel an Frauen hat, wie Deutschland darin Überschuß besitzt (auf 1.000 Männer kamen im Jahre 1900 nur 953 weibliche Personen). Die Auswanderung aus Deutschland sank von 220.902 Köpfen im Jahre 1881 auf 22.073 im Jahre 1901 und auf 19.883 im Jahre 1908.

Die starke Auswanderung der Männer im Vergleich zu der der Frauen verursacht also in erster Linie die Differenz zwischen der Kopfzahl der beiden Geschlechter. So hat sich Italien, das noch anfangs der vierziger Jahre ein Land mit Männerüberschuß war, infolge der |191| außerordentlich starken Auswanderung in ein Land mit Frauenüberschuß verwandelt.

Ferner verunglücken weit mehr Männer als Frauen in der Landwirtschaft, im Gewerbe, in der Industrie und im Verkehr, auch sind vorübergehend weit mehr Männer als Frauen im Ausland abwesend - Kaufleute, Seeleute, Marinemannschaften usw.

Eine andere Erscheinung, die statistisch feststeht und erheblich ins Gewicht fällt, ist, daß die Frauen durchschnittlich älter werden als die Männer und es deshalb in den höheren Lebensaltern mehr Frauen als Männer gibt. Nach der Volkszählung von 1900 stellen sich die Altersverhältnisse der beiden Geschlechter folgendermaßen:

Es standen im Alter

männlich

weiblich

Mehr männlich

Mehr weiblich

Frauen- überschuß

Unter 10 Jahren

6.904.732

6.871.599

33.133

-

-

10 bis unter 15 Jahren

2.925.918

2.912.573

13.345

-

-

Von 15 bis 21 Jahren

3.179.813

3.162.448

17.365

-

-

Von 21 bis 30 Jahren

4.251.204

4.293.775

-

42.571

-

Von 30 bis 40 Jahren

3.669.656

3.731.556

-

61 900

-

Von 40 bis 50 Jahren

2.770.451

2.923.228

-

152.777

-

Von 50 bis 60 Jahren

2.053.085

2.520.273

-

267.188

-

Von 60 bis 70 Jahren

1.300.637

1.545.808

-

245.171

-

Von 70 u. mehr Jahren

681.751

868.671

-

186.920

-

27.737.247

28.629.951

63.843

956.527

892.684

Diese Tabelle zeigt, daß bis zum 21. Lebensjahr die Zahl der Knaben die der Mädchen übersteigt.(7)

In erster Linie ist dieser Knabenüberschuß in dem Verhältnis der Geburten begründet. Überall werden mehr Knaben als Mädchen geboren; so wurden zum Beispiel im Deutschen Reich geboren:

Im Jahre 1872 auf 100 Mädchen 106,2 Knaben
Im Jahre 1884 auf 100 Mädchen 106,2 Knaben
Im Jahre 1900 auf 100 Mädchen 106,0 Knaben
Im Jahre 1905 auf 100 Mädchen 106,3 Knaben
Im Jahre 1907 auf 100 Mädchen 106,3 Knaben

Aber das männliche Geschlecht stirbt früher als das weibliche, und zwar schon im Kindesalter, in dem mehr Knaben als Mädchen sterben. |192| So zeigt die Tabelle, daß vom 21. Lebensjahr an das weibliche Geschlecht an Zahl das männliche übertrifft.

Es starben von je 100 männlichen beziehungsweise weiblichen Einwohnern der mittleren Bevölkerung:

In den Jahren

männlich

weiblich

In den Jahren

männlich

weiblich

1872-1875

29,5

26,3

1891-1895

24,6

22,1

1876-1880

27,8

24,5

1896-1900

22,6

20,0

1881-1885

27,5

24,2

1901-1905

21,0

(8) 18,8

1886-1890

25,8

23,1

Die Tabelle auf Seite 191 zeigt weiter, daß im eigentlichen eheschließenden Alter zwischen 21 und 50 Jahren das weibliche Geschlecht das männliche um 257.248 (im Jahre 1890 um 422.519) Köpfe überragt und im Alter von 50 bis 70 und mehr Jahren sogar um 699.279 (im Jahre 1890 um 566.400) Köpfe. Wie in England. so in Deutschland wächst mit jedem Jahre die Zahl der Greisinnen.

Ein sehr starkes Mißverhältnis der Geschlechter, das von Jahr zu Jahr wächst, stellt sich ferner unter den vervitweten und geschiedenen Personen heraus. Bei der Volkszählung von 1890 und 1900 betrug die Zahl der Verwitweten:

1890

1900

Männer

774.967

809.238

Frauen

2.157.870

2.352.921

Mehr Frauen

1.382.903

1.543.683

Von diesen Verwitweten standen im Alter von

1890

1900

Männer

Frauen

Männer

Frauen

40 bis 60 Jahren

222.286

842.920

225.191

900.357

60 und mehr Jahren

506.319

1.158.712

537.116

1.299.905

Die Zahl der Geschiedenen betrug 1890 25.271 Männer und 49.601 Frauen, 1900 31.279 Männer und 60.738 Frauen.

Davon standen im Alter von

1890

1900

Männer

Frauen

Männer

Frauen

40 bis 60 Jahren

13.825

24.842

16.976

30.385

60 und mehr Jahren

4.917

7.244

5.713

8.452

|193| Diese Zahlen belehren uns weiter, daß in erster Linie die verwitweten und geschiedenen Frauen von einer Wiederverheiratung ausgeschlossen sind, und zwar auch im heiratsfähigsten Alter, denn im Alter von 15 bis 40 Jahren gab es verwitwete Männer im Jahre 1890: 46.362, 1900: 46 951, verwitwete Frauen im Jahre 1890: 156.255, 1900: 152.659, geschiedene Männer im Jahre 1890: 6.519, 1900: 8.590, geschiedene Frauen im Jahre 1890: 17.515, 1900: 21.901. Hier ist zahlenmäßig der Beweis erbracht für den Nachteil, der geschiedenen Ehefrauen aus der Ehescheidung erwächst.

Unter den Ledigen gab es 1900 im Alter von

Männer

Frauen

15 bis 40 Jahren

6 700 352

5 824 464

40 bis 60 Jahren

426 388

503 406

60 und mehr Jahren

141416

(9) 252134

Es ist also unter den Ledigen im Alter zwischen 15 und 40 Jahren das männliche Geschlecht um 875.888 Köpfe stärker als das weibliche, was für das letztere sehr günstig zu sein scheint. Aber die Männer im Alter von 15 bis 21 Jahren können mit wenig Ausnahmen nicht heiraten, das waren 3.175.453 gegen 5.064.567 Frauen. Ebenso ist von den Männern im Alter von 21 bis 25 Jahren ein großer Teil außerstande, eine Familie zu gründen - wir verweisen nur auf die Militärpersonen, Studierenden usw. -, wohingegen die Frauen in diesem Alter sämtlich heiratsfähig sind. Nehmen wir ferner an, daß eine große Anzahl Männer aus den verschiedensten Ursachen überhaupt nicht heiratet - allein die Zahl der ledigen Männer über 40 Jahre betrug 567.804, wozu noch die verwitweten und geschiedenen kommen, denen 812.181 ledige Frauen gegenüberstanden, denen ebenfalls noch die verwitweten und geschiedenen mit über 2 Millionen Köpfen hinzuzurechnen sind -, so ergibt sich, daß in bezug auf Eheschließung die Lage des weiblichen Geschlechts eine sehr ungünstige ist. Eine große Zahl Frauen ist also unter den heutigen Zuständen gezwungen, auf die legitime Befriedigung des Geschlechtstriebs zu verzichten, wohingegen die Männerwelt in der Prostitution Befriedigung desselben sucht und findet. Die Lage der Frauen würde eine |194| ganz andere, sobald durch Umgestaltung unserer sozialen Zustände die Hindernisse beseitigt würden, die gegenwärtig viele hunderttausend Männer verhindern, eine Ehe zu gründen.

Wie bemerkt, führt eine erhebliche Verschiebung der Zahl der Geschlechter die überseeische Auswanderung herbei. Auch die Militärpflicht treibt viele junge Männer, und zwar die kräftigsten, ins Ausland. Im Jahre 1900 waren nach der dem Reichstag offiziell vorgelegten Übersicht über das Ergebnis des Heeresergänzungsgeschäftes 135.168 Mann wegen unerlaubter Auswanderung verurteilt, und 13.055 waren aus dem gleichen Grunde noch in Untersuchung. Die Zahlen umfassen die Jahrgänge bis zum 45. Lebensjahr. Der Verlust, der aus dieser unerlaubten Auswanderung an Männern Deutschland erwächst, ist bedeutend. Besonders stark ist die Auswanderung in den Jahren nach großen Kriegen, das zeigte sich nach 1866 und in den Jahren 1871 bis 1874.

Große Verluste an Männerleben haben wir ferner durch Unfälle. Die Zahl der in Preußen mit tödlichem Ausgang verunglückten Personen betrug in den Jahren 1885 bis 1905 nicht weniger als 297.983 Personen (davon im Jahre 1905 11.792 männliche und 2.922 weibliche Verunglückte). Im Laufe der Jahre 1886 bis 1907 betrug die Zahl der getöteten Personen in versicherungspflichtigen Betrieben in Industrie, Landwirtschaft, Staats- und Kommunalverwaltung 150.719, darunter ein Bruchteil Frauen. Ein anderer erheblicher Teil der in diesen Betrieben beschäftigten Personen sind infolge von Unfällen dauernd Krüppel und unfähig, eine Familie zu gründen (von 1886 bis 1907 40.744), andere sterben frühzeitig und lassen ihre Familie in Not und Elend zurück. Größere Verluste an Männerleben sind auch mit der Seeschiffahrt verbunden. In der Periode von 1882 bis Anfang 1907 gingen 2.848 Seeschiffe in Verlust und verloren dabei 4.915 Personen der Besatzung - mit wenigen Ausnahmen männliche Personen - und 1.275 Passagiere das Leben.

Die Gesellschaft wird, wenn erst volle Wertschätzung des Menschenlebens Platz gegriffen hat - was in einer sozialistischen Gesellschaft im höchsten Maße der Fall sein wird -, die weitaus größte Zahl der Unfälle verhüten können. insbesondere auch im Seeverkehr. In unzähligen Fällen fallen durch die übel angebrachte Sparsamkeit der Unternehmerklasse Menschenleben oder Gliedmaßen zum Opfer, in vielen anderen Fällen ist Hast und Übermüdung in der Arbeit die |195| Ursache. Menschenfleisch ist billig; geht ein Arbeiter zugrunde, so sind andere vorhanden, die an seine Stelle treten.

Namentlich wird auf dem Gebiet der Seeschiffahrt vielfach unverantwortlich gewirtschaftet. Durch die Enthüllungen Plimsolls im englischen Parlament Mitte der siebziger Jahre ist die Tatsache allgemein bekannt geworden, daß aus verbrecherischer Gewinnsucht zahlreiche Schiffseigentümer seeuntüchtige Schiffe hoch versichern und sie samt ihrer Bemannung dem geringsten Seeunfall gewissenlos preisgeben, um die hohen Versicherungsprämien zu erhalten. Es sind dies die sogenannten Sargschiffe, die auch in Deutschland nicht unbekannt sind. Es vergeht kein Jahr, in dem nicht die Seeämter in die Lage kommen, über eine größere Zahl von Seeschiffsunfällen ihr Urteil abzugeben, dahin lautend, daß zu hohes Alter oder Überladung oder mangelhafter Zustand oder ungenügende Ausrüstung des Schiffes oder mehrere dieser Ursachen zusammen die Verunglückung verschuldeten. Bei einem großen Teil der verunglückten Schiffe kann überhaupt nicht die Ursache ihres Unterganges festgestellt werden, weil sie mitten auf der See verunglücken und kein Überlebender übrigbleibt, der Auskunft über die Ursache des Unterganges geben könnte. Es wird gerade auf diesem Gebiet aufs schwerste gesündigt. Die Schutzmaßregeln an den Küsten zur Rettung Schiffbrüchiger sind ebenfalls noch sehr mangelhaft und unzulänglich, weil die Einrichtung derselben fast ausschließlich auf die Privatwohltätigkeit angewiesen ist. Ganz trostlos sieht es mit der Rettung Schiffbrüchiger an den fernen fremden Küsten aus. Ein Gemeinwesen, das die gleiche Förderung aller zu seiner höchsten Aufgabe macht, wird dafür Sorge tragen, daß alle diese Unglücksfälle zu den größten Seltenheiten gehören. Aber das herrschende wirtschaftliche Raubsystem, das mit Menschen wie mit Zahlen rechnet, um möglichst großen Gewinn herauszuschlagen, vernichtet nicht selten ein Menschenleben, wenn dabei ein Taler Profit herausspringt.

2. Ehehemmnisse und Ehehindernisse. Der Frauenüberschuß

Es gibt aber noch andere Momente, welche Eheschließungen erschweren oder unmöglich machen. Eine erhebliche Zahl von Männern wird durch den Staat an der Eheschließung gehindert. Man verdreht die Augen über das Zölibat, das der katholischen Geistlichkeit auf- |196| erlegt ist, aber man hat kein Wort des Tadels über die weit größere Zahl der Soldaten, die dazu verurteilt sind. Die Offiziere bedürfen zur Ehe nicht allein des Konsenses ihrer Vorgesetzten, sie sind auch in der freien Wahl der Frau eingeschränkt, indem vorgeschrieben ist, daß dieselbe ein gewisses Vermögen besitzen muß. So erhielt zum Beispiel 1889 das österreichische Offizierskorps eine gesellschaftliche "Aufbesserung". Seitdem ist der Offizier als Heiratskandidat im Preise gestiegen. Der Hauptmann, wenn er über dreißig ist, stieg um volle 8.000 Gulden, während der Hauptmann unter dreißig schwer zu haben ist, und keinesfalls unter 30.000 Gulden Mitgift. Der Offizier, der heiraten wollte, hatte bis dahin, wenn die Dreißig überschritten waren, ein gemeinsames Vermögen von 12.000 Gulden oder 600 Gulden Nebeneinkommen nachzuweisen, und selbst bei diesem geringen Nebeneinkommen sah man bisweilen durch die Finger und gewährte Erleichterungen. Die neuen Heiratsvorschriften sind strenger. Der Hauptmann unter dreißig muß nunmehr 50.000 Gulden, über dreißig 20.000 Gulden, der Stabsoffizier bis zum Obersten 16.000 Gulden Kaution sicherstellen, jedoch darf nur der vierte Teil der Truppenoffiziere verheiratet sein, und von der Braut fordert man makelloses Vorleben und standesgemäße Lebensstellung. Dies gilt für Truppenoffiziere und Militärärzte. Für andere Militärbeamte mit Offiziersrang sind die neuen Heiratsvorschriften milder, für Generalstabsoffiziere aber noch strenger. Der dem Generalstab zugeteilte Offizier darf künftig gar nicht heiraten, der wirkliche Generalstabshauptmann unter dreißig Jahren bedarf einer Kaution von 56.000, später von 24.000 Gulden. In Deutschland sind seit 1902 in der Hauptsache folgende Bestimmungen in Kraft: Die Erlaubnis zur Verheiratung eines Offiziers oder Sanitätsoffiziers mit geringerem Gehalt als demjenigen eines Hauptmanns (Rittmeisters) erster Gehaltsklasse darf nur dann nachgesucht werden, wenn zuvor der Nachweis geführt ist, daß der Offizier oder Sanitätsoffizier ein außerdienstliches Einkommen hat, das mindestens betragen muß: bei einem Hauptmann (Rittmeister) zweiter Gehaltsklasse und bei einem Distriktsoffizier der Landgendarmerie mit einem Gehalt von 4.500 Mark jährlich 1.500 Mark, bei einem Distriktsoffizier der Landgendarmerie mit einem Gehalt von 5.500 Mark jährlich 2.100 Mark, bei einem Oberleutnant und Leutnant einschließlich Oberjäger und Feldjäger des reitenden Feldjägerkorps jährlich 2.500 Mark. Auch das Unteroffizierskorps ist in bezug |197| auf Eheschließungen hemmenden Bestimmungen unterworfen und bedarf der Unteroffizier zur Eheschließung der Genehmigung seiner höheren Vorgesetzten. Das sind drastische Beweise für die materialistische Auffassung, die der Staat von der Ehe hat.

Im allgemeinen erachtet die öffentliche Meinung, daß Männer unter 24 oder 25 Jahren nicht heiraten sollten, und zwar in Rücksicht auf die in der Regel erst in diesem Alter zu erwerbende bürgerliche Selbständigkeit. Nur bei Personen, die in der angenehmen Lage sind, sich nicht erst eine unabhängige Stellung erobern zu müssen, zum Beispiel bei Personen fürstlichen Standes, findet man es in Ordnung, daß eventuell der Mann mit dem 18. oder 19., die Jungfrau mit dem 15. oder 16. Lebensjahr heiratet. Der Fürst wird auch mit dem 18. Lebensjahr mündig und damit für fähig gehalten, das zahlreichste Volk zu regieren. Gewöhnliche Sterbliche erlangen ihre Mündigkeit erst mit dem 21. Lebensjahr.

Diese Verschiedenheit in den Ansichten über das Alter, in dem eine Eheschließung wünschbar ist, zeigt, daß hierfür nur soziale Rücksichten maßgebend sind, mit dem Menschen als Geschlechtswesen haben dieselben nichts zu tun. Aber der Naturtrieb bindet sich nicht an bestimmte soziale Zustände und die daraus hervorgegangenen Ansichten. Sobald der Mensch seine Reife erlangt hat, macht sich der Geschlechtstrieb mit ganzer Heftigkeit geltend. Der Eintritt der Geschlechtsreife bei dem weiblichen Geschlecht ist nach dem Individuum, dem Klima und der Lebensweise verschieden. In der heißen Zone tritt sie schon im Alter von neun bis zehn Jahren ein, und man trifft dort Frauen, die bereits in diesem Alter den ersten Sprößling auf den Armen tragen, aber sie sind auch mit dem 25. bis 30. Lebensjahr verblüht.(10) In der gemäßigten Zone ist die Regel das 14. bis 16. Lebensjahr, in manchen Fällen noch später; auch ist der Eintritt der Geschlechtsreife bei Mädchen auf dem Lande und in der Stadt verschieden. Bei gesunden, robusten Landmädchen, die kräftig arbeiten, tritt durchschnittlich die Menstruation später ein als bei unseren schlecht genährten, verweichlichten, nervenüberreizten, ätherischen Stadtfräuleins. Dort entwickelt sich die Geschlechtsreife in der Regel normal, hier ist die normale Entwicklung Ausnahme, es treten allerlei Erkrankungserscheinungen auf, die nicht selten den. Arzt zur |198| Verzweiflung treiben. Wie oft sind Ärzte genötigt zu erklären, das gründlichste Mittel zur Heilung sei die Heirat. Aber wie dieses Mittel zur Anwendung bringen? Unüberwindliche Hindernisse stellen sich der Ausführung dieses Vorschlags entgegen.

Alles das zeigt, wo die Änderung gesucht werden muß. Einmal handelt es sich um eine total veränderte Erziehung, die den physischen wie den geistigen Menschen berücksichtigt, weiter darum, eine gänzlich veränderte Lebens- und Arbeitsweise zu schaffen. Beides für alle zu schaffen ist aber nur möglich in gänzlich veränderten sozialen Zuständen.

Unsere sozialen Verhältnisse haben einen tiefen Widerspruch zwischen dem Menschen als Geschlechts- und als Gesellschaftswesen erzeugt. Dieser Widerspruch ist in keinem Zeitalter so bemerkbar geworden wie in dem gegenwärtigen, und er erzeugt eine Menge Übel und Krankheiten, die vorzugsweise das weibliche Geschlecht treffen. Einmal hängt in weit höherem Grade als bei dem Manne sein Organismus mit seiner geschlechtlichen Bestimmung zusammen und wird davon beeinflußt - zum Beispiel regelmäßige Wiederkehr der Perioden -, dann ergeben sich für das Weib die meisten Hemmungen, die es verhindern, seinen stärksten Naturtrieb in natürlicher Weise zu befriedigen. Dieser Widerspruch zwischen Naturbedürfnis und Gesellschaftszwang führt zur Unnatur, zu geheimen Lastern und Ausschweifungen, die jeden nicht starken Organismus untergraben.

Der widernatürlichen Befriedigung wird vielfach in schamloser Weise Vorschub geleistet. Man preist mehr oder weniger versteckt gewisse Fabrikate an, die meist in dem Annoncenteil der in die Familie dringenden Zeitungen und Unterhaltungsblätter empfohlen werden. Diese Anpreisungen sind vorzugsweise auf den besser situierten Teil der Gesellschaft berechnet, denn die Preise der Fabrikate sind so hoch, daß ein gering Bemittelter sie kaum erschwingen kann. Hand in Hand mit diesen Ankündigungen geht die auf beide Geschlechter berechnete Anpreisung obszöner Bilder (namentlich ganzer Serien Photographien), von Poesien und prosaischen Werken ähnlichen Gehaltes, deren Titel schon auf die geschlechtliche Erregung berechnet sind und die Verfolgung der Polizei und Staatsanwälte herausfordern. Aber diese haben zuviel mit der ".Kultur, Ehe und Familie" zerstörenden Sozialdemokratie zu tun, um diesem Treiben volle Aufmerksamkeit zu schenken. Ein Teil unserer Romanliteratur arbeitet in derselben |199| Richtung. Da müßte es wundernehmen, wenn die geschlechtlichen Ausschweifungen, auch noch künstlich erregt, sich nicht zu einer sozialen Krankheit steigerten.

Das träge üppige Leben vieler Frauen in den bemittelten Klassen, das Nervenstimulans durch die raffiniertesten Mittel, die Überfütterung mit einer bestimmten Art von Kunstgenuß, der in gewissen Genres treibhausartig gepflegt wird und von dem an Gemütshypertrophie und nervöser Überreizung leidenden Teil des weiblichen Geschlechts oft als vornehmstes Unterhaltungs- und Bildungsmittel betrachtet wird, steigert die geschlechtlichen Erregungen und führt notwendig zu Exzessen. Bei den Armen sind es gewisse anstrengende Beschäftigungsweisen, namentlich sitzender Natur, die Blutansammlungen in den Unterleibsorganen begünstigen und geschlechtliche Erregungen fördern. Eine der gefährlichsten Beschäftigungen in dieser Richtung ist die gegenwärtig sehr verbreitete an der Nähmaschine. Diese wirkt so zerstörend, daß bei zehn- bis zwölfstündiger täglicher Arbeit binnen wenig Jahren der kräftigste Organismus zerrüttet ist. Übermäßige geschlechtliche Erregungen fördert auch das lange Arbeiten in Arbeitsräumen mit dauernd hoher Temperatur, zum Beispiel in Zuckersiedereien, Bleichereien, Zeugdruckereien, Nachtarbeit bei Gaslicht in überfüllten Arbeitsräumen, besonders bei gemeinsamer Arbeit beider Geschlechter.

Das ist abermals eine Reihe von Erscheinungen, die die Unvernunft und Ungesundheit unserer heutigen Zustände scharf beleuchten. Aber diese tief in unseren sozialen Zuständen wurzelnden Übel lassen sich weder durch Moralpredigten noch durch Palliativmittel, mit welchen soziale und religiöse Quacksalber und Quacksalberinnen bei der Hand sind, beseitigen. Die Axt muß an die Wurzel des Übels gelegt werden. Es handelt sich darum, soziale Zustände zu schaffen, die naturgemäße Erziehung, gesunde Lebens- und Beschäftigungsweisen und jedem normale Befriedigung natürlicher und gesunder Triebe ermöglichen. Für den Mann bestehen eine Menge Rücksichten nicht, die für die Frau bestehen. Kraft seiner Herrschaftsstellung liegt auf seiner Seite, soweit nicht soziale Schranken ihn hindern, die freie Liebeswahl. Der Charakter der Ehe als Versorgungsanstalt, die weibliche Überzahl, die Sitte verhindern die Frau, ihren Willen kundzutun, und zwingen sie, abzuwarten, ob sie gesucht wird. In der Regel greift sie bereitwillig zu, sobald sich die Gelegenheit bietet, einen Mann zu finden, der sie |200| vor der gesellschaftlichen Ächtung und Vernachlässigung rettet, die dem armen Wesen "alte Jungfer" zuteil wird. Oft sieht sie mit Geringschätzung auf diejenigen ihrer Mitschwestern herab, die sich im Gefühl ihrer Menschenwürde nicht an den ersten besten zu ehelicher Prostitution verkaufen und es vorziehen, allein den dornenreichen Weg durchs Leben zu wandern.

Andererseits ist der Mann, der die Befriedigung seines Liebesbedürfnisses in der Ehe erreichen will, meist an soziale Schranken gebunden. Er muß sich die Frage stellen: Kannst du eine Frau und etwa folgende Kinder so ernähren, daß drückende Sorgen dir fern bleiben? Je idealer seine Absichten für die Ehe sind, je mehr er entschlossen ist, nur aus Neigung eine Frau zu ehelichen, um so ernster muß er sich die erwähnte Frage stellen. Für viele ist unter den heutigen Erwerbs- und Eigentumsverhältnissen ihre Bejahung ein Ding der Unmöglichkeit, sie ziehen vor, unverheiratet zu bleiben. Anderen, die weniger gewissenhaft sind, drängen sich andere Bedenken auf. Tausende von Männern kommen erst verhältnismäßig spät zu einer selbständigen, ihren Ansprüchen angemessenen Stellung, aber sie können "standesgemäß" eine Frau nur ernähren, wenn diese größeres Vermögen besitzt. Allerdings haben viele junge Männer von einem sogenannten standesgemäßen Leben übertriebene Begriffe, aber sie müssen sich auch, infolge falscher Erziehung und sozialer Gewohnheiten einer großen Zahl Frauen, von dieser Seite auf Ansprüche gefaßt machen, die über ihre Kräfte gehen. Die guten, in ihren Ansprüchen bescheidenen Frauen lernen sie häufig nicht kennen, diese halten sich zurück und sind dort nicht zu finden, wo man sich gewöhnt hat, die Frau zu suchen. Und die ihnen begegnen, sind nicht selten solche, die mehr durch äußere Erscheinung, durch den Schein, den Mann zu gewinnen suchen und ihn über ihre persönlichen Eigenschaften und ihre materielle Stellung täuschen. Lockmittel aller Art werden aber um so eifriger angewandt, je mehr diese Damen in das Alter kommen, in dem, um zu heiraten, Eile not tut. Gelingt es einer solchen, einen Mann zu erobern, dann ist sie so an Repräsentation, Tand, Flitter und kostspielige Vergnügungen gewöhnt, daß sie das auch in der Ehe nicht vermissen will. Hier öffnet sich für die Männer ein Abgrund, so daß viele vorziehen, die Blume, die am Rande desselben blüht und nur mit Gefahr des Halsbruchs gepflückt werden kann, stehen zu lassen. Sie gehen allein ihren Weg und suchen sich Unterhaltung und Genuß |201| unter Wahrung ihrer Freiheit. Täuschung und Betrug sind Praktiken, die im Verkehr der bürgerlichen Gesellschaft überall im Schwange sind. Kein Wunder, daß sie auch bei Eheschließungen in Anwendung kommen, und falls sie gelingen, beide Teile in schwere Mitleidenschaft ziehen.

Die Statistik zeigt, daß die sozial bessergestellten und gebildeten Klassen durchschnittlich in einem höheren Alter eine Ehe zu schließen pflegen als die unteren. So betrug das durchschnittliche Heiratsalter in Kopenhagen 1878 bis 1882 (nach Westerganrd) für freie Berufe, Fabrikanten, Großhändler und Bankiers 32,2 Jahre; für Handwerker und Kleinhändler 31,2; für Handelskommis und Angestellte 29,7; für Kellner und Dienstboten 28; für Fabrikarbeiter, Matrosen und Taglöhner 27,5. In Preußen betrug 1881 bis 1886 das durchschnittliche Heiratsalter beim männlichen Geschlecht für Bergbau 27,6; Fabrikarbeiter 27,7; Metallarbeiter 28; Industrie der Steine 28,2; Baugewerbe 28,6; Holzindustrie 28,7; Maschinenfabrikation 29; Erziehung, Unterricht 29,1; Landwirtschaft 29,6; Verkehrsgewerbe 30; Handel 30,9; Gesundheitspflege, Kirche, Beamte 31,8 bis 33,4. In England betrug von 1840 bis 1871, nach Ansell, das Heiratsalter der Bessersituierten und Gebildeten durchschnittlich 29,95 Jahre, seitdem hat es sich aber für diese Klassen erhöht. Für die verschiedenen Berufe war in den Jahren 1880 bis 1885 das durchschnittliche Heiratsalter bei den

Jahre

Jahre

Bergwerksarbeitern

23,56

Handlungsgehilfen

25,75

Textilarbeitern

23,88

Kaufleuten

26,17

Bekleidungsgewerben

24,42

Pächtern

28,73

Handwerkern

24,85

Freien Berufen und Rentiers

30,72

Taglöhnern

25,06

Diese Zahlen beweisen wieder schlagend, wie die soziale Lage die Eheschließungen beeinflußt. Wenn in den meisten europäischen Staaten das durchschnittliche Heiratsalter in den letzten Dezennien des neunzehnten Jahrhunderts etwas gesunken ist, so ist es wiederum eine Folge der starken Industrialisierung der Gesellschaft. So im Deutschen Reiche, Österreich und Schweden, wo die Zunahme der Jungheiraten mit der bedeutenden Vermehrung der industriellen Arbeiterschaft im Zusammenhang steht. Dagegen ist das Heiratsalter in den alten industriellen Ländern, in Frankreich und England, höher geworden. Eine |202| Ausnahme bildet Rußland, wo die Erhöhung des Heiratsalters eine Folge der Verdrängung des Gemeindebesitzes ist.

Die Zahl der Männer, die aus den verschiedensten Gründen der Ehe ferngehalten werden, nimmt stetig zu. Und zwar sind es die sogenannten höheren Stände und Berufe, in welchen öfter die Männer nicht heiraten, einmal weil die Ansprüche zu große sind, dann weil gerade die Männer dieser Kreise außerhalb der Ehe Genuß und Unterhaltung finden. Andererseits sind für die Frauen die Verhältnisse an Orten besonders ungünstig, an welchen viele Pensionäre mit Familien sich aufhalten und wenig junge Männer. Dort steigt die Zahl der Frauen, die nicht heiraten können, auf 20 bis 50 und mehr von hundert. Der Ausfall an Ehestandskandidaten trifft überhaupt jene weiblichen Schichten am stärksten, die infolge ihrer sozialen Stellung höhere Ansprüche machen, aber dem auf Vermögen sehenden Manne kein solches bieten können. Dies trifft namentlich die weiblichen Glieder der zahlreichen Familien, die von Gehalt existieren, sozial als respektabel gelten, aber unbemittelt sind. Das Leben der weiblichen Wesen dieser Schicht ist verhältnismäßig das traurigste ihrer Leidensgenossinnen. Aus diesen Schichten rekrutiert sich auch vorzugsweise die bedenkliche Konkurrenz, die den Arbeiterinnen in der Stickerei, Wäschenäherei, Blumenmacherei, Putzmacherei, Handschuh- und Strohhutnäherei, kurz in all den Arbeitszweigen gemacht wird, deren Erzeugnisse der Unternehmer mit Vorliebe in der Wohnung der Arbeiterin herstellen läßt. Diese Damen arbeiten für die niedrigsten Löhne, weil in vielen Fällen es sich für sie nicht darum handelt, den ganzen Lebensunterhalt zu gewinnen, sondern nur um einen Zuschuß zu demselben, um Gewinnung der Ausgabe für Garderobe und Luxuszwecke. Der Unternehmer benutzt mit Vorliebe die Konkurrenzarbeit dieser Damen, um der armen Proletarierin den Lohn zu drücken und ihr den letzten Blutstropfen auszupressen, sie wird zur Anspannung ihrer Kräfte bis zur Erschöpfung gezwungen. Auch viele Beamtenfrauen, deren Männer schlecht bezahlt sind und ihnen nicht die "standesgemäße" Lebensweise ermöglichen können, benutzen ihre freie Zeit zu dieser Schmutzkonkurrenz, die so drückend auf weiten Schichten weiblicher Proletarier lastet.

Die von den bürgerlichen Frauenvereinen entfaltete Tätigkeit zur Hebung der weiblichen Arbeit und für Zulassung der Frauen zu höheren Berufen ist hauptsächlich darauf gerichtet, Frauen aus den höhe- |203| ren Schichten eine bessere Lebensstellung zu schaffen. Um das mit mehr Aussicht auf Erfolg erreichen zu können, lieben sie es, sich unter das Protektorat hoher und höchster Damen zu stellen. Die bürgerlichen Frauen ahmen hier nur das Beispiel der bürgerlichen Männerwelt nach, die ebenfalls solche Protektorate liebt und sich für Bestrebungen ereifert, die nur Erfolge im kleinen, nie im großen haben können. Man verrichtet Sisyphusarbeit und täuscht sich und andere über die Notwendigkeit grundumwandelnder Reformen. Auch unterdrückt man von jener Seite alle Zweifel an der Vernünftigkeit der Grundlagen unserer Staats- und Gesellschaftsorganisation. Die konservative Natur dieser Bestrebungen verhindert, daß solche Vereine von sogenannten destruktiven Tendenzen erfaßt werden. Als auf dem Berliner Frauentag im Frühjahr 1894 von einer Minorität der Gedanke ausgesprochen wurde, die bürgerlichen Frauen sollten mit den proletarischen, das heißt den sozialdemokratischen, Hand in Hand gehen, erhob sich bei der Majorität ein Sturm der Entrüstung. Es wird aber den bürgerlichen Frauen nicht gelingen, sich an dem eigenen Zopf aus dem Sumpf zu ziehen.

Wie groß die Zahl der Frauen ist, die durch die angeführten Umstände auf eheliches Leben verzichten müssen, läßt sich nicht genau feststellen.

Der Frauenüberschuß, den Deutschland besitzt, verteilt sich sowohl auf die einzelnen Länder und Bezirke wie nach den Altersklassen sehr ungleich. Nach der Volkszählung von 1900 (Statistik des Deutschen Reiches. 150. Band, S. 92) kamen beispielsweise

auf 1.000 männliche Personen weibliche in der Altersklasse von Jahren

unter 15

15-40

40-60

über 60

Berlin

1.012

1.044

1.191

1.659

Königreich Sachsen

1.015

1.030

1.107

1.560

Königreich Bayern rechts des Rheins

1.015

1.024

1.083

1.163

Königreich Bayern links des Rheins

986

997

1.070

1.157

Königreich Württemberg

1.015

1.041

1.134

1.179

Baden

1.000

974

1.079

1.173

Hamburg

999

1.031

1.038

1.454

Provinz Brandenburg

993

1.015

1.089

1.276

Provinz Pommern

989

1.035

1.099

1.214

Provinz Rheinland

991

954

1.009

1.120

Deutsches Reich

995

1.008

1.087

1.218

|204| Im eigentlich heiratsfähigen Alter von 15 bis 40 Jahren beträgt also der Frauenüberschuß im gesamten Deutschen Reiche 8 auf 1.000 Männer, und da innerhalb dieser Altersklassen 11.100.673 männliche Einwohner auf 11.187.779 weibliche Einwohner fallen, ergibt sich ein Überschuß von 87.106 Frauen. Und es ist leicht begreiflich, denn unter denjenigen 11.146.833 deutschen Frauen, welche 1900 im gebärfähigen Alter (18 bis 45 Jahren) standen, befanden sich nur 6.432.772 (57,71 Prozent) verheiratete, 283.629 (2,54 Prozent) verwitwete, 31.176 (0,28 Prozent) geschiedene und 4.399.286 (59,47 Prozent) ledige.

In denselben vier Altersklassen stellte sich (nach der Statistik des Deutschen Reiches, 150. Band, S. 91) das Verhältnis der Geschlechter in anderen Ländern folgendermaßen:

Im Jahre

Auf 1.000 männliche Personen kamen weibliche in der Altersklasse von Jahren

unter 15

15-40

40-60

über 60

Deutschland

1900

995

1.008

1.087

1.218

Österreich

1890

1.005

1.046

1.079

1.130

Ungarn

1900

998

1.029

982

1.035

Serbien

1896

969

952

925

804

Italien

1881

963

1.021

1.005

980

Schweiz

1888

999

1.059

1.103

1.148

Frankreich

1896

998

1.012

1.029

1.108

Luxemburg

1900

992

853

988

1.063

Belgien

1890

992

984

1.018

1.117

Niederlande

1899

986

1.031

1.031

1.145

Dänemark

1890

978

1.080

1.073

1.179

Schweden

1899

971

1.016

1.146

1.253

England und Wales

1891

1.006

1.075

1.096

1.231

Schottland

1891

973

1.073

1.165

1.589

Irland

1901

968

1.037

1.103

1.032

Vereinigte Staaten von Amerika

1900

979

969

889

981

Ägypten

1897

943

996

943

1.015

Japan

1891

978

962

951

1.146

Neusüdwales

1891

978

827

679

665

Queensland

1891

976

698

559

611

Tasmanien

1891

977

877

898

632

Neuseeland

1891

979

927

661

654

Kap der Guten Hoffnung

1891

989

1.008

959

1.019

|205| Wir sehen, in fast allen Ländern mit gleicher oder ähnlicher ökonomischer Struktur bestehen ähnliche Zustände in bezug auf die Verteilung der Geschlechter nach Altersklassen. Es hat also in diesen allen ein erheblicher Teil der Frauen - abgesehen von den sonstigen schon erwähnten Gründen - keine Aussicht, in die Ehe zu treten. So waren in England im Jahre 1901 von 1.000 Frauen über 15 Jahren verheiratet 496,4; in Schottland 442,8; in Irland 370,9; in Schweden 468,9; in Norwegen 469,9.

Was sagen dazu diejenigen, die das Bestreben der Frauen nach unabhängiger, gleichberechtigter Lebensstellung abweisen, indem sie dieselben auf die Ehe und die Häuslichkeit verweisen? Am bösen Willen der Frau liegt es nicht, wenn so viele nicht heiraten.

Was geschieht aber mit diesen Opfern unserer sozialen Zustände? Die Rache der beleidigten und verletzten Natur drückt sich in den eigentümlichen Gesichts- und Charakterzügen aus, durch die sich sogenannte alte Jungfern wie alte aszetische Junggesellen in allen Ländern und unter allen Klimaten von anderen Menschen unterscheiden, und legt Zeugnis ab von dem mächtigen und verderblichen Einfluß unterdrückter Naturtriebe. Die sogenannte Nymphomanie bei Frauen wie zahlreiche Arten der Hysterie entspringen in den meisten Fällen dieser Quelle, Zu hysterischen Anfällen führt ferner das Unbefriedigtsein in der Ehe, das oft auch Unfruchtbarkeit verschuldet.

Das ist in den Hauptzügen unser heutiges Eheleben und seine Wirkungen. Das Resultat ist: Die heutige Ehe ist eine Einrichtung, die mit dem bestehenden sozialen Zustand aufs engste verknüpft ist und mit ihm steht und fällt. Aber diese Ehe ist in der Auflösung und im Verfall begriffen, genau wie die bürgerliche Gesellschaft selbst. Denn was stellten wir über die bürgerliche Ehe fest?

1. Es sinkt relativ die Zahl der Geburten, obgleich die Bevölkerung im ganzen wächst, was dafür spricht, daß die Lebenslage der Familie sich verschlechtert.

2. Es steigt die Zahl der Ehescheidungsanträge, und zwar erheblich stärker, als die Bevölkerung sich vermehrt, und in der Mehrzahl der Fälle sind es die Frauen, welche die Anträge stellen, obgleich sie wirtschaftlich und gesellschaftlich am meisten unter der Scheidung leiden. Das spricht dafür, daß die ungünstig wirkenden Faktoren in der Zunahme begriffen sind, die Ehe sich also auflöst und zerfällt.

|206| 3. Es sinkt relativ die Zahl der Eheschließungen, obgleich die Bevölkerung wächst, was beweist, daß die Ehe in den Augen vieler ihren sozialen und moralischen Zwecken nicht mehr entspricht und als wertlos oder bedenklich angesehen wird.

4. Es besteht in fast allen Kulturstaaten ein Mißverhältnis in der Zahl der Geschlechter, und zwar zuungunsten des weiblichen Geschlechts, das nicht durch die Geburten erzeugt wird - denn es werden durchschnittlich mehr Knaben als Mädchen geboren -, sondern ungünstig wirkenden sozialen und politischen Ursachen geschuldet ist, die im Staats- und Gesellschaftszustand liegen.

Da alle diese unnatürlichen, vorzugsweise der Frau schädlichen Zustände im Wesen der bürgerlichen Gesellschaft begründet sind und mit der Dauer ihres Bestandes sich steigern, so erweist sich dieselbe als unfähig, diese Übel zu heben und die Frau zu befreien. Es ist also hierzu eine andere gesellschaftliche Ordnung nötig.


Fußnoten von August Bebel

(1) Autorisierte Übersetzung von Dr. med. H. Kurella. Hamburg 1894. <=

(2) A.a.O., S. 140. <=

(3) "Was die Polygamie anlangt, so ergibt sich im ganzen in Indien nur eine mäßige Verbreitung derselben. Im ganzen Reiche treffen nach dem Zensus von 1901 bei Zusammenfassung aller Religionen auf 1.000 Ehemänner 1.011 Ehefrauen; die Störung des monogamischen Gleichgewichtes durch die Polygamie ist hiernach nicht bedeutend." G. v. Mayr, a.a.O., S. 77. <=

(4) Karl Bücher, Über die Verteilung der beiden Geschlechter auf der Erde. Vortrag, gehalten am 6. Januar 1892 im Verein für Geographie und Statistik zu Frankfurt a.M. Allgemeines Statistisches Archiv. Herausgegeben von Dr. Georg v. Mayr. 2. Jahrgang. Tübingen 1892.<=

(5) G. v. Mayr, a.a.O., S. 36 bis 37. Zu demselben Ergebnis kommt auch Dr. G. Schnapper-Arndt, Sozialstatistik, S. 105. Leipzig 1908: "Im großen und ganzen dürfte es auf eine ziemliche Gleichheit zwischen beiden Geschlechtern hinauslaufen." <=

(6) Nach G. Schnapper-Arnd, a.a.O., S. 107 bis 108. Auf Grund der neueren Zählungsergebnisse - in der Hauptsache um die Jahrhundertwende. <=

(7) Nach der Volkszählung von 1890 gab es einen Knabenüberschuß nur in der Altersklasse bis unter 10 Jahren und nach der Volkszählung von 1895 bis unter 16 Jahren. <=

(8) Das Deutsche Reich in gesundheitlicher und demographischer Beziehung. S. 29. Berlin 1907. Im Jahre 1907 kamen auf 100 weibliche Gestorbene 109,3 männliche. <=

(9) Statistik des Deutschen Reiches: Die Volkszählung am 1. Dezember 1900 im Deutschen Reiche. 150. Band, S. 98 bis 99. <=

(10) E. Metschnikoff, Studien über die Natur des Menschen. S. 118 bis 119. Leipzig 1904. <=